Da Schöpfungstheorien, wie wir hier gesehen haben, extern inkonsistent, nicht durchgehend logisch widerlegbar sind und daher keinen wissenschaftlichen Erklärungswert besitzen, müssen wir uns fragen, inwieweit diese Eigenschaften mit der Metaphysik des Übernatürlichen (der Ontologie des Supernaturalismus) zu tun haben. Warum verbannt Wissenschaft mit anderen Worten alle übernatürlichen Agentien aus der Erklärung und geht ausschließlich von der natürlichen Beschreibbarkeit der Welt (von der Ontologie des Naturalismus) aus?
Evolutionsgegner führen das methodologische (oft als Atheismus verbrämte) Prinzip des Naturalismus meist auf eine "weltanschauliche Motivation" zurück und koppeln es strikt von der"naturwissenschaftlichen Ebene" ab. Damit soll zum Ausdruck gebracht werden, daß der religiös motivierte "Supernaturalismus" (oder Supranaturalismus) gleichberechtigt neben dem ontologischen Naturalismus (der sich in einen Materialismus transformieren läßt) stünde.
Dazu schreibt beispielsweise SCHERER (ähnlich JUNKER und SCHERER, 1998, S. 18; LÖNNIG, 2002):
"In der Tat sind Ursprung und Geschichte des Lebens nicht ohne weltanschauliche Grenzüberschreitungen zu erforschen, doch ist es nicht unser Verdienst, darauf als Erste hingewiesen zu haben (...) Leider weigern sich einige Biologen immer noch nachhaltig, diesen Sachverhalt zur Kenntnis zu nehmen. Ich habe den Eindruck, daß diese Weigerung zuweilen mit einer agnostischen oder atheistischen weltanschaulichen Bindung zusammenhängt (...) Zuweilen werden unsere Kinder in der Schule materialistisch geprägt - das geschieht jedoch keineswegs nur im Biologieunterricht und hängt nach meiner Erfahrung ohnehin stark von den individuellen Lehrern ab (...) Was aber eingefordert werden muß, ist die weltanschauliche Neutralität des Biologieunterrichtes an unseren staatlichen Schulen - und davon sind wir meines Erachtens inzwischen weit entfernt."
(SCHERER, 2003)
Derartige Behauptungen sind jedoch nicht diskursfähig, denn hier wird verschwiegen, daß es sich beim Naturalismus (bzw. Materialismus) - so er nicht in einer starken, sondern in einer "weltimmanenten" Form vertreten wird (vgl. MAHNER, 2002 b) - gar nicht um eine Aussage über die Nicht-Existenz eines Schöpfers, sondern um eine metaphysische These handelt, die ihre wissenschaftstheoretische Begründung hat. In diesem Sinne ist nur der weltimmanente Naturalismus (ausschließlich um ihn geht es uns hier) "weltanschaulich neutral". Denn er gewährleistet, daß man überhaupt erst naturwissenschaftlich arbeiten kann: Wissenschaft kann sich nur mit hypothetisiertenFakten befassen, deren Existenz überprüfbar ist. Aber nur aus Gesetzesaussagen lassen sich, wie wir im letzten Abschnitt anhand von Beispielen gezeigt haben, ganz spezifische Folgerungen ableiten, die man überprüfen kann.
Supernaturalistische Theorien postulieren jedoch übernatürliche Wesenheiten (wie z.B. einen Schöpfer), die Gesetzesaussagen wenigstens zum Teil durch den freien Willen dieses Wesens ersetzen. Dieser Wille erlaubt es nicht mehr, bestimmte Sachverhalte aus den supernaturalistischen Theorien zu schlußfolgern und zu erklären. Kurzum:
"Der Naturalismus ist für die Wissenschaften keine beliebige Setzung, sondern er wird gleichsam von deren methodologischen Prinzipien erzwungen. Wissenschaftliche Hypothesen und Theorien sollen z.B. überprüfbar sein. Überprüfbar ist aber nur das, mit dem wir wenigstens indirekt interagieren können, und das, was sich gesetzmäßig verhält. Übernatürliche Wesenheiten entziehen sich hingegen unserem Zugriff und sind auch nicht an (zumindest weltliche) Gesetzmäßigkeiten gebunden. Wissenschaftliche Theorien sollen ferner Erklärungskraft besitzen, d.h., sie sollen nicht alles erklären können, sondern nur genau, das, was erklärt werden soll."
(MAHNER, 2002 b, S. 689)
Ganz anders verhält es sich mit naturalistischen Theorien, wie etwa der Evolutionstheorie. Wie wir im letzten Abschnitt gesehen haben, gibt es Szenarien, welche die Revision der DARWINschen Abstammungshypothese logisch erzwingen würden; die Abstammungsthese kann nicht alles erklären. Auch in der Mechanismusfrage ist der Darwinismus über sein ursprüngliches Niveau hinausgewachsen, weil "logische Falsifikationen" dessen Weiterentwicklung erzwungen haben.
Während nun aber der Naturwissenschaftler seine von einer Falsifikation betroffenen, alles in allem aber wohlbestätigten Theorien nicht für völlig falsch, sondern nur für unvollkommen hält und sie im Sinne der Definition eines Forschungsprogramms gehalts-vermehrend überarbeitet (v. DITFURTH, 1987; LAKATOS, 1974), halten dies Evolutionsgegner immer dann für einen "unerlaubten Immunisierungsversuch", wenn es sich in der Diskussion um die Evolutionstheorie dreht. Auch historische Wissenslücken sowie das Ausstehen von Detailerklärungen werden irrigerweise für ein Scheitern naturalistischer (Ursprungs-) Theorien gehalten.
Betrachten wir aber die Wissenschaftsgeschichte, so zeigt sich, daß in jedem Stadium der Forschung einige Beobachtungen noch nicht gesetzmäßig erklärt werden konnten und können. Die Aufgabe von Wissenschaft besteht ja gerade darin, den gesetzmäßig erklärten Teil immer weiter auszudehnen. Immer dann, wenn in Ursprungsfragen noch keine Erklärung zur Hand ist, wird von Supernaturalisten jedoch das "Übernatürliche" ins Spiel gebracht und beispielsweise folgendes behauptet:
"Soweit jemand auch bei der Ursprungsfrage (...) als Erklärung in den Naturwissenschaften ausschließlich physikochemische Gesetzmäßigkeiten gelten lassen will, wird er sich angesichts der Tatsachen damit zufrieden geben müssen, dass die Hauptfragen zur Entstehung der Lebensformen nach wie vor offen sind." (1)
(LÖNNIG, 1991, S. 27)
Diese sattsam unter der Bezeichnung "Lückenbüßer-Theologie" (2) geläufige "Erkenntnisstrategie" ist für die Wissenschaft fatal, denn sie verunmöglicht jede Forschung am Detailproblem, ja es hätte seit Anbeginn der Zeiten nichts mehr zu erforschen gegeben! Die Existenz unvollständig beschriebener bzw. erklärter Sachverhalte ist schließlich der Normalfall in empirischen Theorien, womit sich letztlich alle wissenschaftlichen Theorien infragestellen und gegen einen "god of gaps"eintauschen ließen!
Denken wir uns zur Illustration der Problematik einen Chemiker, der aus bislang unerfindlichen Gründen in seinen Kunstsynthesen ein Produkt erhielte, das er gar nicht erwartet hatte. Er muß also davon ausgehen, daß er entweder in seinem Experiment einen Fehler begangen oder aber seine Vorstellungen über den Reaktionsmechanismus zu revidieren hat. Er findet die Lösung aber nicht. Also muß er weiterforschen und immer neue Hilfshypothesen erstellen oder sogar die Vorstellungen über die Mechanistik revolutionieren, um das Phänomen natürlich zu erklären. Wenn er zur "Lösung" seiner "nach wie vor offenen Hauptfragen" einfach behauptete, ein Schöpfer müsse in seine Experimente eingreifen, sieht jeder ein, daß dieser Schluß nicht diskursfähig ist, weil er nicht widerlegt werden kann, Forschung unterbindet und nichts erklärt. Kreationisten fordern angesichts bestehender Probleme in der kausalen Evolutionsforschung laufend derartige Schlüsse und meinen, damit eine wissenschaftliche Erklärung geliefert zu haben. Dadurch unterlaufen sie jedoch alle notwendigen Anforderungen an einen sinnvollen Diskurs.
SHERMER hat die Situation, in der sich die Befürworter einer "supernaturalistischen Wissenschaft" befinden, in einer noch deutlicheren (wenn auch recht harschen) Art auf den Punkt gebracht, wobei er über die Wissenschaftlichkeit der "Intelligent-Design-Theorie" (ID-Theorie) nachdenkt:
"Wenn wir einmal annehmen (obwohl wir nicht sehen, dass das stimmt), dass ID tatsächlich eine Reihe von biochemischen Komponenten so zusammenlagerte, dass [ein Bakterium] sich mit einer Geißel fortbewegt (so lautet deren einziges bekanntes Beispiel (...), wollen sie wirklich nicht wissen, wie ID das gemacht hat? Jeder Naturwissenschaftler, der etwas taugt, möchte das wissen (...) Aber die ID-Anhänger behaupten, dass sie sich nicht darum kümmern, wie ID das machte. Alles, was zählt, ist, dass Er (oder Sie oder Es) das machte. 'ID funktioniert auf wundersame Weise'. Was für eine bemerkenswert unwissenschaftliche Haltung. Was für ein erstaunlicher Mangel an Neugier über die Welt. (...) Okay, lasst uns die Regeln ändern. Erlauben wir methodologischen Supranaturalismus in der Wissenschaft. Wie sollte das aussehen? Wie sollte das funktionieren? (...) Nach ihren eigenen Angaben machen sie keine Aussagen über die Natur von ID und werden das auch nicht tun. Sie wollen nur sagen: 'ID machte das'. Das erinnert mich an den klassischen Cartoon von Sidney Harris, in dem zwei Wissenschaftler vor einer Tafel stehen, die mit Gleichungen vollgeschrieben ist. Eine Lücke in der Reihe der Berechnungen ist mit der Erklärung 'Dann geschieht ein Wunder' ausgefüllt."
(SHERMER, 2000, S. 23 f. - ins Deutsche übersetzt von TW)
Angesichts der Behauptung, daß die Evolutionstheorie die Entstehung komplexer Organe, wie etwa der Saugfalle des gemeinen Wasserschlauchs Utricularia vulgaris (vgl. Kapitel Ib.3), (noch) nicht im Detail zu erklären in der Lage sei, ist man also versucht den Gegner zu bitten, uns im Rahmen solcher Beispiele den Erklärungs(mehr)wert der Schöpfungstheorie zu demonstrieren. Dabei stellt sich, wie SHERMER gezeigt hat, eben heraus, daß die Schöpferhypothese bzw. Intelligent Design-Theorie noch weitaus schlechter dasteht als die Evolutionstheorie, denn deren einzige "Erklärung" lautet, der Schöpfer habe die anatomischen Merkmale eben auf irgendeine mysteriöse Weise erschaffen. Die offenen Fragen der Evolutionstheorie, die regelmäßig zur Begründung der Intelligent Design-Theorie herhalten müssen, werden also nicht beantwortet, sondern samt und sonders in ein unerforschliches Mysterium hineinverschoben!
Wer sich mit solchen "Erklärungen" intellektuell zufriedengibt, der kann der Evolutionstheorie keine mangelnde Erklärungskraft vorhalten, denn wir könnten es uns ebenso einfach machen, alle Kausalforschung beiseite lassen und einfach behaupten: "Die Evolution hat die anatomischen Merkmale eben auf mysteriöse Weise hervorgebracht". Ungeachtet offener Fragen ist der Evolutionsforscher aber weiter, denn er kann auf der Basis des Naturalismus prüfbare Gesetzesaussagen bzw. mechanismische Vorstellungen entwickeln und daraus testbare Evolutionsszenarien gewinnen. Da das Übernatürliche aber jenseits innerweltlicher Prinzipien liegt, ist eine supernaturalistisch geprägte Wissenschaft (wenn es sie gäbe) aber nicht in der Lage, eine ausgearbeitete mechanismische Theorie zu präsentieren oder auch nur ansatzweise an dem Problem zu forschen. Vor diesem Hintergrund überraschen die immer gleichlautenden Behauptungen der Antievolutionisten, der Naturalismus sei eine dem Supernaturalismus gleichwertige"Weltanschauung" oder verkörpere eine "religiöse Prämisse" (JUNKER und SCHERER, 1998, S. 18 und 20).
Es gibt übrigens noch einen weiteren Grund, warum der Naturalismus nicht als ontologisches, dem Supernaturalismus gleichwertiges Dogma ausgewiesen werden kann: Nicht nur naturalistische Theorien, sondern auch die Axiome des Naturalismus selbst sind - im Gegensatz zum Supernaturalismus - grundsätzlich revidierbar (KANITSCHEIDER, 1999; 2000). Denn wenn die Welt nicht gesetzesmäßig beschreibbar wäre, dann wäre der Naturalismus auch keine wissenschaftlich tragfähige Ontologie und müßte verworfen werden (3). Eine ähnliche Möglichkeit zur Prüfung transnaturaler Entitäten gibt es dagegen nicht, denn auch das "Herrschen" von Gesetzen, schließt Schöpfung nicht grundsätzlich aus.
Ungeachtet aller Probleme wird im Antievolutionismus natürlich am "supernaturalistischen Prinzip" festgehalten und durch die Kritik am "Paradigma Makroevolution" die Hoffnung verbunden, die schöpfungstheoretische Überzeugungen - wenn nicht beweisen, so doch zumindest "plausibler" machen. Auch JUNKER und SCHERER (1998) halten dies für eine wichtige Argumentation:
"Sollten sich (...) mit fortschreitender biologischer Forschung die Fälle mehren, die durch Evolutionnicht erklärbar zu sein scheinen, wäre die Message-Theorie immer besser begründet. Es war einwesentliches Ziel (...) dieses Buches, zu dieser Diskussion beizutragen."
(JUNKER und SCHERER, 1998, S. 297)
Auch ReMine (der den Status seiner "Intelligent-Design-Theorie" - in Ermangelungtheorieimmanenter Prognose- und Testmöglichkeiten - weitestgehend nur vom Erklärungswert der Evolutionstheorie abhängig macht) deutet die angebliche Unfähigkeit, die Entstehung der "Muster des Lebens" natürlich zu erklären, sogleich als Hinweis auf die Existenz eines einzigen (!) absichtsvoll schaffenden Designers (ähnlich KAHLE, 1999, S. 158):
"For example, mimicry, mutualism, symbiotic relationships, and convergences unite the system of life into a unified whole. Darwin was able to see this unity even though he had no knowledge of the universalities at the biochemical level. This is one unified system of life; attributable to only one designer."
(REMINE, 1993, S. 361)
Solche Behauptungen entbehren aber der logischen Grundlage. Keine wissenschaftliche Theorie wird und kann dadurch begründet werden, daß man eine konkurrierende Theorie aus dem Felde schlägt (das Umgekehrte ist der Fall). Denn logisch vorstellbar wären außer Evolution auch noch viele andere Alternativen; Schöpfung ist nicht die einzige logisch-attraktive Denkmöglichkeit (MAHNER, 1989, S. 35). Auch die Evolutionsbiologen halten die fehlende Erklärungskraft der Schöpfungsthese nicht für eine Begründung der Deszendenzhypothese, sondern müssen ihre Aussagen hypothetisch schlußfolgernd untermauern.
Der logische Kardinalfehler, aus der vermeintlichen Falschheit der allgemeinen Evolutionstheorie auf die Glaubhaftigkeit einer Schöpfungstheorie (oft noch dazu auf die Plausibilität eines ganz bestimmten Schöpfungsmodells oder, wie ReMINE dies tut, auf die Existenz eines einzigen Schöpfers!) zu schließen, zieht sich wie ein roter Faden durch die Argumentation im Antievolutionismus, und so wird der Versuch unternommen, unter Rekurs auf faktische und wissenschaftstheoretische Erklärungen, die historischen Aspekte der Evolutionstheorie auf das Niveau einer unwissenschaftlichen Spekulation herunterzudrücken oder die Abstammungshypothese sogar insgesamt als widerlegt zu erachten (vgl. z.B. LÖNNIG, 1991).
Wir wollen uns daher in den nächsten Abschnitten dieses Kapitels der wissenschaftstheoretischen Kritik an der Evolutionslehre zuwenden und analysieren, welche Argumentation von Kreationisten zum Zwecke der Destruktion der Abstammungshypothese genutzt wird. Das Ziel ist es festzustellen, ob die antievolutionistische Methodologie wissenschaftsphilosophisch gerechtfertigt werden kann oder ob sie sich uns als wissenschaftlich unbrauchbar und widersprüchlich entbirgt.
(1) Wäre die Wissenschaft gewillt, LÖNNIGs Argument ernst zu nehmen, hätte man sich schon vor 500 Jahren mit der Auffassung zufriedengeben müssen, daß sich in einem Gewitter der Zorn Gottes manifestiert. Denn selbstverständlich waren alle naturalistischen "Hauptfragen" zur Physik eines Unwetters "noch offen". Der Leser mag sich selbst die Frage beantworten, ob unter der Dominanz eines derartigen Wissenschaftsverständnisses jemals die Theorie des Elektromagnetismus - oder irgend eine andere erklärungsmächtige Theorie - entwickelt worden wäre.
(2) Selbstredend wird im Zuge des wissenschaftlichen Fortschritts die Wirkungssphäre des "god of gaps" zunehmend kleiner, das Übernatürliche als Erklärungsgrund in steigendem Maße überflüssig. Heute wird auf die Notwendigkeit, Beobachtungen als Folge der Intervention eines Schöpfers zu verstehen, bestenfalls noch im Rahmen der Frage nach dem Ursprung des Universums oder solch komplexer Strukturen wie Biosystemen, verwiesen. Doch auch hier ist der Kreator noch in Gefahr, da die vereinheitlichten Theorien der Quantengravitation sowie die Systemtheorien der Evolution die heute noch herrschenden Erklärungsprobleme naturalistisch überbrücken könnten.
(3) Die Vorstellungen der Kreationisten darüber, unter welchen Voraussetzungen der Naturalismus verworfen werden müßte, sind allerdings kaum akzeptabel. Eine Aufgabe naturalistischer Vorstellungen wäre erst dann geboten, wenn wir in einer Welt lebten, in der sich Phänomene nicht mehr gesetzmäßig beschreiben und systematisch ordnen ließen, in der sich Dinge völlig chaotisch und nicht nicht einmal mehr statistisch berechenbar verhielten. In einer solchen Welt müßte es, salopp formuliert, zugehen wie im "Trickfilm". Allenfalls unter solchen Voraussetzungen könnte man über die Existenz einer übernatürlichen Wesenheit spekulieren.
Gastbeitrag von: Martin Neukamm (Buch)
WissensWert (Donnerstag, 13 Oktober 2016 15:29)
Bereits zu Beginn wird eine Beschreibung der Welt mit einer Beschreibung der Weltbeschreibung gleichgesetzt (es handelt sich jedoch hier um zwei verschiedene Bezugspunkte), um den Naturalismus anzugreifen. Das ist ein häufiger Fehler...oder eine bewusste Strategie. Schon hier zeigt sich die intellektuelle Unredlichkeit der Gläubigen.
Hier eine Äußerung Hartls gegenüber Volker Dittmar:
»Ihre Sicht vom Naturalismus ist die klassische petitio principii "Natur ist alles, was der Fall ist. Was der Fall ist, muss natürlicher Art sein." Dies ist ein klassisch zirkulärer Schluss und deshalb ein Fehlschluss.«
Es ist höchst amüsant, zu sehen, wie Gläubige ständig projizieren müssen, um den Eindrück der Überlegenheit zu erwecken.
Haben denn die Ablehner des Naturalismus' noch immer nicht begriffen, dass dies zwangsläufig zur Beliebigkeit und dadurch zur Verteidigung von Fantasie führt? Ein Ablehner des Naturalismus' kann per Definition nicht mehr zwischen Realität und Fantasie unterscheiden, da eine Trennung dieser beiden Sachen eine Grenze annimmt, die der Verteidiger des Glaubens aber nicht hat. Wenn doch, welche?
Fantasie ist genauso allmächtig wie das Übernatürliche.
Beides ermöglicht Dinge, die die Natur "verbietet".
Und weil die Natur begrenzt ist, ist eine Anschauung, die darauf beruht (Naturalismus), nicht "beschränkt" sondern im höchsten Maße vernünftig.
Wer Dinge sieht, die nicht da sind, ist nicht besser dran als derjenige, der sie nicht sieht, weil er "mehr" sieht.
Deswegen ist und bleibt "übernatürlich" das religiöse Wort für "Fantasie".