(1) Der richtige Umgang mit Asylbewerbern (Immigration im Allgemeinen) ist eine große Herausforderung für die westliche Welt.
(2) Ich will sogar behaupten, es ist eines ihrer gegenwärtig größten Herausforderungen.
(3) Immigration ist die logische Folge einer zunehmenden Globalisierung.
(4) Immigration und Globalisierung bedeuten gleichermaßen, dass viel Neues in die alte Welt eindringt.
(5) Neues, egal in welcher Hinsicht, wird von uns meist als etwas Befremdliches wahrgenommen.
(6) Fremdes fürchten wir als uneinschätzbaren Angriff auf Altvertrautes.
(7) Umso fremder der Immigrant, desto mehr fürchten wir ihn (Ich unterscheide zwischen Furcht und Angst). Deshalb tut man sich in Dresden und älteren Generationen viel schwerer mit Immigranten, als in Neukölln oder unsere Generation.
(8) Wegen all dem war Einwanderung lange Zeit ein heikles politisches Thema. Kein Politiker mit Namen fasste es gerne an, weil man sich an ihm leicht die Finger verbrannte.
(9) Lediglich die Politik an den äußeren linken und rechten Rändern traute sich an das Thema Immigration - und hat es zugleich für ihre Zwecke instrumentalisiert.
(10) Linke und Rechte Populisten (ja, es gibt nicht nur rechten Populismus. So gut wie jedes Wahlplakat, das ich kenne, ist populistisch!) haben begriffen, dass es viel effizienter ist, den Wähler emotional abzuholen, als es rational zu versuchen. Es gilt Visionen, Ängste und Hoffnungen in Bezug auf Einwanderung bzw. Fremdes, aufzubauen, wenn man Wählerstimmen gewinnen möchte.
(11) Emotional abgeholt haben uns auch die Bilder von ertrunkenen Flüchtlingen und selbst eine wie Frau Merkel wurde nicht durch Zahlen, sondern durch ein weinendes Palästinensermädchen umgestimmt.
(12) Dabei ist das Flüchtlingsproblem nichts Neues: Vor ungefähr einem Jahr sank ein Flüchtlingsboot vor Lampedusa, 390 Flüchtlinge starben. Damals gab sich ganz Deutschland bigott mitleidig, wurde aber schnell wieder von "Alltagsproblemen" überholt und das Flüchtlingsproblem verschwand von unserem Radar.
(13) Es brauchte nicht weniger als eine Völkerwanderung und Bilder von Kinderleichen, um uns wieder daran zu erinnern, was sich vor unseren Küsten, im Mittleren Osten, im Nahen Osten und in Afrika abspielt.
(14) Ich will es im Folgenden besser machen als die Leute, die ich zuvor kritisiert habe, und mich auf Zahlen und Fakten konzentrieren - normative Aussagen wird es dabei nur vereinzelnd welche geben. Das Thema Einwanderung ist auch zu brisant, um es alltagspopulistischem Kalkül und hohlen Phrasendreschern zu überlassen.
(15) Inzwischen wird die Flüchtlingsfrage auch in der Politischen Mitte und vor Kameras diskutiert. Eine einfache und gute Antwort findet man auch dort nicht, was aber nur ehrlich ist.
(16) Es gibt zig einfache und es gibt gute Antworten auf die Flüchtlingsfrage, aber keine einzige einfache und gute. Das Problem ist vielschichtig und so gehört es auch gedacht und angegangen.
(17) Um vielleicht so etwas wie eine gute Antwort zu bekommen hilft es, sich einen Überblick über die hier relevanten Begrifflichkeiten zu verschaffen. Diese werden im öffentlichen Diskurs nämlich unscharf verwendet und durcheinandergeworfen.
(18) Das fängt an mit "Asylbewerbern" und "Flüchtlingen". Zwei Begriffe, die unterschiedliche Dinge bezeichnen, im öffentlichen Denken und Reden jedoch oft sträflich vermengt werden.
(19) Also: Asylbewerber sind Menschen, die in ihrem Heimatland politische Verfolgung erleiden und deshalb in einem fremden Land Schutz - in Form von Asyl - beantragen. In Deutschland wird dem Asylantrag nur dann stattgegeben, wenn sich eine politische Verfolgung auch wirklich nachweisen lässt und selbige tatsächlich vom Staat ausgeht. Sind diese beiden Kriterien erfüllt, wird der Asylbewerber zum Asylberechtigten.
(20) Dahingegen ist ein Flüchtling jemand, der sein Land verlässt, weil ihm dort Gefahr droht. Laut Genfer Flüchtlingskonvention, wer sein Land aus der "begründeten Furcht vor Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität ...“ verlässt. Anders als beim Asylsuchenden muss hier die Gefahr also nicht vom Staat ausgehen. Wer sich mit weiteren, relevanten Begriffen vertraut machen möchte, findet auf tagesschau.de eine schöne Zusammenstellung.
(21) Es ist wichtig, dass wir wissen, was Asylbewerber und generell was Flüchtlinge sind. Weil es eben nicht nur Leute sind, die plötzlich in bei uns aufkreuzen und auf unseren Taschen liegen. Nein, zuvorderst sind es Menschen - auf der Flucht. Ich denke, man muss einem Deutschen nicht weiter erklären, was Flucht und Vertreibung bedeuten und wie schön es sein kann, dann aufgenommen zu werden und Hilfe zu erfahren.
(21) Kommen wir nun explizit auf das Thema Flüchtlinge und damit direkt auf die nackten Zahlen zu sprechen. Zahlen sind unerlässlich, denn sie lügen nie. Ganz anders als unser Bauchgefühl oder der Stammtisch (respektive die CSU). Und aus diesem Grund sind Zahlen stets gegenüber Gefühlen und Emotionen zu bevorzugen, falls man beabsichtigt, sich einem Thema neutral anzunähern.
(22) Zahlen zeigen aber auch nicht immer die ganze Wahrheit. Je nachdem, welche Faktoren bei der Quantifizierung eines Sachverhaltes ausgeklammert und welche mit eingerechnet werden, malt uns die Zahl, die am Ende dasteht, ein ganz anderes Bild von der Wirklichkeit. Möglicherweise ein noch stärker verzerrendes als jede Stammtischparole, ohne dass die Zahl an sich falsch wäre.
(23) Daher habe ich mich bei den nachstehenden Zahlen bewusst um objektive Quellen bemüht und diese auch verlinkt.
(24) Weltweit waren Ende 2014 rund 60 Millionen Menschen auf der Flucht. Folglich zeugt es von Unwissen, Dummsinn und irrationalen Ängsten, wenn Rechte skandieren: "Wir können doch nicht die ganze Welt aufnehmen". Der Großteil der Welt will gar nicht von Zuhause weg.
(25) Nur einen kleiner Prozentsatz jener 60 Millionen Flüchtlinge zieht es tatsächlich nach Europa. Hierzulande wird ja gerne dahingeredet, die Flüchtlinge wollen alle zu uns nach Europa. Das ist aber falsch. Pakistan, Libanon, Jordanien, Iran, Türkei und Äthiopien nehmen in Relation zur Gesamtbevölkerung weit mehr Flüchtlinge auf, als jedes europäische Land. Beispielsweise sind von den zwischen 4 und 6 Millionen aus Syrien geflüchteten Menschen nur vier Prozent in die EU geflüchtet. Allein im Libanon haben fast zehn Mal so Viele Zuflucht gesucht. Und in Jordanien kommt auf alle 11 Einwohner ein Flüchtling, im (linksregierten!) Thüringen liegt das Verhältnis hingegen bei 1:206. Von einer "Invasion Europas" kann also überhaupt nicht die Rede sein.
(26) Aber wie steht Deutschland im europaweiten Vergleich da? Absolut betrachtet nimmt dort Deutschland tatsächlich die meisten Flüchtlinge auf. Dieser Wert relativiert sich aber, wenn man sie in Relation zur Einwohnerzahl setzt. In Relation zur Einwohnerzahl lag Deutschland sogar lange Zeit nur im EU-Mittelfeld, bis es 2014 auf Platz sechs vorrückte. Länder wie Schweden, Malta oder Dänemark nehmen aber noch nach wie vor deutlich mehr Flüchtlinge pro Einwohner auf, als Deutschland.
(27) Bringen wir es auf den Punkt: Von den 60 Millionen Menschen, die global auf der Flucht sind, kommen nur 5% nach Europa. Die Meisten fliehen in die nahegelegenen Nachbarländer. Und von den 3,1 Millionen Flüchtlingen, die die EU aufnimmt, entfällt weniger als die Hälfte auf Deutschland und Schweden zusammen. Sprich, Deutschland nimmt als viertgrößte Wirtschaftsmacht der Welt gerade einmal 2% aller Flüchtlinge auf und viele seiner Bürger tun so, als ginge das Abendland unter.
(28) Zum Vergleich: Das Bruttoinlandsprodukt des Staates Libanon beträgt gerade einmal 24 Millionen US-Dollar. So viel legt in Deutschland allein der Volkswagenkonzern um, in Euro, pro Tag! Und trotzdem nahm der Libanon bereits 1,1 Millionen Flüchtlinge aus Syrien auf. Setzen wir diese Zahl wieder ins Verhältnis zur libanesischen Einwohnerzahl wird klar, was das bedeutet: Für den libanesischen Staat entspricht das einem Viertel der Bevölkerung zusätzlich oben drauf. Wenn also ein Land die (warum so negativ konnotierte?) Bezeichnung "Sozialamt der Welt" verdient hat, dann vielleicht der Libanon, aber doch nicht Deutschland.
(29) Ressentiments stören sich jedoch nicht an Fakten. Man könnte auch sagen, die gefühlte Realität ist realitätsresistent. Weil es aber wichtig ist die Realität so zu sehen, wie sie ist, um angemessen auf sie reagieren zu können, wollen wir als nächsten Schritt versuchen, die Ressentiments zum Thema Flüchtlinge zu entkräften.
(30) Der Voreinwand "Vorurteile haben meist einen wahren Kern" zählt hierbei nur halbe. Es stimmt zwar, dass man beim ersten Kontakt mit etwas oft Vorurteile braucht, weil man ansonsten schnell die Orientierung verlieren würde. Der zweite Kontakt sollte dann aber schon differenzierter ausfallen, weil Vorurteile pauschalisierend sind und der Individualität und Komplexität der Realität nicht gerecht werden.
(31) Kommen wir zum ersten Vorurteil. Ihm können wir die zuvor gelernten Zahlen entgegenhalten: Jetzt noch zu sagen "Das Boot ist voll", bei 80 Millionen Menschen und 800.000 Flüchtlingen, ist, wie wenn 100 Leute in der Bar sitzen, kommt einer hinzu, und die 100 meinen, "jetzt sind's zu viele". Es ist ausgrenzend und sicher nicht wahr (außerdem sind die 100 Leute reich genug, um dem einem Durstenden etwas auszugeben… ).
(32) Mit genug Herz und Hirn könnten wir sogar noch viel mehr Menschen aufnehmen. Nichtsdestotrotz proleten gefühlt immer mehr Menschen, hier sei kein Platz mehr für Flüchtlinge. Was soll man darauf antworten? Etwa, dass es logistisch natürlich allemal möglich ist: Selbst wenn wir einen bevölkerungsdichteren Teil Deutschlands wie Nordrhein-Westfalen nehmen, leben in Shanghai immer noch mehr Menschen auf nur einem Fünftel der Fläche. Platz ist also noch genug. Die Frage ist wohl eher: Wieviel Platz ist in unseren Köpfen für Menschen, die in Not sind?
(33) Das zweite Vorurteil stimmt sogar so ein wenig: Die meisten Flüchtlinge sind männlich. Laut den Zahlen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge sind 65% der Antragssteller auf Asyl männlich und nur 35 Prozent weiblichen Geschlechts. Insbesondere aus Syrien und Afrika flüchten fast nur Männer, wir erinnern uns an die Bilder von bis zum Rand mit Männern gefüllten Flüchtlingsbooten. Es gibt aber auch genauso ganze Familien, Frauen und Kinder, die fliehen. Etwa aus dem Kosovo nach München, wo es eine Unterkunft nur für Familien gibt.
(34) Als Anhängsel an dieses Vorurteil gibt es ein weiteres, das auf keinen Fall stimmt. Es besagt, dass die männlichen Flüchtlinge egoistisch und feige sind, weil sie sich selbst retten und ihre Frau und Familie im Krisengebiet zurücklassen. Auf ein paar mag dieses Vorurteil sogar zutreffen, schwarze Schafe gibt es immer. Aber versetzt euch Mal in folgende Lage: Ihr seid Eritreer und wollt wegen politischer Verfolgung (Asylbewerber) oder Armut (Wirtschaftsflüchtling) nach Europa fliehen. Euch ist aber klar, dass der Weg dorthin lange und gefährlich werden wird. Er führt durch die Wüste (wo mindestens so viele Flüchtlingsleichen liegen, wie im Mittelmeer, wenngleich auch nicht so medienwirksam / weiter weg), vorbei an kriminellen Banden und über das Meer. Auf dem Meer steigen sie in eines der Flüchtlingsboote, dort werden Frauen vergewaltigt, Schwächere ausgeraubt und, wenn überhaupt, wisst ihr nicht, ob ihr lebend in Europa ankommt. Und dann kann es immer noch sein, dass ihr da seit und man euch abweist. Falls nicht, habt ihr Glück und versucht natürlich sobald wie möglich eure Familie nachzuholen. Denn genau das machen die männlichen Flüchtlinge aus Syrien: Sie nehmen selbst den tödlichen Weg auf sich, um ihre Familie danach auf einem sicheren nachzuholen und deshalb kommen auf den Booten auch fast nur Männer zu uns. Ist so was wirklich feige und egoistisch? Oder nicht vielmehr tapfer und selbstlos?
(35) Gerade auch in eritreischen Dörfern legen nicht selten alle Dorfmitglieder zusammen, um dem Stärksten unter ihnen eine Reise nach Europa zu finanzieren. Von dort aus soll er dann Geld verdienen, zurückschicken und das Dorf finanzieren. Wirtschaftsflüchtlinge können also auch eine Art kommunale Anlage darstellen. Und das viel häufiger, als man annimmt: Die WDR-Korrespondentin Linda Staude schätzt sogar, dass ein Drittel der Wirtschaftsleistung Eritreas von Geflüchteten im Ausland erwirtschaftet wird.
3.3. Ein
falsches Dilemma
(36) Ein selten dämliches Vorurteil ist: "Wir sollten uns lieber um unsere eigenen Armen kümmern". Das Vorurteil besteht in dem Fehlschluss, dass arme Deutsche von selbst mehr Geld bekommen, wenn weniger Flüchtlinge in Deutschland sind. Was für ein Quatsch. Das würde im Umkehrschluss ja heißen, dass es den Menschen auf unseren Straßen besser ergangen sein muss, bevor die Flüchtlinge zu uns kamen. Das ist aber definitiv nicht der Fall, den Armen geht es mit oder ohne Flüchtlinge genauso beschissen.
(37) Mit dieser simplen, empirischen Feststellung könnte man dieses absurde Vorurteil links (bzw. rechts) liegen lassen - wenn es nicht die ärmsten der Armen unserer Gesellschaft gegeneinander aufspielen würde. Und sowas kann sich fatal entwickeln. Deshalb zum Mitschreiben: Flüchtlinge und deutsche Unterschicht haben in Wahrheit aber den gleichen "Feind": Die ungleiche Verteilung des Wohlstands. Ein Prozent der Deutschen besitzt ein Drittel des gesamtdeutschen Vermögens und Flüchtlinge und die Unterschicht besitzen fast nichts, worüber sie einander missgünstig sein könnten. Der altersweise Heiner Geißler meint auch: "‘Es gibt kein Geld, um dieses Elend zu beseitigen‘ ist eine Lüge. Wir haben auf der Erde Geld wie Dreck, es haben nur die falschen Leute."
(38) Der Bayrische Rundfunk schätzt, dass dieses Jahr eine Kostenpauschale von fünf bis sechs Milliarden plus für die neuaufgenommenen Flüchtlinge anfallen wird. Indes geht dem deutschen Staat allein durch die Steuerflucht des Applekonzerns mehr Geld durch die Lappen, 9 Milliarden Euro, als die gesamte Versorgung der 800.000 Flüchtlingen kostet. Und insgesamt stehlen sich in EU-Ländern 1.000 Milliarden Euro durch Steuertricks am Fiskus vorbei, das ist das 200-fache von den deutschen Flüchtlingsunterbringungskosten. Heiner Geißler hat also definitiv Recht, das Geld von Flüchtlingen ist da, es haben nur die falschen Leute.
() Steuerflüchtlinge kosten dem deutschen Staat unvorstellbar viel mehr als Kriegsflüchtlinge.
(39) Was ist am nächsten Vorwurf dran, dass sich Flüchtlinge nicht in unsere Gesellschaft einfügen? Nun ja, abgesehen von der Frage, ob Flüchtlinge überhaupt mit uns oder nur mit unseren Gesetzen leben müssen, ist da schon was dran. Integration ist in vielen Teilen fehlgeschlagen und übrig bleibt Immigration ohne Integration. Das haben sich die Politiker auch anders vorgestellt.
(40) Aber sind sie - sind wir unschuldig an dieser Entwicklung? Als vor 40 Jahren eine größere Anzahl türkischer Gastarbeiter nach Deutschland kam, hat man sie in Viertel gesteckt, in die sonst keiner wollte. Ein längerfristiges Konzept gab es nicht. Nun hatten sich die Türken an Deutschland gewöhnt, Kinder bekommen und wollten plötzlich bleiben. Und sie blieben, in armen Vierteln und unter ihresgleichen, wie die deutsche Politik es ihnen in ihrer Kurzsichtigkeit zugewiesen hatte. Was konnte man anderes erwarten? Selbstverständlich führte das Ganze zur Ghettoisierung ganzer Bevölkerungsgruppen und zur Schaffung von Parallelgesellschaften. Das Ergebnis sehen wir jetzt in zig Problem-Großstadtgebieten.
(41) Die entscheidende Frage ist nur noch: Haben wir daraus gelernt? Und die Antwort ist ernüchtend: Nein, wir sperren wieder alle flüchtige Immigranten zusammen, sogar von völlig verschiedener kultureller oder religiöser Herkunft und in die gleichen Zimmer. Hat sich da ernsthaft einer über die Meldungen gewundert, dass es zu religiös motivierten Ausschreitungen in Asylbewerberheimen gekommen ist? Ich will nicht alle Schuld von den Flüchtlingen weisen, auf keinen Fall, jede Form von Kriminalität und insbesondere Gewalt ist aufs Schärfste zu verurteilen. Aber wer sind wir, mit dem Finger auf Gewaltausschreitungen zu zeigen, wenn wir zuvor wahllos Menschen verfeindeter Glaubensrichtungen aufs engste zusammengepfercht haben? Wer sind wir, mit dem Finger auf schlecht integrierte Flüchtlinge zu zeigen, wenn wir nicht hingehen und sie raus aus ihren Flüchtlingsheimen, rein in unser Zuhause aufnehmen? Oder wenigstens zu ihnen hingehen und ihnen Deutsch beibringen, damit sie sich verständigen können.
(42) Und wer verdammt sind wir, irgendwas über "den Flüchtling" zu sagen, wenn wir noch nie einen besucht haben? Ich rate euch: Lernt die Leute kennen, es hilft gegen Vorurteile.
(43) Ein weiteres Vorurteil ist auch, dass Flüchtlinge nicht arbeiten wollen. Richtig ist aber, dass wir sie nicht arbeiten lassen: Flüchtlinge haben in Deutschland einen sogenannten "nachrangigen Arbeitsmarktzugang". Das bedeutet, dass sie unter optimalen Bedingungen drei Monate auf eine Arbeitserlaubnis warten müssen. Unter Umständen werden daraus aber auch mehrere Jahre. Solange nimmt die Prüfung eine Antrags auf Flüchtlingsschutz bzw. Asyl in Deutschland nämlich immer mal wieder auf sich. In anderen Ländern geht das wesentlich schneller und unbürokratischer, womit sie die Flüchtlinge schneller in die Gesellschaft integrieren, anstatt sie zu isolieren.
(44) Bis ein solcher Antrag akzeptiert wurde, darf sich der Bewerber weder frei in Deutschland bewegen (Residenzpflicht), noch darf er in dieser Zeit arbeiten. Und was macht man anstatt dessen? Nun, viele trinken mit den anderen und streifen durch das Dorf. Daher kommt auch das Bild von den unhöflichen, arbeitsfaulen Flüchtlingen. Die Wahrheit ist, sie dürfen nicht arbeiten und wie man sich in Deutschland benimmt hat ihnen auch noch niemand beigebracht. Merken sie sich das, bis das nächste Mal einer mit diesem blöden Klischee vom nicht arbeiten wollenden Flüchtling um die Ecke kommt. Es ist schlichtweg falsch und zeugt von Unkenntnis.
(45) Genauso falsch, wie die (gegenteilige) Vorstellung von "den Flüchtlingen ", die uns "unsere Arbeitsplätze" wegnehmen. Dafür muss man eines wissen: Wenn in Deutschland ein Job zu vergeben ist, dann muss der Arbeitgeber zuerst einen geeigneten deutschen Staatsbürger einstellen, wenn er keinen gefunden hat, dann einen geeigneten EU-Bürger und erst dann wird nach einer Nicht-EU Arbeitskraft gesucht. Der passlose Flüchtling kommt also erst in dritter Instanz infrage. Das ist alles so geregelt im Deutschen Aufenthaltsgesetz unter Paragraph 39. Eigentlich steht dort nicht weniger als eine gesetzlich verordnete Ausländerdiskriminierung.
(46) Es kann natürlich immer noch passieren, dass ein Nicht-Deutscher vor dir eine Arbeitsstelle bekommt. Dann muss du dich aber als unqualifiziert erwiesen haben und er passt einfach besser in den Job als du. Oder um es mit den weniger diplomatischen Worten des großartigen Louis C.K. zu sagen: "Natürlich nehmen dir Ausländer deinen Job weg. Aber wenn Dir jemand ohne Geld, Kontakte und Sprachkenntnisse Deinen Job wegnehmen kann, bist Du vielleicht einfach nur Scheiße!"
(47) Dass viele Menschen diese Aversion gegen "jobklauende Flüchtlinge" hegen, ist übrigens kein Anhaltspunkt für die Richtigkeit dieses Vorurteils. Im dritten Reich haben auch viele an die rassistische Rassenideologie der Nazis geglaubt, aber ihre Popularität machte die Auffassung nicht weniger falsch.
(48) Zudem kommt, dass Flüchtlinge und Ausländer im Allgemeinen oft Stellen besetzen, die wir Deutschen gar nicht wollen. In Müllabfuhren, Schlachtanlagen oder Reinigungsunternehmen sind bspw. überdurchschnittlich viele Ausländer beschäftigt.
(49) Außerdem müssen sich "besorgte Bürger" einmal grundlegend entscheiden: Entweder Asylbewerber & Co sind faul und arbeiten nicht, oder sie nehmen uns unsere Arbeit weg. Es kann nicht beides stimmen.
(50) Überhaupt ist es ein fehlerhaftes Vorurteil, dass Flüchtlinge der Bundesrepublik Deutschland nur auf den Kassen lägen. Sicher gibt es Gewaltopfer, Kranke und Traumatisierte unter den Flüchtlingen, die langfristig auf Unterstützung angewiesen sind und nie "rentabel" sein werden. Ihnen zu helfen und Schutz zu bieten ist eine humanitäre Pflicht, die keiner Kosten-Nutzen-Rechnung unterliegen darf.
(51) Wenn das reiche Europa allen Ernstes fragt, ob sich die Aufnahme derer, die ihr Zuhause verloren haben und um ihr Leben fürchten, rentiert, soll es sich nicht mehr "Wertegemeinschaft" nennen dürfen.
(52) Der Großteil der Flüchtlinge wird aber alles andere sein als eine finanzielle Belastung. Viele Flüchtlinge sind motiviert, qualifiziert und müssen nur aktiviert werden. Das heißt, dass man allein die zuvor erwähnte Arbeitserlaubnisregelung aussetzen und die Flüchtlinge arbeiten lassen muss. Dann, wenn man sie erst einmal lässt, können Flüchtlinge unserer Wirtschaft auch einen positiven Impuls versetzen.
(53) Bis aus Hilfsbedürftigen irgendwann einmal deutschsprachige Steuerzahler/innen werden, kostet das Ganze jetzt aber erst einmal Zeit und Geld. Aber das ist es, auch unter einem rein wirtschaftlichen Kalkül betrachtet, wert: Umso mehr und gezielter wird jetzt, scheinbar noch selbstlos in die Ausbildung der Flüchtlinge investieren, desto mehr wird sich dies langfristig lohnen. Männer können dem Fachkräftemangel (Dass der Arbeitgeberpräsident den Zustrom an Flüchtlingen begrüßt, kommt nicht von ungefähr) und arabische Familien, die gewöhnlich größer sind als deutsche, dem Demographischen Wandel entgegenwirken. Ohne Einwanderung im Allgemeinen sähe Deutschland in vielerlei Hinsicht alt aus.
(54) Der Rechtspopulist sieht derweilst den Wald vor lauter Bäume nicht. Einerseits beschwert er sich über fehlende Kinder in Deutschland, andererseits hetzt er gegen die (Ausländer), die Kinder nach Deutschland bringen. Seine Vorschläge, Kindergeld und Mütterrente zu erhöhen, sind in Wirklichkeit nutzlos. Es klingt zwar intuitiv einleuchtend, wenn er sagt, dass staatliche Unterstützungen einen Anreiz zum Kinderbekommen schaffen, ist statistisch aber nicht belegbar. Viele Länder, wie beispielsweise die Vereinigten Staaten, haben weder Kindergeld noch Mütterrente und dennoch konstante Geburtenraten. Das einzige, was wirklich noch gegen den deutschen D.W. hilft, sind neue und geburtsfreudigere Menschen von außerhalb. Und die stehen vor unserer Haustür.
(55) Die zuletzt aus Syrien aufgenommenen, 20.000 Kontingentflüchtlinge kosteten dem Staat gar keinen einzigen Cent. Wie kann das sein? Für diese Syrer galten nicht dieselben Anforderungen, wie für andere Asylbewerber. Man suchte nämlich vornehmlich Syrer, die bereits Verwandte in Deutschland hatten. Diese konnten bei den Behörden Vorschläge machen, wen Deutschland aufnehmen könnte, mussten aber nachweisen, dass sie finanziell dazu in der Lage sind, für den Aufenthalt ihrer Verwandten aufzukommen. Hier wurde also nicht denen geholfen, die es am dringendsten nötig haben, sondern denen, die es sich bzw. deren Verwandten es sich leisten können. Und die Hilfe kam auch nicht vom Staat, er ließ die Hilfe einfach nur zu.
(56) Neben den Leuten, die "den Flüchtling" für arm und kriminell halten, gibt es die Anderen, die den vermeintlichen Reichtum der Flüchtlinge monieren. Dieser Vorwurf ist eng verwandt mit dem des Sozialschmarotzertums: "Wie viel Geld muss der Staat den Flüchtlingen in den Arsch pumpen, damit diese so reich sein können?" Die Antwort ist simpel: Sehr wenig und deswegen sind diese Leute i.d.R. auch sehr arm. Ein Asylbewerber muss in Deutschland mit deutlich weniger Geld auskommen, als dem, was für uns Deutsche als absolutes Existenzminimum angesetzt ist. Dieses "menschenwürdige Existenzminimum" entspricht hierzulande in etwa dem Hartz-IV-Satz, also knappen 400 Euro im Monat. Die Summe aller für einen Flüchtling erbrachten staatlichen Leistungen beträgt hingegen nur 287 bis 259 Euro im Monat.
(57) Aber Obacht: Wenn Flüchtlinge unterhalb "das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums" fallen, degradieren wir sie damit nicht implizit zu Menschen zweiter Klasse?
(58) Wegen diesen niedrigen, staatlichen Zuwendungen sind die meisten Flüchtlinge auch sehr arm. Einige sind natürlich auch wohlhabend, dass aber nicht wegen dem deutschen Staat, sondern weil wie gesagt auch Zahnärzte und Rechtsanwälte unter ihnen sind. Außerdem kommen hier logischerweise nur diejenigen Menschen an, die sich die Reise zu uns auch leisten können.
(59) So zu tun, als ob alle Flüchtlinge nur Akademiker wären, ist aber Humbug. Und es ist ein perfektes Beispiel für das, was ich eingangs als linken Populismus bezeichnet habe. Das linke Wahlplakat mit dem Slogan "Reichtum für alle" war genauso populistisch.
(60) Ich bin definitiv kein Freund der AFD. Ihr als politische Partei aber Populismus (auch im Umgang mit der Flüchtlingsthematik) vorzuwerfen, ist in etwa so, als ob man einem Manager vorwirft, er wolle Gewinne machen. Es ist unter Umständen ungerecht und geht zur Lasten der Armen und Schwachen, gewinnorientiert oder populistisch zu agieren, aber notwendig, wenn man an einer Unternehmensspitze bleiben bzw. Wahlkämpfe gewinnen möchte. Und ist ein Wahlspruch nicht populistisch, so ist er gleich komplett inhaltsleer. (I II)
(61) Aber zurück zum Vorwurf des Flüchtlingsreichtums, den es immer wieder auch in einer ganz speziellen Ausformung gibt: "Wenn die Flüchtlinge so arm sind, wie können sich dann so viele von ihnen Smartphones leisten?" Gute Frage. Auf den ersten Blick scheint ein Smartphone noch ein extravagantes Luxusprodukt und nicht unbedingt notwendig zur Existenz zu sein. Es erfüllt in Wahrheit aber elementare Grundbedürfnisse, sowohl vom Flüchtenden, als auch von den Geflüchteten.
(62) Für den Flüchtenden ist ein Smartphone wichtig, weil es mit Ortungsdiensten ausgestattet ist und ihm hilft, sich bei der Flucht zurechtzufinden.
Und wer schon geflüchtet, d.h. in Deutschland angekommen ist, kann mit dem internetfähigen Smartphone mit seinen zuhausegebliebenen Verwandten kommunizieren. Wer will es einem Vater verübeln, dass er seine Tochter sprechen möchte?
(63) Der Kontakt über Internet ist viel günstiger als ein Festnetzanruf und außerdem ist das Telefonnetz im Nahen Osten und in Afrika häufig miserabel ausgebaut – auch deshalb haben dort viele ein Smartphone.
() Besorgte Bürger fürchten überdies, der IS könnte seine Kämpfer als Flüchtlinge getarnt nach Europa einschleusen. Der deutsche Geheimdienstchef Gerhard Schindler und andere Sicherheitsexperten in Deutschland sehen keine belastbaren Beweise für diesen Verdacht.
() Man kann diese Furcht auch phänomenologisch überprüfen: Derzeit kommen hunderttausende Flüchtlinge in Deutschland unter – und noch kein von der IS oder sonst wen verübten, islamistischen Terroranschlag.
() Der IS kann seine Leute auch viel einfacher ins Land schleusen, eine wirkliche Gefahr sieht er hingegen in islamistischen Salafisten, die bereits in Deutschland leben und versuchen die Lage der Flüchtlinge auszunutzen und sie anzuwerben. Gerade Jugendliche und Menschen, die ganz alleine kommen und sonst nichts haben, an das sie sich klammern könnten, könnten in der Salafistenszene Anschluss suchen und sich in dieser schnell radikalisieren.
(64) Jetzt kommt aber mal ein logisch klingender Vorwurf: Warum kommen die ganzen Flüchtlinge nicht einfach per Flugzeug zu uns? Wozu geben diese Leute 2000€ für eine unsichere und mitunter jahrelange Überfahrt aus, wo ein Flug von Kairo doch nur 200€ kostet? Sind die wirklich so dumm? Nein, sind sie nicht. Dumm, arrogant und gefährlich ist nur der unreflektierte Europäer, der so denkt. Wenn das mit dem Rüberfliegen so einfach wäre, würde kein Flüchtling die Tortur einer Seeüberfahrt auf sich nehmen. Es ist aber unmöglich für einen Flüchtling, ohne Visum nach Europa zu fliegen. Wenn er doch ohne Visum auf einem europäischen Flughafen gelandet ist, muss die Fluggesellschaft dafür Sorge tragen, dass er wieder zurückkommt, heißt, sie müssen ihm den nächstmöglichen Rückflug in sein Heimatland und für die Zwischenzeit eine Unterbringung bezahlen.
(65) Weil das Ganze unfassbar teuer und sinnlos ist, sagen die Fluggesellschaften meist schon im Vorheraus, dass bei ihren Maschinen keiner ohne entsprechendes Visum reinkommt. Der Flüchtling braucht also ein Visum, um nach Deutschland zu gelangen. Ansonsten darf er keinen Fuß vom internationalen Flughafen- auf deutsches Staatsgelände setzen. In seinem Heimatland Syrien kann er aber kein Visum beantragen, weil die deutsche Botschaft dort schon längst geschlossen ist. Sie verweist auf die Kollegen im Libanon oder in der Türkei, wo Syrer theoretisch Visa beantragen können. In der Realität ist das eine schwierige Prozedur und oft von Misserfolg gekrönt. Und weil es so schwer ist und die Syrer das checken, kommen sie auch meistens nicht mit dem Flugzeug zu uns. Ich wünschte mir, der "kritische Bürger" würde das ebenso checken.
(66) Solche Fragen wie die mit dem Flugzeug stellt man sich, das ist ganz normal. Dann googlet man sie, und dann findet man die Lösung: Schuld am Ganzen trägt eine EU-Verordnung, die die Verantwortung auf die Airlines abschiebt. Und weil diese Verordnung die Flucht via Flugzeug de facto untersagt, müssen diese Menschen den beschwerlichen Weg übers Mittelmeer auf sich nehmen. Wenn die EU Mittel und Wege findet, Asylanträge gleich in den Herkunftsländern bearbeiten zu lassen, könnten viele Flüchtlinge zu uns fliegen und sterben nicht mehr auf Schlepperbooten. Außerdem kommen per Flug nur diejenigen Menschen zu uns, die auch angenommen wurden und keiner von ihnen muss mehr zwischengeparkt werden, bis das Bearbeitungsverfahren durch ist.
(67) So, dann hat man diese Frage gegooglet, hat die Antwort gefunden und muss gar nicht erst dumme Ressentiments herumposaunen. Natürlich kannst du auch erst reden und dann denken. "Du kannst sagen was du fühlst, doch auf Worte folgen Taten, denk gut nach ob du das willst. Das hier ist kein Spiel, irgendwann sind Würfel gefallen, und der Plan bei dem du mitwirkst wird die Wirklichkeit sein. […] Manchmal ist es sinnvoll Gedanken zu Ende zu denken, denn am Ende dieser Gedanken werden sich Menschen bekämpfen. Und wenn Menschen wirklich kämpfen, dann kann alles passieren. Denk nicht Menschlichkeit gehört dir, du kannst alles verlieren. Später heißt es wieder "Oh Gott das haben wir nicht gewollt" Doch bis dahin schlagen wir den Nagel in das Holz."
(68) Neben der Verordnung gibt es noch weitere Gründe, weswegen Flüchtlinge nicht mit dem Flugzeug zu uns kommen können. Etwa werden in Syrien auch immer wieder Flughäfen angegriffen und die Flugroute ist dann plötzlich doch nicht mehr so ungefährlich.
(69) Bisher sind wir davon ausgegangen, dass Flüchtlinge aus Kriegsgebieten kommen. Es gibt aber auch Flüchtlinge aus Ländern, in denen nicht gekämpft wird. Etwa die Balkanstaaten: Serbien (2014 rund 17.200 Asylanträge), Albanien (7.900), Kosovo (6.900), Bosnien und Herzegowina (5.700) sowie Mazedonien (5.600). Menschen, die aus diesen Ländern kommen sind keine Kriegsflüchtlinge, oft sogar Wirtschaftsflüchtlinge und ihre Aufnahme fällt nicht unter humanitäre Notwendigkeit. Deshalb liegen ihre Anerkennungschancen auch nahezu bei null. Die Mär von den Wirtschaftsflüchtlingsströmen, die Deutschland aufnimmt, ist also verkehrt. Klar gibt es diese Leute, die "nur" wegen unseres Wohlstandes zu uns kommen wollen, aber wir nehmen sie nicht auf.
(70) Die Mehrheit der Asylbewerber in Deutschland sind keine Wirtschaftsflüchtlinge. In etwa der Hälfte aller Fälle geht ein Asylantrag zugunsten des Asylsuchenden aus. Dabei werden viele Anträge einfach nur abgelehnt bzw. gar nicht erst geprüft, weil aufgrund der Drittstaatenregelung andere EU-Staaten für den Asylsuchenden zuständig sind und der Asylsuchende dann in dieses Land zurückmuss. Von der Hälfte aller abgelehnten Asylanträge werden also viele nicht abgelehnt, weil dem Suchenden kein Asyl zustehen würde, sondern weil ein anderer EU-Staat für seine Unterbringung zuständig ist.
(71) Im Übrigen können wir die "Wirtschaftsflüchtlinge" aus den Balkanstaaten auch nur so schnell wieder abschieben, weil u.a. Bosnien-Herzegowina, Serbien und Mazedonien als "sichere Herkunftsstaaten" eingestuft wurden - eine fragwürdige politische Entscheidung, wenn man mich fragt. Zwar sind die Menschen in diesen Ländern nicht so unmittelbar bedroht, wie zum Beispiel in Syrien, sie sind aber auch nicht für alle man "sicher". Insbesondere Roma leben gefährlich in den Balkanstaaten. So hat die EU-Kommission festgestellt, dass Roma in den aufgelisteten Ländern unter einer Rundum-Diskriminierung leiden: Sie erhalten keine Wohnung, leben deshalb oft in Slums ohne Strom und Heizung, Sie haben keinen Zugang zu Bildung, keine Arbeit, keine Gesundheitsversorgung und oft keinen Zugang zu sauberem Wasser. Außerdem werden sie oft Opfer rassistischer Gewaltattacken.
(72) Überhaupt sind die Staaten, die aus dem jugoslawischen Bürgerkrieg hervorgegangen sind, noch heute von politischen Spannungen und massiven Problemen geprägt. Deshalb sind andere EU-Staaten auch mehr bereit, Leute aus diesen Ländern aufzunehmen: In der Schweiz erhielten 2004 rund 37 % der serbischen und 40% der kosovarischen Antragsteller einen Schutzstatus. Der Staat Finnland gewährte 43% der Flüchtlinge aus dem Kosovo Schutz. In Frankreich wurden 20% und in Belgien 18% der Schutzsuchenden aus Bosnien und Herzegowina, in Großbritannien 18% der albanischen Asylsuchenden als schutzbedürftig eingestuft.
(73) An für sich finde ich es gut, dass in Deutschland nach Fluchtgründen unterschieden wird. Denn genauso wie es wahr ist, dass wir in Deutschland Flüchtende aufnehmen können und müssen, ist es auch wahr, dass wir nicht alle, die rein wollen, aufnehmen können oder müssen. Manche Leute werden draußenbleiben müssen. Wir werden sie nicht aufnehmen, aber wir sollten sie verstehen. Mehr Wohlstand zu wollen ist kein Asylgrund, aber verständlich. In Deutschland schiebt man gerne großen Hass auf die sog. Wirtschaftsflüchtlinge, ich glaube, wir sollten eine Sensibilität für diese Menschen und ihr Leben gewinnen. Unser Urteil dafür sensibilisieren, dass diese Menschen aus teilweise sehr schwierigen Ländern mit einer Jugendarbeitslosigkeitsquote von bis zu 60% kommen, und dass auch diese Menschen Träume haben. Ihr Traum ist ein besseres Leben in Deutschland. Wer träumt nicht davon, besser leben zu können? Wir nehmen diese Menschen vielleicht nicht auf und sie fliehen nicht vor Kriegen, aber es sind keine Unmenschen, sondern einfach nur Menschen. Mit Träumen.
(74) Nach meinem Pathos für die Träume der Flüchtlinge mag dem Leser das, was jetzt kommt, wie eine 180°-Drehung vorkommen. Ich werde im folgenden Abschnitt meine Sorgen und Bedenken zur aktuellen Flüchtlingssituation äußern. Das ist aber nicht widersprüchlich zu dem, was ich bisher erörtert habe. Bisher habe ich sachlich gezeigt, dass die meisten Vorurteile gegenüber Flüchtlingen falsch sind. Jetzt werde ich versuchen weiterhin überwiegend deskriptiv zu beschreiben, welche Probleme meiner Meinung nach mit den Flüchtlingsströmen einhergehen.
(75) Und das ist nicht diskrepant, sondern nur folgerichtig. Am Anfang habe ich geschrieben, dass Sachlichkeit und Unbefangenheit meine Motivationen sind. Dann habe ich dargelegt, welche Vorurteile meiner Meinung nach falsch sind und nun werde ich beschreiben, welche Probleme wir bei alldem beachten sollten. Alles andere wäre nur undifferenziert und nicht weniger populistisch, als die von mir kritisierten Politiker.
(76) Meine größte Sorge betrifft den kulturellen Wandel, dem Deutschland durch die Flüchtlingsströme aus der arabischen Welt unterliegen wird. Natürlich kann es Deutschland logistisch und wirtschaftlich packen, jedes Jahr eine halbe Million Flüchtlinge aufzunehmen. Ich habe auch nichts gegen einen Vielvölkerstaat, im Gegenteil! Aber ich habe viel übrig FÜR einige Dinge, nämlich Demokratie, Religionsfreiheit, Rechtsstaat, Laizismus und die Werte des Humanismus und der Aufklärung im Allgemeinen.
(77) Die Menschen, die aus den arabischen Gefilden zu uns flüchten, sind diesen Werten oft sehr fern. Das kann zu kulturellen Spannungen führen. Viele präferieren einen Gottesstaat, in dem die Scharia Gesetz ist und betrachten Nicht-Muslime abschätzig und abwertend als Kufar. Und sie haben häufig ein anderes Verhältnis zu Gewalt oder erkennen die Idee der Gleichheit aller Menschen (Stichwort: Antisemitismus in der arabischen Welt) nicht an, es bringt nichts, all das wegzulegunen.
(78) Das Dilemma, in dem wir Humanisten stecken, ist nun, dass wir an die Würde und Gleichheit aller Menschen glauben und deshalb Flüchtlinge aufnehmen und versorgen wollen, genau diese Werte aber auch durch einige der Flüchtlinge bedroht werden könnten. Was soll man tun?
(79) Auf jeden Fall darf dem Islam keinen Fußbreit politische Macht zugebilligt werden. Wenn uns die Geschichte eines über Religionen gelehrt hat, dann, dass sie intolerant werden, sobald sie Macht besitzen. Ergo müssen Religionen Privatsache bleiben. Und auch konservative Muslime müssen lernen, sich diesem säkularistischem Grundsatz der Moderne unterzuordnen.
(80) Es ist inakzeptabel, dass im Schatten der deutschen Justiz Paralleljustizen heranwachsen, die aufgrund der Scharia richten. Man sollte darüber diskutieren, die Scharia in Deutschland zu verbieten.
(81) Wer für einen säkularen Staat ist, darf nicht CDU
wählen.
Die Grünen sollte ein aufgeklärter Mensch aber nicht mehr wählen. Die sind zu tolerant gegenüber Intoleranz. Wenn man bspw. das Christentum kritisiert finden die das schon aufklärerisch, ein Islamkritiker aber ist nicht aufklärerisch, der ist islamophob.
(82) Ich habe jetzt schon Angst, für diese kritischen Zeilen Beifall von den falschen Leuten zu bekommen. Aber nur weil dumme Nazis gut finden könnten, was du sagst, wird es nicht automatisch schlecht. Das wäre eine Abwandlung der Reductio ad Hitlerum: Nur weil Adolf Hitler sich für den Tierschutz eingesetzt hat, ist Tierschutz deswegen nicht schlecht.
(83) Dann habe ich noch die Befürchtung, dass eine zunehmend heterogene Gesellschaft in Zeiten der Krise zusätzlich als Katalysator fungieren könnte. Wie meine ich das? In Deutschland gibt es Subgesellschaften, die nichts eint, außer die geographische Lage. Das ist momentan auch kein Problem, weil es Deutschland recht gut geht und alle einen akzeptablen Teil vom Kuchen abbekommen. Was aber, wenn Deutschland eine große soziale oder wirtschaftliche Krise trifft? Dann wird, so meine Befürchtung, das innere Deutschland möglicherweise dort bröckeln, wo es ihm an sozialen Kitt fehlt.
(84) Sozialer Kitt braucht seine Zeit zum Heranwachsen und die Bereitschaft der Bevölkerungsgruppen, sich verstehen zu lernen. Im Gegensatz zur Aufnahme und Verpflegung der Flüchtlinge kann der Staat sowas nicht verordnen. Es ist eine Sache, einen Flüchtling aufzunehmen und ihn versorgen zu können, eine andere Sache ist seine tatsächliche Inklusion. Die Aufnahme und Versorgung kann und sollte der Staat übernehmen. Er kann aber keine Bindung zwischen Deutschen und Flüchtlingen diktieren, da müssen die beiden schon aufeinander zugehen.
(85) Es ist ok, wenn das nie passiert. Bevölkerungsgruppen können prima nebeneinander her leben, ohne die Anderen zu kennen oder seine Sprache zu sprechen. Ein gutes Beispiel für solch eine friedliche Koexistenz sind New Mexiko und China Town. Im US-Bundesstaat New-Mexiko sprechen 43,27% der Bevölkerung Spanisch und in China Town ist Chinesisch die meistgesprochenste Sprache. Kulturell haben das Bundesland und der Stadtteil auch kaum etwas gemein und beide existieren friedlich miteinander unter dem Namen der Vereinigten Staaten von Amerika.
(86) Schwierig wird es, wenn häufige Berührungspunkte zusammen kommen mit unüberbrückbaren Differenzen. In unserem Fall wären das fundamentalistische Moslems, die unser Staatswesen nicht anerkennen, auf der einen Seite und auf der anderen Seite eine steigende Zahl an Nazis, die alles Nicht-Deutsche hassen und angreifen. Wenn das passiert, und beide Seiten werden momentan leider immer größer, wird selbst ein Nebenherexistieren immer schwieriger. Zum Nebenherexistieren braucht es echt nicht viel, nur ein Mindestmaß ein Toleranz, und das sollten wir schon hinbekommen!
(87) Wer bei meinen bisherigen Kritikpunkten gejubelt hat und jetzt meint, das Naziproblem auf der anderen Seite wäre nicht so schlimm, hat wohl seit Monaten keine Nachrichten geschaut und all die Bilder von den Pegidaaufmärschen und brennenden Asylbewerberheimen sind an ihm vorübergegangen. - Auf eine Frage des Kängurus hin führte Mark-Uwe Kling diesbzl. treffend aus: „Es ist noch gar nicht lange her, zehn Jahre vielleicht, da fragte mich ein Mädchen nach einer Lesung, warum ich Texte gegen Nazis schreiben würde. Sie tat das nicht, weil sie selbst Nazi gewesen wäre, sondern weil sie das Gefühl hatte, dass Nazis kein relevantes Problem mehr seien. Heute stellt mir keiner mehr solche Fragen.“
(88) Als Drittes und letzten Kritikpunkt möchte ich anbringen: "der Winter naht". Dies ist deswegen ein Riesenproblem, weil aus Mangel an Alternativen derzeit viele Flüchtlinge in Zeltstädten unterkommen müssen. Wenn jetzt die Jahreszeiten wieder kälter werden und der erste Schnee fällt, werden diese Flüchtlinge anfangen bitter zu frieren. Hier muss schleunigst etwas getan werden und wenn die Konsequenz daraus heißt, dass die Steuern erhöht werden müssen, dann hoch damit! Es darf schlichtweg nicht angehen, dass wir reichen Deutschen Flüchtlinge aufnehmen, darunter Frauen und Kinder, und diese dann frieren müssen.
(89) Wie sie sehen konnten, bereitet mir der kulturelle - religiöse Background mancher Flüchtlinge mehr Sorgen, als die wirtschaftlichen Aspekte oder die bloße Anzahl der Flüchtlinge. Wirtschaftlich kosten uns die Flüchtlinge zunächst etwas, aber, wie schon erklärt: (1) die Hilfe an Bedürftigen und Verfolgten ist eine humanitäre Pflicht, (2) Deutschland kann es sich leisten, dieser nachzukommen. Außerdem hat es noch 21 Milliarden Haushaltsüberschuss auf der hohen Kante… (3) Den Armen in Deutschland nehmen die Flüchtlinge auch keine Sozialgelder mehr weg. Es sind die oberen paar Prozent in Deutschland, die viel mehr Geld ihr eigen nennen, als all die Millionen Flüchtlinge je sehen werden. Geld, das unten fehlt. (4) Wenn es nur gelingt die Flüchtlinge langfristig in den Arbeitsmarkt zu immigrieren, und da bin ich zuversichtlich, werden sich diese Gelder lohnen. Die Flüchtlinge in Deutschland tragen nicht weniger als das Potential in sich, den Fachkräftemangel und den Demographischen Wandel abzufedern.
(90) Nach dieser rudimentären Zusammenfassung des "Fakten gegen Vorurteile"-Abschnitts bleibt noch der kulturelle Aspekt. Wie zu lesen war, sehe ich da manches mit Sorgen, was mich aber nicht davon abringt, Einwanderung und Flüchtlingshilfe im Speziellen als etwas Tolles und Erforderliches zu betrachten. Einwanderung ist eine Bereicherung für alle.
(91) Ferner vergessen wir bei der ganzen Rede von der "Islamisierung des Abendlandes" ja, dass sich der Islam ebenso verwestlichen wird. Die Muslime in Deutschland sind in ihrem Alltag viel mehr westlichen Einflüssen ausgesetzt, als unser Alltag von islamischen Aspekten geprägt ist. Und das ging, geht und wird auch in Zukunft nicht spurlos an den deutschen Muslimen vorbeigehen.
(92) Jetzt liegt es an uns, die theoretisch hochgepriesenen Werte aus Aufklärung und Humanismus in der Praxis auch ansteckend vorzuleben. Es bringt nämlich rein gar nichts, anderen Leuten "von oben herab" etwas vorzuwerfen. Wer Menschen wirklich verändern möchte, sollte es wissen, Alternativen schmackhaft zu machen.
(93) An dieser Stelle müssen wir selbstkritisch fragen, wie vorbildhaft das eigene Leben überhaupt ist.
(94) Ganz allgemein wird es der Flüchtlings- und Migrationsdebatte helfen, wenn sich ab sofort jeder mehr an seine eigene Nase fasst.
(95) In einem Land, in dem sich Islamisten und Rechtsradikale nicht mehr als Opfer aufspielen und als Täter betätigen, in einem Land, in dem beide Seiten keinen Kraftakt mehr darauf verwenden, einander zu hassen, und all ihre Kraft daran setzen, dem anderen weniger Grund zu geben, sie zu hassen. In einem solchen Land würde ich gerne leben.
(96) Die Medienberichterstattung zum Flüchtlingsthema ist leicht tendenziös.
(97) Es wird unverhältnismäßig wenig über die Probleme geredet. Ich kann mir vorstellen, dass die Mainstreammedien das nicht machen, weil sie sich ihrer Macht bewusst sind und nicht wollen, dass die positive Stimmung im Land kippt.
(98) Das wäre ehrenwert, weil die grundsätzliche Willkommenskultur in Deutschland trotz aller Probleme zu begrüßen ist - das möchte ich an dieser Stelle noch einmal entschieden und alle Kritik überschattend betonen – und in der Tat schnell umschlagen kann. Aber ist es nicht auch der Anfang von Propaganda und Manipulation, wenn Medienhäuser sagen: "Die Bilder zeigen wir lieber nicht, weil sie nur den Fremdenhass schüren?"
(99) Hier stellt sich für mich die Frage nach dem Selbstverständnis der Medien: Wollen sie nur dazu da sein, um die Wirklichkeit abzubilden und zu vermitteln, oder wollen sie sie auch aktiv (möglicherweise für einen positiven Zweck, wie die Aufrechterhaltung einer toleranten Willkommenskultur) mitgestalten?
(99.1.) Und blendet man medial vielleicht bewusst all die kriegerischen und intoleranten Koranstellen aus und stellt ihn deshalb lieber als friedfertig, emanzipär und demokratieverträglich dar, weil man Muslimen und Nichtmuslimen ein besseres Bild vom Islam geben möchte? Und sollte man für solch einen an sich lobenswerten Zweck Bilder verzerren dürfen?
(100) Ich muss allgemein zugeben, dass es mir manchmal schwer fällt, richtige von falscher Berichterstattung zu unterscheiden. "Die Mainstreammedien sind eine verlässliche Quelle" – hat man mir im Gemeinschaftskundeunterricht eingebläut. Dass es so einfach nicht ist und ARD, Spiegel & Co keineswegs immer unparteiisch berichten, sollte spätestens seit der unsäglich einseitige Berichterstattung zum Ukrainekrieg jedem klar sein. Aber wem kann man vertrauen?
(101) Der unbescholtene Ottonormalbürger hat gar nicht die Zeit und Expertise, sich ein wirklich eigenes Bild zu einem Thema zu machen. Deshalb ist er auf externe Informationsdienste angewiesen und schaut, was andere zu diesem Thema sagen.
(102) Die Linksliberalen werden ihm nun dies sagen, die Rechtskonservativen das, die Mainstreammedien jenes und die Alternativen Medien sowieso alles, was man so behaupten kann. Wem soll er Glauben schenken?
(103) An dieser allergrundlegendsten Frage, so meine Vermutung, setzen Intuition und diffuse Gefühle ein und stellen die Weichen für das spätere Weltbild. Hat die Person bspw. sowieso schon immer das Gefühl gehabt, dass Flüchtlinge überwiegend kriminell und Terroristen sind, dann wird er auch jetzt den rechten Alternativmedien seinen Glauben schenken. Wenn die Person aber, der andere Fall, vom Bauchgefühl geleitet meint, es sei bestialisch, dass wir nicht alle Flüchtlinge aufnehmen und sie stattdessen im Mittelmeer ertrinken lassen, wird er dieses Gefühl in linken Zeitungen bestätigt finden und ab sofort links lesen. Die jeweils andere Seite wird die Person kaum mehr wahr- oder nicht mehr ernst nehmen, und als Verschwörungstheoretiker (vom Linken) oder Lügenpresse (vom Rechten) abtun.
(104) Und das alles nur, wegen einem anfänglichen Gefühl, das wiederum vielleicht nur von einem autosuggestiven Bild ausgelöst wurde. Ein Bild etwa, das pöbelnde und randalierende Flüchtlinge oder das ein ertrunkenes Flüchtlingskind und nebendran feist lachende EU-Politiker zeigt. Das eine treibt ihn zu rechten Gefühlen und rechten Blättern, das andere zu linken Gefühlen und linken Blättern.
(105) Deshalb bin ich der Meinung, dass Gefühle eine so unglaublich mächtige Waffe sind. Weil sie darüber entscheiden können, welche Quellen wir für glaubwürdig einschätzen und welche nicht. Und der Krieg, in dem die Waffe Emotion eingesetzt wird, ist einer der entscheidenden unserer Zeit. Er handelt vom Kampf um die öffentliche Meinung. Ob ein durchschnittlicher Deutscher glaubt, dass Medien und Staat gegen den Islam und Araber hetzen (Linke), oder die davon ausgehende Gefahr verunglimpfen (Rechte), hängt doch i.d.R. nicht von Zahlen und Fakten ab. Es hängt davon ab, ob dieser Deutsche das Gefühl hat, dass in unserem Land etwas nicht stimmt. Dann wird er diejenigen, die anderer Auffassung sind, als dumm oder propagandistisch einschätzen und bei den Blättern, die seine Meinung vertreten, regelmäßig auf den Tisch hauen und aufschreien: "endlich traut sich mal Jemand das auszusprechen". Im schlimmsten Fall liest er auch nur noch, was ihn bestätigt, und radikalisiert sich infolgedessen.
() Flüchtlingskritiker werden gerne als Nazis abgestempelt. Das ist nicht nur ungerecht, sondern auch gefährlich, weil sich der Vorwurf des Naziseins abnutzt und nicht mehr die Schockwirkung entfaltet, die er eigentlich mit sich bringen sollte. Überall im Internet liest man Aussagen wie: „Jeder ist heute schon ein Nazi, der beim Thema Flüchtlinge etwas beanstandet“. Die unterschwellige Botschaft, die in derlei Vorwürfen steckt, ist, dass es für diese Leute offensichtlich nicht mehr schlimm ist, als Nazi tituliert zu werden. Das sollte es aber.
() Und deswegen dürfen Vorwürfe wie „Nazi“ oder „Antisemit“ (Judenhass und die sachliche Kritik am israelischen Siedlungsbau sind zwei paar Stiefel, Herr Netanjahu) auch nicht mehr so inflationär verwendet werden. Sodass sie wieder mehr Gewicht bekommen.
() Ein weiterer Grund, besorgte Bürger nicht gleich in die rechte Ecke zu stellen, ist der Effekt, der das auf diese Leute hat. Entweder, sie trauen sich gar nicht mehr ihre Ängste und Meinungen zu artikulieren und werden nicht weiter am politischen Leben partizipieren, oder sie sie wandern ab sofort politisch dahin, wo sie gehört werden und sich verstanden fühlen. Wir können weder das eine, noch das andere wollen. Kein Mensch, der sich Sorgen macht, sollte deshalb in die Isolation oder Radikalisierung gedrängt werden, vielmehr sollte man ihm die Sorge nehmen, sei es, indem man sie entkräftet, oder das dahinterstehende Problem löst. Ihn aber zu diffamieren, wobei er doch nur Angst hat, dass seine Kinder angepöbelt, seine Frau belästigt und er selbst beklaut werden könnte, verschlimmert seine Sorgen nur noch und treibt ihn aus der Politik oder in die Fängen rechter Politik.
() Deswegen finde ich es persönlich super, dass Herr Gabriel "mit Pegida
geredet hat".
() Aber dabei darf es nicht bleiben. Es war kein großer Zeitaufwand für mich, den "Fakten gegen Vorurteile"-Absatz für diesen Aufsatz zu recherchieren. Bevor sie Menschengruppen pauschal als Nazis abtun, könnten auch unsere Politiker sich informieren, Bürgernähe demonstrieren und in öffentlichen Dialogen, bspw. mit Pegida-Anhängern, Vorurteile mit Fakten austreiben. Das hilft viel mehr, als Leute zu stigmatisieren, glaubt mir.
() Was man denkt und fühlt, "sollte man wohl noch sagen dürfen". Auch dann noch, wenn es nicht deiner und meiner Meinung entspricht oder auch, wenn es faktisch falsch ist und das alles getreu nach dem voltairschen Motto: "Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst."
(106) Was ist unser Zwischenfazit? Viele Vorurteile entpuppten sich nach kurzem Überlegen oder Recherchieren als fehlerhaft. Daneben gibt es aber auch reale Probleme mit Flüchtlingen, die mit Sorgfalt angesprochen werden müssen, jedoch nicht über das letztendliche Fazit dieses Aufsatzes hinwegtäuschen können: Refugees Welcome!
(107) Aber stellen wir uns für einen Moment vor, die Realität sehe anders aus, die Rechtspopulisten hätten Recht und dementsprechend wäre auch unser Fazit anders ausgefallen: Die Flüchtlingsaufnahme gehöre sofort und in Gänze gestoppt.
(108) Eine solche Forderung ist nur relevant, wenn ihr Inhalt auch umsetzbar ist. Das ist er aber rein gar nicht. Wir haben es letztendlich nicht in der Hand, ob Flüchtlinge in unser Land kommen, oder nicht. Denn mit was wollen wir Jemanden drohen, der gerade aus Hunger und Krieg geflohen ist? Wollen wir ihm sein Taschengeld kürzen (wie der bayrische Innenminister vorgeschlagen hat), oder durch Gutscheine ersetzen (Vorschlag des Bundesinnenministers)? Glauben diese Leute ernsthaft, das lässt Irgendwen zurück nach Syrien gehen? Wie illusorisch ist Das denn? Diese Menschen haben den Krieg und das Mittelmeer überlebt und sie sind fest entschlossen diese "Erfolgsserie" fortzusetzen.
(109) Natürlich werden jetzt auch wieder Rufe laut, die nach Mauern und größeren Zäunen verlangen. Aber auch Mauern werden dem Andrang von abermillionen Vertriebenen nicht standhalten können. Wer sich in der Geschichte auskennt, weiß das. Mauern haben einen aufgebrachten Mob, und dieser Name ist nicht despektierlich gemeint, noch nie davon abhalten können, von einer Seite zur anderen zu gelangen. Auch mit Scharfschützen nicht. "Die Errichtung von Zäunen und Mauern ist nicht das Europa, das wir wollen (…) Wenn Sie eine 50 Meter hohe Mauer bauen, finden die Menschen eben eine Leiter, die 51 Meter hoch ist." Cecilia Malmström, EU-Handelskommisarin
(110) Und selbst dann, wenn man alles vergisst, was Europa mal sein sollte und die, die vor Schüssen fliehen, auf dem Weg ins Land ihrer Hoffnungen beschießt, wird es nie wieder eine Festung Europa geben können. Die Völkerwanderungen, an denen wir Selber keine unerhebliche Teilschuld tragen, sind im vollem Lauf und wir sind ohnmächtige Zeugen derselben. Mehr zu all dem gleich.
(111) Fazit: Die Frage, ob Flüchtlinge generell nach Europa kommen sollen oder nicht, wird von Isolationisten gerne theoretisiert, stellt sich realiter jedoch überhaupt nicht.
(112) Bis dato haben wir uns nur mit den Symptomen der Flüchtlingsproblematik beschäftigt, weil es aber unser Ansporn sein muss, eine Problematik nachhaltig zu lösen, fragen wir jetzt nach ihren Ursachen. Wer ein Problem erfolgreich bekämpfen möchte, der muss dessen Ursachen beseitigen, nicht an den Symptomen herumdoktern.
(113) Auch deshalb ist Mauern hochziehen und Flüchtlingsboote abschießen indiskutabel. Nicht nur aus moralischen Gründen. Sondern ganz besonders auch, weil solche Handlungen nur die Symptome der weltweiten Flüchtlingskrise vor unseren Grenzen aufstauen, ohne die tiefergreifende Problematik dahinter zu erkennen.
(114) Gemäßigtere Politikerhirne fordern Integrationsprogramme und Flüchtlingsquoten. Das ist humaner, aber genauso kurzfristig nur bis vor die eigene Haustür und keinen Schritt weiter gedacht. Es ist nur bis vor die europäische Haustür gedacht, dort steht ein Flüchtling und dem will man dann helfen. Warum dieser und so viele andere Flüchtlinge jüngst vor unserer "Haustür" stehen und von Daheim weggegangen sind, wird aber nicht gefragt. Dabei wäre aber genau das die entscheidende Grundfrage.
(115) Kaum ein Mensch verlässt freiwillig seine Heimat und Liebsten und geht lieber in eine ungewisse Zukunft, wenn die Umstände in seiner Heimat nicht so schlecht sind, dass es nicht mehr anders geht. Wenn wir die Gründe für ihre Fluchten kennen, können wir diese Gründe vielleicht beseitigen. Und dann müssen diese Menschen erst gar nicht mehr von Zuhause weg und die Strapazen, Ungewissheiten und Gefahren einer Flucht auf sich nehmen.
(116) Auf den Punkt gebracht: Wir müssen die Fluchtursachen bekämpfen, nicht die Flüchtlinge.
(117) Dies kann jeder, gleich seiner Gesinnung, unterschreiben. Der Linke, weil er um das Wohl der Flüchtlinge besorgt ist und deshalb die Fluchtursachen bekämpfen will. Und der Rechte, weil er den Flüchtling nicht im seinem Land haben möchte und deshalb dafür sorgen muss, dass dieser keinen Grund mehr hat zu fliehen. Nur der rein profitinteressierte Menschentypus wird sich bei solchen Forderungen auf die Zunge beißen, weil Flüchtlingsursachen bekämpfen, wie wir noch sehen werden, in der Konsequenz häufig bedeutet, dass wir unseren Lebensstandard ein wenig zurückfahren müssen.
() Ich und der Linke sind gegen Flüchtlinge dahingehend, dass wir gegen Flucht sind. Kein Mensch sollte fliehen müssen.
(118) Krieg und Armut sind die Hauptfluchtursachen. Diese beiden Gründe treiben weltweit die meisten Menschen in die Flucht.
(119) Das war trivial. Natürlich fliehen Menschen zuvorderst vor miserablen Lebensumständen und Lebensängsten. Unsere Ursachenanalyse wäre auch extrem oberflächlich, wenn wir es hierbei belassen und nicht weiter nach den Gründen von Armut und Krieg fragen. Warum sind diese Menschen überhaupt in Krieg und Armut gekommen und wie können wir sie dort wieder rausholen?
(120) Das sind vieldiskutierte Fragen, mit denen sich zum Beispiel Entwicklungsökonomen und Friedensforscher umherschlagen. In der Politik ist man sich uneins, ob die Dritte Welt mehr Markt und ausländische Unternehmen braucht (liberale Position), oder der globale Kapitalismus diese Länder erst in die Armut getrieben hat (linke Position). Wer von beiden (eher) Recht hat, kann ich euch nicht sagen. Ich hoffe, dass ich nach meinem in ein paar Tagen anfangenden Studium schlauer sein und vieles zur weltweiten Armutsanalyse lernen werde.
(121) Zumindest bei der Kriegsanalyse sprechen die Linken mMn aber viel
Wahrheit
aus: "Der Westen" trägt eine massive Teilschuld an den Kriegen im Orient. Den Ländern ginge es besser, wenn wir uns nie in ihre innerstaatlichen Konflikte eingemischt hätten. Davon bin ich fest
überzeugt. Allgemein sagt "die Linke"
vieles, dem ich zustimme, nur von wirtschaftspolitischen Fragen haben sie keine Ahnung.
(122) Nehmen wir beispielsweise Syrien. Dort hat man in naiver Euphorie in Hinblick auf den arabischen Frühling den Sturz Assads herbeigesehnt. Dafür waren alle Mittel Recht, auch die Unterstützung von Terroristen, die jetzt jedoch plötzlich Freiheitskämpfer genannt wurden. Viele dieser "Freiheitskämpfer" haben in Afghanistan für die al-Qaida gekämpft und waren dort die Bösen, gegen den noch böseren Assad waren und sind sie jetzt aber die Guten. So die westliche Denke und Propaganda. Man hat diese Leute also mit Waffen ausgerüstet, auf dass sie stellvertretend für uns Assad bekämpfen, dabei aber ganz vergessen, wem wir hier die Waffen in die Hände spielen.
(123) Der Westen hat durch seine Einmischung in Syrien aus einem Widerstand einen blutigen Bürgerkrieg geformt. Unter Assad ging es der Bevölkerung schlecht und Regierungskritiker wurden gefoltert, aber nun geht es ihnen tausendmal beschissener und Staatsmilitär und "Freiheitskämpfer" morden um die Wette.
(124) Aber der Westen und allen anderen voran die USA gingen noch einen Schritt weiter. Wie aus einem jüngst veröffentlichten Geheimbericht der Defence Intelligence Agency (DIA) hervorging, arbeiteten die USA schon 2012 an der Erschaffung eines Islamischen Staates, um damit Assad zu schwächen und bestenfalls zu stürzen. In dem staatlichen Bericht(!) heißt es wörtlich: "Es gibt die Möglichkeit der Schaffung eines sich konstituierenden oder nicht offiziell erklärten salafistischen Kalifats im Osten Syriens. Und das ist genau das, was die Unterstützter der syrischen Opposition (Also USA, NATO; Anm. des Redakteurs) wollen, um das syrische Regime zu isolieren und die schiitische Expansion im Irak durch den Iran einzudämmen." Und weiter: "Dies schafft ideale Voraussetzungen für die Rückkehr von al-Qaida im Irak in ihren früheren Enslaven in Mosul und Ramadi. Und einen neuen Impuls, den Jihad der irakischen und syrischen Sunniten der arabischen Welt gegen die "Abtrünnigen" - das, was als Feind wahrgenommen wird - zu vereinigen. Der IS könnte, durch seinen Zusammenschluss mit anderen Terror-Organisation im Irak und Syrien einen "islamischen Staat" ausrufen ..." um so Assad zu stürzen.
(125) Für alle, die kein Politiker-Kauderwelsch verstehen: Die USA haben den Islamischen Staat "erschaffen", um ihn gegen Assad aufzuspielen und den schiitischen Einfluss des Irans auf den Irak zu unterbinden. Dabei haben sie aber genau denselben Fehler gemacht, wie zuvor in den Achtzigern mit den Mudschahedin. Auch damals haben sie (die USA und Saudi-Arabien) islamistische Gotteskrieger aufgestachelt, um stellvertretend für sie gegen ihre Gegner, damals die Sowjetunion, zu kämpfen. Und auch damals hat man nicht begreifen wollen, was es heißt, religiöse Fanatiker zu unterstützen. Unter den von den CIA ausgebildeten Mudschahedin war einer Osama bin Laden, der später al-Qaida gründete. Und auch was die USA gegenwärtig wieder durch die naive Unterstützung von Aufständischen und der Formung des IS angerichtet haben, lässt sich derzeit in Syrien und im Irak, aber auch in Pakistan, Afghanistan und Libyen beobachten. Ohne diesen und viele weitere Eingriffe (wie beispielsweise den völkerrechtswidrigen Irakkrieg, bei dem man auch ein Land von einem skrupellosen Diktator, Saddam Hussein, befreien wollte und ein instabiles und grausameres Land alleine zurückgelassen hat), müssten aus diesen Ländern heute nicht so viele Menschen zu uns fliehen.
() Deutschland hat die Kurden beliefert, die USA diverse Rebellengruppen und den IS, Saudi-Arabien den IS und Russland das Assad Regime. Und trotzdem will kein Frieden in die Region kommen? Komisch, nicht? *zynikoff
(126) Auch die Balkanflüchtlinge gehen zum großen Teil auf unser Konto. Im Kosovo etwa hatten die Deutschen zusammen mit ihren NATO-Verbündeten ihren ersten Kriegseinsatz seit dem zweiten Weltkrieg. Es ging damals darum den Kosovo zur Unabhängigkeit zu verhelfen und eine Massenschlächterei zu beenden, was auch gelang. Die Bewohner des Kosovos jubelten den deutschen Soldaten daraufhin zu und die deutsche Bundesregierung versprach dem Kosovo wieder auf die Beine zu helfen. Von Millionen, Aufschwung und Demokratie war damals die Rede.
(127) Diese Versprechen wurden nicht eingehalten. Den meisten Menschen geht es schlechter als vor der NATO-Invasion, jeder Vierte lebt von weniger als 1,20€ am Tag. 70% der unter 30-Jährigen sind arbeitslos und von den 500 Millionen Euro Entwicklungshilfe, die Deutschland in das Land gesteckt hat, ist vieles in die Taschen korrupter Machteliten geflossen. Der Kosovo, wie er heute ist, ist ein langfristig nicht überlebensfähiges Gebilde. Deshalb haben wir dort auch immer noch Soldaten stationiert, wegen dem maroden Zustand, in dem wir ihn zurückgelassen haben.
(128) Ich habe mir noch kein abschließendes Urteil über den Kosovokrieg gebildet und darüber, ob es die richtige oder falsche Entscheidung war der UÇK zu helfen bzw. einzugreifen. Nicht einzugreifen und den Krieg ausbluten lassen, während inmitten Europas ein rassistisches Apartheidsystem entsteht, klingt irgendwie genauso falsch wie das Desaster, das wir heute haben. Schreibt mir gerne mal eure Meinung in die Kommentare!
(129) In einer Sache ist meine Meinung aber gesichert: Das von Deutschland hoch und heilig angepriesene Aufbauprogramm ist auf ganzer Linie gescheitert, wirtschaftlich und politisch steckt der Kosovo ganz tief unten und er fällt immer tiefer. Und wir haben es nicht geschafft, dies zu verhindern. Der Kosovo kann für etliche seiner Bürger keine Existenzgrundlage bilden und wer sich hierfür mitverantwortlich fühlt, sollte dafür eintreten, dass Deutschland eine Art Vormundschaft für diese Menschen übernimmt. Zu gut Deutsch: Ihre Wirtschaftsflucht aus prekärer Armut als Flüchtlingsgrund anerkennt.
(130) Jetzt könnte man natürlich auch noch, ganz im Geiste der linken Kapitalismuskritik, argumentieren, dass Deutschland seitjeher treibende Kraft in einer EU-Liberalisierungspolitik in Osteuropa war und dass darunter vor allem die Ärmsten der Armen leiden und aus diesem Grund nun zu uns kommen. Auch in diesem Narrativ hat sich Deutschland sein Flüchtlingsproblem selbst geschaffen und darf sich moralisch betrachtet nicht den Geistern verwehren, die es rief, sobald sie mit ihren Problemen im Gepäck zu ihm fliehen.
(131) Ist es nicht ein großer Zufall, dass die mit Abstand meisten Flüchtlinge aus Ländern kommen, in die wir über die letzten Jahrzehnten "für Sicherheit und Demokratie" interveniert haben? Das muss einem doch, auf der Suche nach Fluchtursachen, sofort ins Auge springen.
(132) Nach einer Statistik des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge waren das ehemalige Jugoslawien, Afghanistan, Syrien, Irak, Äthiopien und Somalia 2014 unter den zehn wichtigsten Herkunftsländer für Asylbewerber in Deutschland. Auffällig ist, dass all diese Staaten bzw. deren Überbleibsel Schauplatz von Kriegen waren und kennzeichnend sind außerdem die völkerrechtswidrigen Militärinterventionen seitens der USA und ihrer Bündnispartner in fast allen diesen Ländern. Wirklich nur ein Zufall?
(133) Natürlich ist das alles kein Zufall und es sollte in jedem denkenden Kopf eine kognitive Dissonanz auslösen, wenn Mainstreammedien die heutigen Flüchtlinge nicht mit den Angriffskriegen, die wir in ihren Ländern geführt haben, in Verbindung bringen. Bevor die Flüchtlinge zu uns gekommen sind, waren wir bei ihnen und anstatt Demokratie und Frieden, haben wir Chaos und Waffen dagelassen (Waffen, mit denen wie gesagt u.a. der IS kämpft.) Was haben wir denn anderes erwartet? Kriege haben noch nie stabile Demokratien oder Wohlstand hervorgebracht. Sie bedeuten vielmehr Tod, Verarmung, Anarchie, Zerfall von Gesellschaften und Radikalisierung von dem, was übrig bleibt. Die logisch zwingende Folge ist die Massenflucht derer, die weder umgekommen noch radikalisiert sind und einfach raus aus dem Elend wollen.
(134) Malen Sie sich aus, Sie seien ein Bauarbeiter aus der Nähe von Bagdad. Eines Tages bombardieren die USA und Großbritannien ihre Heimatstadt und reißen ihre Frau und Kinder in den Tod. Die panzerbrechende Uranmunition, die überall im Irak eingesetzt wurde, hat ihren in der landwirtschaftlich tätigen Eltern buchstäblich den jetzt uranversuchten und bis vor kurzem existenzstifteten Boden unter den Füßen weggezogen. Später erfahren Sie, dass der Vorwand, unter dem die USA einmarschiert ist und das Bombardement stattgefunden hat, erstunken und erlogen war. Und so stehen Sie da, ohne ihr Haus, ohne ihre Eltern, ohne ihre Frau und ohne ihre Kinder. Seien Sie ehrlich: Hätten Sie in all ihrer Wut nicht vielleicht Lust sich ein Sprengstoffgürtel umzuschnallen und ihre Familie zu rächen? Wir im Westen fragen uns gerne, warum sich Araber selbst in die Luft jagen und können das nicht verstehen. Wann fangen wir an uns zu fragen, warum sich nur so wenige von ihnen in die Luft jagen?
(135) Zwischenfazit: Fluchtursachen bekämpfen kann in manchen Fällen auch einfach heißen, sich gerade nicht in fremde Geschicke einzumischen.
(136) Klar, nur weil viele Flüchtlinge aus den Ländern stammen, in denen westliche Streitkräfte militärisch aktiv waren, bedeutet das noch nicht, dass das Eine das Andere bewirkt hat. Es könnte doch auch einfach eine kuriose, aber zufällige Korrelation, ohne Kausalbeziehung sein. Oder mir ist ein Fehler unterlaufen und ich habe Ursache und Wirkung vertauscht: Die Nationen haben gekriselt und deswegen und danach haben wir uns eingemischt, und nicht andersherum. Könnte theoretisch alles sein.
(137) Aber wer sich mit der Geschichte dieser Länder auseinandergesetzt hat, der weiß, dass dem nicht so ist: Wir haben uns eingemischt und deshalb(!) und danach ging es den meisten dieser Nationen deutlich und in vielen Belangen schlechter. (Die CIA war sich nicht einmal zu schade, einen demokratisch gewählte Premierminister zu putschen und stattdessen westliche Marionetten zu installieren. Operation Ajax und der Sturz Mossadeghs zeigen unübersehbar, wie wir auch schon einmal Demokratien gegen Diktaturen eintauschen, wenn wir dafür Zugriff auf fremdes Erdöl erhalten.)
(138) Europa stellt sich überrascht ob der großen Flüchtlingszahlen, dabei war all das schon lange vorhersehbar und ich behaupte, das hat man in den politischen Riegen auch kommen sehen. Man hat es gesehen und absolut nichts unternommen.
(139) Wenn wir Häuser bombardieren und Regionen destabilisieren, suchen Menschen wo anderswo ein neues Zuhause und politische Stabilität. Zum Beispiel bei uns in Europa. So schwer ist die Rechnung nicht, die kriegt auch ein Politiker noch hin.
(140) Skrupellose Diktatoren halten ein staatliches Gefüge häufig zusammen. Sie zu stürzen kann ein Land in tiefes Chaos stürzen und die Bevölkerung dazu bringen, sich die Zeiten mit dem Diktator an der Spitze zurückzuwünschen.
(141) Das wusste auch Gaddafi.
(142) Unsere "Demokratieeintrichterungs-Kriege" führen die Demokratie nicht zu den Menschen, aber die Menschen zur Demokratie.
(143) Merkel weiß das alles auch, sie ist nicht so einfältig, wie sie manchmal wirkt. Aber was genau hat sie in 10 Jahren Amtszeit getan, um ein Entstehen der jetzigen Situation zu verhindern? Nichts. Es ist nur eine weitere Expression des politischen Lügencharakters, wenn sie jetzt Einen auf überrascht und erzürnt macht.
(144) Was hätte Merkel tun sollen, um die globale Fluchtnotwendigkeit zu unterbinden? Na, zum Beispiel den deutschen Waffenexport einstellen oder zumindest auf demokratische Abnehmerstaaten beschränken.
(145) Denn wer Waffen sät, wird Flüchtlinge ernten. Und wenn niemand mehr Waffen in die globalen Krisengebiete liefern würde, könnten die Krisen auch gar nicht mehr so brachial verlaufen wie heute. Die Taliban können doch bspw. keine Kalaschnikow bauen, außer Frauen unterdrücken und Leute umbringen besitzen sie quasi keinerlei weitere "Kompetenzen". Ihre Waffen und die anderer Terrorgruppen kommen fast allesamt aus Weststaaten, Russland oder China und verschärfen dort die Lage.
(146) Wenn diese Industriestaaten ihre Waffenexporte einstellen würden, könnten sich die Konfliktparteien in Syrien und im Irak, übertrieben gesagt, wieder mit Steinen und Stöcken bekämpfen und ihr Terror könnte lange nicht mehr die Ausmaße annehmen, die er heute hat.
(147) Deutschland ist drittgrößter Waffenexporteur der Welt und leistet als Solcher einen erheblichen Beitrag zur Verschärfung der Konflikte weltweit.
(148) In all seiner Habgier exportiert Deutschland Waffen nach Ägypten, Libyen, Tunesien, Türkei, Afghanistan, Syrien, Saudi-Arabien … Die Saudis wiederum leiten unsere Waffen weiter an sunnitische Milizen und den IS.
(149) Der IS hat aber auch ohne die Saudis schon deutsche Waffen in den Händen gehalten. Wie beschrieben haben wir die Kämpfer vom IS in ihrem Kampf gegen den IS unterstützt. Mittlerweile denkt man darüber nach wieder die Fronten zu wechseln und Assad gegen den IS zu unterstützen.
(150) Ich fasse mal kurz zusammen: (1) Im Kampf gegen die Sowjets war ein afghanischer al-Qaida Kämpfer gut und man hat ihn unterstützt, (2) als der Russe weg und die al-Qaida weiter eine Terrororganisation war, wurden sie im Auge des Westens Böse und man hat sie bekämpft. (3) Als einige al-Qaida Kämpfer nach Syrien gingen, um dort gegen Assad zu kämpfen, wurden sie wieder gut und bekamen Waffen von uns. (4) Einige dieser Terroristen sind indes der IS beigetreten und damit wieder böse und vielleicht schickt man jetzt Waffen an die andere Front, zu Assad, und dann wird bestimmt alles friedlich und gut …
(151) Gut, Böse, Gut, Böse, …. Mit dem Hochziehen von Feindbildernschlägt die Politik zwei Fliegen mit einer Klappe: Sie kann einerseits ihre Waffen dahin schicken, wo die Nachfrage groß ist, nämlich in Kriegs- und Krisengebieten und so die heimische Wirtschaft ankurbeln und sie kann andererseits das alles unter dem Denkmantel der Humanität tun, weil man ja nur "den Guten" gegen "den Bösen" hilft. Der nur allzu häufig anzutreffende Gegensatz von Moralität und Prosperität wird hier scheinbar überwunden. Aber eben nur scheinbar.
(152) Es gibt im Krieg auch niemals Parteien, die nur gut oder nur böse sind. Und der außenpolitische Fehlschluss, dass man das kleinere Übel gegen das größere Aufrüsten sollte, ist einer der größten in der westlichen, jüngeren Militärgeschichte.
(153) Wer keine Flüchtlinge will, sollte in Ramstein (Mitursache) und nicht vor Flüchtlingsunterkünften in Heidenau (Symptom) protestieren.
(154) In Ramstein liegt der größte und wichtigste US-Militärflugplatz außerhalb Amerikas, die Ramstein Air Base. Von dort aus werden Kampfdrohnen gesteuert, die irgendwo in Pakistan oder sonstwo auf der Welt unverhältnismäßig viele(!)Zivilopfer fordern. Zivilisten, die Angehörige hinterlassen, die sich wiederum zu Teilen aus einem Racheakt heraus einen Sprengstoffgürtel umschnallen und sich an uns rächen.
(155) Ist die RAB amerikanisches, internationales oder deutsches Gelände? Wenn letzteres zutrifft, verletzt
sie die populäre Devise "von deutschem Boden darf nie wieder Krieg ausgehen."
(156) Neben Kriegen ist Armut eine Hauptfluchtursache. Unsere Wirtschaftspolitik, beispielsweise die Agrar, Handels, Rohstoff und Fischerpolitik lässt Menschen in der dritten Welt verarmen, leiden und treibt sie in die Flucht.
(157) So gesehen sind viele Flüchtlinge aus Afrika oder Asien "Wirtschaftsflüchtlinge", sie fliehen nämlich vor einer lebensbedrohlichen, wirtschaftlichen Gesamtsituation.
(158) Schuld an dieser Gesamtsituation sind nicht immer, aber auch nicht selten unsere Wirtschaftsinteressen, die wir in ihren Heimatländern ohne Skrupel durchsetzen.
(159) Nehmen wir beispielsweise die großen, europäischen Fischfangflotten, die die Meere leerfischen und so afrikanischen Kleinfischern ihrer Lebensgrundlage berauben.
(160) Oder die Agrarsubventionen, mit denen die EU bestimmte Lebensmittel für jeden erschwinglich machen
möchte. Eigentlich eine feine Sache, nur, dass die europäischen Lebensmittel am Ende dann so billig sind, dass die afrikanischen Konkurrenten (Kleinbauern etc.) nicht mehr mit ihnen konkurrieren
können und in die Arbeitslosigkeit = absolute Armut rutschen.
(161) Das heißt, die "Flüchtlingskatastrophe" war schon lange vorhersehbar, da die Faktoren, die sie verursacht haben, ebenso lange bekannt und klar ersichtlich waren.
(162) Nicht die Geflüchteten, sondern die Fluchtursachen sind das Problem. Zu den Fluchtursachen gehört u.a. unser mörderisches Wirtschaftssystem, das den kurzfristigen Profit vor alles andere setzt.
(163) Was ist zu tun? Man darf nicht die Geflüchteten, denn sie sind die größten Leidtragenden im ganzen Spiel und man muss die Fluchtursachen, die erst Leid und Flucht hervorbringen, bekämpfen. Kurz: Fluchtursachen anstatt Flüchtlinge bekämpfen! Und dieser Kampf kann darin bestehen, dass wir weniger in den Herkunftsländern kämpfen und auch keine involvierte Kriegspartei in ihrem Kampf gegen die andere Seite unterstützen. Anstatt in Waffen für Terroristen und Diktatoren sollten wir das Geld in Entwicklungshilfe für die arme, und unter Waffen, Terroristen und Diktatoren leidende, Bevölkerung stecken.
(164) Da die "Flüchtlingskatastrophe" vorhersehbar war hätte man auch hier in Deutschland diesbezüglich Vorkehrungen treffen - beispielsweise Geld in soziale Wohnungsbauten stecken - können. Dann stehe man jetzt weniger unvorbereitet da.
(165) Ohne die Hilfsbereitschaft aus dem Volk wäre der Staat bereits vollkommen überfordert, was die Flüchtlinge in Deutschland betrifft.
() Die Verantwortlichen Amtsträger dilettieren lieber über Zwei- und Drittrangiges, als das Kind beim Namen zu nennen, weil so schneller und schmerzlose Erfolge zu erzielen sind. Das Missverhältnis der Anstrengungen wird deutlich, wenn man sich vergegenwärtigt, was alles für das vergleichsweise kleine Griechenland-Problem oder ein ein wenig höheres Wirtschaftswachstum unternommen wird. Das für uns alle viel wichtigere Flüchtlingsproblem und die entsprechende Analyse und Folgeschritte wurden nie ihrer Bedeutung entsprechend behandelt. Die Diskussionen blieben an der Oberfläche: Unterbringung, Taschengeld, Grenzschließung, Abschiebung. Die tieferen Ursachen und jetzt notwendigen Maßnahmen werden nicht benannt oder gar nicht erst erkannt.
(166) Zu den Fluchtursachen gehören u.a. die völkerrechtswidrige Angriffskriege, die die NATO-Mitgliedstaaten in aller Welt geführt haben und führen. Der Irakkrieg 2003 hat etwa die Region nachhaltig destabilisiert und die daraufhin folgende, verfehlte westliche Besatzungspolitik den Aufstieg des IS erst ermöglicht.
(167) Wir sind gut darin, uns selbst Probleme zu machen.
(168) „Vielleicht sollte man die Flüchtlinge entsprechend der Mitverursacherquote auf die Länder verteilen. Obama will 10.000 syrische Flüchtlinge aufnehmen. Entsprechend der Quote wäre das korrekt … pro Tag!“ Dirk Müller
(169) Doch: Die USA bleiben, gut gesichert durch zwei Ozeane, verschont von den Auswirkungen ihrer eigenen Außen- und Wirtschaftspolitik. Ausbaden müssen es u.a. US-Bündnispartner wie Deutschland, aber vor allem die Länder in der Peripherie der Fluchtstaaten und natürlich die Fluchtstaaten und Flüchtlinge selbst.
(170) Deutschland sieht sich im Zusammenhang mit den jüngsten Flüchtlingsströmen gerne als barmherzigen Samariter, der die armen Flüchtlinge bei sich aufnimmt. Es ist aber mehr ein Täter, der nun einen Teil seiner Verantwortung übernimmt. Besser wäre es natürlich gewesen, hätte es sich nie etwa (bspw. Waffenexporte mit Despoten) zu Schulden kommen lassen.
(171) Nun haben wir aber in der dritten Welt gewütet und die sozialstrukturellen, ökologischen und wirtschaftlichen Schäden sind mittelfristig irreparabel.
(172) Wenn wir wirklich etwas an den Fluchtursachen verändern wollen, werden wir nicht darum herum kommen, einen Teil unseres Wohlstandes aufzugeben. Wir werden aufhören müssen manche gewinnbringende (aber eben ausbeuterische, tyrannisierende, umweltzerstörende oder tödliche) Dinge zu tun und damit anfangen andere kostenaufwendige (aber eben entwicklungsfördernde, umwelterhaltende und sozial festigende) Dinge zu machen. Es wird ein Geldstrom von Reich zu Arm notwendig sein.
(173) Diese Geldabgabe muss staatlich verordnet werden, da die Reichen, wie wir die letzten Jahrzehnte gesehen haben, nicht von selbst spürbar viel von ihrem Vermögen abgeben.
(174) Kommen wir vom Bereich des Wünschenswerten in den des Faktischen. Und was wir da machen ist untragbar: Der deutsche Außenminister ist in Begriff einen Pakt mit den schlimmsten Despoten Afrikas auszuhandeln, der Flüchtlinge an der Flucht hindern soll!! Sie haben richtig gehört, das ach so humanistische Deutschland möchte politisch Verfolgte tatsächlich darin hindern, ihr Land zu verlassen und ihnen stattdessen ihren Verfolgern aussetzen. Man begnügt sich also damit, wenn die Menschen ihre Probleme nicht zu uns tragen, die Probleme an sich sind uns aber scheißegal.
(175) Die Probleme haben teilweise wir verursacht, wollen aber nicht, dass Leute vor diesen fliehen. Wir sind wie ein Psychopath, der einen Mann in einen See schmeißt und alle Stöcke am Ufer entfernt, damit er sich nicht vom Ertrinken retten kann. Und wir nennen uns "Wertegemeinschaft".
(176) Die Menschen fliehen vor uns zu uns.
(177) Die Hunderttausende, die in unser Elfenbeinturm stürmen, sind nur eine Vorhut. Viele Millionen stehen jetzt schon bereit, ihnen nachzufolgen. Der deutsche Innenminister musste deshalb die Jahresprognose für die in Deutschland ankommenden Asylbewerber kurzerhand von 450.000 auf 800.000 nahezu verdoppeln.
(178) Und es werden noch viel mehr werden, wenn wir nicht schnell und wirksam etwas gegen die Ursachen der Flucht unternehmen.
(179) Wir wissen bereits, dass wir, die alteingesessenen Bürger der friedlichen und befriedeten Länder Europas, die Symptome dieser Ursachen verherrend finden können, wie wir wollen. Es fragt uns niemand nach unserer Meinung. Die Gepeinigten und Verzweifelten dieser Welt machen sich auf den Weg, auf Gedeih und Verderb.
(180) Sie fliehen von Arm nach Reich, von Kriegsgebieten in vermeintlich sichere Herkunftsstaaten*, … und immer mehr werden fliehen: vom Klimawandel in den kälteren Norden, von
zerstörten Umwelten zu weniger gepeinigten Landstrichen und generell immer mehr dorthin, wo sie hinwollen. Die Welt wird kleiner (werden).
*(180.1) Der Reporter Tilo Jung hat in einer Bundespressekonferenz angesichts der Brandanschläge auf Asylbewerberheime
gefragt, ob Deutschland
denn überhaupt ein sicheres Ankunftsland sei.
(182) Wenn es Gott gibt ist er ein zynischer Sadist, denn wir, die wir vom Einsatz von klimaschädlichen, fossilen Brennstoffen profitiert haben, bekommen durch den daraus folgenden Klimawandel zunächst einmal nur "besseres Wetter", während die bisher recht Klimaunschuldigen aus der dritten Welt / südlichen Hemisphäre darunter leiden.
(183) Es sind aber nicht nur eine immer mobiler werdende Welt, und nicht nur immer mehr Fluchtursachen, sondern auch immer mehr Menschen in den Drittwelt- und Kriegsländern, die besser leben wollen. Heute beträgt die Zahl der Einwohner Europas etwa 600 Millionen, in den nächsten hundert Jahren wird diese Zahl stagnieren. In Afrika aber leben über eine Milliarde Menschen und in hundert Jahren werden es dreimal so viele sein. Gar nicht zu reden von Asien, wo jetzt schon fast 4,5 Milliarden Menschen leben.
(184) So oder so ist das, was wir gerade ohnmächtig beobachten, nicht weniger als den Vorabend einer neuzeitlichen Völkerwanderung. Wir können ihn nur (noch) "abfedern", indem wir endlich wirkliche Anstrengungen gegen Welthunger, Kriege, Diktatoren, Klimawandel, Umweltzerstörung unternehmen.
(185) Völkerwanderungen, also die Abwanderung von Menschenmassen in ein anderes Land, gibt es seit Anbeginn der Menschheitsgeschichte. Sie sind überhaupt nichts Neues oder Besonderes. Mal gingen sie gewalttätig einher (Eroberungs-, Versklavungs-, Missionierungskriege), mal mit Entdeckungsfahrten und mal einfach mit Elend und Verzweiflung, so wie wir es momentan erleben.
(186) Wir Deutschen sind ja bekanntlich selbst das Produkt historischer Völkerwanderungen. Unserer Herkunft nach sind wir ein Mischvolk aus germanischen, keltischen und slawischen Bestandteilen. Überhöht könnte man also sagen: Mit der CSU früher gäbe es heute keine "Deutschen". Welch Ironie.
(187) Historisches Beispiel Nummer 2: Liebe CSUler, Maria und Josef waren auch Flüchtlinge.
(188) Wie passt es mit ihrem Background (Nächstenliebe, Hingabe) zusammen, dass gerade "christliche" Parteien Stimmung gegen hilfsbedürftige Immigranten machen (CSU in Deutschland, die Republikaner in den USA).
(189) Massen bzw. Völkerwanderung sind zwar nichts Neues. Die heutige Form der Migration hat jedoch drei
Eigenheiten, die es so noch nie gab: Erstens, die Vielfalt der Bedrohungen in den Herkunftsländern. Zweitens, die weitreichende Kenntnis der Bedrohten über die ungleiche Verteilung der Güter (den
Reichtum anderer Staaten) und Drittens war es noch nie so einfach, von einem Erdteil zum einem anderen zu kommen. Kommt all das, wir in unserem Fall, zusammen, sind Massenwanderungen nur noch die
logische Folge.
(190) Feudalistische Gesellschaften sind Mehrklassengesellschaften. Das heißt, im Feudalismus werden die Menschen in verschiedene Stufe eingeteilt und die auf höheren Stufen genießen mehr Rechte und Freiheiten, als die unter ihnen.
(191) Europa erzeugt eine Art Neo-Feudalismus, indem es die Bewegungsfreiheit für manche Außenstehende (bzw. "Reinwollende") einschränkt:
(192) Indem nicht alle Flüchtlinge in Europa aufgenommen werden, avanciert der Staatsbürgerstatus einer Industriestation seinen Besitzer zu mehr Freiheiten und Rechte – er ist nichts weniger als ein ererbtes (d.h. nicht verdientes) Privileg, das dem Träger durch Zufall zuteilwird und eine Vielzahl an Chancen eröffnet. In einem armen afrikanischen oder asiatischen Land geboren zu sein entspricht hingegen dem Status einer unteren Klasse, die nicht in das Land der Bessergestellten darf, ihr eigenes vielleicht nicht einmal besitzt ("Landgrabbing") und aufgrund hoher Verschuldungen und weitere Abhängigkeiten gegenüber uns, für uns, die Feudalherren, arbeiten muss. Siehe hierzu auch: Sozialschmarotzer.
(193) Innerhalb Deutschlands und Europas streben wir nach Chancengleichheit. Wir halten es für das einzig Richtige, dass Menschen nicht aufgrund zufälliger Faktoren (wie Hautfarbe, Geschlecht oder sozialen Startbedingungen vom Elternhaus) schlechter oder bessergestellt werden. Wir halten es ebenso für richtig, dass ein Mensch seine gesellschaftliche Stellung und Chancen im Leben nicht seiner Herkunft verdankt, sondern sie sich durch Talent und Arbeit zu verdienen vermag.
(194) Außerhalb der europäischen Grenzen halten wir plötzlich nicht mehr am Ideal der Chancengleichheit fest. Dort wird ein außerhalb Europas geborener Mensch gegenüber einem Europäer a priori unterprivilegiert (siehe (191) bis (193)). Kann mir das einer erklären?
(195) Innerhalb Europas herrschen Humanismus und Aufklärung (mehr oder weniger), aber an seinen den Grenzen basteln wir an einer Feudalherrschaft. Und das Völkerrecht begünstigt das auch noch, weil es souveränen Staaten die Wahl freistellt, ob sie Flüchtlinge an ihren Grenzen abweisen wollen oder nicht (in Deutschland "müssen" wir politisch Verfolgte aufnehmen, das haben wir uns aber durch GG. Artikel 16a "selbst auferlegt" und nicht etwa das allgemeine Völkerrecht). Bürger hingegen genießen in der Regel Bürgerrechte, also u.a. ein "Recht auf Freizügigkeit" und ein "Recht auf Reisefreiheit". Als EU-Bürger kann ich jederzeit nach Afrika ziehen, als Afrikaner aber nicht unbedingt in die EU.
(196) Als angehender Philosophiestudent stellt sich mir außerdem die Frage, was die großen Gerechtigkeitstheorien über die Flüchtlingsfrage aussagen.
(197) Interessanter- und vielsagenderweise(!?) lässt sich die Abweisung von Flüchtlingen durch keine der großen Gerechtigkeitstheorien rechtfertigen. Ein paar Beispiele:
(198) John Rawls Gerechtigkeitsentwurf lässt sich an einem berühmt gewordenen Entscheidungsmodell illustrieren. Man stelle sich vor, die Repräsentanten einer Gesellschaft könnten über die Prinzipien entscheiden, nach denen eine gerechte Gesellschaft aufgebaut sein soll. Um die Fairness ihrer Entscheidung zu garantieren fordert Rawls einen "Schleier des Nichtswissens", in den die Repräsentanten gehüllt sein sollen. Dieser lässt zwar allgemeines, relevantes Wissen über die Ökonomie und Soziologie einer Gesellschaft zu, aber keines über die verschiedenen Personen selbst. Niemand unter den Repräsentanten weiß also, welchem Rang, welchem Alter, welcher Religion oder welchem Geschlecht er einmal angehören wird und ist von daher unbefangen in seiner Entscheidung. Rawls Entscheidungsmodell schafft es, das natürliche Vorteilsstreben des Menschen zu unterbinden und lässt ihn anstatt über das Allgemeinwohl nachdenken. Rawls ist nämlich der Überzeugung, dass unter solchen Entscheidungsbedingungen alle Repräsentanten möglichst allgemeingültig und nicht bevorzugend entscheiden würden und so ein fairer Vertrag zu Stande kommen könnte, welcher die Prinzipien einer gerechten Gesellschaft konstituiert. Den unbefangenen Startpunkt der Gesellschaftsmitglieder nennt Rawls den "Urzustand", dehnt man diesen Urzustand auf die gesamte Welt aus, würde sich wohl niemand für eine feudalistische (s.o.) Ordnung aussprechen – schließlich könnte jedem das Leben in einem armen und vom Krieg gebeutelten Staat drohen. Stattdessen würden die Bürger für eine Welt mit offenen Grenzen plädieren, in der jeder die Chance hat etwas aus seinem Leben zu machen und vom Elend in ein chancenreicheres Gebiet zu fliehen. Rawls würde sich also gegen die Abschottung Europas gegenüber Flüchtlingen aussprechen.
(199) Der Utilitarismus beurteilt den moralischen Status einer Handlung, indem er deren Nutzen berechnet. Grob gesagt wählt der Utilitarist also diejenige Handlung aus, die "unterm Strich" mehr Glück und weniger Leid für alle Beteiligten mit sich bringt. In Bezug auf die europäische Grenz- und Asylpolitik müsste ein utilitaristisch-denkender Mensch neben den Interessen der EU-Bürger jedoch auch die der potentiellen Einwanderer mit einkalkulieren. Und dann überwiegt das nackte Überleben plus die Verbesserung der Lebenslage von vielleicht Millionen, den Wohlstandsverlust oder die Furcht der Menschen in der ersten Welt bei Weitem. Die Öffnung der europäischen Grenzen verhilft also mehr Menschen zu Glück als zu Unglück und ist somit moralisch geboten.
(200) Als letzten Gerechtigkeitsentwurf wird der des Libertarismusunter die Lupe genommen. Und da können wir es kurz machen: streng kontrollierte oder verbarrikadierte Grenzen sind inkompatibel mit dem Libertarismus, da sie seiner Forderung nach einem freien Wettbewerbs widersprächen. In einem libertären, d.h. freiheitlichen Gesellschaftsmodell hat jeder Mensch die prinzipielle Möglichkeit, sich durch Eigeninitiative selbst zu verwirklichen. Grenzen jedoch behindern Leute in ihrer Bewegungsfreiheit und somit auch in jener besagten, prinzipiellen Möglichkeit der freien Selbstverwirklichung. Ein arbeitswilliger Syrer beispielsweise wird durch geschlossene Grenzen die Chance auf wirtschaftliche Teilhabe und Selbstverwirklichung verwehrt bleiben, während einem Europäer, der zufällig "auf der richtigen Seite der Mauer" geboren wurde, von Geburt an viel bessere Arbeitschancen hat (Oder warum sollte ein Deutscher Hartz-4 beziehen dürfen, aber ein Syrer nicht?). EU-Bürger besitzen hiernach einen irregulären Wettbewerbsvorteil, Grenzen verzerren den freien Arbeitsmarkt und der Neo-Feudalismus einer isolationistischen Grenzpolitik ist auch libertaristisch-moralisch falsch.
(201) De facto deckt unsere Analyse nur auf, was ohnehin ersichtlich sein dürfte: Wenn der Grundsatz "Alle Menschen sind gleich" ernstgenommen wird, dann darf keiner, der bessere Lebensumstände anstrebt, von denen daran gehindert werden, die diese besseren Lebensumstände bereits genießen. Zu Deutsch: Wir dürfen die armen Flüchtlinge nicht an unseren Grenzen abweisen.
(202) Der praktische Widerspruch zwischen dem, was die Politik und das Recht machen und dem, was die Ethik und die Gerechtigkeitstheorien gebieten, fördert eine noch tiefere, theoretische Kontradiktion zutage: Gesetze, nach denen Flüchtlinge zurzeit vor unseren Grenzen abgewiesen werden, folgen dem positiven Recht. Während die meisten ethischen Systeme aber auf dem Naturrecht, einem sogenannten überpositiven Recht, basieren. Nach den positiven Rechtsgrundlagen unserer Gesetzbücher ist Recht, was in den Gesetzbüchern geschrieben steht (siehe auch: Rechtspositivismus).
(203) Und an diesem Punkt offenbart sich der Widerspruch: Eigentlich gründen unsere Gesetzbücher auf der Idee von universellen Menschenrechten, also auch auf der Vorstellung der Gleichheit aller Menschen.
(204) Das positive Recht behält sich jedoch vor, auch Regeln festlegen zu dürfen, die mit dem Ideal der Universalität nicht vereinbar sind.
(205) Dies zeigt sich exemplarisch in der Abweisung von Flüchtenden, die im krassen Widerspruch zu unserem Ideal der Gleichheit aller Menschen steht.
(206) Aus dem Wissen vorhergegangener, beider Abschnitte heraus möchte ich eine Zukunftsprognose formen: Wir haben gelernt, wie wir heute über den Feudalismus vergangener Tage denken, wir halten ihn für unfrei und ungerecht. Und wir haben gelernt, dass die globale Ordnung und insbesondere die europäische Flüchtlingspolitik immer noch feudalistische Ansätze in sich trägt. Diese werden und sollen immer weiter verlorengehen, die Welt wird globaler und der Mensch immer freier in seiner Heimatwahl und seinem Streben nach Glück.
(207) Der Mensch von morgen wird über unser Verhalten (/ unsere Flüchtlingspolitik) wahrscheinlich genauso urteilen, wie wir heute über antike Sklavenhalter oder vollfeudalistische Mittelaltergesellschaften.
(208) Wenn wir, erstens Chancengleichheit tatsächlich schätzen und es nicht nur angeben und, zweitens, alle Menschen für gleichwertig erachten – müssen wir uns zwangsläufig für Chancengleichheit starkmachen.
(209) Jetzt eröffnen manche Staaten ihren Bürgern weit mehr Möglichkeiten als andere, die dies nicht können oder nicht wollen. Deshalb ist Chancengleichheit untrennbar mit dem Recht auf Freizügigkeit verbunden. Riegelt ein Staat seine Grenzen nach innen / außen hin ab, versperrt er dem Kosmopoliten die Freiheit, sein immanentes Möglichkeitsspektrum aufzusuchen oder vor ihm zu fliehen.
(210) Der deutsche Philosoph Jürgen Habermas spricht gerne von einem feudalistischen "Adel der Chancen". Diesen erhalten wir mit unseren Einwanderungsbeschränkungen und können wir mit selbigen abbauen.
(211) Es wäre nur gerecht.
(212) In den letzten 200+ Thesen habe ich euch offen an meinen Gedanken teilhaben lassen. Ich habe einfach einmal darauf losgeschrieben, was mir alles in den Sinn kam - und es wurde immer mehr.
(213) Nach dem Lesen dieses Textes werden mich einige als links verschreien, andere wiederum als rechts. Hoffentlich hat man positionsübergreifend gemerkt, dass ich es gut meine und kein Kritikpunkt oder Vorschlag von mir bösartig oder hasserfüllt gemeint war.
(214) Vielleicht kann dieser Aufsatz sogar als Apell aufgefasst werden, wieder beide Seiten zu sehen und nicht nur in seinen Kopf zu lassen, was der eigenen Überzeugung entspricht. Es würde mich das überaus freuen, falls ja.
(215) Beim Schreiben ist mir auch aufgefallen, dass viele meiner Ängste diffus waren und ich sie spontan kaum ausformulieren konnte.
(216) Vielleicht zeigt sich in der Flüchtlingsthematik ja nichts weniger als das Scheitern der kapitalistischen Utopie, nach der alles weiter wachsen kann und es jeder zu etwas bringen kann. Kapitalismus ist in Wahrheit nicht wie World of Warcraft, sondern viel mehr wie Lotto: Jeder kann Millionär werden, aber nicht alle.
(217) Wir, die Erste Welt, werden uns mit dem Gedanken an wahrhaftiger Solidarität gegenüber der Dritten Welt anfreunden müssen. Wohlfeile Rhetorik, schmerzfreie Almosen und verschwindende Entwicklungshilfe (in der Form von Absatzmärkten für unsere Industrieprodukte) werden auf Dauer nicht mehr ausreichen. Wir müssen uns daran erinnern, dass unser heutiger Wohlstand nicht zuletzt auf den Schultern der Flüchtlingsherkunftsstaaten ruht und wir werden lernen müssen zu teilen. Angenehm ist das gewiss nicht, aber notwendig.
(218) Wenn wir es nicht aus eigener Einsicht schaffen, dann werden sich die Benachteiligten dieser Erde ihren Anteil irgendwann selbst holen.
(219) Im Grunde genommen ist es ganz einfach: Entweder wir geben den Armen einen bestimmten Anteil an unserem Wohlstand ab, oder sie werden sich ihren Anteil bei uns abholen. Dieser Vorgang wird dann als Völkerwanderung oder Flüchtlingsstrom wahrgenommen werden.
(220) Eventuell wäre es aber besser, die alte Terminologie aufzugeben. Was wäre denn, wenn wir anstatt von Kriegsflüchtlingen von Vertriebenen reden würden? Es würde keine falschen Assoziationen mehr auslösen, den wahren Kern der Sache offenlegen und die Hetze gegen sie unangenehmer machen. Denn, wer sagt schon gerne, dass wir die Vertriebenen vertreiben sollten?
(221) Wir brauchen mehr besorgte Bürger: Bürger, die um die Flüchtlinge dieser Welt besorgt sind.
(222) Und unsere Sorge darf nicht beim Bahnhofsempfang aufhören. Oder erst da anfangen.
tsSLAueP (Mittwoch, 15 November 2023 17:32)
1
Philoclopedia (Sonntag, 09 Januar 2022)
„Kurzum: Die Flüchtlinge wollen ein Stück vom Kuchen abhaben – sie erwarten im Grunde genommen, die Vorzüge der westlichen Wohlfahrtsstaaten nutzen zu können, ohne ihren eigenen Lebensstil zu ändern, dessen Grundzüge jedoch teilweise nicht mit den ideologischen Grundlagen westlicher Sozialstaaten vereinbar sind. Deutschland betont immer wieder gerne, wie überaus wichtig es sei, die Flüchtlinge kulturell und gesellschaftlich zu integrieren. Dabei stellt sich freilich die Frage, die an einem weiteren Tabu rüttelt -, wie viele von ihnen tatsächlich integriert werden wollen? Was ist, wenn das Hindernis der Integration gar nicht nur der westliche Rassismus ist? Man sollte sich von dem Klischee verabschieden, dass die Flüchtlinge, die in die bürgerliche Gesellschaft Europas eindringen, die wahren Proletarier unserer globalisierten Weltordnung seien, die „nichts zu verlieren haben als ihre Ketten“. Es gibt sowohl in Europa als auch im Nahen und Mittleren Osten eine Klassenteilung, und die Schlüsselfrage ist, wie diese unterschiedlichen Klassendynamiken interagieren.“
Junge Junge (Mittwoch, 13 Februar 2019 16:31)
Ich habe mir jetzt in knapp 30 Sekunden mal die ersten Thesen angeschaut und dann zufällig nach unten gescrollt (dabei kam ich zu den Thesen 33ff.).
Bereits im allerersten Punkt werden "Asylbewerber" unter "Immigration im Allgemeinen" subsumiert. Daraus folgt natürlich, dass jeder Migrant ein Asylbewerber ist (wie etwa Gerard Depardieu, als er nach Russland migrierte). In Punkt 3 und 4 ist dann konsequenterweise nur noch von Migration die Rede.
In Punkt 33 wird auf das "Vorurteil", die Mehrheit der Einwanderer sei männlich, bezug genommen und eine Statistik des BAMF angeführt, die diese These bestätigt. Inwiefern ist eine
These, die durch eine Statistik des BAMF bestätigt wurde, ein Vorurteil?
Ich schätze mal, das könnte man mit allen 222 Thesen so durchspielen, aber dazu fehlt mir die Lust und die Zeit. Viele Grüße
Claudia (Freitag, 22 Juni 2018 14:16)
Chapeau!
WissensWert (Montag, 21 August 2017 01:19)
So lesen wir gleich zu Beginn seine Sympathie für diesen Standpunkt von Prof. Bude: Die Willkommenskultur werde getragen von den oberen zwei Dritteln, also über- wiegend Menschen aus bürgerlichen Schichten, deren Lage gesichert sei und die keine Konkurrenz von Neuankömmlingen fürchten müssten. Das untere Drittel betrachte die mittlerweile Zehntausenden Asylbewerber aber ganz anders, nämlich als Ersatzheer von Arbeitskräften, die ihnen den Job streitig machen oder von den Arbeitgebern benutzt würden, um die Löhne zu drücken.
WissensWert (Freitag, 23 Juni 2017 14:36)
https://youtu.be/84j4wiJmd0Y
WissensWert (Dienstag, 18 April 2017 14:33)
Danke, Uwe!
Ich schreibe gerade einen Artikel "über die Illusionen der Flüchtlingspolitik". Nachfolgend ein (wahrscheinlich noch nicht fertiges) Kapitel daraus, in dem ich vor allem auch die bisher kaum beachteten hohen Geburtenraten der afrikanischen und insbesondere islamischen Länder als großes Problem darstelle. Als nächstes wird deswegen wahrscheinlich Ägypten implodieren. Die hohen Geburtenraten wiederum sind direkt auf den Islam und die darüber tradierten patriarchalischen Rollen- und Geschlechterbilder zurückzuführen.
Illusion: "Die große Flüchtlingswelle ist vorbei"
In seinem Jahresbericht 2015 schätzt das UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) die Zahl der Geflüchteten und Vertriebenen weltweit auf 65,3 Millionen. Allein 2015 ist die Zahl derjenigen, die ihr Zuhause verlassen mussten, um 12,4 Millionen gestiegen – das sind 24 Menschen pro Minute.
Größtenteils sind diese Migrationen auf hohe Geburtenraten zurückzuführen. In seinem viel zitierten Buch „Clash of Civilizations“ schreibt Samuel Huntington: „Während der Aufstieg Ostasiens durch […] Wirtschaftswachstum angeheizt worden ist, ist die Resurgenz (‚das Wiedererstarken’, Anmerkung F.K.) des Islam durch nicht minder spektakuläre Raten des Bevölkerungswachstums angeheizt worden. Das riesige Reservoir an oft beschäftigungslosen Männern zwischen 15 und 30 ist eine natürliche Quelle der Instabilität und Gewalt innerhalb des Islam wie gegen Nichtmuslime. Welche anderen Gründe auch sonst noch mitspielen mögen, dieser Faktor allein erklärt zu einem großen Teil die muslimische Gewalt.“
Huntington revidiert folglich seine eigene These, wonach der Kulturkampf die Ursache der größten Konflikte darstellt und reduziert die Religion auf ein Legitimationsmittel für die Gewaltentfaltung. Entscheidender sei der Überschuss an jungen Männern innerhalb einer Gesellschaft (youth bulge), der einen Positionenmangel verursacht.
Der Soziologe Gunnar Heinsohn hat auf Grundlage dieser Theorie den sogenannten Kriegsindex beschrieben. Der mächtigste Drang ins kontinentale Westeuropa geht aktuell von den 52 Nationen mit 1,4 Milliarden Einwohnern aus, die einen Kriegsindex von 3 bis 7 aufweisen. Auf 1000 Rentenanwärter von 55-59 Jahren, die im Idealfall 1000 Positionen freimachen, folgen dabei 3000 bis 7000 junge Männer zwischen 15 und 19 Jahren, die um diese 1000 Positionen kämpfen. In Deutschland liegt der Kriegsindex bei 0,65 (650 Junge auf 1000 Alte).
In patriarchalischen Versorgerkulturen wie jenen der islamischen Welt hängt auch das familiäre Glück mit der gesellschaftlichen Position und einem existenzsichernden Mindeststandard zusammen. Wenn die jungen Männer als Wirtschaftsflüchtlinge nicht unterkommen, begehren sie gegen die heimischen Inhaber der begehrten Eliteposten auf. Oder sie teilen sich auf nach Ethnien oder Religionen, die ihren Gemeinschaften bzw. Glaubensrichtungen mit Gewalt zum Sieg verhelfen wollen. Ideologien leisten für die Dämonisierung des Anderen zur Gewaltausübung einen Bärendienst. Je mehr Menschen in youth-bulge-Gesellschaften daran scheitern, Wirtschaftsflüchtling zu werden, desto schneller finden sie sich in Kriegsgebieten wieder, was ihnen Schutz- und Asylrechte einträgt.
Laut Unicef-Bericht wird sich die Bevölkerung Afrikas bis 2050 von jetzt 1 Milliarde auf dann 2 Milliarde Menschen verdoppeln, die Hälfte davon wird unter 18 Jahren sein. Schon heute sind nach UN-Angaben 60 Prozent der 15- bis 24-Jährigen in Afrika arbeitslos.
Kenia z.B. galt lange Zeit als afrikanisches Musterland. Zwischen 1975 und 2006 erhöhte sich das Pro-Kopf-Einkommen von 350 auf mehr als 1.600 Kaufkraft-Dollar, die Hungrigen wurden weniger. Gleichzeitig stieg die Zahl der Geburten. Kenia hatte 1950 rund sechs Millionen Einwohner. 2007 waren es schon 37 Millionen. Wäre Deutschland in der gleichen Zeit genauso geburtenreich gewesen, hätte es 2007 nicht 82, sondern 506 Millionen Einwohner gehabt. Die kenianische Frau bekommt auch 2014 im Durchschnitt noch 4,3 Kinder, dreimal so viel wie deutsche Frauen (1,38). Kenia hat 2017 einen Kriegsindex von 5,14. Legt man die konservativen Gallup-Schätzungen von 2011 zugrunde, wollen deshalb schon heute 38 Prozent bzw. 18 Millionen Kenianer auswandern, 2050 wären das bei gleichbleibendem demographischem Trend 33 Millionen Menschen.
Für den gesamten Subsahara-Raum prognostiziert Gallup für 2050 650 Millionen Migrationswillige. Heute sind es 390 Millionen, die gerne migrieren wollen. Nicht bedacht sind hierbei die durch den Klimawandel wahrscheinlichen Kriege um Wasser und Nahrung, die Afrika zunehmend weniger lebenswert machen, womöglich aber die Geburtenraten senken werden. Die großen Migrationsbewegungen stehen uns jedenfalls noch bevor.
WissensWert (Dienstag, 14 März 2017 05:02)
https://www.youtube.com/shared?ci=cJysHdDbmpg
WissensWert (Freitag, 24 Februar 2017 03:51)
https://www.youtube.com/shared?ci=pGgzPPrZl7M
WissensWert (Samstag, 04 Februar 2017 02:59)
Deine Vorfahren waren afrikanische Wirtschaftsflüchtlinge!
Ab nach Hause?
Was ist denn das "Deutsche Volk"? Ein hermetisch geschlossener Gen-Pol? Ein real existierendes kulturell homogenes Konstrukt? Ein heterogener Verband einiger Ethnien mit ähnlicher Sprache? Ein historisch militärisch aristokratisch aufgebautes Machtbündnis zusammengewürfelter Völker, um imperiale Ansprüche einiger Mächtiger aus dem 19. Jahrhundert zu befriedigen? Das über die Vielvölkerei deutscher Länder oktroyierte Preussentum von Obrigkeitsgläubigkeit und Militarismus? Die Bewohner des Landes der Dichter und Denker, das es geschafft hat, sich binnen kürzester Zeit von einer aufstrebenden Industrienation zur puren Barbarei und industriellen Menschenvernichtung zu wandeln? Oder einfach nur ein Hirngespinst, das der Mythomotorik der "Nation" als Machtkonstrukt aus dem 19. Jahrhundert auf den Leim gegangen ist?
Warum muss mir der deutsche Bänker, der entscheidet, eine weitere Milliarde in Coal India zu stecken, emotional näher sein als das Straßenkind in Brasilien, der 13jährige Kindersoldat in Myanmar oder Syrien oder der ermordete Coca-Cola-Gewerkschafter in Kolumbien? Vor allem, da der "Fernste" oft mehr mit meinem Handeln zusammenhängt als der "Nächste", z.B. schon, wenn ich Geld im Supermarkt ausgebe.
Es ist verständlich, dass der Mensch - als soziales Sippenwesen aus der Evolution hervorgangen - geistig immer in In-Group und Out-Group differenziert. Das liegt wohl evolutionär in der Natur des Menschen. Eine allumfassende Liebe zu allem Lebendigen ist wohl nur eine Sache, die fiktive mythische Figuren wie Jesus (und selbst diese als menschliches Konstrukt nicht perfekt) umsetzen können.
Wie Dunbars Zahl als Erkenntnis uns zeigt, ist unser Neocortex wohl nicht in der Lage, größere Sozialzusammenhänge emotional zu verwalten, ohne Hilfskonstrukte des abstrahierenden Verallgemeinerns zu nutzen (auch Schubladendenken, Ressentiment oder Vorurteil genannt).
Trotzdem sollte wir uns dessen bewusst sein, dass dieses Denken nicht nur von der Wirklichkeit unserer Dynamik überholt ist, sondern die Weiterexistenz unserer Spezies gefährdet, da wir das mehrfache Potential haben, uns komplett von diesem Planeten zu fegen.
Wir sind keine Deutschen, wir sind Menschen, so wie 7,24 Milliarden Individuen mit eigenen Sorgen, Traumata und Wünschen auch. Und weiter gefasst sind wir bewusstes, leben wollendes "Leben", das als nicht herauslösbarer Teil eines größeren Zusammenhanges des Systemprozesses der Biosphäre und des Evolutionsvorgangs lernen muss, seine Grenzen und seine Rolle zu finden, daran zu reifen und nicht auf den Egozentrismus, Sippenzentrismus oder Anthropozentrismus gestützt, die Fortsetzung seiner Linie zu unterbrechen, indem er sich selbst im anderen verneint.
WissensWert (Sonntag, 15 Januar 2017 14:57)
Das Gericht in Wuppertal hat geurteilt: Brandanschläge auf jüdische Synagogen, die von Männern palästinensischer Herkunft verübt wurden, sind "zu weit gegangene Kritik", nicht aber Antisemitismus.
Was bedeutet das jetzt für Brandanschläge auf Flüchtlingsunterkünfte?
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"Das Urteil gegen die drei jungen Männer palästinensischer Herkunft, die im Sommer 2014 einen Brandanschlag auf die Synagoge in Wuppertal verübt haben, ist rechtsgültig.
(...)
Damit sind nicht nur die Bewährungsstrafen abgenickt, sondern auch deren Begründung: Wer in Deutschland versucht, eine Synagoge in Brand zu setzen, ist kein Antisemit, sondern ein Israelkritiker, der mit seiner Kritik zu weit gegangen ist. Antisemitische Motive konnte das Amtsgericht Wuppertal nicht erkennen."
Kann man das Anzünden von Flüchtlingsunterkünften dann auch als zu weit gegangene Kritik verstehen, auf keinen Fall aber als ausländerfeindliche Anschläge? Sollte man beim Landgericht mal nachfragen!
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http://www.juedische-allgemeine.de/mobile/article-view?id=27477
WissensWert (Sonntag, 08 Januar 2017 18:19)
https://www.youtube.com/watch?v=RBwcqO2Xc6o
WissensWert (Dienstag, 03 Januar 2017 01:18)
Der Flyer soll einen Überblick über die aktuelle Situation in der Flüchtlingskrise und Ideen für ein gemeinsames Europa bieten. Er ist in Zusammenarbeit mit zwei Jugendlichen aus einem Jugendzentrum der Arbeiterwohlfahrt für die pädagogische Arbeit mit Jugendlichen konzipiert worden. Wir würden uns freuen, wenn er auch in anderen Einrichtungen Verwendung findet!
http://gottunddiewelt.net/wp-content/uploads/2015/12/Flyer-Fl%C3%BCchtlingskrise_Endfassung.docx
WissensWert (Sonntag, 01 Januar 2017 13:24)
https://www.youtube.com/watch?v=znN3Tm36Vt8
WissensWert (Samstag, 24 Dezember 2016 23:26)
Imad Karim, hat im letzten Polit-Magazin Cicero einen Beitrag publiziert, in dem er die aktuelle Flüchtlingspolitik thematisiert. Imad Karim ist ein in Deutschland lebender libanesisch-deutscher Regisseur, Drehbuchautor und Fernsehjournalist.
Ich danke ihm für seine mahnenden Worte. Es ist bezeichnend für die Ignoranz und Gleichgültigkeit der Mehrheit unserer verantwortlichen Politiker und die Saturiertheit und Blindheit eines Großteils unserer Gesellschaft, dass die Gefahren des politischen Islam nicht gesehen werden, dass man sie nicht sehen will. Wieviel bequemer ist es, die Augen zu verschließen und den mahnenden Propheten ob seiner politisch unkorrekten Worte zu ächten.
Ist es nicht auffällig, dass gerade jene, die am sachkundigsten von den Gefahren einer religiös-fundamentalistische Ordnung berichten, dass diese am heftigsten kritisiert werden? Dabei haben sie am eigenen Leibe erlebt, was es heißt, in einem sog. Gottesstaat zu leben.
Ich denke an Necla Kelek, Mina Ahadi, Hamed Abdel-Samad, Ralph Ghadban, Ahmad Mansour, die liberalen Musliminnen Seyran Ates oder Lale Akgün, der Algerier Kamel Daoud oder der Türke Zafer Senocak – um nur beispielhaft einige zu nennen. Sie alle kennen aus eigener Erfahrung die Verhältnisse in ihren Heimatländern. Sie warnen eindringlich vor der naiven Vorstellung, man könne einer zwar freundlich auftretenden, tatsächlich aber aggressiv eingestimmten, um Weltherrschaft kämpfenden Ideologie allein mit den in einer demokratischen Kultur üblichen Mitteln des Überzeugens und des fairen Kompromisses wirksam begegnen. Ein Blick in die Länder des Nahen Ostens oder darüber hinaus zeigt uns, was auch uns letzten Endes erwarten würde: Eine frühmittelalterliche Ideologie, im Gewand einer Religion, die Grund- und Menschenrechte missachtend, gewaltsam gegenüber Andersdenkende.
Es ist dies kein unzulässiger Generalverdacht gegen »die« Muslime. (Gegen den Generalverdacht, dem wir zum Beispiel an jedem Flughafen ausgesetzt sind, wenn wir uns peinlich genau abtasten lassen müssen, als ob wir alle Terroristen wären – dagegen verwahrt sich keiner! Wohl zu Recht!) Bekanntlich gehen die einer Gesellschaft drohenden Gefahren immer von einer kleinen, aber radikal entschlossenen Minderheit aus. Dieser anzuklagende orthodoxe Islam wird vertreten in Deutschland zum Beispiel von der DITIB, einer von der türkischen Religionsbehörde personell und finanziell vollständig kontrollierten muslimischen Organisation. Auch von Milli Görüs, einer muslimischen Organisation, die aus guten Gründen wiederholt ins Visier der deutschen Sicherheitsbehörden geraten ist, haben wir kein Bekenntnis zu unserer Grundordnung zu erwarten. Ebenso verdächtig ist der Zentralrat der Muslime (ZMD) unter der Führung von Aiman Mazyek (für den nach seinen eigenen Worten die Scharia mit dem Grundgesetz vereinbar sei!) Ein Mitglied des ZMD ist die Islamische Gesellschaft in Deutschland (IGD). Für den bayerischen Verfassungsschutz ist die IGD ein Tarnverein für die islamistische und antidemokratische Muslimbruderschaft. Ein weiteres Mitglied im ZMD ist die Union der Türkisch-Islamischen Kulturvereine in Europa (ATIB), den wiederum der nordrhein-westfälische Verfassungsschutz als Tarnverein den ultra-nationalistischen und faschistoiden Grauen Wölfen zuordnet.
Was ist von diesen muslimischen Verbänden zu halten, die vorgeben, die Muslime in Deutschland zu vertreten, dabei aber insgesamt nur rund 15 Prozent der Muslime in Deutschland repräsentieren?
Die Masse der Muslime – wie übrigens jeder anderen Bevölkerungsgruppe auch! – ist träge, von ihr ist kein Eintreten für eine offene Gesellschaft und für die Menschenrechte zu erwarten. Sie wird sich im Zweifel jenen zuwenden, die ihr die attraktivsten Versprechungen machen.
Danke Dir, Imad Karim, dass Du nicht müde wirst, unsere Ignoranten, Verharmloser und Gleichgültigen immer wieder mit der Wirklichkeit zu konfrontieren. Hier sein Artikel:
http://cicero.de/berliner-republik/migrationspolitik-jedes-unrecht-beginnt-mit-einer-luege
WissensWert (Samstag, 24 Dezember 2016 23:25)
Imad Karim, hat im letzten Polit-Magazin Cicero einen Beitrag publiziert, in dem er die aktuelle Flüchtlingspolitik thematisiert. Imad Karim ist ein in Deutschland lebender libanesisch-deutscher Regisseur, Drehbuchautor und Fernsehjournalist.
Ich danke ihm für seine mahnenden Worte. Es ist bezeichnend für die Ignoranz und Gleichgültigkeit der Mehrheit unserer verantwortlichen Politiker und die Saturiertheit und Blindheit eines Großteils unserer Gesellschaft, dass die Gefahren des politischen Islam nicht gesehen werden, dass man sie nicht sehen will. Wieviel bequemer ist es, die Augen zu verschließen und den mahnenden Propheten ob seiner politisch unkorrekten Worte zu ächten.
Ist es nicht auffällig, dass gerade jene, die am sachkundigsten von den Gefahren einer religiös-fundamentalistische Ordnung berichten, dass diese am heftigsten kritisiert werden? Dabei haben sie am eigenen Leibe erlebt, was es heißt, in einem sog. Gottesstaat zu leben.
Ich denke an Necla Kelek, Mina Ahadi, Hamed Abdel-Samad, Ralph Ghadban, Ahmad Mansour, die liberalen Musliminnen Seyran Ates oder Lale Akgün, der Algerier Kamel Daoud oder der Türke Zafer Senocak – um nur beispielhaft einige zu nennen. Sie alle kennen aus eigener Erfahrung die Verhältnisse in ihren Heimatländern. Sie warnen eindringlich vor der naiven Vorstellung, man könne einer zwar freundlich auftretenden, tatsächlich aber aggressiv eingestimmten, um Weltherrschaft kämpfenden Ideologie allein mit den in einer demokratischen Kultur üblichen Mitteln des Überzeugens und des fairen Kompromisses wirksam begegnen. Ein Blick in die Länder des Nahen Ostens oder darüber hinaus zeigt uns, was auch uns letzten Endes erwarten würde: Eine frühmittelalterliche Ideologie, im Gewand einer Religion, die Grund- und Menschenrechte missachtend, gewaltsam gegenüber Andersdenkende.
Es ist dies kein unzulässiger Generalverdacht gegen »die« Muslime. (Gegen den Generalverdacht, dem wir zum Beispiel an jedem Flughafen ausgesetzt sind, wenn wir uns peinlich genau abtasten lassen müssen, als ob wir alle Terroristen wären – dagegen verwahrt sich keiner! Wohl zu Recht!) Bekanntlich gehen die einer Gesellschaft drohenden Gefahren immer von einer kleinen, aber radikal entschlossenen Minderheit aus. Dieser anzuklagende orthodoxe Islam wird vertreten in Deutschland zum Beispiel von der DITIB, einer von der türkischen Religionsbehörde personell und finanziell vollständig kontrollierten muslimischen Organisation. Auch von Milli Görüs, einer muslimischen Organisation, die aus guten Gründen wiederholt ins Visier der deutschen Sicherheitsbehörden geraten ist, haben wir kein Bekenntnis zu unserer Grundordnung zu erwarten. Ebenso verdächtig ist der Zentralrat der Muslime (ZMD) unter der Führung von Aiman Mazyek (für den nach seinen eigenen Worten die Scharia mit dem Grundgesetz vereinbar sei!) Ein Mitglied des ZMD ist die Islamische Gesellschaft in Deutschland (IGD). Für den bayerischen Verfassungsschutz ist die IGD ein Tarnverein für die islamistische und antidemokratische Muslimbruderschaft. Ein weiteres Mitglied im ZMD ist die Union der Türkisch-Islamischen Kulturvereine in Europa (ATIB), den wiederum der nordrhein-westfälische Verfassungsschutz als Tarnverein den ultra-nationalistischen und faschistoiden Grauen Wölfen zuordnet.
Was ist von diesen muslimischen Verbänden zu halten, die vorgeben, die Muslime in Deutschland zu vertreten, dabei aber insgesamt nur rund 15 Prozent der Muslime in Deutschland repräsentieren?
Die Masse der Muslime – wie übrigens jeder anderen Bevölkerungsgruppe auch! – ist träge, von ihr ist kein Eintreten für eine offene Gesellschaft und für die Menschenrechte zu erwarten. Sie wird sich im Zweifel jenen zuwenden, die ihr die attraktivsten Versprechungen machen.
Danke Dir, Imad Karim, dass Du nicht müde wirst, unsere Ignoranten, Verharmloser und Gleichgültigen immer wieder mit der Wirklichkeit zu konfrontieren. Hier sein Artikel:
WissensWert (Freitag, 14 Oktober 2016 22:55)
Ich halte es für ein Zeichen der Hilflosigkeit wenn die eine Seite alle Flüchtlinge pauschal als potentielle Terroristen betrachtet während die andere Seite sie als Helden sieht, die uns Mut und Zivilcourage beibringen sollten. Wären alle Syrer gewaltbereite Islamisten, könnten wir alle keinen Tag länger in Deutschland leben. Wären alle von ihnen mutige Helden, gäbe es in Syrien keine Diktatur und hätten nicht wenige IS-Kämpfer dort Millionenstädte mühelos erobern können. Wir sollten aufhören Menschen pauschal zu dämonisieren oder zu verklären. Wir haben echte Probleme, die wir weder mit Hass noch mit künstlicher Zuneigung lösen können!
Aber was die mutigen Syrer in Leipzig gemacht haben, sollte Schule machen. Wir sollten lernen nicht nur flüchtige Terroristen zu fassen, zu fesseln und zu überführen, sondern auch das gleiche tun mit der Urquelle des Hasses. Ich versuche genau das in meinen Büchern zu tun. Aber wir alle wissen, dass der Hass nicht alleine aus dem Koran und nicht nur von Muslimen kommt! Also jeder sollte seine Quelle untersuchen wenn wir friedlich zusammenleben wollen!
WissensWert (Mittwoch, 28 September 2016 01:40)
http://scilogs.spektrum.de/gedankenwerkstatt/der-untergang-des-abendlandes/
WissensWert (Dienstag, 13 September 2016 16:43)
Klar ist, dass die Menschenrechte sowie die Humanität an erster Stelle stehen müssen. Es ist aber auch klar, dass die Bundesregierung einige Fehler begangen hat und immer noch begeht, welche zu Unmut in der Bevölkerung geführt haben und leider Gottes die AfD wieder aus dem Grab geholt haben. Der wohl schwerwiegenste Punkt ist, dass das Asyl und Einwanderung komplett vermischt werden und folgende Dinge aus dem Asylrecht beachtet werden sollten: Bedingungsloses und unbefristetes Asyl steht nur politisch verfolgten und an Leib und Leben bedrohten Flüchtlingen zu. Kriegsflüchtlingen steht grundsätzlich subsidiärer Schutz zu. (Das Dublin-Abkommen würde auch Rückführung in sichere Drittstaaten bedeuten, wobei diese Regelung Unsinn ist und geändert werden sollte.) Alle anderen Flüchtlinge/Einwanderer fallen NICHT in die Kategorie "Asyl", für sie sollte ausschließlich ein noch zu schaffendes Einwanderungsgesetz gelten, in dem selbstverständlich auf die berufliche Qualifikation sowie sonstige Eignung geachtet werden sollte. Im Übrigen sollte der absolute Großteil der Flüchtlingshilfe in der Bekämpfung der Fluchtursachen liegen, effizienterer Entwicklungshilfe in Afrika, Beendung von Kriegen statt tatenlosem "pazifistischem" Zusehen sowie deutlich mehr Unterstützung der Flüchtlingslager an den Grenzen zu Konfliktstaaten. Ansonsten wird denen überhaupt nicht geholfen, welche nicht in der Lage sind, sich nach Europa zu begeben bzw. im Mittelmeer ertrinken. Das kann nicht humanistisch sein.
WissensWert (Freitag, 02 September 2016 02:08)
https://www.youtube.com/watch?v=bCEtpfXni4Q
WissensWert (Montag, 01 August 2016 01:38)
Die Flüchtlingssituation ist ein klassisches moralisches Dilemma:
- Nimmst du die Flüchtlinge nicht auf, ist es scheiße (Rechte ignorieren das gerne)
- Nimmst du die Flüchtlinge auf, ist es scheiße (Linke ignorieren das gerne).
WissensWert (Donnerstag, 14 Juli 2016 02:07)
Die Flüchtlingsproblematik ist eine klassische, moralische Dilemmasituation:
- Wir sind moralisch verpflichtet, Menschen aufzunehmen, die vor Krieg und Terror flüchten.
Rechte blenden diesen Punkt gerne aus.
- Wir sind moralisch verpflichtet, nicht Menschen auf freiheitlich lebende und denkende Menschen loszulassen, die die mittelalterliche und protofaschistische Religion noch ernstnehmen, die bei ihnen zuhause zu Krieg und Terror geführt hat. Linke blenden diesen Punkt gerne aus.
WissensWert (Montag, 11 Juli 2016 23:05)
Rededuell zum Thema: https://www.facebook.com/groups/278178962359013/permalink/506262856217288/?comment_tracking=%7B%22tn%22%3A%22O%22%7D
WissensWert (Freitag, 24 Juni 2016 02:52)
http://www.welt.de/wirtschaft/article151603912/Ist-Merkel-schuld-an-Fluechtlingskrise-Wer-sonst.html
WissensWert (Sonntag, 19 Juni 2016 03:17)
https://youtu.be/y0ZZf5AOFfQ
WissensWert (Dienstag, 07 Juni 2016 21:06)
https://www.facebook.com/permalink.php?story_fbid=592336417604105&id=100004832569316
WissensWert (Samstag, 21 Mai 2016 21:10)
https://www.youtube.com/watch?v=RvOnXh3NN9w
WissensWert (Samstag, 23 April 2016 02:57)
"Die Menschenströme folgen den Kapitalströmen." Karl Marx
WissensWert (Sonntag, 27 März 2016 00:09)
"Die Menschenströme folgen den Kapitalströmen." Karl Marx
Seelenlachen (Freitag, 29 Januar 2016 16:42)
sehr interessanter Beitrag: http://hd.welt.de/Wirtschaft-edition/article151596264/Deutschland-hat-keinen-einzigen-Syrer-gerettet.html
Seelenlachen (Montag, 25 Januar 2016 13:40)
Ich war mit meinen ->"222 Thesen zur Flüchtlingsthematik" nie so ganz zufrieden. Das Thema ist so verzwickt, weil man als jemand, der sich den Werten von Humanismus und Aufklärung verpflichtet sieht, einerseits für die Aufnahme der Flüchtlinge eintreten MUSS, andererseits aber auch Angst vor der Aufnahme von Flüchtlingen hat, die aus den arabischen Gefilden kommen und meinen Werten von Aufklärung und Freiheit, die ich gerne behalten würde, feindlich gegenüberstehen.
-
Ich habe inzwischen einen Vortrag gefunden, der vieles von dem ausdrückt, was ich immer gefühlt habe, aber damals trotz des ellenlangen Textes ausdrücken konnte. Ich danke Hamed-Abdel Samad:
https://youtu.be/Gpuy0t3JD5g
Seelenlachen (Dienstag, 12 Januar 2016 19:48)
http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.philosoph-richard-david-precht-willkommen-in-der-wirklichkeit-page1.bb189f2a-655e-4ed0-bf86-7e44d8284e77.html
"Wie werden die Flüchtlinge unsere Gesellschaft verändern?
Wir müssen viele Flüchtlinge aufnehmen, weil wir gar nicht anders können, auch wenn ich glaube, dass es dabei viele Schwierigkeiten geben wird. Ich sehe Hunderttausende von Kindern, die sich nicht zu einer Parallelgesellschaft entwickeln dürfen, sondern in unser Bildungssystem integriert werden müssen. Diese Kinder sprechen noch kein Wort Deutsch, trotzdem müssen wir ihnen von Anfang an gleiche Chancen einräumen – das wird uns eine enorme Kraftanstrengung abverlangen. Ich sehe auch Hunderttausende von jungen Männern, die ein Frauenbild haben, das wir nicht akzeptieren können. Der Machismo wird zunehmen, ebenso Arbeitslosigkeit und Kriminalität, keine Frage."
"Wären Zäune nicht die bessere Alternative?"
Nein. Wollen Sie auf Flüchtlinge schießen wie die US-Amerikaner an der mexikanischen Grenze? Da sind schon über 10 000 Menschen gestorben, auch Frauen und Kinder! Egal, welche Schwierigkeiten wir bekommen werden: wir müssen die Menschen aufnehmen, die vor dem Hungertod oder dem Terror der IS flüchten. Das entspricht unseren Werten und ist unsere humanitäre Aufgabe."
Seelenlachen (Freitag, 09 Oktober 2015 14:43)
Entschuldigt die verspätete Antwort. Ich bin umgezogen und hatte bis heute kein WLan in meiner neuen Wohnung.
@Elementarsatz
Danke für deinen Kommentar und den Hinweis:
Stimmt, da widersprechen sich meine Thesen.
@Ernst
Zu deinem Kommentar. Ich sehe das ähnlich wie du: Der Islam hat zwei Seiten, eine spirituelle und eine politische.
Die politische Seite muss überwunden oder "vergessen" werden, damit der Islam innerhalb unseres und mit unserem Wertefüge koexistieren kann. Bis dahin kann der Islam, wenn die politischen Lehren Mohammeds ernstgenommen werden, kein "Teil von Deutschland" oder von sonst irgendetwas sein. Denn der "politische Islam" hat sich nie als ein Teil von irgendetwas gesehen, er hatte immer den Anspruch, das große Ganze darzustellen und die absolute Deutungshoheit über politische, existentielle und gesellschaftliche Fragen zu besitzen.
Ein demokratisches Abwägen verschiedener Interessen und Tolerieren verschiedener Ansichten kommt für den politischen Islam somit nicht in Frage. Deshalb muss er:
- entweder von innen heraus entmachtet werden, so wie der Katholiszismus und der Protestantismus damals auch,
- oder man muss ihn vergessen. So wie die heutigen Christen all die grausamen Bibelstellen "vergessen" bzw. verdrängt haben und sich fast nur noch auf die schönen und hoffnungsstiftenden konzentrieren.
Früher instrumentalisierte man das Christentum, um Leuten Angst einzuflößen und sie gefügig zu machen und lehrte deshalb fast ausschließlich die Aspekte Sünde, Strafe und Hölle.
Heute und hier wird das Christentum benutzt, um Hoffnung zu stiften und man sieht nur noch die Aspekte der Sündenvergebung, der Barmherzigkeit und des ewigen Lebens.
Vielleicht schafft der Islam einen ähnlichen Wandel, wenn er sich auf seine, teilweise schöne und lyrisch-rythmische, spirituelle Seite konzentriert und die politische außen vorlässt. Dann könnte ich und könnte unser Wertesystem besser mit ihm leben.
Ernst (Sonntag, 04 Oktober 2015 21:17)
Zwei wichtige Punkte wurden bei dieser Eröterung der aktuellen Flüchtlingsthematik außen vor gelassen.
80% der Flüchtlinge sind Muslime, damit komme ich zu folgenden zwei Thesen:
1. Der Islam, der in jeder Hinsicht mit den demokratischen Grundsätzen dieses Landes kollidiert.
2. Die oftmalige Integrationsverweigerung von Muslimen, somit findet zwangsläufig eine kulturellen Verarmung und die Bildung einer Parallelgesellschaft statt, die früher oder später Deutschland zu Fall bringen wird.
Und nein, sowas wie Koexistenz gibt es nicht, gab es nie und wird es nie geben.
Man hilft gerne Flüchtlingen, aber man muss sich auch bewusst sein was passieren wird, wenn nicht gehandelt wird.
Elementarsatz (Montag, 28 September 2015 19:15)
Danke, hat zu lesen Spaß gemacht. Guter Aufsatz mit einer passenden Mischung aus (nach Ansicht der Fakten) unkontroversen Punkten, die man aber nicht oft genug erwähnen kann, und wirklich interessanten Gedanken.
Eine Frage: Widersprechen sich nicht (120) und (156)? In der ersten These nimmst du einen (vorläufig) agnostischen Standpunkt hinsichtlich der Ursachen der Armut in der dritten Welt ein, in der zweiten bezichtigst du dann aber doch "unsere" Wirtschaftspolitik, die ja kapitalistisch geprägt ist.
Zu 7.2 lässt sich meines Erachtens festhalten, dass, obgleich das Ausmaß der finanziellen Disparitäten in unserer Epoche besonders eklatant ist, das Prinzip der Nationalstaaten, streng genommen, all diesen Gerechtigkeitstheorien zuwiderläuft. Dies gilt solange, wie es die vorwiegende Aufgabe des Staates ist, die Interessen seiner Bürger zu vertreten. Falls verschiedene Staaten existieren, werden manche dieser Aufgabe zwangsläufig besser nachkommen als andere. Die Interessen der Bürger dieser Staaten werden folglich überrepräsentiert, so dass die Lebenschancen (Meritokratie), das Glück (Utilitarismus) oder die persönlichen Freiheitsrechte (Liberalismus) der Bürger dieser Staaten höher sein werden. Vermutlich in einer Weise, die auch mit dem utilitaristischen Kalkül nicht kompatibel ist.