àKlimasystem àKipppunkt
Viele Menschen gehen davon aus, dass in einem komplexen System wie dem Klima kontinuierliche Änderungen der Rahmenbedingungen auch eine allmähliche Reaktion des Systems hervorrufen. Als Beispiel stelle man sich eine Taschenlampe vor, die durch einen Dynamo angetrieben wird: Je stärker man kurbelt, desto heller strahlt die Lampe. Auch in der Wissenschaft werden komplizierte Systeme oft vereinfacht, indem in einem bestimmten Gültigkeitsbereich ein konstanter Zusammenhang zwischen Ursache und Wirkung angenommen wird. Weil das Klimasystem aber nichtlinear ist und es zahlreiche positive Rückkopplungen (Prozesse, die sich selbst verstärken) gibt, ist diese Annahme im Allgemeinen jedoch nicht richtig. Somit kann es insbesondere in dafür anfälligen Regionen zu plötzlichen und drastischen Klimaänderungen kommen. Auch eine kleine Beeinflussung durch den Menschen (zusätzlich zu den bisher scheinbar folgenlos gebliebenen Eingriffen) kann dann das sprichwörtliche Fass zum Überlaufen bringen. Auch wenn die Ursache danach zurückgenommen werden sollte, wird das Klima nicht unbedingt wieder in den alten Zustand zurückkehren, die Änderung ist also irreversibel. Die Identifizierung solcher großräumiger „Kipppunkte“ und die Vorhersage eines „Umkippens“ von natürlichen Systemen könnte daher großen Schaden verhindern, die Wissenschaft ist davon aber noch ein großes Stück entfernt.
Im Artikel zur Theorie der Kipppunkte wird erläutert, was man unter Kipppunkten versteht und in welcher Form sie in der Umwelt auftreten können. Hier soll dargestellt werden, welche Regionen der Erde in naher oder fernerer Zukunft bedroht sein könnten, weil sie ein Kippelement darstellen. Unter einem Kippelement („Tipping Element“) wird in der Klimaforschung ein Teil des Klimasystems bezeichnet, dessen Zusammenhänge auf die Existenz eines Kipppunktes (im weiteren Sinn) hindeuten. Mit Hilfe verschiedenster Klimamodelle wurden bislang einige Regionen identifiziert, in denen das lokale Klima sehr sensibel auf Eingriffe reagiert. Manche dieser Kipppunkte könnten bereits im Laufe des 21. Jahrhunderts überschritten werden oder sind gar schon überschritten. Wo genau ein solcher Punkt liegt (also z.B. bei welcher Temperatur, oder bei welchem Niederschlag er überschritten wird), bzw. ob er überhaupt existiert, ist bislang allerdings nicht aus Beobachtungen ableitbar. Ein solches „Umkippen“ stellt also ein Risiko dar, bei dem der Schaden gewaltig, aber die Wahrscheinlichkeit des Eintretens unbekannt ist. Angesichts der tiefgreifenden Veränderungen, die jedes dieser Szenarien mit sich bringt, erscheint es zwingend, dass sich all diese Entwicklungen auch gegenseitig beeinflussen und das Überschreiten eines Kipppunktes indirekt die Überschreitung eines anderen auslösen könnte. Die komplexen Wechselwirkungen sind unüberschaubar und keineswegs komplett erforscht.
· Hauptartikel: Meereis
Hiermit ist im Wesentlichen die Eis-Albedo-Rückkopplung in der Arktis gemeint. Ein anfängliches Schmelzen des Meereises legt Meerwasser frei, welches das Sonnenlicht besser aufnimmt als das helle Eis und sich damit noch mehr erwärmt. Die Erwärmung wiederum verstärkt die Eisschmelze. Der drastische Rückgang der Meereisbedeckung, der in den letzten 30 Jahren stattgefunden hat und seinen Höhepunkt im Sommer 2007 fand, gibt Anlass zu der Vermutung, dass dieser Kipppunkt einer der sensibelsten ist und eventuell bereits überschritten wurde. Der Rückgang des Eises betrifft letztlich auch die anderen Komponenten des Klimasystems: Der Lebensraum vieler Tierarten wie der Robben und Eisbären ist dadurch stark bedroht. Da die Meereisbedeckung generell starken Schwankungen unterworfen ist, kann es in Folge kälterer Sommer übrigens auch immer wieder zu einer kurzfristigen Zunahme des Meereises kommen. Um aber Eis zu erzeugen, die auch einen warmen Sommer übersteht, bräuchte man mehrere kalte Jahre in Folge, denn diese Zeit benötigt das Eis, um eine ausreichende Dicke zu erlangen. In einer um mehrere Grad wärmeren Arktis aber wäre eine solche Folge kalter Sommer von verschwindend geringer Wahrscheinlichkeit.
· Hauptartikel: Grönländischer Eisschild
Auch der Eispanzer auf dem grönländischen Festland unterliegt der Eis-Albedo-Rückkopplung. Außerdem aber wird die Stabilität des Eisschildes durch die physikalischen Eigenschaften des Eises bestimmt. Es wird erwartet, dass bei steigenden Temperaturen der gesamte Eisschild instabil wird und ins Meer abzurutschen droht. Aufgrund des hohen Druckes am Boden der Eisschicht besteht dort nämlich eine Art Schmierfilm, der durch Schmelzwasser noch ergänzt wird und so die Instabilität erhöht. Neueste Beobachtungen weisen auf eine schneller werdende Destabilisierung hin. Der Kollaps des gesamten Grönlandeises hätte einen Meeresspiegelanstieg von etwa sieben Metern zur Folge. Allerdings würde es einige Jahrhunderte dauern, bis das geschieht, da die gewaltigen Inlandeismassen sehr träge auf die Erwärmung reagieren.
· Hauptartikel: Antarktischer Eisschild
Im Allgemeinen sind die Temperaturen auf dem hoch gelegenen Kontinent der Antarktis so gering, dass ein Schmelzen trotz der zu erwartenden globalen Erwärmung ausgeschlossen ist. Die Landzunge der Westantarktis bildet insofern eine Ausnahme, als dort höhere Temperaturen herrschen und die Stabilität des Inlandeises auch stark von den Eisbergen und dem Schelfeis im nahe gelegenen Südpolarmeer bestimmt wird. So ist es nämlich denkbar, dass warmes Meerwasser (wie etwa das Nordatlantische Tiefenwasser, welches im Südpolarmeer wieder in Oberflächennähe gelangt) das küstennahe Eis stärker abschmilzt und dem Inlandeis so eine wichtige Stütze entzogen wäre. Wie auch im Falle des Grönlandeises würde der Eisschild also nicht vor Ort schmelzen, sondern nach und nach ins Meer abrutschen und dort schließlich zerfallen und schmelzen. Der Meeresspiegel würde bei einem vollständigen Kollaps des westantarktischen Eisschilds um vier bis fünf Meter ansteigen. Auch dies würde mehrere hundert Jahre in Anspruch nehmen.
In den Permafrostgebieten der borealen Breiten, also vor allem in Kanada und Russland, sowie unter dem Meeresboden der Kontinentalabhänge lagern gigantische Mengen von Methan. Der genaue Umfang ist unklar, mit Sicherheit handelt es sich dabei aber um Mengen, die das gesamte heute in der Atmosphäre befindliche Methan um ein Paarhundertfaches übertreffen. Dieses Methan ist bislang in den Permafrost-Böden oder in Form sogenannter Methanhydrate am Meeresboden gebunden und damit einer wirtschaftlichen Verwertung nicht zugänglich. Methanhydrate sind Eiskristalle, die eingelagerte Methanmoleküle beinhalten - ein handgroßes Stück dieser Substanz sieht aus wie ein Schneeball, ist allerdings brennbar und zerfällt schnell an der offenen Luft. Es wird nur durch die tiefen Temperaturen und die sehr hohen Drucke an seinen Lagerstätten zusammengehalten. Sollten die Temperaturen in Zukunft weiter stark ansteigen und Permafrost-Gebiete zum Schmelzen bringen, scheint es realistisch, dass ein gewisser Teil der dortigen Methanvorkommen freigesetzt würde. Außerdem könnten veränderte Meeresströmungen und höhere Temperaturen an den Kontinentalabhängen auch dazu führen, dass Methanhydrate zerfallen und das Methan in den Ozean und schließlich die Atmosphäre abgeben würden. Der Treibhauseffekt wäre so um das zusätzliche Methan verstärkt, was eine weitere globale Erwärmung mit all ihren Folgen bedeuten würde. Wie umfangreich und wie stabil die beschriebenen Methanvorkommen sind und wie stark sie auf eine Erwärmung reagieren, ist bisher nicht genau bekannt.
Auch auf dem Plateau des tibetischen Hochlands kommt die Eis-Albedo-Rückkopplung zum Tragen. Sollte ein starkes Abschmelzen dieser Region in Gang gebracht werden, hätte dies nicht nur Auswirkungen auf Tibet selbst, sondern auf die Verfügbarkeit von Trinkwasser in den umliegenden Ländern, die auf das stetige Schmelzwasser aus dem Himalaya angewiesen sind. Zudem wird ein Einfluss auf den indischen Monsun diskutiert.
Hierbei handelt es sich wohl um das am stärksten erforschte und der Öffentlichkeit bekannteste „Kippelement“: Durch einen Eintrag von Süßwasser in den hohen nördlichen Breiten käme es zu einer Abschwächung der thermohalinen Zirkulation. Fast alle Modelle zeigen ein solches Verhalten für die Zukunft, allerdings in unterschiedlicher Stärke. Ob sich diese Abschwächung bereits aus Beobachtungen ablesen lässt, ist in der Klimaforschung bislang umstritten.
Auch im Südlichen Ozean findet Bildung von Tiefenwasser statt, so dass es auch hier zu einer Abschwächung der Umwälzzirkulation aufgrund von Schmelzwasser kommen könnte. Bislang wird das Absinken des Tiefenwassers durch aus der Tiefe aufsteigendes Wasser kompensiert, welches lebenswichtige Nährstoffe an die Oberfläche bringt. Diese Nahrungsquelle und mit ihr die antarktische Tier- und Pflanzenwelt könnte bei einer Schwächung der Tiefenwasserbildung also ebenfalls in Gefahr geraten.
· Hauptartikel: Kohlenstoff im Ozean
Der Ozean wirkt gegenwärtig als eine wichtige Senke für Kohlenstoff, da er Kohlendioxid aus der Luft entfernt (siehe Kohlenstoff im Ozean). Man unterscheidet dabei die beiden Mechanismen der physikalischen und der biologischen Pumpe (denn die Menge an Kohlenstoff nimmt mit der Tiefe zu - der Transport muss also wie bei einer Pumpe entgegen diesem Gefälle erfolgen). Beide Anteile der natürlichen Kohlenstoffpumpe laufen Gefahr, durch den Klimawandel geschwächt zu werden, was dazu führen würde, dass sich dieser noch verstärkt, da ein größerer Anteil der Emissionen in der Luft verbleiben würde. Die physikalische Pumpe wird durch mehrere Faktoren geschwächt: durch die Erwärmung von oben, was eine stabilere Schichtung zur Folge hat, durch eine Schwächung der Umwälzbewegung (siehe Punkt 6 und 7) und durch die Ozeanversauerung, die dazu führt, dass CO2 näher am Sättigungspunkt und damit schlechter löslich ist. Die Versauerung der Ozeane schwächt aber auch die biologische Pumpe, da die Kalkschalen vieler Organismen durch die Säure angegriffen werden und sie so weniger Kohlenstoff binden, das durch ihren Tod am Meeresgrund gelagert werden kann.
· Hauptartikel: ENSO
Der alle paar Jahre wiederkehrende El Niño im äquatorialen Pazifik ist zwar ein im Rahmen der natürlichen Klimavariabilität auftretendes Phänomen. Allerdings ist es möglich, dass sich die Häufigkeit und Stärke solcher natürlicher Ereignisse durch den Einfluss des Menschen ändert. Im Fall der El Niño Southern Oscillation (ENSO) wären die Auswirkungen möglicherweise sehr stark und würden vielen Regionen der Erde häufiger extremes Wetter bescheren. Da ein El Niño-Ereignis durch ungewöhnlich warmes Oberflächenwasser im östlichen äquatorialen Pazifik gekennzeichnet ist, könnte die Erwärmung des Ozeans in Folge der Emission von Treibhausgasen häufigere und/oder stärkere El Niño-Ereignisse auslösen. Berechnungen mit Modellen stützen diese Theorie aber nur teilweise, da ja auch der umgekehrte Zustand (La Niña) denkbar ist, bei dem die Erwärmung auf der westlichen Seite stärker ist als auf der östlichen. Auch die Erkenntnisse aus früheren Warmzeiten der Erdgeschichte, insbesondere dem etwa drei Grad wärmeren Pliozän, sind bezüglich ENSO nicht eindeutig. Die realitätsnähesten Klimamodelle zeigen jedoch stärker (aber nicht häufiger) werdende El Niños, weshalb Lenton et al., 2008 (siehe unter Weblinks) im Gegensatz zum IPCC zu dem Schluss gelangen, dass dieses Szenario durchaus wahrscheinlich ist. Der genaue Schwellwert, ab dem die Erwärmung diese Entwicklung auslösen könnte, ist bislang ebenfalls unklar.
Das Ozonloch über der Antarktis bildet sich bei besonders kalten Temperaturen unter Einfluss der Ozon zerstörenden FCKW. Diese sind seit Unterzeichnung des Montrealer Protokolls stark eingeschränkt und es wird mittlerweile eine Abnahme der Konzentrationen wichtiger Vertreter dieser Stoffklasse beobachtet. Dennoch erscheint es möglich, dass eine weitere Emission von Treibhausgasen das Leben des Ozonlochs über die nächsten Jahrzehnte hinaus verlängern könnte. Dies liegt daran, dass die meisten Treibhausgase zwar einerseits die Troposphäre erwärmen, die Stratosphäre jedoch im Gegenzug deutlich stärker abkühlen. Die tiefe Temperaturen begünstigen dann den Ozonabbau durch polare stratosphärische Wolken.
Auch über der Arktis könnte der oben beschriebene Effekt greifen. Bislang gab es kaum eine Ozonabnahme in der Stratosphäre der Nordhalbkugel, da dort die Temperaturen im Frühjahr nicht tief genug sind. In Zukunft ist aber nicht auszuschließen, dass diese Schwelle noch überschritten wird.
· Hauptartikel: Indischer Monsun
Der indische Monsun mit seinen jährlichen starken Niederschlägen prägt das Leben von mehreren 100 Millionen Menschen. Das Monsunsystem funktioniert zum Teil selbsterhaltend. Durch einen Druckunterschied zwischen Land und Ozean werden warme und feuchte ozeanische Luftmassen über den indischen Subkontinent geführt und regnen sich dort ab. Durch die frei werdende Kondensationswärme aber wird wiederum der Druckunterschied verstärkt: Das permanente sommerliche Tiefdruckgebiet über dem Festland entsteht nämlich im Wesentlichen durch hohe Temperaturen. Rekonstruktionen der Vergangenheit zeigen, dass dieses System sehr sensibel auf äußere Einflüsse reagieren könnte. Der zukünftige Einfluss des Menschen hat zwei Anteile: Die erhöhten CO2-Konzentrationen und die Änderungen der Aerosolkonzentration und -zusammensetzung. Die langlebigen Treibhausgase sind zwar gleich verteilt, ihre erwärmende Wirkung zeigt sich jedoch stärker über Land, da dieses schneller als der Ozean reagiert. Der Monsun würde somit verstärkt. Auch die Aerosole wirken vor allem über Land, da sie dort emittiert werden und nur eine kurze Lebensdauer haben. Allerdings haben sie einen kühlenden Effekt und würden den Monsun schwächen. Wie sich der Monsun in Zukunft also entwickelt, hängt sowohl von der globalen Klimaschutzpolitik als auch von der lokalen Luftreinhaltepolitik ab. Genaue Abschätzungen der möglichen Folgen waren bisher kaum möglich, da der Monsun ein chaotisches, also kaum vorhersagbares System zu sein scheint und mehrere Gleichgewichtszustände aufweisen könnte.
Auch in Westafrika existiert ein solches Monsunsystem, das ebenfalls durch den lokalen Temperaturunterschied zwischen Nord- und Südhemisphäre gesteuert wird. Je nach Art der Änderung (Verstärkung oder Abschwächung) des westafrikanischen Monsuns könnte die Sahelzone noch trockener werden oder aber ergrünen. Auch die Austrocknung der Sahara vor ca. 6000 Jahren geschah viel schneller, als die Randbedingungen sich änderten, was auf einen Kipppunkt hindeutet.
· Hauptartikel: Wälder im Klimawandel
Je stärker die Auswirkungen des Klimawandels in den borealen Wäldern (den Wälder der hohen nördlichen Breiten) werden, desto wahrscheinlicher wird deren Rückgang. Trockenperioden führen zu Wassermangel und zum leichteren Ausbruch von Feuern und Krankheiten. So werden die Pflanzen geschwächt und können diesen und zusätzlichen Belastungen wie Stürmen und extreme Temperaturen nicht mehr standhalten. Die Abholzung von Waldgebieten würde diese Entwicklung noch verstärken. In Folge eines solchen großräumigen Waldsterbens würden große Mengen an zusätzlichem Kohlendioxid freigesetzt, denn die borealen Wälder stellen etwa ein Drittel der globalen Wäldfläche (auch wenn in tropischen Wäldern noch mehr Kohlenstoff pro Fläche gespeichert ist). Paradoxerweise könnte der Einfluss des Absterbens borealer Wälder auf die globale Durchschnittstemperatur dennoch senkend sein: Statt dunklen Bäumen befänden sich dort dann ebene und das Sonnenlicht gut reflektierende Schneeflächen. Im Zusammenspiel mit der Eis-Albedo-Rückkopplung würde diese so genannte „Taiga-Tundra-Rückkopplung“ die Erde also kühlen.[1] Die Schlussfolgerung, das Absterben der borealen Wälder sei „gut für das Klima“ greift aber zu kurz: Die ökologischen Folgen wären verheerend und stünden damit den Folgen des Klimawandels in nichts nach.
Berechnungen mit Klimamodellen lassen ein solches Extremszenario unwahrscheinlich aber dennoch möglich erscheinen. Das kritische Element des Amazonasregenwaldes besteht darin, dass der lebenswichtige Niederschlag dort hauptsächlich durch die Pflanzen selbst organisiert ist. Ohne Wald würde der Regen sofort versickern oder in Flüssen schnell ins Meer fließen. Der Regenwald aber sorgt dafür, dass ein großer Teil des Wassers von den vielfältigen Oberflächen dieses komplexen Ökosystems wieder verdunstet oder von Pflanzen zwischengespeichert und dann wieder abgegeben wird. Diese beiden Effekte werden unter dem Begriff Evapotranspiration (Evaporation und Transpiration) zusammengefasst. Somit kann dieses Wasser immer wieder neu als Niederschlag fallen. Sollte aber in Folge des Klimawandels eine kritische Austrocknung des Gebiets stattfinden, könnte dieses selbsterhaltende System zusammenbrechen, vor allem wenn die Abholzung des Regenwaldes in Zukunft weiter voranschreitet. Nicht nur wäre damit das wohl artenreichste Ökosystem der Erde zerstört, die aus den Pflanzen frei werdenden Mengen an Kohlendioxid würden dem Klimawandel zudem einen zusätzlichen gewaltigen Anschub geben. Zwar würde durch die hellere Landoberfläche mehr Sonnenlicht reflektiert, was einen kühlenden Effekt hat, die CO2-Emissionen wären im Gegensatz zum Fall der borealen Wälder dennoch von größerer Bedeutung. Hinzu käme der lokale Mangel an Verdunstungskälte, so dass das regenwaldlose Amazonasgebiet wärmer wäre als zuvor.
Wie oben bereits erläutert, befindet sich die Sahara heute vermutlich in einem von zwei möglichen Zuständen. Es gibt Hinweise darauf, dass in einer wärmeren Welt der bewachsene Zustand wieder an Wahrscheinlichkeit gewinnen würde, so dass die Sahara im Prinzip wieder ergrünen könnte. Sollten die Niederschläge in der Sahelzone zunehmen, wäre dies natürlich eine positive Entwicklung für die lokale Landwirtschaft. Allerdings könnte ein großflächiges Pflanzenwachstum nur dann stattfinden, wenn die Pflanzen während ihres Wachstums nicht sofort von Menschen oder Nutztieren geschädigt würden. Die Hoffnung auf eine grünere Sahara ist somit wenig realistisch. Sollte es dennoch dazu kommen, bliebe der Staub, der bislang in großen Mengen von Stürmen aufgewirbelt und mit den Passatwinden über den Atlantik getragen wird, zudem am Boden. Dieser Staub aber stellt eine wichtige Nährstoffquelle für südamerikanische Ökosysteme dar. Das Versiegen dieser Quelle durch ein Ergrünen in Afrika könnte damit negative Folgen für Südamerika haben.
Gesamtübersicht der einzelnen Kippelemente und ihrer Eigenschaften |
||||
Kippelement |
Einflussgrößen, die als Auslöser dienen können |
Kritische globale |
Charakteristischer |
|
Arktisches Meereis |
Lufttemperatur, Ozeanströmungen und -temperaturen |
0,5 - 2 |
10 - 100 |
|
Grönländischer Eisschild |
Lufttemperatur |
1 - 2 |
300 - 1.000 |
|
Westantarktischer Eisschild |
Luft- und Ozeantemperatur |
3 - 5 |
300 - 1.000 |
|
Permafrost |
Bodentemperatur |
- |
100 |
|
Methanhydrate (marin) |
Bodentemperatur |
unklar |
1.000 - 100.000 |
|
Tibetisches Hochland |
|
|
50 - 100 |
|
Atlantische Tiefenwasserbildung |
Süßwassereintrag im Nordatlantik |
3 - 5 |
100 - 500 |
|
Antarktische Tiefenwasserbildung |
Süßwasserbilanz (vor allem Niederschlag und Verdunstung) |
unklar |
100 |
|
Marine Kohlenstoffpumpe |
|
|
500 |
|
El Niño |
Schichtung des oberen Ozeans |
3 - 6 |
100 |
|
Antarktisches Ozonloch |
Stratosphärische Wolken |
unklar |
10 - 100 |
|
Arktisches Ozonloch |
Stratosphärische Wolken |
unklar |
10 |
|
Indischer Monsun |
Albedo über Indien |
- |
30 - 100 |
|
Westafrikanischer Monsun |
Niederschlag |
3 - 5 |
50 |
|
Boreale Wälder |
Lufttemperatur |
3 - 5 |
50 |
|
Amazonischer Regenwald |
Niederschlag |
3 - 4 |
50 - 100 |
|
Sahara |
|
|
50 |
Gastbeitrag aus: Klimawiki