Gängige Argumente für Gott …
… und ihre Widerlegung
Hier werden kurz und knapp die häufigsten Argumente, die für Gott angeführt werden, widerlegt. Gegen einen Gläubigen, der nur sagt »Ich glaube eben an Gott« kann man es sich einfach machen und antworten »Ich eben nicht«. Glauben ist kein Argument und keine Basis für Argumente. Gegen eine Ansicht, für die keine Argumente angeführt werden, braucht man auch keine Gegenargumente.
Es gibt einen Gott, weil …
Woher stammt das Prinzip, das von Nichts nichts kommen kann? Gilt das Prinzip, weil Gott es so eingerichtet hat, oder gilt dies unabhängig von ihm?
Falls er es so eingerichtet hat: Musste Gott es aktiv unterdrücken, dass etwas aus dem Nichts entstehen kann? Wenn ja, warum? Wenn nein, dann ist das Prinzip für sich bestehend ohne Gott. Das würde bedeuten, dass es logische Prinzipien (und damit auch die Logik selbst!) gibt, die nicht von Gott geschaffen wurden. Würde dieses Prinzip gelten, dann könnte es auch keinen Gott geben. Denn Gott existiert, obwohl von Nichts nichts kommen kann, folglich auch kein Gott.
Da aber etwas existiert – was niemand bestreiten kann – kann dieses Prinzip nicht gelten. Gott kann dieses Prinzip nicht geschaffen haben, um selbst existent zu sein. Wenn die Logik nur abhängig von Gott gilt, kann das logische Prinzip »Von Nichts kommt nichts« auch nicht gelten. Gilt es unabhängig von Gott, kann es keinen Gott geben.
Das Universum benötigt für seine Existenz ebenso dringend einen Schöpfer, wie Dein Gott einen Superschöpfer benötigt. Jedes Argument für Gott, dass Du vorbringen kannst, beweist zusätzlich die Existenz eines Superschöpfers, der wiederum einen Schöpfer braucht, bis in alle Ewigkeit. Lehnst Du die Existenz eines Superschöpfers ab, kann ich aus denselben Gründen die Existenz Deines Schöpfers ablehnen. Jedes Argument, dass Du gegen einen Superschöpfer vorbringst, kann immer auch gegen Deinen Schöpfergott vorgebracht werden. Jedes Argument für den Schöpfer kann auch als Argument für einen Superschöpfer verwendet werden[1].
Hinweis: In meinem Buch Der unglaubliche Glauben habe ich dieses Prinzip gründlich ad absurdum geführt.
Jede Gesellschaft, die eine Moral hat, aber nicht an Gott glaubt, widerlegt diese Ansicht empirisch. Dazu gehört beispielsweise der chinesische Staat, der sehr viel länger existiert (seit mehr als 4.000 Jahren). Oder die Hinduisten, oder die Buddhisten, oder die Jainisten, oder jede andere heidnische Gesellschaft. Die zehn Gebote sind aus dem ägyptischen Totenbuch abgeschrieben, das in einer heidnischen Gesellschaft entstanden ist, die vor allem monotheistischen Gottglauben entstanden ist.
Außerdem ist Euthyphrons Dilemma ein Beweis dafür, dass es Moral unabhängig von Gott gibt. Zudem sind die Probleme, die einer göttlichen Moral zugrunde liegen, nie gelöst worden. Siehe auch Auflistung der Probleme der monotheistischen Moral.
Menschen, die einen Sinn in ihrem Leben gesucht und gefunden haben, existierten schon Jahrzehntausende vor dem Monotheismus. Ansonsten gäbe es uns schlicht nicht.
Jeder Mensch, der das Leben für sinnvoll hält, aber nicht an einen Gott glaubt, widerlegt Deine Annahme. Ich bin ein solcher Mensch.
Wenn alles existieren würde, dessen Gegenteil man nicht beweisen kann, dann würden wir in einem äußerst merkwürdigen Kosmos leben. Du kannst nicht beweisen, dass es keinen Supergott gab, der Deinen Gott geschaffen hat. Wenn Du dessen Existenz leugnest, dann zeigt dies, dass Du dieses Prinzip selbst für reinen Unsinn hältst. Warum sollte ich es dann akzeptieren?
Das bedeutet, dass es keinen Gott geben kann, wenn ich nicht daran glaube. Wenn alles existiert, woran Menschen glauben, dann lebten wir in einem unglaublich seltsamen Universum. Alle Wahrheit ist unabhängig davon, woran Individuen glauben. Sonst müssten wir auf einer Scheibenwelt leben, bloß weil die Mehrheit das mal geglaubt hat!
Das ist ebenso gut wie das Argument, dass der Weihnachtsmann die Geschenke bringt, weil es Kinder sonst sehr enttäuschen würde, wenn das nicht der Fall ist. Oder ebenso gut wie die Behauptung, dass ein Placebo einen Wirkstoff enthält, weil es eine Wirkung hat. Mag sein, dass der Glauben Dir Kraft gibt, nur ist dies schon Bestandteil des Glaubens: Du hast nicht einmal Dir selbst gegenüber die Möglichkeit, das zu beweisen.
Hoffnung verleiht einem auch dann Kraft, wenn das, worauf man hofft, nie eintrifft. Es gibt nur einen Zusammenhang zwischen »Ich hoffe das« und »Es wird der Fall sein, dass …«, nämlich die Tatsache, dass es nicht so ist, wie man es sich wünscht. Hoffnung hat man nur dort, wo die Hoffnung den Tatsachen widerspricht. Ob sich die Tatsachen wunschgemäß ändern liegt aber nur dann an der Hoffnung, wenn sie uns Motivation zum Handeln gibt. Für Handlungen Gottes aber trifft das nicht zu.
Es ist natürlich fundamental widersprüchlich, wenn ich sage, dass Gott absichtlich und planvoll die Welt so geschaffen hat, dass ich mir Hoffnungen auf eine bessere Welt mache, diese Gründe aber komplett ignoriere, wenn ich erwarte, dass Gott nun eine bessere Welt als diese schaffen wird.
Braucht die Welt eine Erlösung von etwas, was Gott verursacht hat? Wenn ja, dann ist die Hoffnung auf Erlösung in etwa so berechtigt wie der Glauben, dass jemand Deine Wunden heilt, weil er Dich verletzt hat. Wenn Gott das nicht verursacht hat, obwohl er ja als die Ursache von allem gilt, wieso hat er das dann zugelassen? Konnte er es nicht verhindern, dann besteht nur eine geringe Wahrscheinlichkeit, dass er es in Zukunft tun wird. Denn warum sollte er in Zukunft können, der ewige Gott, wenn er es in der Vergangenheit nicht konnte? Wollte er es nicht, gilt dasselbe. Warum sollte Gott seine Meinung ändern?
Wenn beispielsweise der »freie Willen« die Ursache für Leid ist, aber andererseits so wichtig ist, dass Gott deswegen Leid zulassen musste: Wird dann der freie Willen später so unwichtig, dass man ihn als Ursache beseitigen kann? Dann war er wohl doch nicht wichtig genug. Oder er ist weiterhin wichtig, dann besteht kein Anlass, ihn zu beseitigen. Dann soll wohl das Leid verschwinden, obwohl die Ursache dafür weiterhin besteht.
Hinweis: Das funktioniert für jedes mögliche Argument, das für Leid spricht, oder für eine Erlösung.
Nun hat sich zwar Atheismus im 20. Jahrhundert viel schneller ausgebreitet als je eine Religion zuvor, aber das spricht nicht für den Wahrheitsgehalt. Manche Slogans oder Werbesprüche verbreiten sich auch schneller als andere, ohne dass dies einen Zusammenhang damit haben muss, dass es stimmt, was da behauptet wird.
Hinweis: Christentum und Islam haben sich in erster Linie durch militärische Eroberung und Zwangsmissionierung und die Vernichtung Andersdenkender verbreitet. Wenn das etwas beweist dann nur, dass christliche und islamische Machthaber und ihre Soldaten machtgieriger, grausamer, skrupelloser, mörderischer und gewaltbereiter waren, nicht, dass sie irgendwie die Wahrheit auf ihrer Seite hatten.
Nur weil die Kirche lange Zeit genug Geld hatte, Künstler zu bezahlen, und viele von ihnen nicht ohne diese Ressourcen als Kunstschaffende hätten überleben können, kann man nicht auf Gott schließen. Zudem ist das ein Argument nur, wenn man Ignoranz als ein solches gelten lassen würde. Aber man kann nicht von der Existenz der Schönheit alleine auf etwas schließen, wenn man seine Augen vor der ebenso existierenden Hässlichkeit zukneift. Es hat immer begabte Menschen gegeben, die Kunstwerke schaffen konnten. Ein schönes Beispiel ist Leonardo da Vinci, der die christliche Religion zutiefst verachtet hat, aber die für die Kirche geschaffenen Kunstwerke dazu benutzte, nicht so tief in der Gunst zu fallen, dass man ihn ermordete. Wie das früher mit Kirchenkritikern so üblich war.
Hinweis: Verwandt damit sind Argumente, bei denen die Schönheit der Natur etc. als ein Hinweis auf Gott gedeutet werden, ohne auch die Hässlichkeit mit zu berücksichtigen. Die Hälfte der relevanten Tatsachen zu ignorieren ergibt kein gutes Argument. Das ist eines der vielen Probleme des Design-Arguments.
Es wird oft gesagt, dass es Beweise nur in der Mathematik gäbe, manche fügen noch die Logik hinzu[2]. Aber schon in der Naturwissenschaft gäbe es »nur« Indizien und Hinweise und mehr nicht.
Das ist der Versuch, eine gigantisch großes Kontinuum auf zwei Positionen zu verkürzen: Starke, mathematische Beweise – und ansonsten ganz allgemein schwache Beweise. Das dient in aller Regel dazu, die »ganz schwachen Hinweise und Indizien« die man hat auf eine Stufe mit den naturwissenschaftlichen Beweisen zu stellen. Aber jeder, der einen guten Kriminalroman gelesen hat, der weiß, dass es starke und schwache Indizien gibt, starke und schwache Beweise und alles dazwischen! Dass man die Qualität von Beweisen nicht einschätzen kann berechtigt den Gläubigen nicht, seine »Beweise« auf eine Stufe mit naturwissenschaftlichen Methoden zu stellen.
Denn: Alle – und ich meine wirklich ALLE – bislang vorgebrachten kosmologischen »Beweise« für Gott basieren auf Logikfehlern[3]. Selbst der schwächste, umstrittenste Beweis des unbegabtesten, dümmstmöglichen Naturwissenschaftlers erfüllt fast immer die Mindestvoraussetzung, dass er keinen Logikfehler enthalten darf. Sonst handelt es sich nämlich überhaupt nicht um einen Beweis, sondern um einen Irrtum. Das ist der Versuch, theologische Irrtümer und Denkfehler als einen der Naturwissenschaft »gleichwertigen« Beweis auszugeben. Die Worte, um das zurückzuweisen, können nicht scharf genug sein.
Die von Logikfehlern freie ontologischen Beweise – nicht mehr als eine Handvoll – sind hingegen so gestrickt, dass sie noch nicht einmal von Leuten anerkannt werden, die sowieso schon an Gott glauben. Das liegt an der impliziten Voraussetzung, dass man die Existenz von Dingen durch nichts weiter als ein paar Überlegungen beweisen könne.
Der Beweis der Evolutionstheorie (ET) beruht darauf, dass es Tausende von Fakten geben kann, die sie sofort widerlegen, und Millionen von Gelegenheiten, wo man dies hätte beobachten müssen, wenn die Theorie falsch wäre. Man will doch wohl einen Beweis, der auf einer Handvoll Tatsachen beruht, ein paar umstrittenen Voraussetzungen, und einige entscheidende Fehler in der Logik nicht ernsthaft damit vergleichen? Das geht nicht, ohne sich komplett lächerlich zu machen.
»Atheismus ist keine Religion. Atheismus ist eine persönliche Beziehung mit der Realität«
- Herkunft unbekannt
[1] Das ist der Grund dafür, warum alle Argumente für Gott gescheitert sind. Das liegt nicht daran, dass Gott »irgendwie« der Logik nicht zugänglich ist, das ist eine Ausrede.
[2] Wobei Logik und Mathematik, streng genommen, völlig austauschbar sind.
[3] Es sind immer mindestens zwei, wie ich in meinem Buch bewiesen habe. Meist sind es aber noch mehr, ein kosmologischer Beweis mit einem halben Dutzend Denkfehlern ist nicht selten.
Gastbeitrag von: Volker Dittmar