Der Moral Sense Test ist ein Forschungsprojekt des Evolutionsbiologen und Moralphilosophen Marc D. Hauser, in dem viele, grundverschiedene Teilnehmer eine Reihe von hypothetischen Entscheidungen treffen mussten. Folgende zwei Fragen wurden den Probanden dabei gestellt.
Erstens: Stellen sie sich vor sie stehen an der Weiche eines Bahngleises und ein Waggon rollt auf sie zu. Wenn sie nichts unternehmen, nimmt der Waggon einen bestimmten Weg und überfährt fünf Gleisarbeiter. Stellen sie hingegen die Weiche um, nimmt der Waggon einen anderen Weg und überfährt einen Gleisarbeiter.
Zweitens: Und nun stellen sie sich vor sie stehen auf einer Brücke und sehen wie ein Waggon auf fünf Gleisarbeiter zurollt. Wenn sie nichts unternehmen, nimmt der Waggon seinen Weg und überfährt diese fünf Gleisarbeiter. Stoßen sie hingegen den dicken Mann vor ihnen von der Brücke stirbt dieser und stoppt den Waggon, womit folglich die fünf Gleisarbeiter überleben würden.
Circa 90 Prozent der befragten Personen würden die Weiche umstellen, jedoch nur rund 16 Prozent würden den dicken Mann von der Brücke schubsen. Hauser selbst zog aus diesem Resultat viele, interessante Schlüsse. Zum einen postulierte er einen dem Menschen angeborenen Instinkt für Moral, da die Antworten auf die beiden Fragen bei allen Alters- und sozialen Schichten annähernd gleich waren. Dabei mache dieses psychologische Phänomen offensichtlich einen, so seine weitere These, grundlegenden Unterschied darin, ob man den Tod eines Menschen aktiv oder passiv verursacht (auch juristisch ein großer Unterschied!), auch wenn das Ergebnis dasselbe ist (im Beispiel: ein Mann stirbt durch mich, fünf werden dadurch gerettet).
Meiner Vermutung nach liegt diesem von Hauser aufgedeckten Phänomen ein grundlegenderer Sachverhalt zugrunde (den man aber nicht seinem Projekt entnehmen kann). Hauser hat gezeigt, dass wir einen großen Unterschied zwischen aktiv unternehmen und passiv zulassen einer Tat machen. Da tendenziell unser moralisches Bewusstsein mit einer empathischen Unmittelbarkeit anwächst. Es ist einfacher per Knopfdruck einem Mann in einem anderen Raum eine tödliche Flüssigkeit zu initiieren, als ihn mit einem Messer abzustechen und leiden zu sehen. Unsere moralische Hemmschwelle sinkt, wenn wir selbst nicht mitleiden. Die hungerleidenden Menschen in Afrika sind für uns ein Stück weit unwirklich, durch Bilder schaffen NGOs dann doch ein schlechtes Bewusstsein bei uns, indem sie uns direkt mit dem Leid der ärmsten unserer Welt konfrontieren. Es würden wohl noch viel mehr Menschen helfen, wenn das Leid vor der Haustür oder in der Verwandtschaft stattfinden würde.