Wir können die Offenbarungen Gottes in das Theodizeeproblem mit einbeziehen. Ich komme dann zu folgenden Schlüssen:
(P1) Aufgrund der Behauptungen religiöser Quellen kann Gott mit einigen Menschen direkt kommunizieren (Behauptung).
(P2) Es gibt religiöse Quellen - Offenbarungen (empirische Beobachtung).
(P3) Gott hat mit einigen Menschen direkt kommuniziert (aus der Bibel, dem Talmud und dem Koran abgeleitet
- u. a.).
(S1) Wenn Gott direkt mit einigen Menschen kommuniziert hat und Gott allmächtig ist, kann er mit allen Menschen direkt kommunizieren (aus (P1) bis (P3) und der Annahme, dass Gott allmächtig ist).
Ich denke, das sollte kaum umstritten sein, oder?
(P5) Es gibt Atheisten
(empirische Beobachtung).
(P6) Gott hat nicht mit allen Menschen direkt kommuniziert (empirische Beobachtung, gilt auch für die Mehrheit der
Gläubigen).
(S2) Wenn Gott einigen Menschen einiges direkt gesagt hat sollten alle religiösen Quellen dieselbe Botschaft enthalten (aus (P3) und (P6) und der Annahme, dass Gott nicht lügt und nicht täuscht
und nicht irrt, sich also nicht selbst widerspricht).
(P7) Viele religiösen Offenbarungen enthalten einige oder viele widersprüchliche Botschaften, wie etwa die Bibel und der Koran (empirische Beobachtung).
(S3) Gott hat nicht in allen Fällen dieselbe Botschaft allen Menschen gegeben (aus (P7)).
Einiges mag man sicher als gleich ansehen oder als gleich interpretieren, aber nicht alles. Widerspricht sich Gott selbst oder muss man nicht annehmen, dass einige der göttlichen Botschaften frei erfunden sind? Dann würden nur Menschen Gott widersprechen, aber nicht Gott sich selbst. Wenn man nicht annehmen möchte, dass Gott sich widerspricht, muss man davon ausgehen, dass einige der (angeblichen) Botschaften von Gott falsch wiedergegeben wurde oder erfunden wurden. Ich denke, da werden mir die meisten zustimmen können - wenn der Koran die wahre Botschaft Gottes ist, kann es die Bibel (teilweise) nicht sein und umgekehrt. Es können natürlich in beiden tatsächliche und falsche Botschaften von Gott stecken.
(P8) Durch die Unterschiede in den Botschaften entstanden Übel
wie Religionskriege, Ketzer- und Hexenverbrennungen, Religionsverfolgungen etc. (empirische Beobachtung).
(P9) Wenn Gott allwissend ist, dann würde er auch wissen, dass die Verbreitung verschiedener oder verschieden zu interpretierender Botschaften Übel hervorrufen
würde.
(S4) Gott ist wegen seiner gewählten Kommunikationsmethode direkt verantwortlich für die in (P8) erwähnten Übel (aus P(7), (S3), P(8) und (P9)).
(S5) Der Mensch hatte keine Wahl bei den Botschaften, die Gott einigen Menschen direkt gegeben hat (aus P(1) und (P3)).
(S6) Es war Gottes Willen, der zu den verschiedenen Offenbarungen geführt hat (aus (S4) und (S5) und (P1) bis (P3)).
Also: Wenn Gott direkt kommunizieren kann und dies
auch tat und widersprüchliche Botschaften kommuniziert hat, dann ist er auch für die daraus resultierenden Übel direkt verantwortlich, denn er wusste ja, was passieren würde. Er hätte seine
Botschaft auch eindeutiger kommunizieren können. Also ist Gott nicht gütig und liebend (außerdem: der freie Willen des Menschen spielt hier keine Rolle, wenn man nicht annehmen möchte, dass der
freie Willen derjenigen, die direkt mit Gott kommunizierten, mächtiger ist als der Willen Gottes).
Wenn Gott sich um die Folgen seiner Botschaften nicht gekümmert hat, obwohl er wusste, dass sie Übel zur Folge hatten, dann dann kann man ihn kaum als
"fürsorglich oder liebend" bezeichnen.
Wenn aber die Botschaften unterschiedlich interpretiert wurden, er aber allen dieselbe Botschaft gegeben hat, dann ist Gott nicht mächtig genug, eindeutig zu
kommunizieren. Dasselbe, wenn die Menschen, mit denen er direkt kommuniziert hat, diese Botschaften nicht relativ eindeutig verstanden haben.
Wenn Gott nicht wusste, dass miteinander widersprüchliche oder widersprüchliche Boschaften zu Konflikten führten, dann ist er nicht allwissend, er weiß sogar
weniger als Menschen ...
Wenn aber einige der Botschaften sich deswegen widersprechen, weil sie Menschen göttliche Botschaften frei erfunden haben, dann müsste Gott auch eindeutige und
nachvollziehbare Kriterien verkündet haben, mit denen man unterscheiden kann, was echt ist und was nicht. Eindeutig sind diese Kriterien aber nicht einmal im Christentum, in den Internet-Foren
tobt darüber unter den Christen ein Streit nach dem anderen. Aus dem Fehlen dieser eindeutigen Kriterien kann man - als jemand, der nicht direkt mit Gott kommuniziert hat - nur schließen, dass
wohl einige dieser Kriterien wiederum frei erfunden sind.
Übrigens müsste Gott die entstandenen Übel selbst bemerkt haben (wenn er allgegenwärtig oder allwissend ist), er müsste also eine Korrektur veröffentlicht haben -
aber nicht auf denselben Kanälen, die sich bereits als untauglich erwiesen haben. Davon habe ich nichts bemerkt, alles, was ich sehe, dass mit die widersprüchlichen Botschaften zum Teil mit exakt
denselben Argumenten präsentiert werden. Aber diese Argumente sind ungültig, würde ich sie anerkennen, müsste ich annehmen, dass Gott sich selbst widerspricht. Nehme ich an, dass sich Gott nicht
widerspricht, kann ich keines der Argumente akzeptieren.
Aus dieser Falle kenne ich keinen Ausweg - die einzige konsistente Lösung ist: Es existiert kein allmächtiger, allwissender, gütiger und liebender Gott, der sich
offenbart [1]. Und seine angeblichen Botschaften kann ich auch nicht anerkennen, mir scheint, dies ist
die einzige Lösung, die man annehmen kann, wenn man nicht sich selbst und Gott widersprechen möchte.
Gastbeitrag von: Volker Dittmar