In seinem Buch erzählt Marc Elsberg den Ablauf und die Folgen eines weltweiten Stromausfalls, der durch gezieltes Eindringen in die Systeme zur Elektroenergieversorgung und ihre Sabotage hervorgerufen wurde. Bemerkenswert seine Worte im Nachwort des Buchs:
Blackout ist Fiktion. Doch während meiner Arbeit an dem Manuskript wurde meine Fantasie mehrmals von der Realität eingeholt. So sah mein erster Entwurf 2009 eine Manipulation der SCADA-Systeme von Kraftwerken vor. Zu diesem Zeitpunkt hielten selbst Fachkreise diese Möglichkeit für kaum umsetzbar oder gänzlich abwegig — bis 2010 Stuxnet entdeckt wurde. Ähnlich war es mit der Gefahr, die von den Notkühlsystemen der Kernkraftwerke ausgeht – bis zur Katastrophe in Fukushima.
Wenn man über die Frage nachdenkt, was den in unserer Gesellschaft ohne Strom noch funktioniert, dann wird man wirklich nachdenklich.
Tatsache ist, dass es eine Broschüre des Innenministeriums gibt, in der empfohlen wird, ein batteriebetriebenes Radio zu Hause zu haben. Aber wer von Ihnen hat so etwas? Und wenn, wer besitzt auch die notwendigen Batterien? Wir haben uns an eine Welt gewöhnt, die mit Fernsehen, Internet und Mobiltelefonen funktioniert. Einige von Ihnen besitzen vielleicht gar keine Festnetzanschlüsse menr. Würde aber auch nichts helfen, denn die Notstromreserven der Ortsvermittlungsstellen betragen zwischen fünfzehn Minuten und acht Stunden. Auch die Mobilfunknetze sind tot. Selbst wenn sie in Betrieb wären, sind die Akkus der Mobiltelefone inzwischen leer, weil man sie nirgends mehr aufladen kann. Das Internet ist für den Durchschnittsbürger so gut wie nicht mehr nutzbar – und wenn, nur für jene, deren Computer noch mit Elektrizität versorgt werden. Dasselbe gilt für Fernsehen und Radio.
Ohne Stromversorgung funktioniert praktisch nichts mehr. Die üblichen Heizungen in Wohnhäusern pumpen elektrisch, die Trinkwasserversorgung benötigt elektrischen Strom (damit gehen auch die Sanitäranlagen in Privatwohnungen ohne Strom nicht). Man kann nicht tanken, denn auch Benzin- und Diesel an den Tankstellen wird elektrisch aus den unterirdischen Tanks gefördert. Industrieanlagen benötigen ebenfalls elektrischen Strom. Elsberg hat im Nachwort Fukushima angesprochen. Tatsache ist, dass Atomkraftwerke, wenn sie wegen einer Havarie keinen Strom mehr produzieren, selbst auf eine ununterbrochene Stromzufuhr angewiesen sind, um die Kühlung aufrecht zu erhalten.
Im Buch sind die Verursacher der weltweiten Stromausfälle Terroristen, die sich selbst in der Tradition der früheren Anarchisten sehen. Einer der Ermittler fasst seinen Wissensstand zu diesem Zeitpunkt zusammen:
Diese
Daten geben zumindest Anhaltspunkte, dass es hier eine Gruppe von Menschen gibt, die den ideologischen Hintergrund, die persönlichen Schicksale und das notwendige Know-how für einen solchen
Terroranschlag besitzen. Wir kennen diese Profile aus revolutionären Bewegungen weltweit. Die Akteure kommen in den seltensten Fällen aus den armen und unter den Verhältnissen am heftigsten
leidenden Unterschichten, sondern rekrutieren sich aus der gebildeten Mittel- und Oberschicht.
...
Es läuft darauf hinaus, dass sie eine neue
Weltordnung aufstellen wollen, menschlicher, gerechter, fairer. Sie sind aber der Ansicht, dass diese nicht aus den bestehenden Verhältnissen geschaffen werden kann, sondern nur durch einen
großen Knall. Anders würden die trägen, eingelullten, bequemen Menschen vor allem im Westen nicht zu aktivieren sein.
Was ist ein Terrorist? Man erkennt sehr schnell, dass die Antwort darauf nicht möglich ist, ohne selbst einen bestimmten Standpunkt einzunehmen. Ein Terrorist wird sich niemals selbst als Verbrecher sehen, sondern aus seinem Blickwinkel hat er gute und plausible Gründe für sein Handeln. Man bezeichnet ihn als Terroristen, weil man selbst seine Handlungen nicht gutheißt und deren Folgen als Schaden für sich selbst ansieht.
Objektiv betrachtet tut ein Terrorist, der in fremde Computersysteme eindringt und sie für seine Zwecke manipuliert, nichts anderes als es die Geheimdienste ebenfalls tun – siehe Stuxnet. Die Möglichkeiten für solche Manipulationen wachsen ständig. Im Buch beginnt das Eindringen in die Stromversorgungsnetze über die so genannten Smart Meter. An solchen Geräten wird intensiv gearbeitet. Die Wunschvorstellung ist, die Energieversorgungsnetze besser zu steuern. Den primären Nutzen haben zunächst die Energieversorger, denn es soll den Energieverbrauch über den Tag und das Jahr gleichmäßiger machen und (teure) Lastspitzen verringern. Den Kunden möchte man das mit verbilligten Stromtarifen schmackhaft machen. Was (derzeit?) davon zu halten, darüber lässt Elsberg einen Verantwortlichen im Buch sagen:
An die Wand projiziert stand eine Reihe von Schlagworten:
· Wäschewaschen, wenn Tarife billig
· Geld verdienen mit der Autobatterie
· Individuelles Energiemanagement
»Ich
möchte die Hausfrau und noch viel mehr die berufstätige Mutter sehen«, wetterte Wickley, »die ihre Waschmaschine nur bei besonders günstigen Tarifen einschaltet – oder vom System einschalten
lässt. Das ist dann um zwei Uhr nachts, danach liegt die Wäsche noch vier Stunden feucht herum und muffelt bereits, wenn sie am Morgen aufgehängt wird. Weil man ja in der Früh nichts anderes zu
tun hat, als Wäsche aufzuhängen…«
…
Und die Senioren? Können nicht einmal ihr Handy oder
ihren Computer ordentlich bedienen. Diesen Leuten will man jetzt auch noch zumuten, ihren Stromverbrauch per Mobiltelefon oder Computer aktiv zu managen? Wissen Sie, was ich an deren Stelle
antworten würde? Sie können mich – na, Sie wissen schon. So etwas finden nur ein paar technikverliebte Ingenieure toll. Für den Rest der Menschheit ist das ein Albtraum!«
Im Buch wird ein Extremfall geschildert, ein weltweiter Stromausfall nach einem terroristischen Anschlag. Würde so etwas tatsächlich passieren, dann würde es die heutige Hochkultur abrupt beenden, denn ohne Elektrizität ist unsere Lebensweise nicht möglich. Es hat in der jüngeren Geschichte bereits mehrfach größere Stromausfälle gegeben, in der DDR z.B. im Winter 1978/1979. Hier Berichte darüber. Auch später gab es mehrfach ähnliche Ereignisse, siehe z.B. das Münsterländer Schneechaos im Jahr 2005.
Nach dem Lesen des Buchs überlegt man unwillkürlich, wie es um die eigene Vorsorge für den Fall einer solchen Katastrophe aussieht. In einem der Kapitel des Buchs schreibt eine Mitarbeiterin einen Zettel mit der Prioritätenliste der Behörden:
· Wasser
· Lebensmittel
· Medizinische Versorgung
· Unterkunft
· Kommunikation
· Öffentliche Ordnung
· Transport
· Geld/Finanzen
· Andere Infrastrukturen
· Versorger
· International
Vielleicht sind die letzten Punkte auf der Liste für eine Privatperson nicht unbedingt wichtig, die ersten in derselben Reihenfolge aber schon. Es gibt im Netz viele Seiten zur Katastrophenvorsorge, hier ein „offizieller“ Link zum Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe. Man sollte nicht auf die Katastrophe warten, bis man sich im Netz informiert – denn beim Eintreten einer Katastrophe gibt es das Netz nicht mehr.
Gastbeitrag von: Dr. Ralf Poschmann