„Alekto: Was hilft es euch? ihr werdet uns
vertrauen,
Denn wir sind hübsch und jung und Schmeichelkätzchen;
Hat einer unter euch ein Liebeschätzchen,
Wir werden ihm so lang die Ohren
krauen,
Bis wir ihm sagen dürfen, Aug' in Auge:
Dass sie zugleich auch dem und jenem winke,
Im Kopfe dumm, im Rücken krumm, und hinke
Und, wenn
sie seine Braut ist, gar nichts tauge.
So wissen wir die Braut auch zu bedrängen:
Es hat sogar der Freund, vor wenig Wochen,
Verächtliches von ihr zu der
gesprochen! –
Versöhnt man sich, so bleibt doch etwas hängen.“[1]
1. Einleitung
2. Was ist Rache?
3. Abgrenzung zur Bestrafung
4. Kann Rache moralisch werthaft sein?
5. Kann Rache rational sein?
6. Versuch einer eigenen Konzeption
7. Mögliche Nutzen von Rache
8. Ein Fazit
9. Quellen
Rache ist ein Phänomen, das sowohl in Literatur und Film, als auch in unserem Alltag vorkommt. Im Verhältnis zu diesem Vorkommen ist wenig begriffliche Klärung erfolgt. Rache wurde meist verwendet, um aufzuzeigen, weshalb Verzeihen verpflichtend oder erlaubt ist oder ob Strafe ein legitimes Mittel darstellt. Rache deckt eine Menge an verschiedenen Vorkommnissen ab. Darunter scheinen sowohl Fälle wie jemandem ins Glas zu spucken zu sein, wie auch Fälle von Blutrache, denen häufig viele Menschenleben zum Opfer fallen. Eine so große begriffliche Bandbreite zeigt meist auf, dass ein Begriff genauerer Differenzierung bedarf.
Die umfangreichste Differenzierung vollzieht wohl Robert Stainton, Lehrender am philosophischen Institut der University Western Canada. Stainton versucht in seinem Essay "Revenge (La vengenca)" zu beschreiben, was Rache ist, beziehungsweise was Rache nicht ist.[2] Stainton trennt die Rache in zwei Teile auf: Den Bereich des "Seeking revenge", also dem Streben nach Rache, und des "Getting revenge", also des "Erlangens" der Rache.[3] Das Streben sei dabei ein innerer, mentaler Zustand, während das Erlangen ein externes Ergebnis sei.[4] Auf diese Einteilung wird am Ende des Essays noch Bezug genommen.
Für Stainton sind notwendige und hinreichende Bedingungen von Rache schnell genannt. Sie seien nur durch eine Tautologie zu bestimmen: "(...) what's necessary and sufficient for getting revenge is... getting revenge."[5] Rache scheint für Stainton also vor allem durch "Getting Revenge" ausgemacht zu sein. Statt auf die Tautologie einzugehen, sucht Stainton stattdessen eher nach Voraussetzungen fürs Streben und Erlangen von Rache.[6]
Als Voraussetzung für Streben nach Rachen braucht es laut Stainton einen Agenten A, der in der Lage zu streben ist. Es brauche zudem einen Rezipienten B, der Ziel der Rachehandlung ist und es brauche einen Grund oder Anlass fürs Rachestreben (dies ist meist der Schaden, den A zuvor durch B erlitt). Es reiche dabei, wenn der Grund in den Augen von A ein Grund ist.[7] Es brauche zuletzt noch einen speziellen Schaden, den A über B bringen will.[8] Laut Stainton ist das Rachestreben also ein Satz mit vier Variablen: "Agent A seeks revenge on recipient B because of harm H(A) by intending to cause harm H(B)."[9]
Was kann ein Rachestreben auslösen? Nach Stainton muss sich der spätere Rächer zunächst überhaupt des Schadens bewusst sein. Es reiche aber auch, wenn das spätere Racheopfer lediglich einen Schaden zu verursachen versuchte.[10] Auch indirekter Schaden, beispielsweise Schaden gegen enge Freunde, könne echtes Rachestreben auslösen.[11] Rachestreben könne sogar ausgelöst werden, wenn der spätere Rächer sich nicht verletzt fühlte, solange doch ein wahrgenommener Versuch des Schadens vorhanden sei.[12] Bei all dem müsse eine bestimmte Art von Wut oder bösem Willen in den Motivationen des Rächers vorhanden gewesen sein.[13] Diese Emotion müsste die Rache im späteren Verlauf des Prozesses aber nicht mehr tragen.[14]
Das entscheidende Element, das der Rache eigen ist, ist für Stainton das präzise Streben nach Rache.[15] Rache sei ein soziales Phänomen[16], das für seinen Bestand die direkte Intention bräuchte, auch Rache auszuüben. Dies setzt voraus, wie Stainton richtig erkennt, dass das Konzept der Rache dem Rächer bekannt sein muss.[17] Als Unfall sei Rache unmöglich.[18] Außerdem müssten auch die richtige Art von Gründen vorhanden sein. Das Streben nach dem bestmöglichen Nutzen sei beispielsweise kein richtiger Grund.[19]
Was gibt es zum Ziel der Rache zu sagen? Laut Stainton sei es auch möglich, eine Gruppe oder eine unpräzise Identität als Ziel zu haben, solange man wirklich daran glaubte, dass diese für den Schaden zur Verantwortung zu ziehen sind.[20] Rache könne aber nicht komplett ziellos sein und gegen jeden gerichtet, der einem begegnet, während man unterm Einfluss einer bestimmten Emotion ist.[21]
Das Streben sei nicht mit einer Rachehandlung möglich, an der das Racheopfer Freude hätte. Es sei allerdings möglich, eine Handlung als Rachestreben einzuordnen, wenn der Rächer zumindest glaubt, dass seine geplante Handlung dem Racheopfer schaden würde, selbst, wenn dies nicht der Fall wäre.[22] Dies ist eine der Voraussetzungen fürs Streben nach Rache, welches es klar vom Erlangen von Rache trennt. Dazu später mehr.
Was sind Voraussetzungen vom Erlangen der Rache? Zunächst sei ein vorheriges Rachestreben eine nötige Bedingung.[23] Um Rache zu erlangen müsste es sogar explizit Rache gewesen sein, nach der man strebte. Rache könne also nicht durch Zufall erlangt werden.[24]
Ein Agent A, der Rache erlangt, müsse Handlungen planen und Gründe für seine Handlungen haben können. Er müsse ein Konzept von Rache haben. Es bedürfe eines Grundes für die Rache, welcher ein spezifischer Schaden sein müsse. Dazu müsse ein Opfer als spezifisches Ziel geplant sein. Dieses Ziel müsse für einen intentionalen Agenten und für die Quelle des Schadens gehalten werden.[25]
Der Agent müsse zudem dem Verursacher des ursprünglichen Schadens Schaden zufügen wollen. Es sollte ihm dabei als etwa proportional erscheinen.[26]
Dies sind für Stainton so weit die internen Bedingungen an den Rächer, wenn es um das Erlangen von Rache geht. Er zählt auch externe Bedingungen auf, die außerhalb des Rächers liegen. So könnte
der Rächer seine Rache auch dann bekommen, wenn das Racheopfer gar nicht weiß, wer ihn den Schaden hat erleiden lassen.[27] Die besseren Fälle der Rache beinhalteten allerdings, dass das Racheopfer um den Verursacher seines Schadens
weiß.[28] Mit dieser Bestimmung definiert Stainton die Erlangung von
Rache stillschweigend auch als ein Phänomen, das in bessere und schlechtere Fälle einzuordnen ist.[29]
Rache könne außerdem nicht durch einen Unfall des Racheopfers erlangt werden.
Eine weitere externe Bedingung besagt, dass der Schaden wirklich passiert sein und er auch in etwa der Art passiert sein müsse, wie der Rächer es denkt.[30] Auf diese Bedingung wird zum Ende des Essays noch eingegangen.
Das Opfer schließlich, dass den Schaden der Rache letztlich erleidet, müsse diesen Schaden auch wahrnehmen können. Es reiche nicht, wenn der Rächer vom Schaden überzeugt ist.[31]
Stainton formuliert auch einige Voraussetzungen an das Objekt, an dem die Rache vollzogen werden soll. So müsste das Rachesubjekt davon ausgehen können und davon ausgehen, dass das Objekt der
Rache aus Gründen gehandelt hat.[32] Das Objekt müsse auch für den
Schaden verantwortlich gemacht werden können.[33] Außerdem müsse das
Objekt den Schaden der Rache erkennen. Es reiche nicht, wenn der Rächer vom Schaden überzeugt ist.[34]
So viel zu Staintons Überzeugungen. Einige seiner Ansätze wirken noch nicht ausgereift, grundsätzlich scheint dies aber eine allgemein überzeugende Perspektive auf das Phänomen der Rache zu sein. Sie soll für das Anliegen dieses Artikels zur Bestimmung der Rache zunächst ausreichen. Etwas genauer wird der Begriff der Rache, wenn man ihn von anderen wichtigen Begriffen in der Debatte abgrenzt. Ein entsprechender Versuch soll beispielhaft im nächsten Kapitel unternommen werden.
Begriffe sind meist klarer zu erfassen, wenn sie von ähnlichen Begriffen abgegrenzt werden. Da vor allem ein Begriff in der philosophischen Debatte dieses Themas eine große Rolle spielt, sollte eine Abgrenzung zu diesem Begriff vollzogen werden. Es soll um den Begriff der Bestrafung gehen, der im Verlauf dieses Kapitels in zwei Kategorien geteilt wird.
Die wohl bekannteste Definition der Rache wurde durch Robert Nozick formuliert.[35] Da Nozick dies tut, um den Begriff „Bestrafung“[36] zu bestimmen, ist sein Text nicht so gut für eine Rachedefinition geeignet, wie es Staintons Text war. Umso besser eignet sich Nozicks Definition für die Abgrenzung, die in diesem Kapitel thematisiert werden soll.
Nigel Walker beschreibt in seinem Essay "Nozick's Revenge" die Bestimmungen von Rache und Bestrafung nach Nozick. Rache sei nach Nozick erstens etwas, das auf Schäden reagiere. Diese Schäden könnten „einfache Schäden“ sein. Es müsse nicht um moralische "Wrongs"[37] gehen. Rache sei zweitens etwas, das genießbar sein könne. Racheakte müssten drittens nicht generalisierbar sein und könnten auf ähnliche Schäden durch Andere ganz unterschiedlich und nach verschiedenem Maße reagieren.[38] Rache sei viertens etwas, das ein persönliches Anliegen sein könne. Rache kenne schließlich fünftens keine natürliche Grenze in seinem Ausmaß, sie könne aber vom Rächer wegen externen Beschränkungen eingegrenzt werden.[39]
All dies grenze die Rache bei Nozick von staatlicher Bestrafung ab, da es sich im Falle der Bestrafung gegenteilig verhalte.[40]
Beide Begriffe hätten in Nozicks Text aber auch Gemeinsamkeiten. So würden beide mit einem Grund passieren und bei beiden wäre wichtig, dass das Opfer der Rache weiß, wer ihm diesen Schaden aus welchem Grund angetan hat. Rache sei also, genauso wie „Retribution“, ein kommunikativer Akt.[41]
Einen guten Einstieg in die vermeintlichen Gemeinsamkeiten der Begriffe kann neben Nozick auch Leo Zaibert, Lehrender am Union College New York, liefern. Zunächst zählt Zaibert aber die
Positionen anderer Autoren auf, die für eine begriffliche Trennung von Rache und Strafe eintreten würden. Einige seien zum Beispiel der Überzeugung, dass ein klarer Unterschied darin bestünde,
dass Bestrafung immer rechtmäßig oder gerecht sei, während Rache "wütend" sei, ohne je gerecht zu sein.[42] Rache könne wegen kleinen Verfehlungen oder Schäden von nicht-autorisierten oder emotional überreagierenden Agenten ausgeübt werden, die sich nicht
mit dem universalistischen Unternehmen der Moral beschäftigten. Daraus könnten Handlungen entstehen, die nicht generalisierbar seien und unproportional zur ursprünglichen Tat wären.[43] All dies sei allerdings nur Ausdruck der Annahme, dass Rache irrational und
damit immer nicht zu rechtfertigen sei. Strafe im Sinne der genannten philosophischen Tradition sei dagegen rational, zivilisiert und rechtfertigungsbar.[44]
Für Zaibert selbst gibt es entweder keinen analytischen Unterschied zwischen Strafe und Rache oder Rache sei ein Fall von Strafe.[45] Er ist davon überzeugt, dass die bisherige Einteilung von Strafe und Rache nicht passend ist. Stattdessen sollte Rache einer Unterkategorie der Bestrafung namens "Retributive Gerechtigkeit" gegenüber gestellt werden. Auch Rache sollte dann eine weitere Unterkategorie der allgemein Strafe ("Punishment Simpliciter"[46]) sein. Dieser Einteilung soll im Verlauf dieses Aufsatzes gefolgt werden.
Weitere Unterschiede zwischen retributiver Gerechtigkeit und Rache übernehmen sowohl Walker als auch Stainton aus Nozicks Definition, die bereits im Kapitel über den Rachebegriff angedeutet wurde. Trotzdem sollen die Unterschiede hier nochmals, auf den Begriff der retributiven Gerechtigkeit angewandt, vorgestellt werden. So müsse Rache etwas Persönliches sein; Sie müsse nicht generalisiert werden und auf jeden nächsten Schaden die selbe Antwort bieten; Sie könne auch auf einen wahrgenommenen Schaden reagieren, während eine staatliche Handlung ein vorheriges "Wrong" als Grundlage brauche; Sie müsse nicht proportional zum vorherigen Schaden sein; Sowie: Rache-Erlangung bringe auch eine Art Vergnügen mit sich. All dies gelte so nicht für die retributive Gerechtigkeit.[47]
Was ist der Unterschied zwischen retributiver Gerechtigkeit und Rache?[48] Laut Zaibert liegt der Unterschied darin, dass nur im Fall retributiver Gerechtigkeit die handelnden Agenten davon ausgingen, dass der von ihnen verursachte Schaden auch gerecht sei.[49] Damit sei retributive Gerechtigkeit eine Unterkategorie der Strafe, womit sich einige begriffliche Verwirrungen zum Anfang seines Essays erklären lassen.[50]
Die Unterschiede, die Nozick erarbeitet hatte, lehnt Zaibert jeweils einzeln als Definition der Strafe ab. Ein Großteil der Argumente Nozicks träfen zwar auf einen Akt der retributiven Gerechtigkeit zu, nicht aber auf das, was Zaibert als Strafe definierte. So müsse beispielsweise ein Bestrafer nicht glauben, dass die von ihm vollzogene Strafe proportional zur ursprünglichen Tat ist. Dies müsse nur bei einem Bestrafer nach Maßstäben retributiver Rache der Fall sein.[51]
Die Ansätze Nozicks und Zaiberts, die einander in vielen Punkten widersprechen, sollen als Vorstellung beispielhafter Positionen reichen.
Eine interessantere Frage als die Beschaffenheit des Phänomens der Rache und seiner Unterscheidung zu ähnlichen Begriffen ist wahrscheinlich die Frage danach, ob Rachehandlungen moralisch gute oder erlaubte Handlungen sein können. In dieser Frage kann vor allem Brian Rosebury, Lehrender an der University of Central Lancashire in England, helfen. Er beschreibt Fälle, in denen sich Personen bewusst gegen eine moralisch richtige Handlung entscheiden, dabei aber eine Form von Respekt verdienten. Respekt könne nur für eine Person empfunden werden, die nüchtern und ernsthaft die Ansprüche der Moral wahrgenommen habe und sich trotzdem bewusst gegen eine Handlung nach diesen Ansprüchen wendete, weil ein anderes Motiv eine zu zentrale Stellung im Leben einnähme. Respekt sei dabei, wenn wir aufgrund des Gedankens, dass wir in der selben Situation auch so hätten handeln können, die Handlung der Person sympathisch finden. Eine wichtige Rolle für die Entstehung dieser Sympathie spiele die Anerkennung, dass der Andere nur Mensch ist, wie man es selbst auch sei. Da man sich selbst immer wieder als Jemanden erlebte, der versuche, moralisch zu sein, und daran häufig scheiterte, erkenne man sich in der nicht-moralischen Entscheidung des Anderen wieder.[52]
Was hat Rache mit dieser Definition des Respekts zu tun? Nach Rosebury ist ein spezieller Fall dieser respektablen nicht-moralischen Handlungen die Rache. Rache ist für Rosebury eine Art Reaktion auf einen erlittenen Schaden, bei dem Wechselseitigkeit eine große Rolle spiele, solange es um die Erlangung von Respekt geht.[53] Solange die Rache außerdem gerecht ist, das richtige Ziel trifft und dabei verhältnismäßig bleibt, könne sie zwar nicht moralisch gut sein, aber unsere Sympathie und unseren Respekt fordern.
Für Rosebury kann Rache also das Objekt eines besonderen positiven Urteils sein, auch wenn sie dabei moralisch verwerflich bliebe. Rosebury nennt dieses positive Urteil "non-moral respect".[54] Rosebury nennt vier Arten des Handelns nach nicht-moralischen Motiven, derer nur die Letzte interessant für diesen Aufsatz ist.[55] Diese sei die Einzige, die sich ernst und überlegt mit Implikationen moralischer Regeln auseinandersetzte.[56] Ernst sei eine Handlung dann, wenn die handelnde Person die Forderungen der Moral ständig vor Augen hätte und sie in schmerzendem Widerspruch zur eigenen Handlung oder Entscheidung fühlte.[57] Wichtig für respektable Rache sei außerdem, dass die moralischen Bedenken nach reichlicher Überlegung verworfen werden. Es dürfe keine Impulshandlung und kein angenehmer Prozess für den Rächer sein.[58] Er bezieht sich dabei auf die "private Rache", also eine überlegte und gefährdende Handlung gegen einen Täter, welche durch Ablehnung einer vorherigen Handlung des Täters gegen den Rächer oder eine andere Person, deren Verletzung der Rächer übel nimmt, motiviert ist.[59] Privat sei diese Rache, weil sie nicht mit institutioneller Autorität ausgeführt würde.[60] Damit Rache geschehen könne, müssten dabei ein Motiv in Form eines nachtragenden Grolls und eine schändliche Handlung gegeben sein.[61] Rosebury formuliert in seinem Text klar, dass Rache moralisch nicht zu verteidigen ist. Wer rächend handelte, könne nie moralisch gerechtfertigt sein, er könne aber den angesprochenen Respekt erlangen, welcher außerhalb der Moral stünde.[62] Der Rächer handelte nach vorsichtiger Abwägung ganz bewusst nicht nach der moralischen Handlungsalternative, sondern folgt anderen Motiven. Diese Motive müssten dabei, wie gesagt, eine ernsthafte und zentrale Rolle im Leben des Handelnden spielen.[63] Damit diese Motive für Respekt und Sympathie sorgen können, müssten sie vor allem auf dem Gefühl des Rächers basieren, dass das ganze Leben sonst falsch und verdorben wäre, weil die Verletzung einen zentralen oder essenziellen Teil des Lebens des Rächers zerstört oder gefährdet hat.[64] Sympathie entstünde dann, wie bereits angedeutet, aus dem Gedanken, dass man selbst nach reichlicher Überlegung so hätte handeln können, in Verbindung mit der Anerkennung, dass der Andere nur ein an der Moral scheiternder Mensch ist, wie man dies selbst sei.[65]
Wie kann Rosebury nun aber bei der Definition der Rache helfen? Er formuliert Bedingungen, die für respektable Rache erfüllt sein müssten: Die Rache muss gerecht sein (was auch immer dies im tieferen Sinne bedeuten mag), sie muss auf das richtige Subjekt oder Objekt zielen und sie muss proportional zur vorhergehenden Verletzung sein.[66] Auch Handlungen, die diese Bedingungen erfüllten, seien moralisch falsch, könnten aber Kandidaten für nicht-moralischen Respekt sein.[67] Im späteren Verlauf des Textes fügt Rosebury eine Bedingung hinzu, die besagt, dass eine Handlung nicht respektabel sein kann, wenn wir die Handelnde nicht als moralisch reflektierende Person mit ihr wichtigen Werten betrachteten.[68]
Je bewusster der Rächer zuvor über seine Rache nachdachte und die moralischen Bedenken dabei beiseite schob, desto wahrscheinlicher und größer würde der Respekt. Rosebury ist in seiner Argumentation sehr wichtig, dass nicht-moralischer Respekt die Wichtigkeit der Moral anerkennt.[69] In der Betrachtung eines Rächers würden Respekt und moralische Ablehnung sogar gleichzeitig eintreten.[70] Sie seien, so Rosebury, nur einfach klar voneinander unabhängig.[71]
Um Roseburys Argumentation zu verstehen, ist es wichtig zu wissen, dass Moral und Gerechtigkeit für ihn nicht in einer zwingenden Beziehung zueinander stehen.[72] Dies sei, angesichts einiger Beispiele[73], die er präsentiert, zumindest nicht kontraintuitiv.
Um seine Position zu stützen, formuliert Rosebury einige Beispiele. Um den Rahmen dieses Essays nicht zu sprengen,
soll eines dieser Beispiele genügen:
"Alberto's daughter is shot dead by a Ruritanian diplomat. Because of diplomatic immunity, and the absence of reciprocal trial or extradition agreements between Italy and Ruritania, the killer ist able to return home without facing charges. So poor is the historic relationship between the two countries that Alberto knows that the likelihood of legal redress in his lifetime is negligible. He believes in the Christian morality of forgiveness, and the secular consequentialist arguments for the futility of revenge – perhaps he even believes that his immortal soul is forfeit if he kills someone – but he finds that he cannot live out the rest of his life without an unbearable and perpetual sense that the most important thing in it, the only thing that now gives it meaning, his urge to revenge his daughter, is unrealised. He tracks the killer to Ruritania and shoots him dead."[74]
Dies ist für Rosebury ein Beispiel für
einen Fall gerechter Rache, die juristisch illegal ist und vom Rächer als moralisch falsch betrachtet wird. Im Beispiel wird auch klar gezeigt, dass die Wechselseitigkeit der Rache, also der
Umstand, dass Alberto auf einen moralischen Verstoß reagiert, eine große Rolle in der Erlangung von Respekt spielt.[75]
Rosebury ist relativ klar, was die Beantwortung der Frage angeht, die am Anfang dieses Kapitels formuliert wurde. Kann eine Rachehandlung moralisch gut sein? Nein, aber sie kann ein gewisses Maß an Respekt verdienen, wenn wir uns selbst als Menschen mit Fehlern in den fehlerhaften, aber verständlichen Handlungen eines Anderen wiedererkennen.
Eine weitere interessante Frage, die vor allem von Jon Elster und Alan P. Hamlin bearbeitet wurde, ist die, ob Rachehandlungen rationale Handlungen sein können. Beide Autoren kommen mithilfe einer ähnlichen Herangehensweise zu gegensätzlichen Ergebnissen.
Elster definiert Rache folgendermaßen: "Revenge – the attempt, at some cost or risk to oneself, to impose suffering upon those who have made one suffer, because they have made one suffer (...)."[76]"
Sie sei häufig impulsiv und widerspräche oft den (restlichen) eigenen Interessen des Rächers.[77] Rache sei zudem ein universales Phänomen und damit eine Eigenschaft, die dem Menschen inhärent sei.[78] Zum Anfang seines Textes formuliert er außerdem, dass Rache nur Kosten und Risiken mit sich brächte, aber nie einen Gewinn für alle Beteiligten bedeuten könne.[79] Im Verlauf des Textes scheint er diese Aussage zu relativieren, indem er einige Fälle von Rache aufzählt, die eine positive Nutzensumme erzeugen könnte.[80] Diese Beschreibung scheint auch nur auf einige Fälle von Rache zuzutreffen, dazu allerdings später mehr.
Für die Bearbeitung seiner Fragen bezüglich Normen der Rache stellt Elster eine Typologie der Motivation auf.
Erstens[81] handelten Menschen oft spontan und unreflektiert, gerade, wenn starke Emotionen im Spiel sind.
Zweitens könnten Menschen unterm Einfluss sozialer Normen stehen und handeln. Dies sei meist mit negativen Emotionen verbunden, die bei Nichtbefolgung einträten.[82] Diese Emotionen würden aber weniger spontane und unüberlegte Handlungen fördern, als vielmehr Urteile und Erwartungen in sozialen Kontexten zu erzeugen und zu stützen. Eine genauere Beschreibung der sozialen Normen bei Elster folgt im späteren Verlauf des Textes.
Drittens sei prima facie die Vorstellung vom rationalen, ergebnisorientierten Menschen (also der Beschreibung von Menschen nach der rational-choice-Theorie), welcher die besten Mittel für die Erreichung der eigenen Zwecke zu nutzen versuchte, inkompatibel mit Racheverhalten.[83] Für Elster würden rationale Menschen Geschehenes geschehen bleiben lassen und sich auf das konzentrieren, was in der Zukunft liegt.[84] Rache hingegen ignoriere zu Teilen negative Folgen, um auf Geschehenes einzugehen. So definiert Elster auch rationale Handlungen:
"Rational action is concerned with outcomes."[85]
Elsters Text dreht sich nicht direkt um Rache, sondern um eine spezielle Art der Sozialnormen, die Rachenormen: "(...) socially shared and socially enforced rules governing the occasions for and the modalities of revenge."[86]
Es bedarf zum besseren Verständnis natürlich noch einer genaueren Bestimmung von Sozialnormen. Für Elster sind
Sozialnormen definitorisch erstens nicht ergebnisorientiert[87] und
zweitens würden sie von anderen geteilt und von deren Urteilen (Zustimmung und Ablehnung) gestützt.[88] Sie bildeten so ein "(...) network of shared belief and common emotional reactions (...)."[89] Einige soziale Normen würden von
allen geteilt[90], andere seien wiederum gruppenspezifisch. Soziale
Normen könnten rationales Selbstinteresse komplett einschränken oder einen Kompromiss zwischen Normbefolgung und Selbstinteresse erzeugen.[91] Wie bereits gesagt könnten diese Normen außerdem starke Gefühle erzeugen. Sie könnten positiv sein, seien aber
meist negativ.[92] Durch die starken Gefühle hätten soziale Normen einen
starken Einfluss auf den Geist der "Anhänger" der entsprechenden Norm.
Elster trennt soziale Normen klar von moralischen und rechtlichen Normen.[93] Diese Abgrenzung wirkt gerade bei der Trennung von moralischen und sozialen Normen relativ bemüht und nicht sehr einleuchtend.[94]
Elsters Beschreibung von Rache und von Normen der Rache beziehen sich vor allem auf die Blutrache und Rachefehden, die speziell in einigen Mittelmeer- und Balkanstaaten existiere.[95] Obwohl er den Anschein erweckt, dies zu wollen, entwickelt er in seinem Text
kein Konzept von dem, was der Großteil seiner Leserschaft unter alltäglicher Rache verstehen wird. Er fokussiert sich auf extreme Spielarten. Zudem trennt er seine Handlung unterm Einfluss von
Rachenormen nur von spontaner Rache ab. Bewusste, rationale und lang geplante Rache scheint er für nichtexistent zu halten, solange sie nicht unter sozialen Rachenormen steht. Alan P. Hamlin
versucht, diesen Bruch mit der Intuition durch eine Anpassung von Elsters Text zu beheben.
Elster berichtet über den speziellen Fall der Blutrache relativ ausführlich und gleicht die in historischen Texten berichteten Umstände mit seinem Konzept von Rachenormen ab. In den Texten werden einige Erklärungsansätze für die Blutrache geliefert, die Elster zum Großteil widerlegt oder zumindest in Frage stellt.[96] Auf diese einzelnen Argumente einzugehen, würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen.
Wichtig sind allerdings seine Einordnung der Ehre in Gesellschaften mit Blutrache und seine Einführung des Begriffs der "Rachenormen".
Wie im Großteil seines restlichen Texts auch, beschreibt Elster seinen Begriff der Rachenormen vor allem am Beispiel der Blutrache. Diese unterliege bestimmten ungeschriebenen Regeln, die sich von Fehde-Gesellschaft zu Fehde-Gesellschaft unterscheiden würden, und die sich an folgenden Fragen orientierten und diese regelten:
"What constitutes an affront that must be avenged? Who are allowd or required to exact revenge? What means can legitimately be used in taking revenge? How soon is vengeance allowed or required to take place? Whose death shall expiate an affront? What fate is reserved for those who fail to take revenge when the norms require it?"[97]
Kommen wir auf die Einordnung der Ehre in Gesellschaften mit Rachenormen zurück. Die Ehre sei zentral für solche Gesellschaften und werde dort vor allem als Attribut "freier, unabhängiger" Männer
betrachtet. Frauen und Sklaven, Diener oder andere "kleine" beziehungsweise "schwache" Männer könnten dieses Attribut nicht besitzen.[98] Um so mehr könnten sie sich um die Ehre sorgen. Ehre könne häufig nicht dazugewonnen, sondern nur verloren werden
(dieser Verlust hätte häufig etwas mit Sex zu tun).[99] Elsters Ansatz
ist hier leicht widersprüchlich, da er im Verlauf des Textes ständig von Wegen spricht, Ehre zu erlangen. Einer dieser Wege sei der Sieg über Gleichgestellte oder über Stärkere im sozialen
Kontext.[100] Alle Wege hätten aber gemeinsam, das die Rache letztendlich
auf ein Nullsummenspiel hinauslaufe: Es sei kein Nutzengewinn bei gleicher Berücksichtigung aller möglich. Was der Eine an Ehre gewönne, verlöre ein Anderer.[101] Elster zählt allerdings Beispiele auf, die dieser Einschätzung widersprechen.
So könnte Ehre in einigen Fällen, zum Beispiel im Rahmen von Ehrekonzeptionen bei Pistolenduellanten im Europa der Vergangenheit, auch auf eine Positivsumme hinauslaufen.[102] Elster scheint dies aber nur in wenigen Fällen für möglich zu halten. Ehre
liefe vor allem auf Nullsummenspiele oder Spiele mit einem Ergebnis von weniger als Null hinaus.[103]
In einem Akt der Blutrache, was sicherlich auch auf die meisten Fälle ordinärer Rache übertragbar ist, entstünden starke Gefühle auf Seiten des Rächers ("(...) the wildest, sweetest kind of drunkenness (...)."[104]), aber auch auf Seiten dessen, der rächen müsste, dies aber nicht umsetzen kann.[105] Diese beiden Gefühlswelten seien der emotionale Mechanismus, der den Normen der Rache ihre "motivierende" Stärke verleiht.[106] Der Nicht-Rächer bekommt die fehlende inhärente Motivation von außen vermittelt, indem sein Selbstbewusstsein durch ein von Anderen vermitteltes Schamgefühl attackiert wird. Dadurch würde Rache zu mehr als einem spontanen Ausdruck einer dem Menschen innewohnenden Wut gegen einen Anderen. Das Leben nach Gesetzen der Rache würde zu einem "Way of life", welcher sich um die Erlangung oder Erhaltung von Ehre dreht.[107] Dieser hätte eine größere Spanne an "Objekten" der Rache als die spontane Wut, die sich nur gegen den Übeltäter selbst richtet.[108] Während Rache wie gesagt ein universelles menschliches Phänomen darstelle, sei es diese Sicht auf Rache und Ehre, die Umstände wie die Blutrache bewirke und nur in einigen wenigen menschlichen Gesellschaften zu finden seien.[109]
Kommen wir auf die eigentliche Frage dieses Kapitels zurück, die ohne diese vorherigen Bestimmungen nur schwer verständlich wäre. Die Grundfrage in Elsters Essay ist, ob es so etwas wie
"rationale Rache" geben könnte. Rational wäre nach Elster Rache nur dann, wenn materielle, eigennützige Interessen des Rächers im Vordergrund seiner Rachehandlung stünde.[110] Elster macht drei Gründe aus, weshalb eine Person hypothetisch im Rahmen der
rational-choice-Theorie Rachehandlungen vollführen könnte. Erstens könnten Mitglieder einer Gesellschaft mir Rachenormen bei Nicht-Einhaltung dieser Normen durch soziale Sanktionierung schlechter
gestellt sein.[111] Zweitens könnten Personen, die Bereitschaft zum
Rächen von Vergehen gegen sie beweisen, soziale Vorteile in der Interaktion mit Personen haben, die diese Bereitschaft nicht aufweisen.[112] Elster spricht im Verlauf des Textes ebenfalls von möglichen evolutionären Vorteilen, die durch Bereitschaft zur
Rache entstanden sein könnten.[113] Der dritte Grund schließlich stellt
eine spezielle Form des zweiten Grundes dar. So könnten, nach Elster, bestimmte spieltheoretische Vorteile für Menschen mit Rachebereitschaft entstehen.[114] Elster verwirft all diese möglichen Gründe rationaler Rache.[115] Sie alle könnten keinen letztlichen Grund bieten, die Rache als Handlungsoption
anderen Handlungen vorzuziehen.
Eine Erweiterung von Elsters Ansatz nimmt Alan P. Hamlin vor. Nach Elster ist Rache, wie wir feststellten, etwas, dass nicht im Rahmen der rational-choice-Theorie zu erklären ist.[116] Nach Hamlin existieren aber direkte rationale Strategien, Normen von Rache in rationalen Überlegungen über Ehre zu begründen.[117] Er geht sogar so weit zu sagen, dass Normen der Rache nur über einen rational-choice-Ansatz erklärbar seien.
Erinnern wir uns an Elsters Position: Er ist der Ansicht, dass Rache und Ehre fest zusammenhängen.[118] In direktem Widerspruch stünde die Rache hingegen zur Vernunft beziehungsweise
Rationalität. Dies resultiere aus dem jeweiligen Objekt: Rache beziehe sich auf etwas Geschehenes, während die Vernunft sich auf Kommendes konzentriere.[119] Hamlin meint, dass Rache auf etwas Geschehenes schauen könne, allerdings zum
Zustandekommen weitere Bedingungen benötige. Wie könnte so etwas zustandekommen? „We may say that we punish a thief because he stole, indicating the necessary precondition of punishment, while
simultaneously saying that we punish that thief in order to deter theft, indicating the forward-looking and contingently rational justification for the punishment."[120] Hamlin will
hiermit aufzeigen, dass Rache nicht nur auf Vergangenes schaut, sondern auch einen Blick auf Kommendes und damit eine rationale Rechtfertigung der Tat erlaubt.[121] Ebenso verhalte es sich mit juristischer beziehungsweise staatlicher
Bestrafung[122], die sich auf Geschehenes berufe, aber mit der
Rehabilitation, welche auf Kommendes schaue, einen "mixed account" ergebe. Auch Rache sei ein solcher mixed account.[123]
Vor allem aber sei solch eine Verbindung von Ehre und Rache gut, um der zweiten Bedingung der sozialen Norm zu entsprechen. Da Ehre aber ergebnisorientiert sei, wäre keine Erfüllung der ersten
Bedingung mehr möglich.[124]
Für Hamlin gibt es viele Probleme mit dem Begriff der Ehre im Zusammenspiel mit der Rache, die noch geklärt werden müssen. Er scheint trotzdem davon überzeugt, dass Ehre eine wichtige Rolle in der Analyse von Rache spielt. Für ihn stellt Ehre den Schlüssel zum Verständnis der Muster von Lob und Ablehnung in Bezug auf normenbasierte Anwendung von Rache dar.[125] Damit normbezogenes Verhalten gelobt werden kann, muss es einen Grund geben. So ein Grund ist meist von einem positiven Ergebnis abhängig und ist damit ergebnisorientiert. Die Definition der sozialen Norm nach Elster scheint also so formuliert zu sein, dass es keine Fälle von sozialen Normen widerspruchsfrei geben kann. Hamlin schlägt vor, zukünftig statt von Normen der Rache von Normen der Ehre zu sprechen, die Rache beinhalten können.[126] Ein Konzept dieser Normen könne am Besten im Rahmen einer rational-choice-Theorie entwickelt werden.[127] Damit widerspricht Hamlin Elster zwar direkt. Er legt allerdings Wert darauf, dass diese Konzeptentwicklung gut mit Elsters grundlegendem Ansatz kompatibel sei.[128]
Hamlin schlägt auch einen groben Weg ein, der zu einer solchen Konzeptentwicklung beitragen könnte. In einer Gesellschaft, in der Rachenormen gelten, sei Rache, abhängig von Kosten und Nutzen sowie von der Verpflichtung zum Endzweck, immer rational.[129] Diese Erkenntnis ist bei ihm aber von von Zusatzfragen nach der Natur der guten Ehre, der Art der Produktion von Ehre und dem trade-off von Ehre im Verhältnis zu anderen Gütern der Nützlichkeitsfunktion abhängig.[130] Er ist davon überzeugt, dass Rachenormen in Gesellschaften existieren, in denen sie die Methode mit den geringsten Kosten zur Erhaltung eines Systems der Ehre sind. Die Extension der Rache in einer Handlung sei dabei von den vom Handelnden wahrgenommenen Kosten abhängig.[131] Das Framework der rational-choice könnte dabei Erklärungen für interkulturelle Unterschiede und Wechsel von Normen bieten.[132]
Hamlin vertritt die Ansicht, dass die rational-choice-Theorie Ehre berücksichtigen sollte, wenn Ehre wirklich ein grundlegender und universeller menschlicher Motivator ist.[133]
(P1) In einer Gesellschaft, in der Ehre einen Wert darstellt und in der Individuen rational sind ist ein ehreproduzierender und ehrestützender Mechanismus ein öffentliches Gut.
(P2) Es gibt Fälle von Rache, die ehreproduzierende und ehrestützende Mechanismen sind.
(K) Es gibt Fälle von Rache, die ein öffentliches Gut darstellen.[134]
Laut Hamlin sind Rachenormen dann mit der rational-choice-Theorie konsistent, wenn diese reichhaltige Konzepte von Motivation und von den Einflüssen von Geschichte und sozialem Umfeld auf Menschen hat.[135] Kann Rache also rational sein? Elster verneint, während Hamlin sagt, dass die Antwort auf diese Frage davon abhängt, was Rationalität ist und was die Einflüsse auf die Rache sind.
Das Gefühl, dass eine Nötigkeit besteht, eine weitere Konzeption der Rache zu formulieren, ergab sich bei der Lektüre von Stainton. Stainton formuliert als externe Bedingung der Rache, dass diese wirklich passiert und sogar in etwa der Art passiert sein müsste, wie der Rächer es denkt.[136] Dies wirkte stark kontraintuitiv. Beim Erlangen der Rache sollte es beinahe exklusiv um den mentalen, internen Zustand des Rächers gehen. Ob der Grund der Rache wirklich passiert ist, spielt solange keine Rolle, wie der Rächer vom Vorkommen überzeugt ist und er durch äußere Umstände nicht vom Gegenteil überzeugt wird. Dementsprechend wäre ein in Wirklichkeit nicht passierter Grund für Rache so lange ein Teil eines echten Falles von Rache, wie der Rächer nichts über diese Realität weiß.
Stainton scheint diese Intuition zu Teilen ebenfalls zu besitzen. So schreibt er, dass ein Streben nach Rache sicherlich auch dann möglich sei, wenn der ursprüngliche Schaden nicht wirklich
passiert ist.[137] Dass Stainton diese Erkenntnis nicht auch aufs
Erlangen von Rache ausweitet, erscheint als inkonsequent.
Einen ähnlichen Fehler macht Stainton in Bezug auf den Schaden, den das Racheopfer letztendlich davon trägt. So müsse dieser ein Agent sein, der den Schaden auch wahrnehmen könnte. Es reiche
nicht, wenn der Rächer vom Schaden überzeugt ist.[138] Würde nicht aber
jeder Rächer sagen, dass er seine Rache erlangt hat, wenn er bis zu seinem Todestag fest davon überzeugt ist, dass sein Racheopfer den gewünschten Schaden erleiden musste, auch, wenn dies nur am
schauspielerischen Talent der Racheopfers liegt? Eine objektive, rächerexterne Perspektive scheint nicht besonders hilfreich bei der Bestimmung des Phänomens der Rache zu sein.[139] Staintons Ansatz scheint, wie eigentlich alle anderen Ansätze auch, zu wenig
rächerzentriert zu sein, wodurch ein Element der Rache übersehen wird, das intuitiv vielleicht die wichtigste Rolle in der Klärung des Phänomens spielen könnte: Die Gefühlswelt des Rächers
selbst.[140]
Eine begriffliche Klärung, die dem Element der Gefühlswelt des Rächers Beihilfe verschaffen könnte, fehlt in allen bisher genannten Aufsätzen. Auch dieses Begriffspaar scheint intuitiv eine deutlich größere Rolle zu spielen, als es bisher in der philosophischen Literatur spielt. Wie steht es mit Genugtuung und Befriedigung, wenn es um Rache geht?[141] Kann Rache gesucht und dann beispielsweise durch einen Unfall befriedigt werden oder Genugtuung erlangen, sodass das Streben nach Rache zu einem Halt kommt? Stainton spricht diese Frage grob an, kann aber keine befriedigende Antwort liefern. Für ihn ist Rache nichts, was durch Zufall erlangt werden kann.[142]
Es scheint aber, als wäre es hypothetisch möglich, so etwas wie Befriedigung oder Genugtuung zu fühlen, ohne selbst den Racheakt vollzogen zu haben und auch keine Verantwortlichkeit für bestimmte Missstände im Leben des Täters zu tragen. Leo Zaibert argumentiert dafür, dass Literatur eine Rolle in begrifflicher Bestimmung spielen müsse.[143] Dieser Argumentation soll mit einer von Michael Stephens erzählten Geschichte über Rache gefolgt werden, die als gutes Beispiel für das genannt werden kann, was mit Befriedigung oder Genugtuung gemeint sein könnte. In der Geschichte wird ein Mann, der von seiner Lebenspartnerin begleitet wird, im Park überfallen und beinahe ermordet. Sein Leben und vor allem das Leben seiner Partnerin verändern sich durch die folgende Angst, sodass sie sich letztendlich trennen. Der Protagonist scheint die Räuber verantwortlich zu machen. Er patrouilliert die Straßen und sucht nach den Tätern, bis er einige Zeit später einen Räuber verwundet oder tötet, der womöglich einer der ursprünglichen Räuber war. Weitere Jahre später sieht er einen Obdachlosen, womöglich Drogenabhängigen, in dem er den wirklichen ursprünglichen Täter zu erkennen glaubt. Angesichts dessen Schicksals kann er in dieser wirklichen Konfrontation mit dem echten Täter sein Rachestreben zurückhalten. Er scheint danach in einem Zustand zu sein, der "Befriedigung" oder "Genugtuung" genannt werden könnte: "The violence was drained out of him."[144] Erst zwanzig Jahre später fällt er wieder in sein altes Verhalten zurück.[145]
Ich möchte so weit gehen, dass in diesem Beispiel (wie auch in vielen weiteren) sowohl Genugtuung als auch Befriedigung erlangt wird. Ich möchte das Gefühl der Erleichterung, welches im Geist des Rächers und welches durch sinkenden Druck, Loslassen der Aggression oder deren Externalisierung ausgelöst sein könnte, "Befriedigung" nennen. Es wäre das Ziel des Rachestrebens und würde in Staintons Konzept das Erlangen der Rache ersetzen. Auf den Begriff "Erlangen von Rache" soll in den nächsten Sätzen eingegangen werden.
Der geistige Zustand, der mit dem Eintreten eines Umstandes, welcher den Rächer davon abbringt, seines Rachestreben weiter zu verfolgen, soll "Genugtuung" genannt werden. Aus dieser Genugtuung würde die Befriedigung folgen.[146]
Wenn Befriedigung des Rächers bereits durch den Zufall möglich ist, scheint ein persönliches Umsetzen des Rachestrebens nicht mehr notwendig. Oder verhält es sich mit persönlichen Rachehandlungen vielleicht ähnlich wie mit Rachehandlungen, in denen das Racheopfer weiß, wer warum die Tat an ihm vollzog? Stainton scheint davon überzeugt, dass es besseres und schlechteres Erlangen von Rache gäbe, abhängig von diesem Wissen.[147] Es könnte also sein, dass eine persönliche Rache eine besonders "reichhaltige" Befriedigung erlangen könnte. Dieses Phänomen möchte ich so nennen, wie Stainton das Ziel seines Begriffs des Rachestrebens nannte: "Erlangen der Rache".
Zur Verdeutlichung soll dieses Schaubild beitragen:
Alle Fälle von Genugtuung und alle Fälle von Racheerlangung sind auch Fälle von Befriedigung. Nicht alle Fälle von Befriedigung sind Racheerlangen und nicht alle Fälle von Befriedigung sind Genugtuung. Alle Fälle von Befriedigung sind auch Racheerlangen oder Genugtuung. Befriedigung folgt aus Genugtuung oder Racheerlangen und stellt deren Ziel dar. Racheerlangung verschafft dabei möglicherweise eine Befriedigung besonderer Güte.
Um das Konzept weiterzuentwickeln ist es nötig, eine Erkenntnis Nozicks zu erklären. Er vertritt als Retributivist eine interessante Position, die sich von Bestrafung auf Rache übertragen lässt. Statt auf die Folgen von Strafen zu achten, betrachte er die Strafe, so Walker, als einen symbolischen Akt. Dieser ließe bestimmte Werte eine Rolle im Leben des Bestraften spielen: "The message may or may not have a beneficial effect on the offender: it is sufficient that it reaches him and is understood, even if he does not accepted what it says."[148] Bestrafung sei nach Nozick dann, wie bereits gesagt, ein vor allem kommunikativer Akt.[149]
Diese Erkenntnis könnte, angesichts des Nozickschen Vergleichs von Retribution und Rache, auch auf Fragen der Rache übertragbar sein. Rache wäre ein symbolischer Akt, bei dem es sich weder um den Selbstwert des Opfers (und späteren Rächers), noch um die Umerziehung des Täters (und späteren Racheopfers) dreht. Stattdessen wird unabhängig von den vielleicht ausbleibenden Erkenntnissen des Täters dafür gesorgt, das bestimmte Werte im Leben des Täters eine Rolle spielen. Ein Schläger würde, folgte man dieser Argumentation, durch einen Racheakt mit der Falschheit seiner Handlung in den Augen des Rächers konfrontiert und müsste sich mit dieser Falschheit auseinandersetzen. Der symbolische Akt muss zur Entfaltung seiner Symbolik und um mehr zu sein, als reine Metaphorik, dem Racheopfer klar kommuniziert werden.
Diese Übertragung wirkt auf den ersten Blick unrealistisch. Warum sollte es eine Rolle spielen, ob bestimmte Werte im Leben eines Missetäters eine Rolle spielen?
Formuliert man Nozicks Bedingung aber um, lässt sich ein wichtiges Zusammenspiel mit der angesprochenen "Befriedigung" ausmachen: Bestimmte Werte nehmen Einfluss auf das Leben des Racheopfers. Die Werte, die der Täter beziehungsweise das spätere Racheopfer, zuvor hatte und die ihn zu seiner Missetat motivierten, werden anderen Werten entgegengesetzt. Diese Werte werden begleitet durch einen Schaden ihm gegenüber, sodass er sie nicht ignorieren kann. Ob er sie annimmt oder ablehnt, bleibt egal, da es nur darum geht, dass der Täter die Werte wahrnimmt.
Vielleicht könnte man in der Übertragung von Nozick noch weiter gehen. So könnte es sein, dass Rache als symbolischer Akt nicht nur Werte eine Rolle spielen lässt, sondern auch Erfahrungen teilt. Diese würden ebenso wie der "symbolische Akt der Werte", ein Form der Kommunikation vom Rächer zum Racheopfer sein. Der Inhalt könnte so viel sein, wie "Etwa so fühlt sich das an, was Du mir zuvor angetan hast". Die ursprüngliche Tat wäre dadurch vielleicht externalisierbar, es entstünde eine Umkehr der Machtverhältnisse[150] und Befriedigung könnte eintreten. Die offensichtliche Bedingung wäre hier, wie auch bei Nozick selbst, dass die Rache ein kommunikativer Akt bleibt und das Racheopfer weiß, wer ihm den Schaden warum angetan hat. Dies wirkt leider wieder weniger intuitiv und wirft eine weitere Folgefrage auf, die im Fazit angesprochen wird.
Zurück zum Begriff "Genugtuung": Genugtuung könnte möglich sein, wäre aber von dem Charakter sowie vom anfänglichen Schaden abhängig. Wer sich in seinem Streben nach Rache verrennt, könnte auch durch die größten Missstände, die seinem Racheopfer zustoßen, nicht von seinem Rachestreben abgebracht werden, wenn diese Missstände nicht durch ihn selbst auftreten. Es scheint aber durchaus vorstellbar, dass jemand, der Opfer einer Missetat wurde, nach Rache strebt, diese Rache aber unabhängig von seinen Handlungen befriedigt wird. Dies könnte zum Beispiel durch einen Autounfall des Racheopfers geschehen. Schäden wie die Ermordung des eigenen Kindes könnte es aber für jeden Menschen unmöglich machen, Befriedigung des Rachestrebens zu erlangen, ohne (selbst ausgeführten) Racheerfolg zu erleben. Die interessante Frage, ob Genugtuung auch ohne den Schaden des ursprünglichen Täters erfolgen kann, kann hier nicht weiter behandelt werden. Eine weitere Diskussion sollte allerdings auf Konzepte wie jenes vom Psychoanalytiker Ulrich Sachsse eingehen, die davon ausgehen, dass ein Rächer während des Rachestrebens über sich selbst hinauswachsen könnte und so die genannte Umkehr der Machtverhältnisse ohne Rachehandlung erreichen könnte.[151]
Da der Begriff Rache in der Philosophie stark mit der Frage verknüpft ist, ob diese Rache das selbe wie Strafe ist oder nicht, sollte eine Konzeption der Rache auf diese Frage Antworten liefern können. Leo Zaiberts Erkenntnis, dass die Philosophie den Begriff "Strafe" zu häufig mit dem Begriff "Retributive Gerechtigkeit" vertauscht habe, wirkt nach Behandlung von dessen Argumenten plausibel. Vielleicht sind sowohl Rache als auch retributive Gerechtigkeit zwei Begriffe, die das Mittel der Strafe verwenden.
Sind Rache und retributive Gerechtigkeit dabei unterschiedliche Begriffe oder bezeichnen sie das selbe Phänomen? Leo Zaiberts Trennung von Strafe und retributiver Gerechtigkeit scheint zwar hilfreich, ein Großteil der restlichen Argumentation, die sich vor allem gegen Nozicks ursprüngliche Trennung der Begriffe wendet, ist aber nicht an allen Stellen überzeugend. Zaibert behandelt die Kriterien, nach denen laut Nozick ein Unterschied entstünde, jeweils einzeln und verwirft alle Kriterien mit dem Argument, dass sie allein nicht zur Unterscheidung genügten. Nozick scheint aber eine Kombination dieser Kriterien als Unterscheidungsmerkmal zu meinen.
Folgt man Nozicks Annahme, dass Rache ein symbolischer Akt sei, könnte dies Rache von retributiver Gerechtigkeit unterscheiden. Zur Verdeutlichung könnte dieses Schaubild beitragen:
Während beide Phänomene nach Zaibert die Strafe als Mittel verwenden, könnten sie sich einerseits durch die "Qualität des Mittels" unterscheiden. Damit ist die Art der Handlung gemeint, die als Strafe vollzogen wird. Beim Rachestreben ist dies ein symbolischer, bei der retributiven Gerechtigkeit ein teleologischer Akt. Dies drückt sich in dem aus, was den zweiten Unterschied ausmachen könnte, namentlich dem Ziel. Das Rachestreben zielte nur auf die Befriedigung dieses Strebens, während die retributive Gerechtigkeit eine Art "Erziehung" des Täters durch die Strafe wünschen könnte. Dies würde die retributive Gerechtigkeit dafür prädestinieren, als Agent vor allem staatliche Organe zu haben. Es scheint aber durchaus vorstellbar, dass Privatpersonen retributive Gerechtigkeit anstreben, solange das Ziel die "Erziehung" des Täters bliebe.
Beide Phänomene könnten ohne Frage durch Zufall das Ziel des jeweils anderen Begriffs als Folge mit sich zu bringen.
Wichtig scheint aber eine weitere Erklärung: Für das Streben nach Rache ist es nicht nötig, von moralischer Falschheit oder von moralischer Güte zu sprechen. [152] Nach dieser Konzeption sollte es in der Betrachtung der Rache nur um die subjektiven Einschätzungen des Rächers gehen. Externe Umstände scheinen keine Rolle zu spielen, solange sie für Rächer keine Rolle spielen. Die Frage nach der moralischen Bewertung der Rache ist natürlich eine wichtige Frage, die an anderer Stelle beantwortet werden muss. Dabei sollten allerdings nicht mögliche Nutzen oder Zwecke der Rache außer Acht gelassen werden. Diese werden im nächsten Kapitel behandelt.
Ulrich Sachsse präsentiert eine interessante Perspektive des ursprünglichen Opfers. Das Unrecht stelle eine subjektive narzisstische Verletzung dar. Der Verletzte hätte die Möglichkeiten, entweder niedergeschlagen in seiner „traumatisierten Bedeutungslosigkeit“ weiterzuexistieren oder aber sein Selbstwertgefühl wiederherzustellen.[153]
Nachdem ein Unrecht also geschehen sei, könne Rache ein essenzielles Lebensziel des Opfers werden. Dies liege, nach Erich Fromm, daran, dass das Leidenlassen des Missetäters dessen Untat in den Augen des ehemaligen Opfers ungeschehen mache.[154] Rache sei nach Fromm gar so etwas wie "magische Wiedergutmachung" und vollbrächte die oben genannte Wiederherstellung des Selbstwertgefühls.[155]
Sachsse ergänzt, dass für die Wiederherstellung des Selbstwertgefühls ein Triumph über den noch übermächtigen Feind nötig sei.[156] Dieser Triumph wäre nach Sachsse auch auf anderen Wege möglich. Auf diesen wird gleich noch eingegangen.
Sachsse plädiert hier also dafür, dass das Unrecht durch den Racheakt im Bewusstsein des Opfers wiedergutgemacht werden könnte.
Sachsse macht einen weiteren interessanten Punkt, indem er die große Zahl an Filmen mit Rachemotiven, die es gibt, als Argument dafür anführt, dass es das verbreitete Bedürfnis gebe, zumindest in der Phantasie Rachegelüste (stellvertretend) auszuleben. Vielleicht sei Rache sogar ein menschliches Bedürfnis.[157]
Rache könnte laut Sachsse auch eine Kompromisslösung bieten, um die eigene innerseelische Struktur durch ansatzhaftes „Platzlassen“ zu retten.[158] Im konstruktiven Fall würde der Rächer seine Destruktivität zur Wiederherstellung der Gerechtigkeit zur Verfügung stellen. Es fände also ein destruktiver Kampf gegen die Destruktivität statt.[159] Dieses „Überwachsen“ des Feindes, das eine Art Alternative zur Rache darstellen könnte, spiele innerseelisch eine wichtige Rolle und hätte für Freud den zentralen Schritt der „Über-Ich-Reifung“ dargestellt, indem es dazu anrege, erwachsen, groß und stark zu sein.[160] Trotz der Einteilung als Rachealternative geht es hier zumindest um das Streben nach Rache, dass dann anders als geplant befriedigt wird. Diese Rachefantasien seien also wichtige Antriebe, als Opfer selbst „groß und stark“ zu werden.[161]
Gerda Lederer schreibt in ihrem Aufsatz für den Sammelband über Fremdenhass in der DDR und Österreich. Laut Lederer konnten Juden- und Fremdenfeindlichkeit nicht durch Tabuisierung beseitigt werden. Auch sie scheint für ein gesundes Umgehen mit unseren Rachegelüsten argumentieren zu wollen.[162] Vor allem kann ihre Argumentation so gelesen werden, dass jeder andere Versuch dieser Art nicht funktionierte.
David Becker macht auf einen Umstand aufmerksam, der von der philosophischen Debatte bisher scheinbar übersehen wurde. Laut Becker ist die Verbalisierung und Handlung nach Hass, welcher andere Menschen entmenschlicht, ein Charakteristikum von Tätern. Sollten die Opfer als Menschen gesehen werden, was durch eine direkte Konfrontation entstehen könnte, ergebe sich der Wunsch des Täters nach dem Aufbau einer neuen Zukunft, dem Abschluss mit dem Vergangenen, der möglichst geringen Schuldanerkennung und Wiedergutmachung sowie der raschen Versöhnung.[163] Der Täter wolle möglichst wenig mit der Tat und der Anerkennung der eigenen Untat zu tun haben. Dies befreie offensichtlich das Gewissen des Täters. Die Strafe, die dieser sich selbst durch sein schlechtes Gewissen aufbürdet, vergeht schnell. Somit wäre eine rasche Versöhnung vor allem eine Erleichterung und Erlösung für den Täter. Das Opfer hingegen könne die Tat vielleicht auch durch Wut, Verdrängung oder Innengerichtetheit auflösen. Eine Versöhnung sei dazu nicht zwangsweise nötig.[164] Es scheint, als sei die Betrachtung der Auswirkung einer Versöhnung vom Opfer und dessen Perspektive abhängig: Wirkt sie erlösend, weil das Opfer sich moralisch über dem Täter sieht, oder wirkt sie unterwerfend, weil auf Druck gewisser Versöhnungsnormen hin nachgegeben wird. Im zweiten Fall ginge der „Versöhnungswunsch auf Kosten der Opfer“.[165] Dies könnte für die Rache sprechen.
Eine wichtige Frage, die ebenfalls Becker formuliert, ist, warum der sichtbare Hass des Opfers begrenzt werden oder sogar ganz ausbleiben kann und wohin die aggressiven Empfindungen dann umgeleitet werden.[166] Sind sie nach innen gerichtet, so geschieht eventuell, was von anderen Autoren des Sammelbandes vermutet wird. Der Hass würde internalisiert und könnte so zum Abnehmen der geistigen Gesundheit führen.
Als Verdeutlichung dafür sollte ein von Hinrich erzähltes Schicksal einer Serviererin mit Borderline-Syndrom ausreichen.[167] Diese hätte lange Zeit Feindseligkeit gegen sich selbst empfunden und sich selbst Schäden zugefügt. Glücklicherweise konnte diese Feindseligkeit, die zunächst auf die eigene Person gerichtet war, nach außen getragen werden. Wäre sie innerlich geblieben, wäre womöglich kein "Frieden" möglich gewesen. Laut Hinrichs gäbe es viele solcher Fälle. Diese seien durch pathologischen Hass ausgezeichnet, der gegen das eigene Ich gewendet zur "maßlosen Entwertung der Objekte" führe. Er unterscheidet dies von normalem Hass, der nach Freud eine "wohltuende Gefühlsbegleitung" trage und hasserfüllte Affekte nach außen leite.[168] Die innere Hassabfuhr sei von beiden Möglichkeiten der Hassabfuhr, wie bereits oben erwähnt, die "ungesunde" und destruktive Alternative. Gesunder Hass leite hingegen verschiedene aggressive Impulse schadlos nach außen ab. Die Fähigkeit zum Erleben diesen Hasses sei für den Menschen gar notwendig.[169]
Zuletzt könnte ein zumindest erwähnenswerter Zweck der Rache aus Napoleon Chagnons Bericht über den südamerikanischen Stamm der Yanomamö bei Elster abgeleitet werden. So könnte in einem Umfeld wie dem der Yanomamö eine Tendenz zur Rache die reproduktive evolutionäre Kraft erhöhen, indem ein erarbeiteter Ruf andere vor Gewaltanwendung und anderen Verstößen abschrecke oder eine höhere Fortpflanzungswahrscheinlichkeit entstünde.[170]
Aus der Auseinandersetzung mit dem Begriff und Phänomen der Rache sind viele zu klärende Fragen entstanden. Ist Rache zum Beispiel ein Akt oder eine Emotion oder ist sie eine Handlung, die Emotionen auslöst? Wodurch genau wird ein Rachestreben ausgelöst? Durch Rachelust, durch Hass, durch einfache Wut oder wirklich nur direkt durch einen entstandenen Schaden? Ist es hilfreich, Rache als einen wertevermittelnden Akt zu beschreiben? Ist Rache zwangsweise ein nicht-staatlicher und ist retributive Gerechtigkeit zwangsweise ein staatlicher Akt? Worauf basiert die Intuition, dass es Rache besonderer Güte geben könnte? Ist es plausibel, dass Genugtuung und Racheerlangung nur durch einen kommunikativen Akt eintreten können? Kann Rache rational sein? Ist Rache zwangsweise irrational? Wie ist Rache moralisch zu bewerten?
Und noch ein letzter Gedanke: Sollten (juristische) Strafen wirklich so viel mit Rache und Rachelust zu tun haben,
wie einige Autoren dies nahe legen, scheint ein Überdenken von einem der Beiden notwendig. Entweder sollte dann unser Umgang mit Bestrafung den Einstellungen zur Rache angepasst werden, oder aber
ein Umdenken in der Betrachtung von Rächern stattfinden.
Der Begriff der Rache hat bisher keine allgemeine Definition und wird auch durch diese neue Konzeption keine allgemeine Definition erlangt haben. Vielleicht kann der Ansatz aber auf einige
wichtige Elemente der Rache hinweisen, die in den bisherigen Definitionen eine geringe Rolle spielten.
Sicherlich verdiente der Begriff aber mehr Aufmerksamkeit, als ihm allein bisher zugekommen ist. Die genannten Hinweise aus der Psychoanalyse scheinen dafür zu sprechen, dass die Rache ein Phänomen ist, das eine große Bedeutung für das Leben der Menschen haben könnte und welches mehr Nutzen haben könnte, als ihm bisher zugestanden wurde. Das Phänomen scheint darüber hinaus komplexer zu sein, als bisher angenommen und könnte eine forciertere Perspektive hin zum Rächer und weg vom Racheopfer gebrauchen.
Hauptquellen
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862-885.
Hamlin, Alan P.: Rational Revenge. Erschienen in Ethics, Vol. 101, Nr. 2, Chicago University Press, Januar 1991, S. 374-381.
Hinrichs, Reimer: "Was ist Haß? Zur Genese und Dynamik eines Phänomens.", erschienen in "Hassen und Versöhnen. Psychoanalytische Erkundungen.", herausgegeben von Herdieckerhoff, Ekesparre, Elgeti und Marahrens-Schurg. Vandenhoek & Ruprecht, Göttingen, 1990, S. 35-51.
Lederer, Gerda: "Antisemitismus und Fremdenhaß aus der Sicht der politischen Psychologie.", erschienen in "Hassen
und Versöhnen. Psychoanalytische Erkundungen.", herausgegeben von Herdieckerhoff, Ekesparre, Elgeti und Marahrens-Schurg. Vandenhoek & Ruprecht, Göttingen, 1990, S. 89.
Rosebury, Brian: "Respect For Just Revenge.", erschienen in "Philosophy and Phenomenological Research", Vol. 77, Nr. 2, 2008, S. 451-471.
Sachsse, Ulrich: "Rache: Destruktive Wiedergutmachung.", erschienen in "Hassen und Versöhnen. Psychoanalytische Erkundungen.", herausgegeben von Herdieckerhoff, Ekesparre, Elgeti und
Marahrens-Schurg. Vandenhoek & Ruprecht, Göttingen, 1990, S. 52-59.
Stainton, Robert J.: "Revenge (La vengenza).", Crítica: Revista Hispanoamericana de Filosofía, Vol. 38, Nr. 112
(April 2006), Universidad Nacional Autónoma de México, S. 3-20.
Stephens, Michael: "Revenge.", Manoa, Vol. 3, Nr. 2, University of Hawai'i Press, Herbst 1991, S. 75-80.
Walker, Nigel: "Nozick's Revenge.", Philosophy, Vol. 70, Nr. 274, Oktober 1995, Cambridge University Press, S.
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Zaibert, Leo: "Punishment and Revenge.", Law and Philosophy, Vol. 25, Nr. 1, Januar 2006, Springer-Verlag, S. 81-118.
Nebenquellen
Djilas, Milovan: "Memoir of a Revolutionary.", 1973, S. 107.
Goethe, Johann Wolfgang: „Faust – Der Tragödie zweiter Teil.“ 1832, 1. Akt, Weitläufiger Saal mit Nebengemächern, Alekto zu Megära. „http://gutenberg.spiegel.de/buch/der-tragodie-zweiter-teil-3645/7“, letzter Zugriff: 20.01.2016.
König, Karl: "Hassen und Versöhnen – innerpsychisch und interpersonell.", erschienen in "Hassen und Versöhnen.
Psychoanalytische Erkundungen.", herausgegeben von Herdieckerhoff, Ekesparre, Elgeti und Marahrens-Schurg. Vandenhoek & Ruprecht, Göttingen, 1990, S. 28-34.
Laplache, Jean und Pontalis, Jean-Bertrand: Das Vokabular der Psychoanalyse, Band 1, Frankfurt am Main, 1975, S. 57.
Moses, Rafael: "Ein israelischer Psychoanalytiker spricht zur DPG.", erschienen in "Hassen und Versöhnen. Psychoanalytische Erkundungen.", herausgegeben von Herdieckerhoff, Ekesparre, Elgeti und Marahrens-Schurg. Vandenhoek & Ruprecht, Göttingen, 1990, S. 18-25.
Ruff, Wilfried und Winkler, Klaus: "Hassen und Versöhnen: Vom Gebrauch vorbelasteter Begriffe. Eine Disputation.", erschienen in "Hassen und Versöhnen. Psychoanalytische Erkundungen.", herausgegeben von Herdieckerhoff, Ekesparre, Elgeti und Marahrens-Schurg. Vandenhoek & Ruprecht, Göttingen, 1990, S. 11-17.
Von Strachwitz, Elisabeth: "Versöhnungskonflikte mit dem Introjekt und mit realen Zeitgenossen.", erschienen in "Hassen und Versöhnen. Psychoanalytische Erkundungen.", herausgegeben von Herdieckerhoff, Ekesparre, Elgeti und Marahrens-Schurg. Vandenhoek & Ruprecht, Göttingen, 1990, S. 102.
[1] Goethe, Johann Wolfgang: „Faust – Der Tragödie zweiter Teil.“ 1832, 1. Akt, Weitläufiger Saal mit Nebengemächern, Alekto zu Megära. „http://gutenberg.spiegel.de/buch/der-tragodie-zweiter-teil-3645/7“, letzter Zugriff: 20.01.2016.
[2] Stainton, Robert J.: "Revenge (La vengenza).", Crítica: Revista Hispanoamericana de Filosofía, Vol. 38, Nr. 112 (April 2006), Universidad Nacional Autónoma de México, S. 3.
[3] "Erlangen" wird in Ermangelung einer passenderen Übersetzung verwendet. Vielleicht würde "Befriedigung der Rachelust" passender sein, würde Stainton nicht in den letzten Abschnittes seines Essays verschiedene Befriedigungen der Rachelust aufzählen, die allerdings keine wirklichen Fälle von Rache seien. Stainton (2006), S. 4.
[4] Stainton (2006), S. 4.
[5] s.o.
[6] s.o.
[7] Stainton (2006), S. 9.
[8] Stainton (2006), S. 4.
[9] Stainton (2006), S. 4.
[10] Stainton (2006), S. 10.
[11] s.o.
[12] Stainton (2006), S. 11.
[13] Stainton (2006), S. 5.
[14] Stainton (2006), S. 7.
[15] Stainton (2006), S. 5.
[16] Es sei vergleichbar mit der Institution des Versprechens.
[17] Rache verhalte sich dabei dem modernen sozialen Konstrukt des Wissenschaftlers ähnlich: Damit es auf einen Menschen zutrifft, müsste dieser sich des Konstrukts bewusst sein und sich entsprechend verhalten. Stainton (2006), S. 7.
[18] Stainton (2006), S. 6.
[19] s.o.
[20] Stainton (2006), S. 8.
[21] Diese Aussage sollte allerdings erweitert werden. Es scheint nämlich, dass es doch zumindest möglich ist, dass die Rache nach außen hin ziellos wirkt. Ein Amokläufer kann in Verblendung sicher davon ausgehen, dass die ganze Menschheit für die Missstände in seinem Leben verantwortlich sind. Würde er nicht gestoppt werden, würde er womöglich weiter wahllos töten. Stainton (2006), S. 8.
[22] Stainton (2006), S. 10.
[23] Stainton (2006), S. 4.
[24] Stainton (2006), S. 15.
[25] s.o.
[26] Eine letzte Bedingung, die Stainton im Zuge dieser Aufzählung nennt, ist für mich unverständlich: "both the harm H(A) perceived by A, and the harm H(B) intended to befall B, will often be de dicto, i.e., "harms under a description"." Stainton (2006), S. 16.
[27] Damit widerspricht Stainton der Rachedefinition Nozicks, wie sie von Nigel Walker (Walker (1995), S. 582.) dargestellt wird. Stainton (2006), S. 17.
[28] Damit entspricht Stainton wiederum der Einschätzung von Nigel Walker selbst. Stainton (2006), S. 17.
[29] Stainton bestimmt nicht, wodurch bessere Fälle der Rache auszumachen sind, abgesehen vom Wissen des Racheopfers um den Verursacher seines Schadens. Vielleicht könnte die "Güte" des Racheerlangens durch die nachfolgende Gefühlswelt des Rächers bestimmt werden.
[30] Stainton (2006), S. 16.
[31] s.o.
[32] Stainton (2006), S. 8.
[33] Stainton (2006), S. 9.
[34] Stainton (2006), S. 16.
[35] Zaibert, Leo: "Punishment and Revenge.", Law and Philosophy, Vol. 25, Nr. 1, Januar 2006, Springer-Verlag, S. 86.
[36] „Retribution“
[37] In Ermangelung einer besseren Übersetzung behalte ich den englischen Originalbegriff bei.
[38] Walker, Nigel: "Nozick's Revenge.", Philosophy, Vol. 70, Nr. 274, Oktober 1995, Cambridge University Press, S. 581.
[39] Walker (1995), S. 582.
[40] Walker (1995), S. 581.
[41] Walker (1995), S. 582.
[42] Zaibert (2006), S. 81.
[43] Zaibert (2006), S. 82.
[44] s.o.
[45] Zaibert (2006), S. 83.
[46] Zaibert (2006), S. 86.
[47] Stainton (2006), S. 19.
[48] Zaibert (2006), S. 88.
[49] Ich meine, dass es komplizierter ist, als Zaibert es hier darstellt. Im Rahmen meiner Begriffsklärung komme ich noch auf diesen Punkt zurück. Zaibert (2006), S. 88.
[50] Zaibert (2006), S. 88.
[51] Zaibert (2006), S. 97.
[52] Rosebury, Brian: "Respect For Just Revenge.", erschienen in "Philosophy and Phenomenological Research", Vol. 77, Nr. 2, 2008, S. 454/463.
[53] Rosebury (2008), S. 461/462.
[54] Rosebury (2008), S. 451.
[55] Rosebury (2008), S. 464.
[56] s.o.
[57] Rosebury (2008), S. 466.
[58] s.o.
[59] Rosebury (2008), S. 451.
[60] Rosebury (2008), S. 452.
[61] Rosebury (2008), S. 451.
[62] Rosebury (2008), S. 452.
[63] Rosebury (2008), S. 461.
[64] "(...) her whole life would be spoiled or falsified if she did not pursue revenge (...).", Rosebury (2008), S. 452. Außerdem S. 460/461.
[65] Rosebury (2008), S. 463.
[66] Rosebury (2008), S. 453.
[67] s.o.
[68] Rosebury (2008), S. 458.
[69] Rosebury distanziert sich zum Anfang und Ende seines Textes klar von nihilistischen Positionen.
[70] Rosebury (2008), S. 459.
[71] Rosebury (2008), S. 460.
[72] Rosebury (2008), S. 454.
[73] Schlägt Person X Person Y, und schlägt Y Person X darauf zurück, so habe Person Y einen Grund zur Beschwerde, welchen Person X nicht habe.
[74] Rosebury (2008), S. 457.
[75] Rosebury (2008), S. 462.
[76] Elster, John: Norms of Revenge. Erschienen in Ethics, Vol. 100, Nr. 4, Chicago University Press, Juli 1990, S. 862.
[77] Elster (1990), S. 862.
[78] Diese Frage untersucht Elster in seinem Text an späterer Stelle, er kommt allerdings nur zu einem vagen Ergebnis. Elster (1990), S. 862/884-885.
[79] Elster (1990), S. 862.
[80]
[81] Um die Lesbarkeit des Textes zu verbessern, habe ich die Reihenfolge geändert, da sie mir nicht fürs Argument wichtig erscheint.
[82] Beispielsweise Scham und Wut. Elster (1990), S. 862.
[83] s.o.
[84] Dieses Kunststück der Willenskraft wäre sicherlich von großen Teilen der Weltbevölkerung nicht stetig erwartbar.
[85] Elster (1990), S. 863.
[86] s.o.
[87] Ihren Gegensatz fänden sie in diesem Fall in der zukunftsorientierten Rationalität.
[88] Elster (1990), S. 863/864.
[89] Elster (1990), S. 866.
[90] Elster nennt die Ablehnung von Inzest und Kannibalismus als Beispiele.
[91] Elster (1990), S. 866.
[92] Elster (1990), S. 864.
[93] Außerdem trennt er sie begrifflich von "convention equilibria", Gewohnheiten und Zwangsneurosen. Elster (1990), S. 865.
[94] Beispielweise beschreibt Elster die sozialen Normen, indem er sie mit Kants nichtkonsequentialistischen Obligationen vergleicht. Für Elster scheint so alles abseits einer konsequentialistischen Nutzenabwägung nicht-moralisch zu sein. Dieser Eindruck ensteht allerdings, ohne weitere seiner Texte gelesen zu habe. Elster (1990), S. 864/865.
[95] Elster (1990), S. 866.
[96] Elster (1990), S. 866-883.
[97] Elster (1990), S. 867.
[98] Frauen spielen nach Elster eine besondere Rolle, da sie meist gar nicht als Ehresubjekt betrachtet würden. Ein Ehre-Äquivalent für Frauen sei in den meisten Gesellschaften, in denen Ehre eine Rolle spielt, die Scham beziehungsweise die "sexual modesty". Elster (1990), S. 867.
[99] Elster (1990), S. 867/869.
[100] Elster (1990), S. 867.
[101] s.o.
[102] Elster (1990), S. 868.
[103] s.o.
[104] Djilas, Milovan: "Memoir of a Revolutionary.", 1973, S. 107.
[105] Elster (1990), S. 871.
[106] Motivation ist hier im Sinne von Motivation zur Ausübung von Rache gemeint.
[107] Elster (1990), S. 871/872.
[108] Elster (1990), S. 872.
[109] s.o.
[110] s.o.
[111] Elster (1990), S. 872. Als Beispiel für die Sanktion siehe Elster (1990), S. 871.
[112] Elster (1990), S. 872. Tiefergehende Erläuterungen ebenfalls bei Elster (1990), S. 874/875.
[113] Elster (1990), S. 881-883.
[114] Elster (1990), S. 872, 874/875.
[115] Siehe dazu Elster (1990), S. 873/875.
[116] Hamlin, Alan P.: Rational Revenge. Erschienen in Ethics, Vol. 101, Nr. 2, Chicago University Press, Januar 1991, S. 374.
[117] Hamlin (1991), S. 380.
[118] Hamlin (1991), S. 374.
[119] Hamlin (1991), S. 375.
[120] s.o.
[121] s.o.
[122] Auf die Ähnlichkeit zwischen Rache und Bestrafung im juristischen Kontext macht auch Leo Zaibert aufmerksam.
[123] Hamlin (1991), S. 375.
[124] Hamlin (1991), S. 377.
[125] s.o.
[126] Hamlin (1991), S. 378.
[127] s.o
[128] s.o.
[129] s.o.
[130] Hamlin (1991), S. 379.
[131] s.o.
[132] Hamlin (1991), S. 380.
[133] s.o.
[134] s.o.
[135] Hamlin (1991), S. 381.
[136] Stainton (2006), S. 16.
[137] s.o.
[138] s.o.
[139] s.o.
[140] Dies bestätigt zum Beispiel Nigel Walker mit einem Satz, in dem es nur um die Befriedigung des Rächers allein gehen kann: "Satisfaction is certainly the point of revenge." Walker (1995), S. 586. Man achte auch auf Zaiberts Fokus auf die Perspektive des Rächers. Zaibert (2006), S. 90.
[141] Nigel Walker spricht die Intuition, dass es in Rachefragen auch um Befriedigung des Rächers geht, auch an: Walker (1995), S. 586.
[142] Stainton (2006), S. 17.
[143] Zaibert (2006), S. 84.
[144] Stephens, Michael: "Revenge.", Manoa, Vol. 3, Nr. 2, Herbst 1991, S. 75-80.
[145] Stephens (1991), S. 75-80.
[146] Dass der Protagonist diesen Zustand der Befriedigung am Ende der Geschichte nicht beibehalten kann, mag an der Unsicherheit liegen, ob er seinen Rächer wirklich gesehen hat oder ob er sich irrte.
[147] Stainton (2006), S. 17.
[148] Walker (1995), S. 583.
[149] Walker (1995), S. 586.
[150] Diese Machtverhältnisse werden durch Hinrichs angesprochen, der Hass, welchen er als Grundlage der Rache sieht, erst ermögliche. Hass könne nur gegen Jemanden entstehen, den man als „stärker“ empfände. Hinrichs, Reimer: "Was ist Haß? Zur Genese und Dynamik eines Phänomens.", erschienen in "Hassen und Versöhnen. Psychoanalytische Erkundungen.", herausgegeben von Herdieckerhoff, Ekesparre, Elgeti und Marahrens-Schurg. Vandenhoek & Ruprecht, Göttingen, 1990, S. 42.
[151] Sachsse, Ulrich: "Rache: Destruktive Wiedergutmachung.", erschienen in "Hassen und Versöhnen. Psychoanalytische Erkundungen.", herausgegeben von Herdieckerhoff, Ekesparre, Elgeti und Marahrens-Schurg. Vandenhoek & Ruprecht, Göttingen, 1990, S. 58.
[152] "revenge is the getting of one's own back; the notion of moral wrong is irrelevant to it." Kleinig, John: „Punishment and Desert.“, S. 39. Nach Zaibert (2006), S. 94.
[153] Sachsse (1990), S. 54.
[154] s.o.
[155] s.o.
[156] s.o.
[157] Sachsse (1990), S. 53.
[158] Sachsse (1990), S. 55/56.
[159] Sachsse (1990), S. 56.
[160] s.o.
[161] Sachsse (1990), S. 58.
[162] Lederer, Gerda: "Antisemitismus und Fremdenhaß aus der Sicht der politischen Psychologie.", erschienen in "Hassen und Versöhnen. Psychoanalytische Erkundungen.", herausgegeben von Herdieckerhoff, Ekesparre, Elgeti und Marahrens-Schurg. Vandenhoek & Ruprecht, Göttingen, 1990, S. 89.
[163] Becker, David: „Ohne Haß keine Versöhnung. Aus der therapeutischen Arbeit mit Extremtraumatisierten in Chile.“, erschienen in "Hassen und Versöhnen. Psychoanalytische Erkundungen.", herausgegeben von Herdieckerhoff, Ekesparre, Elgeti und Marahrens-Schurg. Vandenhoek & Ruprecht, Göttingen, 1990, S. 107.
[164] Becker (1990), S. 107.
[165] s.o.
[166] Becker (1990), S. 108.
[167] Hinrichs (1990), S. 45.
[168] Hinrichs (1990), S. 46.
[169] Hinrichs (1990), S. 47.
[170] Für die letztere These existiert keine genauere Herleitung. Elster (1990), S. 881.
Gastbeitrag von: Jan Lukas Görnemann