1. Theodizee
Glauben zu Ende gedacht:
(1) Gott will das Beste für uns. (Allgüte)
(2) Gott kann alles realisieren, was er will. (Allmacht)
(K) Gott hat das Beste für uns realisiert.
Die Konklusion (K) geht aus (1) und (2) hervor. Das bedeutet, wenn die Glaubenssätze / Prämissen (1) und (2) richtig sind, so ist auch (P). Falls aber (P) nicht richtig ist, lässt sich im Umkehrschluss auch festhalten, dass (1) und / oder (2) nicht vollständig korrekt sein können. Prämisse (P) steht im krassen Widerspruch zur Beobachtung (T), dass:
(B) Was ist, ist nicht das Bestmögliche.
Wer etwas anderes meint als (B) behauptet allen Ernstes, dass eine Welt mit
Kinderpornografie und Holocaust die bestmögliche Beste (denn für einen allmächtigen Gott ist alles möglich) sei. Eine solche Auffassung ist fast
schon strafbar.
2. #Kreuzestod
Glauben zu Ende gedacht:
(1) Jesus musste den Kreuzestod sterben,
damit uns unsere Sünden vergeben sind.
(K) Gott ist nicht allmächtig.
Die Konklusion (K) geht aus (1) hervor. Denn ein allmächtiger Gott könnte auch einfach nur mit dem Finger schnipsen und unsere Sünden sind nicht mehr. Falls also Gott seinen Sohn Jesus am Kreuz sterben lassen musste, damit uns unsere Sünden vergeben sind (1), kann Gott nicht allmächtig sein (K). Wenn aber:
(1) Jesus musste den Kreuzestod nicht sterben, damit uns unsere Sünden vergeben sind.
(K) Gott ist nicht allgütig.
Denn kein allgütiger Vater lässt seinen einzigen Sohn grundlos und leidvoll am Kreuz verenden. Es kann, wenn die Prämisse eines allmächtigen Gottes gehalten werden möchte, übrigens auch keinen anderen Grund bzw. Zwang für Gott geben, so etwas (oder überhaupt IRGENDETWAS) zuzulassen. Denn ein allmächtiges Wesen muss nicht (A) tun (Zwang), auch nicht, um (B) zu bewerkstelligen (Grund).
Glauben zu Ende gedacht:
(1) Gott ist allwissend, d.h. er weiß, was geschehen wird.
(2) Gott ist allmächtig, d.h. er kann beeinflussen, was geschehen wird.
Falls Prämisse (1) wahr ist, steht die Zukunft bereits felsenfest. Wäre hingegen in Zukunft mehrerlei möglich, könnte auch eine andere als die von Gott vorhergesagte Zukunft eintreten und Gott wäre diesbezüglich nicht allwissend. Wenn aber Gott auch bezüglich der Zukunft allwissend ist, dann muss alles nach seiner Prophezeiung kommen. Für diesen Fall kann Gott sich nicht gegen seine eigene Prophezeiung entscheiden, er wäre nicht allmächtig. Die Prämissen (1) und (2) scheinen somit nicht beide gleichzeitig wahrheitsfähig zu sein.
Nach demselben Schema lässt sich auch argumentieren, dass Gott uns nicht einen freien Willen lassen kann und unsere Zukunft wissen / prophezeien.
Glauben zu Ende gedacht:
(1) Gott ist allmächtig, d.h. er kann alles erschaffen.
(2) Ein allmächtiger Gott kann keinen Gegenstand erschaffen,
der ihn selbst als begrenzt mächtig bescheinigt.
Aussage (2) ist selbstwidersprüchlich und da „Gott“ ein allmächtiger Gott sein soll, ist Gott seinem nachgesagten Wesen nach selbstwidersprüchlich. Wenn Gott bspw. nicht in der Lage ist einen Stein zu erschaffen, der so schwer ist, dass er ihn nicht heben kann, ist er nicht allmächtig, denn er kann einen solchen Stein nicht erschaffen. Und falls Gott einen Stein erschaffen kann, der so schwer ist, dass er ihn nicht heben kann, ist er auch nicht allmächtig, denn er kann einen solchen Stein nicht heben. Wie man es dreht und wendet, die Annahme eines allmächtigen Gottes führt uns zu Kontradiktionen.
(1) Gott ist gerecht, d.h. er bestraft angemessen.
Diese Auffassung (1) von Gott beißt sich gleich mit mehreren anderen.
Dass wir Menschen seit dem Sündenfall durch Adam und Eva aus dem Paradies vertrieben wurden und seither dazu verdammt sind mit Arbeit und Schmerz zu leben, ist ein essentieller Gedanke der christlichen Lehre. Man spricht auch von „Erbsünde“. Dieses Konzept einer vererbbaren Schuld verträgt sich allerdings nicht mit meiner Vorstellung von Gerechtigkeit, nach der es ausschließlich gerecht sein kann Leute für ihre eigenen Missetaten zu belangen bzw. zu bestrafen. Einen Menschen für das Wirken anderer, etwa die Taten von Adam und Eva, mitschuldig zu sprechen, heißt ihn für seine Abstammung oder andere Dinge, die er nicht in der Hand hat, zu beschuldigen und ist als wenn man allen Deutschen heute sagt, sie wären a priori schlechte Menschen, weil sie ihre Nationalität mit einem Massenmörder teilen. Zudem ist die Vorstellung mit einem Schuldgefühl auf die Welt zu kommen, noch vor der ersten Berührung mit dieser, nicht nur ungerecht, sondern auch verdammt bedrückend: „Ihr verdient alle Tod und Schmerz, egal was ihr tut.“ Und es ist ein netter Trick von Gott noch hinzugefügt zu haben, man könnte diese Sündhaftigkeit ablegen, wenn man ihm doch nur sein Leben hingibt und seine Moralvorstellungen übernimmt.
Und wie ist es eigentlich mit Behinderten, Psychopathen (also Verhaltensgestörten mit abnormalen Gefühls- und Gemütserleben) und den apathischen Tieren, die gar nicht merken, wenn sie einem Leid antun? Sie alle verrichten „Böses“, ohne es so zu meinen. Offensichtlich leiden diese Lebewesen aber auch, sie sind krank, verletzt und sterben. Wie erklärt die Theologie ihr Leiden, dass angesichts eines allmächtigen Gottes nicht sein muss, wenn sie sich doch gar kein Bild von Sünde und dem Bösen machen können? Mit der Erbsünde (s.o.) oder einem gerechten Gott wohl kaum.
Dann stellt sich mir noch die Frage, ob Behinderte etc. in den Himmel kommen, wenn sie doch gar nicht verstehen können, was es heißt Jesus bewusst und willentlich anzunehmen. Die Bibel spricht hier eine klare Sprache: Niemand kommt zum Vater denn durch mich. Mit Gerechtigkeit hat das Ausgrenzen von intellektuell Minderbemittelten aber freilich überhaupt gar nichts zu tun. Oder haben sie ein „Freiticket“? Ist das nicht auch wieder ungerecht, weil auch ich kognitiv zu begrenzt bin, um zu erkennen welcher Gott unter den Tausenden der Richtige ist bzw. wen von denen ich anbeten muss, um in den Himmel zu gelangen? Wie steht es um einen Chinesen, der sein ganzes Leben lang nichts vom „richtigen“ Gott erfährt? Wird er vor den Himmelspforten abgewiesen? Steht es für ihn von Anfang an fest, dass er nicht in den Himmel kommt, weil er im falschen Land (oder wie ein Azteke zur falschen Zeit) geboren worden ist? Schützt Unwissenheit vielleicht wenigstens vor der Hölle? Wenn nicht, ist Missionsarbeit nicht wortwörtlich brandgefährlich?
Man kann natürlich auch einwenden, Gott stehe über der Logik und so all diese Widersprüche „auflösen“. Aber jenseits der Logik ist alles möglich und nichts wahrscheinlicher als das andere, kann ein fliegendes Spaghettimonster genauso existieren wie Gott. Es wäre also weniger ein Gegenargument, als die Kapitulation vor einer Frage, die zu groß für unser Denken ist.
Seelenlachen (Dienstag, 08 September 2015 19:34)
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