Das Design-Argument, wonach aus der Ordnung in der Natur auf die Existenz eines übernatürlichen Planers - einer intelligenten und allmächtigen Gottheit - geschlossen wird, findet sich bereits im Griechenland der Antike und war insbesondere im 18. Jahrhundert populärer Bestandteil der sog. Naturtheologie (Mahner 2003). Im Umfeld christlich-fundamentalistischer Strömungen ist es bis in die Gegenwart populär geblieben, insbesondere bezüglich der Entstehung der biologischen Artenvielfalt. In dieser Form bildet es den Kern der sog. "Intelligent Design-Theorie", einer "akademisierten" Variante des Kreationismus, die die natürliche Entstehung evolutiver Neuheiten in der belebten Welt leugnet und durch eine Abfolge von Schöpfungsereignissen ersetzt. Doch obwohl die Vertreter der "Intelligent Design-Theorie" mithilfe ausgeklügelter Analogien auf die Existenz eines intelligenten Zwecksetzers schließen, scheitert der Schluß an erkenntnistheoretischen Prinzipien (Neukamm 2007).
Raffinierter als die Konstruktions-Analogien der Evolutionsgegner sind kosmologische Design-Argumente, da sie mit sparsameren Prämissen auszukommen scheinen und eine einfachere logische Struktur besitzen. So versucht z.B. Craig, die Existenz eines göttlichen Designers mithilfe des Kausalitätsprinzips zu begründen, wonach die Existenz eines jeden Dings (so es nicht schon immer existiert hat), verursacht worden sein muss. Da der Kosmos zweifellos existiert und auch begonnen hat zu existieren, brauche es - im Gegensatz zu einem "ewigen Planer" - folglich eine Ursache, eine außerweltliche Instanz, die seine Existenz begründet (Craig 1979; 2005). Diese Argumentation erscheint auf den ersten Blick derart schlüssig, dass in einer Informationsbroschüre der kreationistischen Studiengemeinschaft "Wort-und-Wissen" diesbezüglich von "streng logischen Argumenten" und (wenn auch in Anführungszeichen) von "Gottesbeweisen" gesprochen wird (vgl. Wiebe 2005).
Wer so argumentiert, übersieht jedoch, dass das Kausalitätsprinzip den Ablauf der klassischen Welt beschreibt, so dass überhaupt nicht klar ist, ob es im Anfang von Raum und Zeit überhaupt Gültigkeit besitzt (Grünbaum 1990; Morriston 2000). Erste Tastversuche auf dem Weg zu einer konsistenten Theorie der Quantengravitation legen nahe, dass das Universum zwar in einem heißen Urknall entstanden ist, die Raumzeit aber keine "Grenze" haben könnte und keinen "singulären Rand". In diesem Fall wäre das Universum "völlig in sich abgeschlossen und keinerlei äußeren Einflüssen unterworfen. Es wäre weder erschaffen noch zerstörbar. Es würde einfach SEIN" (Hawking 1988, S. 173). Man sieht also, dass sich der Anfangszustand der Welt mithilfe klassischer Prinzipien ebenso wenig konsistent beschreiben lässt, wie man mithilfe der geographischen Längen- und Breitenkreise einen Punkt außerhalb der Erde beschreiben kann. Auch die Frage, was "vor" dem Urknall gewesen sein möge, lässt sich nicht mehr sinnvoll im Rahmen der normalen Raum-Zeit-Kategorien stellen.
Geht man dennoch entsprechend des Kausalgesetzes ("ex nihilo nihil fit") davon aus, dass die Existenz des Kosmos verursacht wurde, wäre ein Planer zwar eine denkmögliche, jedoch eine um nichts plausiblere Ursache als eine physikalische - er wäre nur eine Möglichkeit unter vielen (Morriston a.a.O.). Einem konsistenten kosmologischen Modell von Linde zufolge könnte die Rolle des "ewigen Planers" beispielsweise einem Skalarfeld zufallen, in welchem durch Quantenfluktuation immer wieder Raumbereiche mit sehr hoher Energiedichte entstehen, die sich - eine inflationäre Epoche durchlaufend - sukzessive zu neuen Universen entwickeln (Linde 1994). Damit erübrigt sich auch eine weitere Variante des Design-Arguments, wonach die für einen bewohnbaren Kosmos nötige "Feinabstimmung" der "physikalischen Parameter des Universums" die Existenz eines intelligenten Planers belegen soll (Lönnig 2002; Craig 2005). Zum einen ist es in Anlehnung an Lindes Modell denkbar, dass Myriaden "toter" (d.h. multiple) Universen existieren, so dass unser lebensspendendes Universum quasi wie in einem quantenmechanischen "Lotteriespiel" entstanden sein könnte. Zum anderen besteht aber auch die Möglichkeit, dass die auf den ersten Blick kontingent erscheinenden Parameter aufgrund quantenphysikalischer Notwendigkeiten entstanden sind. Tatsächlich wurde im Rahmen des "inflationären Modells" gezeigt, dass ein weiter Bereich von Anfangsbedingungen und Naturgesetzen zu einem bewohnbaren Universum führen kann (Mittelstaedt 2001, S. 144). Demnach wäre also ein finalistischer Eingriff ebenso wenig erforderlich, wie ein "blindes Erwürfeln" der Welt.
Darüber hinaus verliert die These, wonach das Leben auf der Erde infolge eines "gezielten" Abgleichs der Naturkonstanten und physico-chemischen Parameter erschaffen wurde, im Hinblick auf die Tatsache, dass das Universum mehr Sonnen beherbergt, als es Sandkörner an allen Stränden dieser Erde gibt, erheblich an Plausibilität. Denn wer annimmt, dass ein Demiurg die Verhältnisse auf unserem Planeten derart "abgestimmt" habe, damit Leben auf ihm existieren kann, ist nicht in der Lage zu erklären, weshalb bei all dem noch diese gigantische "kosmische Maschinerie" existiert, die im Lichte anthropozentrischer Denkweisen zu einem stummen Statisten mit einer wahrhaft astronomisch unbedeutenden Nebenrolle verkommt. Weshalb gibt es dieses "Multiversum" an Chancen und Möglichkeiten, welches "in weiten Teilen keinerlei Leben ermöglicht, wenn es doch eigentlich nur um das Seelenheil jener affenartigen, auf zwei Beinen laufenden Säugetiere geht, die einen winzig kleinen Planeten am Rande der Milchstraße bewohnen? Hätte es für die ihm unterstellten Zwecke nicht völlig genügt, eine kleine Scheibe mit darüber gewölbtem Firmament zu erschaffen – etwa so wie sich die Verfasser des biblischen Schöpfungsmythos die Welt vorstellten?" (Schmidt-Salomon 2005). Eine lebensspendende Sonne im Ensemble mit geschätzt 10^22 weiteren kosmischen Objekten - das sieht nun nicht gerade verdächtig nach Planung aus! Unter dieser Voraussetzung ist der Schluss von einem "Multiversum" auf die Existenz "multipler Universen" bei weitem plausibler, als Craig behauptet; er hat sich daher mittlerweile unter den Kosmologen etabliert.
Diese These lässt sich zwar ebenso wenig einer direkten Prüfung unterziehen, wie die Annahme, dass ein Zwecksetzer als Finalursache die Welt(en) hervorgebracht habe. Doch im Rahmen der Quantenmechanik und Relativitätstheorie lassen sich im Prinzip prüfbare Folgerungen über die Eigenschaften und Effekte des postulierten Skalarfeldes deduzieren. Dies ist bei dem postulierten Planer unmöglich. Wissenschaftlich gesehen ist es daher angebracht, den Rekurs auf eine Erstursache an der Stelle abzubrechen, wo eben noch sinnvolle und prüfbare Aussagen über den Ursprung der kausal strukturierten Welt möglich sind (Ockhams Rasiermesser). Alles Weitere ist im Bereich des Glaubens angesiedelt, aber weder empirisch noch theoretisch begründet.
Im übrigen ist die "kosmische Feinabstimmung" auch deshalb kein schlüssiges Argument, weil sie natürlich völlig trivial ist: Wenn es sie nicht gäbe, wären wir nicht hier, so daß sich aus diesem sogenannten "anthropischen Prinzip" nichts Relevantes folgern läßt (Carroll 2002). Alles, was wir wissen ist, dass wir existieren, weil die Naturgesetze ein Leben im Kosmos ermöglichen. Die Folgerung, dass die Welt so angelegt wurde, damit es Leben gibt, muss dagegen immer als empirisch unbegründete Annahme vorausgesetzt werden (Mittelstaedt 2001, S. 143). Da es diese Annahme aber gerade zu beweisen gilt, endet das Design-Argument in einem Zirkelschluss. Das kosmologische Design-Argument ist demnach mit empirisch-wissenschaftlichen Methoden nicht evident zu machen, so daß der kosmologische Gottesbeweis als gescheitert gilt.
Literatur:
Carroll, R.T. (2003): Argument from Design. In: The Sceptic's Dictionary. A Collection of Strange Beliefs, Amusing Deceptions, and Dangerous Delusions. http://skepdic.com/design.html, Zugr. a. 22.03.2004
Craig, W.L. (1979): The Kalam Cosmological Argument. Barnes and Noble, New York.
Craig, W.L. (2005): Existiert Gott? Erster Beitrag zur Debatte mit dem deutschen Kreationismus-Kritiker Dr. Michael Schmidt-Salomon. Vortrag, gehalten am 26.04.05 an der Universität Düsseldorf. Zugr. a. 21.06.05.
Grünbaum, A. (1990): Pseudo-Creation of the Big Bang. Nature 344, 821-822.
Hawking, S.W. (1988): Eine kurze Geschichte der Zeit. Die Suche nach der Urkraft des Universums. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg.
Linde, A. (1994): The Self-Reproducing Inflationary Universe. Scientific American 271, 48.
Lönnig, W.-E. (2002): Ein paar offene Fragen der Evolutionstheorie sowie theologische Einwände von Evolutionstheoretikern zum Thema Intelligent Design.http://www.weloennig.de/OffeneFragenEvol.html, Zugr. a. 22.03.2005.
Mahner, M. (2003): Hume, Paley und das Design-Argument. Skeptiker 16 (4), 131.
Mittelstaedt, P. (2001): Über die Bedeutung physikalischer Erkenntnisse für die Theologie. In: Weingartner, P. (Hrsg.): Evolution als Schöpfung? Ein Streitgespräch zwischen Philosophen, Theologen und Naturwissenschaftlern. Kohlhammer, Stuttgart, 135-148.
Morriston, W. (2000): Must the Beginning of the Universe Have a Personal Cause? A Critical Examination of the kalam Cosmological Argument. Faith and Philosophy 7 (2), 149-169.
Neukamm, M. (2007): Wissenschaft und ontologischer Naturalismus. Eine Kritik antievolutionistischer Argumentation. In: Kutschera, U. (Hrsg.): Kreationismus in Deutschland. Fakten und Analysen. Lit-Verlag, Münster, 163-231. (In press).
Schmidt-Salomon, M. (2005): Existiert Gott? Erster Beitrag zur Debatte mit dem amerikanischen Kreationisten Dr. William Lane Craig. Vortrag, gehalten am 26.04.05 an der Universität Düsseldorf. Zugr. a. 21.06.05.
Wiebe, P. (2005): "Gibt es Gott?" Wort-und-Wissen Info 02/05, S. 6-7. http://www.wort-und-wissen.de/index2.php?artikel=i05-2. Zugr. a. 22.06.05.
Gastbeitrag von: Martin Neukamm (Buch)