Der vorliegende Aufsatz ist als Übung für meine Abiturprüfung im Fach Gemeinschaftskunde (unter Zeitdruck) entstanden. Er spiegelt nicht meine persönliche Meinung zum Thema Mindestlohn wieder.
20.11.2013
GK-Aufsatz
Aufgabe: Erörtern sie die Frage „wie viel Staat braucht der Mensch?“ anhand des Beispiels Mindestlohn?
Im Folgenden möchte ich die Frage „wie viel Staat braucht der Mensch?“ anhand des Beispiels Mindestlohn erörtern und meine persönliche Meinung dazu kundtun.
Grundsätzlich werden zwei konträre Positionen bezogen, wenn es um die Frage geht was für eine Rolle der Staat in unserer Wirtschaft spielen soll.
Die eine ist die des Liberalismus. Er schreibt dem Staat lediglich eine „Nachtwächterfunktion“ zu, was bedeutet dass er erst im Notfall in das wirtschaftliche Geschehen eingreifen soll. Im Normalfall würde die freie Marktwirtschaft sich wie durch eine „unsichtbare Hand“ selbst regulieren.
Das große Ideal des Liberalismus ist die Freiheit des Individuums.
Dem gegenüber steht der Sozialismus bzw. die Sozialdemokratie. Dieser ist der Auffassung, der Staat müsste permanent in das wirtschaftliche Handeln eingreifen oder gar alle Produktionsmittel verstaatlichen. Diese Planwirtschaft sorge für eine Umverteilung der Güter von reich nach arm und so für soziale Gerechtigkeit.
Das große Ideal des Sozialismus bzw. der Sozialdemokratie ist die Gleichheit.
Aufgrund dieser zwei grundlegenden Positionen möchte ich darlegen, welche Argumente in meinen Augen für und gegen den Mindestlohn sprechen.
Zunächst einmal würde der Mindestlohn dafür Sorge tragen, dass die Löhne eines Arbeitnehmers nur bis zu einem gewissen Grad gedrückt werden können und schützt somit arbeitende Menschen vor Armut und gewährt ihnen somit ein menschenwürdiges Leben durch die Chance auf Teilhabe an der Gesellschaft. Was ganz nebenbei noch die Wirtschaft stärkt.
Denn mit einem flächendeckend festgelegten Mindestlohn dürfte kein Arbeitgeber einen Angestellten mit einem niedrigeren als den damit festgelegten Lohn bezahlen. Dies führt dazu, dass Menschen die heute im Niedriglohnsektor arbeiten und wohlmöglich sogar aufstocken müssen, wenn sie gehalten werden wollen, besser bezahlt werden müssen und mit diesem höheren Gehalt der Armut entfliehen können. Durch den Mehrverdienst ist es diesen Menschen möglich mehr am sozialen Leben zu partizipieren. Dies bedeutet immer auch Konsum und somit ein Impuls für die Wirtschaft.
Wird ein Straßenreiniger heute etwa mit 5€ entlohnt und kommt somit bei einer 30 Stunden Woche gerade mal auf ein Monatsgehalt von 600€ müsste man ihm mit dem von der SPD geforderten Mindestlohn 8,50€ zahlen, um ihn als Arbeitskraft zu halten. Mit einem Mindestlohn in dieser Höhe würde er nun 1020€ verdienen.
Während das alte Gehalt zu nicht viel mehr wie der Deckung der Lebenshaltungskosten langte würde er mit einem Mindestlohn fast das Doppelte gegenüber dem vorherigen Lohn verdienen. Wenn wir nun davon ausgehen, dass dieser Straßenreiniger mit dem monatlichen Kapital, dass ihm nun mehr zur Verfügung steht, konsumiert würde der Mindestlohn somit auch der deutschen Wirtschaft zu Gute kommen.
In den Augen eines Sozialdemokraten sorgt der Mindestlohn somit für eine Stärkung der sozial sehr schwachen unserer Gesellschaft und der unteren Mittelschicht und gehört deshalb eingeführt.
Doch hat der Mindestlohn auch seine Schattenseiten. So schützt er keineswegs eine Bevölkerung vor Armut, sondern entkoppelt diese lediglich von der Arbeit. Das Risiko durch Arbeitslosigkeit in den Armutssektor zu gelangen ist nach wie vor da und wird durch einen flächendeckenden, gesetzlichen Mindestlohn sogar noch größer, was eine doppelte Strapaze der deutschen Haushaltskasse bedeuten würde. Auch würde er die deutschen Unternehmen schwächen, der Garant für den Wohlstand hierzulande.
Denn wenn ein Arbeitgeber seinem Angestellten eine Mindestsumme pro Monat auszahlen muss, die er ihm zuvor möglicherweise nicht ausgezahlt hat, würde dies ein Anstieg seiner Arbeitskosten bedeuten. Alternativ könnte er ihn auch, da er sich mit dem neuen Mindestlohn als Arbeitskraft nicht mehr rentiert, entlassen. Viele Arbeitskräfte haben einen „Mehrwert“ weit unter den von vielen politischen Lagern geforderten Mindestlöhnen. Ein Arbeitgeber muss solche Arbeiter nach der Einführung eines flächendeckenden Mindestlohnes fast konsequenterweise entlassen, da er ihnen nicht mehr ihren alten Lohn auszahlen dürfte. Der neue Arbeitslose ist eine doppelte Belastung für die deutsche Wirtschaft, der er zum einen sich nicht mehr produktiv in die Wirtschaft einbringt und zum anderen Gelder von den Sozialkassen erhält.
Deutsche Produkte sind bereits jetzt durchschnittlich relativ teuer, was wir uns nur aufgrund unserer meist hohen Qualitätsstandards erlauben können. Um Wettbewerbsfähig zu bleiben können wir uns eine Branchenübersteigende Preissteigerung, die durch den Mindestlohn entstehen würde nicht leisten.
Schon heute übersteigen viele Lohnkosten in den unteren Einkommensschichten die eigentliche Produktivität der Arbeitskräfte. Einen Arbeitgeber, der einer Putzfrau gemäß ihrer Produktivität 5€ die Stunde zahlt kann auch ein Gysi, Fraktionsvorsitzender der demokratisch-sozialistischen Linksfraktion im Bundestag, nicht zwingen 10€ die Stunde zu zahlen.
Der heutige Unterschied gegenüber einem Land mit Mindestlohn wird darin bestehen, dass der Arbeitgeber seine Putzfrau entlässt und wohlmöglich sogar mit Unternehmen woandershin zieht. Die Putzfrau steht auch in diesem Fall in Armut und ist als Hartz-4 Bezieherinnen nun eine weitere Last für unseren Sozialstaat. Vielmehr stellt sie gar keinen Mehrwert mehr da und hat dadurch, dass man sie über ihren eigentlichen verkaufen wollte nun ein ehemaliges deutsches Unternehmen outsourcen lassen.
Geht man jedoch davon aus, dass die deutschen Unternehmen aufgrund der Einführung eines Mindestlohnes keine einzige Stelle streichen würden (wie es von Verfechtern des Mindestlohnes anhand des Beispiels England oft in das Feld geführt wird), würde dies einen Sog der oberen Lohngruppen nach unten bedeuten. Dies wiederrum würde bedeuten, dass viele hochqualifizierte Humanressourcen lieber im Ausland arbeiten, was den Wirtschaftsstandort Deutschland nachhaltig schwächt und somit niemandes Hilfe ist.
Denn der finanzielle Mehraufwand, der durch den Mindestlohn entsteht, muss im Unternehmenshaushalt irgendwo wieder eingespart werden. Um die niedrig Qualifizierten besser bezahlen zu können muss man die hoch qualifizierten und somit gut bezahlten zukünftig schlechter bezahlen. Was auf den ersten Blick verlockend nach einem Robin-Hood-Effekt der Moderne aussieht, entpuppt sich als Schuss nach hinten. Denn wir leben in Zeiten des globalen Arbeitsmarktes, in denen ein deutscher Manager sich morgen in einem amerikanischen Unternehmen bewerben kann, wenn er dort ein höheres Gehalt bekommt.
Wenn wir Leute wie Reinhold Würth, die mit ihrem Innovationsgeist unser Land antreiben, dazu zwingen jedem seiner Arbeiter ein Gehalt, das nicht unter einer gewissen Höhe liegen darf zu bezahlen verjagen wir sie. Da der nächste Mann mit einer solch wirtschaftlich genialen Nase eventuell lieber ein mittelständisches Unternehmen im Ausland zu einem global agierenden hochwirtschaften wird. Dies würde geringere Steuereinnahmen des deutschen Staates zur Folge haben, mit der sich dieser weniger Sozialstaat leisten kann. Schlussendlich würde er also auch viele sozial schwache Menschen negativ treffen.
Es lassen sich noch viele Argumente für und gegen den Mindestlohn aufbringen. Unter dem Strich halte ich den Mindestlohn für ein wohlgemeintes, dem deutschen Volke aber nicht wohltuendes Konzept.
Warum das so ist möchte ich kurz erläutern. In den meisten Branchen haben die Gewerkschaften und somit der Markt ohne Zutun des Staates bereits einen Mindestlohn ausgehandelt. Allen Branchen nun aber einen strikten Mindestlohn über den Kopf zu ziehen wäre ein Schritt zur Planwirtschaft. Es schränkt sowohl die individuelle Freiheit des Arbeitnehmers für das Gehalt für das er arbeiten möchte auch zu arbeiten, als auch die des Arbeitgebers seinen Arbeitnehmern ein Gehalt nach seinen Vorstellungen auszuzahlen ein und unterbindet somit den Wettbewerb, der einer jeder Volkswirtschaft Stärke verleiht. Wie wir am Realsozialismus sehen konnten, kann eine übertrieben soziale Intention nach hinten losgehen. Anstatt den theoretischen Reichtum für alle brachte dieser Armut für Alle.
Auch bereits der Mindestlohn schwächt alle ökonomischen Schichten, wie in den letzten beiden Argumenten dargelegt.
Deshalb ist er als sozialer Gedanke zwar gut gemeint, schwächt aber mitunter gerade die, denen er doch eigentlich helfen wollte.
ubaTaeCJ (Donnerstag, 12 August 2021 10:47)
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Silvia (Montag, 15 September 2014 19:48)
Das ganze ist sicherlich ein ganz wichtiger Schritt, aber damit ist das Thema nicht vom Tisch, denn vielen Arbeitnehmern ist dies keine große Hilfe. Hier muss sich einfach noch viel mehr tun, um endlich auch den Arbeitnehmern einen weiteren Schritt entgegen zu kommen.
Kööpnick (Dienstag, 14 Januar 2014 20:03)
Dieses Thema ist eine ausführliche Erörterung wert, ich habe deshalb in meinem Blog meine Meinung aufgeschrieben: http://kwakuananse.de/http:/kwakuananse.de/archives/mindestlohn-und-amazon/