„In einer Welt, die überflutet wird von belanglosen Informationen, ist Klarheit Macht.“ 

- Yuval Noah Harari

Toleranz & Akzeptanz

„Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechte geboren […].“

- Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, Artikel 1.

 

Aus dieser oder ähnlicher Überzeugung heraus kämpften und kämpfen unzählige Menschen gegen jegliche Diskreditierung von Menschen oder Menschengruppen. Aus Erzählungen und Geschichtsbüchern erfahren wir von Personen, die sich dafür einsetzten, dass niemand aufgrund seiner Religion, Hautfarbe oder seines Geschlechts schlechter behandelt wird. Und weitgehend sehen wir die gesetzlich festgeschriebene Religionsfreiheit, Gleichstellung von Mann und Frau und Menschen aller ethnischer und kultureller Herkunft als ruhmreiche Errungenschaften der Menschheitsgeschichte an. Auch manch festgefahrene Schranke in unseren Köpfen beginnt sich zu lösen. Und so finden wir die Vorstellung befremdlich, dass ein schwarzer (mittlerweile politisch korrekt: ein maximalpigmentierter Mensch), einst nicht neben einem weisen Menschen sitzen durfte.

 

Gegenwärtig wird es also als abstrus, verwerflich empfunden, wenn Menschen aufgrund ihrer Religion, Hautfarbe oder ihres Geschlechts diskriminiert oder auch nur schief angesehen werden. Doch die Ungleichstellung von Menschen aufgrund ihrer Sexualität ist  heute nicht nur stammtisch,- sondern auch politikkompatibel. Ja, auch im ach so aufgeklärten Bilderbürgertum wird u.a. Homophobie nicht als Rückschritt empfunden. Eine etwaig juristische Gleichstellung von gleichgeschlechtlichen Paaren wird weltweit von vielen Menschen überhaupt nicht als ruhmreich angesehen. Und ferner ist die Vorstellung eines Unterrichts, indem Homo-und Bisexualität ebenso wie die Heterosexualität Teil des Aufklärungsunterrichts sind für viele Menschen höchst befremdlich. Doch wie kommt es, dass dies gleichzeitig auch diejenigen Menschen sind, die sich im gleichen Atemzug für eine pluralistische Gesellschaft und die Vorstellung unterschiedlicher Religionen im Religionsunterricht aussprechen(, ohne die eigene dabei besser zu heißen)?

 

Doch woher rührt es, dass  im 21.Jahrhundert Minderheiten aufgrund ihrer sexuellen Orientierung eine Ungleichstellung in der Gesellschaft erfahren müssen. Dabei rede ich hier gar nicht von den Unterschieden in den Gesetzbüchern, sondern von denen in unseren Köpfen.

 

Nun wird an dieser Stelle oft von Konservativen und Rechten Einspruch erhoben. Es wird dabei eingewendet, dass doch beispielsweise homo- und bisexuelle Paare ihre Sexualität ausleben dürfen. Sie würden doch weitgehend toleriert. Dann muss ich stets erwidern, dass sie im Prinzip Recht hätten, dies jedoch keine Antithese zu meiner Behauptung sei.

 

Toleranz

 

Es stimmt, dass Homo-und Bisexualität von großen Teilen der Bevölkerung toleriert wird. Doch eine tolerante Haltung ist passiv. Tolerieren heißt erlauben, seinlassen. Die Toleranz gegenüber „Anderer“ war und ist ein großer, soziokultureller Fortschritt. Vor allem für die Betroffenen, denn sie bedeutet ihre Hinnahme. So war es vielen Juden nach den Pestpogromen im 14. Jahrhundert wieder gestattet, sich in Städten anzusiedeln. Man gewährte ihnen ihr Dasein, dennoch begegnete man ihnen nach wie vor mit Vorbehalt und Großteils auch mit Verachtung.

 

Und genau das bedeutet Toleranz. Inklusion im Groben, aber Exklusion im Feinen. Weil etwas tolerieren impliziert dem Wort nach bereits, dass es erst geduldet werden muss. Dass es nicht normal, normativ ungleich sei. Niemand würde auf die Idee kommen zu sagen, er toleriere einen Heterosexuellen wegen seiner sexuellen Gesinnung oder einen Weißhäutigen wegen seiner Hautfarbe.

Doch warum diese Befremdung? Warum werden Menschen sooft gar abschätzig behandelt, weil sie sich nicht (nur) zum anderen Geschlecht hingezogen fühlen? Wenn von Seiten der Religion der Nächstenliebe Menschen weil sie lieben ausgestoßen, als krank bezeichnet und ihnen ewiges Leiden prophezeit und dieses als gerechtfertigt empfunden wird hat dies dogmatische Gründe.

 

Doch auch relativ unvoreingenommene Geister empfinden Nicht-Heterosexuelle Paare als ungleich, defizitär. Ich meine, diesem Symptom liegt eine sehr allgemeine Ursache zugrunde. Es gibt keine absolute Norm, der Mensch empfindet in Relation zu erlebtem oder aufgrund von Lehren Etwas oder Jemanden als normal oder unnormal. Man gewöhnt sich an Dinge und wie es für die Menschen früher zunächst sicher befremdlich war sich neben einem Andershäutigen zu setzen, so ist dem heutigen Menschen der offene Umgang mit anderen Sexualitäten oft fremd. Dies findet seinen Grund darin, dass lange Zeit nicht-hetero-Sexualitäten totgeschwiegen und unterdrückt wurden. Die Emanzipation anderer sexueller Gruppierungen heißt jetzt gesellschaftlicher Wandel. Und durch dieses Wegfallen von Bekanntem, Traditionellen fühlt sich nun manch Bürger verunsichert, belästigt oder geradezu bedroht.

 

Aus pragmatischen Gründen und da sie offensichtlich niemanden etwas tun ist man zwar dazu gewillt, nicht-heterosexuelle Paare zu tolerieren, zu mehr aber auch nicht. Viele Menschen stören sich daran, wenn gleichgeschlechtliche Partnerschaften sichtbar gelebt werden und zwei Männer Hände halten. Bei einem gegengeschlechtlichen Paar wird sich niemand stören.

 

Und das ist der große Zwist um das Thema. Bi- und Heterosexualität. Nicht etwa, dass es uns an Toleranz fehlt. Die erfahren bi-und homosexuelle Menschen zumindest in Deutschland und zumindest Großteils. Vielmehr ist Dreh- und Angelpunkt, dass diese Menschen nicht nur toleriert, sondern auch akzeptiert werden wollen. Die kritische Seite meinte wohl, besagte Menschen würden unscheinbar und ruhig, wenn man sie tolerieren würde. Und sie empfinden den Christopher Street Day, das Händchenhalten auf der Straße und ihre Forderung Kinder adoptieren zu dürfen als penetrant und unangebracht. Davon wiederrum fühlen sich die Homo-und Bisexuellen angegriffen, die ihre Sexualität und ihre Art offen ausleben und dafür gleich, gleichwertig behandelt werden wollen. Das Resultat sind sich wieder verhärtende Fronten, ein Ende der Toleranz auf beiden Seiten.

Akzeptanz

 

In einer aufgeklärten, liberalen Gesellschaft darf und soll Toleranz gefordert werden.

Akzeptanz hingegen kann nicht eingefordert werden. So hat man in einem Rechtstaat andere Lebensformen zu tolerieren, solange diese nicht gegen moralische Sitten oder gesetzliche Normen verstoßen. Ihre Existenz hinnehmen heißt aber nicht sich mit ihrer Lebensform einverstanden zu erklären. Als Vegetarier hat man fleischessende Menschen passiv zu tolerieren, muss das aber nicht aktiv gutheißen. Zu so etwas wie letzteres darf und soll niemand gezwungen werde. Es wäre antiliberal, da es gegen das voluntaristische Prinzip verstößt.

 

Akzeptanz kann also nicht erzwungen, sehr wohl aber erarbeitet werden. Wenn homo-und bisexuelle Menschen offen von dem heißen, gleichgeschlechtlichen Schwarm reden und sich weiterhin emanzipieren. Wenn nicht-heterosexuelle Menschen nicht provokant, aber wie selbstverständlich ihre Liebe offen ausleben, wie es die heterosexuellen Menschen machen, setzt vielleicht ein Gewöhnungsprozess ein, der ihnen das Gefühl gibt endlich in der Mitte der Gesellschaft anzukommen.

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Kommentare: 4
  • #4

    sapereaudepls (Montag, 10 November 2014 01:11)

    Homophobie - Logik:
    Wenn du glaubst, dass ein gleichgeschlechtliches Ehepaar schwule Kinder hervorbringt,
    wie erklärst du dir dann die schwulen Kinder gegengeschlechtlicher Partner?

  • #3

    valterie (Montag, 10 November 2014 00:35)

    Man merkt doch, wie diese seichte Ader ansteckend ist.
    Sieh dir doch mal Schwule Partner an, die Kinder adoptieren.
    Die werden genauso und so breitet sich das fort!

  • #2

    sapereaudepls (Montag, 29 September 2014 03:05)

    Wenn Menschen ihre sexuelle Orientierung nicht ausleben dürfen, weil du das nicht willst, dann darfst du ab sofort keine Cookies mehr essen, weil ich und meine Freunde das nicht mögen. Na?

  • #1

    Lupo (Sonntag, 28 September 2014 19:50)

    Gott sagt, dass Homosexualität wiederwertig ist. Punkt.


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