àHimmel
Der folgende Text wurde inspiriert von Richard Carrier, dessen Ausführungen hier zu finden sind:
→The End of Pascal's Wager: Only Nontheists Go to Heaven (2002).
Die Pascalsche
Wette wettet
darauf, dass nur gläubige Christen ins Paradies kommen, weil nur diese an den einzig wahren Gott glauben. Der Glauben sowie die Befolgung der mit dem Glauben verbundenen Gebote (gute Werke etc. -
man kann hinzufügen, was man will) sind also die Voraussetzungen, um einen unendlichen Lohn zu bekommen. Wie fragwürdig dies unter Betrachtung der Bibel ist, habe ich in den
Artikeln Der
Heilsplan I und Der
Heilsplan II bereits
beschrieben. In der Pascalschen Wette werden nun einige Annahmen gemacht - hier werde ich, in Anlehnung an Richard
Carrier versuchen, zu zeigen, dass auf Basis dieser Annahmen das Setzen auf den Unglauben immer noch die sicherste Wahl ist.
Angenommen, dass nur Menschen mit moralisch korrektem
Verhalten ins Paradies kommen. Dieser Glauben wird von sehr vielen Gottgläubigen gehegt. Aus gutem Grund - denn andernfalls würde sich der Himmel mit Menschen füllen, die moralisch
schlecht sind, die Gott ablehnen, die seine Gebote nicht erfüllen und somit seiner nicht würdig sind. Selbstverständlich spielt auch die Gnade noch eine große Rolle, denn kein Mensch ist
moralisch perfekt. Menschen sind mehr oder weniger gut, die einen mehr, die anderen weniger. Gott, so wird argumentiert, will den Himmel nur mit guten Menschen füllen, weil Gott
selbst gut ist (moralisch perfekt).
Um den Glauben muss man sich bemühen, d. h. man muss von dem Willen beseelt sein, herauszufinden, was im Sinne Gottes gut ist und was nicht, und man
sollte zumindest ehrlichen Herzens versuchen, danach zu leben. DiesesLeben aus dem Glauben heraus kann nur funktionieren, wenn man zumindest einige grundlegende Fakten über das
Universum weiß und beherzigt. Einer dieser Fakten ist beispielsweise, dass Gott existiert. Daraus folgt, dass nur diejenigen in Frage kommen, die nach der Wahrheit und dem
Guten aktiv suchen, ihr Verhalten testen und so zu guten Gründen kommen, ihren Glauben für wahr zu halten und sich danach zu richten. Nur diejenigen können moralisch
vertrauenswürdig sein, die sich ihrer moralischen Grundsätze vergewissern - außer natürlich, Gott möchte den Himmel mit bequemen, unverantwortlichen und nicht moralisch vertrauenswürdigen
Personen bevölkern.
Aber es gibt nur zwei Gruppen von Leuten, auf die diese Beschreibung zutrifft: die intellektuell redlichen aber kritischen Theisten und die intellektuell
redlichen aber kritischen Nichtgläubigen (Agnostiker, Atheisten,
aber mehr noch die säkularen Humanisten). Beide Gruppen suchen beständig nach Wahrheit und moralischem Wohlverhalten, nur diese sichern ihren Glauben an das Gute durch Überlegung und praktisches
Handeln ab. Andere, die dem Glauben indifferent gegenüberstehen, die sich blind nach dem richten, was andere ihnen sagen, die zu faul zum Denken sind, die bequem den Weg des geringsten
Widerstands gehen (sei es gläubig oder ungläubig oder halbgläubig) kommen wohl kaum in Frage. Wer immer daran interessiert ist, herauszufinden, was gut und was schlecht ist, der muss sich auch
mit der Frage beschäftigen, ob Gott existiert, so dass man ein solides Fundament für seine Moral hat, oder ob er nicht existiert und man anderswo suchen muss, um die Basis für sein Handeln zu
finden. Nur wer sich bemüht ist auch vertrauenswürdig. Und nur die beiden genannten Gruppen halten die moralischen Fragen für wichtig genug, um sich intensiv damit zu
beschäftigen.
Eine weitere wichtige Frage ist die, warum Gott mit seiner Allmacht sich nicht einfach zeigt und die Menschen von seiner Existenz überzeugt. Die "göttliche Verstecktheit" ist eines
der Mysterien dieser Welt. Erklären kann man dies eigentlich nur, wenn man diese Welt als einen Test ansieht, wer dafür würdig ist, in den Himmel zu kommen und wer nicht. Auch diese Überzeugung
wird von vielen Gläubigen vertreten, wiederum aus gutem Grund. Denn wenn Gott von vornherein wüsste, wer dafür geeignet ist und wer nicht, dann hätte er sich diese Welt sparen können und die
Leute gleich schon vor ihrer Geburt auswählen können. Gott müsste dazu nur vorher wissen, wie sich jemand verhalten wird.
Der freie Willen kann diese Schlussfolgerung nicht aufheben, weil wenn der Willen wirklich frei ist (und nicht nur eine Illusion), dann zeigt
sich das darin, dass wir unseren Willen jederzeit umkehren können und unser Verhalten ändern können. Dies gilt vor allem für den Fall, dass wir unseren freien Willen auch im Paradies behalten.
Jeder könnte im Paradies durch einen unerwarteten Akt des freien Willens sich dazu entschließen, Böses zu tun. Folglich braucht Gott einen Test, um herauszufinden, wer aus freiem Willen bereit
ist, stets das Gute zu tun.
Wenn man nur die Wahl hätte zwischen den beiden Alternativen, dass entweder kein Gott existiert oder aber ein böser Gott, dann würde auch der gläubigste Christ sich dafür
entscheiden, dass kein Gott existiert. Denn einen bösen Gott zu verehren ist sicher eine böse Tat. Nun gibt es aber gute Gründe, anzunehmen, dass Gott nicht gut ist oder dass es keinen Gott
gibt.
Wenn man sich das AT genauer
ansieht, dann findet man für diese Behauptung viele Belege. Gott hat alle Menschen (bis auf acht) in einer großen Sintflut ersäuft, er hat Vernichtungskriege befohlen, er hat mit Satan eine Wette
abgeschlossen und Hiob gequält, er hat den Glauben Abrahams getestet, ob dieser bereit ist, seinen Sohn Isaac zu opfern. Und er hat Abraham dafür belohnt, dass er Loyalität über alle moralischen
Prinzipien gestellt hat. Das alles sind Werke eine bösen Gottes. Dann gibt es in dieser Welt noch die Naturkatastrophen, Erdbeben, Seuchen, Überflutungen, Vulkanausbrüche und
ähnliches mehr. Außerdem verhindert Gott auch die vielen moralischen Übel der Menschen nicht, wie beispielsweise den Holocaust.
Alternativ kann man zwar annehmen, dass die biblischen Geschichten nicht wahr sind, aber damit entzieht man dem Christentum den
Boden.
Von den beiden genannten Gruppen sind aber nur die Ungläubigen bereit, die Konsequenz zu ziehen, und lieber an keinen als an einen bösen Gott zu glauben. Folglich ist nur die Antwort der
Nchtgläubigen im Sinne des moralischen Tests, um herauszufinden, wer gut ist und wer nicht. Wer intellektuell redlich ist, auf der Suche nach der Wahrheit, nach einem wahren und gerechtfertigten
Glauben, der setzt nicht einfach voraus, dass Gott gut ist, sondern sucht nach Fakten, die seinen Glauben bestätigen. Hinzu kommt, dass der Glauben selbst seine Probleme hat
(siehe Der
Glauben als Konflikt.
Der Glauben selbst hat über Kreuzzüge, Hexenverfolgungen und Religionskriege das moralische Verhalten der Menschen nicht gebessert, im Gegenteil, er hat neue Konflikte geschaffen, die er aus sich
heraus nicht bewältigen kann.
Ohne eine plausible Lösung des Theodizeeproblems
ist es nicht gerechtfertigt, an die Existenz eines guten Gottes zu glauben und diesen als Maßstab für moralisches Verhalten zu nehmen. Aber einen Unglauben angesichts von Höllendrohungen (oder
dem Verlust des ewigen Lebens) aufrecht zu erhalten, angesichts eines immensen gesellschaftlichen Drucks, einfach zu glauben, erfordert Mut und couragiertes Denken. Wer nicht so naiv ist, gegen
alle Evidenzen einen Glauben an einen guten Gott blind zu halten, der gehört zu der Gruppe, die den Test bestehen. Denn vor allem vor
dem Hintergrund des Schweigens von Gott ist es nicht gut, ohne Nachdenken tradiertes Glaubensgut zu übernehmen.
Folglich sind nur die intellektuell redlichen, ernsthaft um die Wahrheit bemühten Ungläubigen dazu geeignet, ins Paradies aufgenommen zu werden. Nur diese
erfüllen die Testbedingungen. Und das erklärt auch plötzlich viele der großen Geheimnisse:
Der einzige Weg, den Willen der Menschen zu testen ist der, zu sehen, ob sie zu Ungläubigen werden oder nicht. Und nur die selbstbewussten Ungläubigen bestehen diesen Test. Nur wer gut ist um des Guten willen und nicht wegen Paradiesversprechungen oder Höllendrohungen ist geeignet, dass Paradies zu bevölkern, ohne in seinem freien Willen dazu zu neigen, gleich wieder Böses zu tun (früher oder später, bei unendlicher Zeit ist dazu die Versuchung und die Wahrscheinlichkeit dazu sehr groß).
Aus den angeführten Gründen ergibt sich, dass dies eine bessere Erklärung für den Zustand der Welt und der Bibel ist als die gängigen Thesen der Gläubigen. Und weil dies gegen alle Schlussfolgerungen von Pascals Wette steht, folgt daraus, dass die Wette einen Glauben an Gott nicht rechtfertigt und daher zu verwerfen ist, weil der Glauben an Gott eben nicht die beste Wahl ist.
Gastbeitrag von: Volker Dittmar