Evolutions-Spuren am Menschen: Hodenentwicklung
Ein Teil der neugeborenen Jungen wird mit leerem Hodensack geboren. Erst nach einigen Wochen steigen die Hoden durch den Leistenkanal ab und kommen im Hodensack zu liegen. Dabei gibt es einige
Zwischenformen: Bauchhoden liegen dauerhaft in der Bauchhöhle. Gleithoden liegen am Übergang zum Hodensack, lassen sich kurz in den Hodensack herabziehen, gleiten aber sofort zurück. Pendelhoden
liegen zeitweilig anatomisch korrekt, "pendeln" aber bei Kälte oder Stress zurück in Richtung Leistenkanal. (Bilder in den Kommentaren). Kommen die Hoden auch am Ende des ersten Lebensjahrs nicht
im Hodensack zu liegen, besteht ein hohes Risiko für Unfruchtbarkeit. In der Bauchhöhle können Hoden unbemerkt Krebs entwickeln. Dann wird operiert und der Hoden im Hodensack fixiert
(Orchidopexie) oder Hodenrudimente entfernt.
Wie kommt das? Warum entstehen die Hoden nicht einfach im Hodensack?
Wie bei fast jeder biologischen Frage: aufgrund unserer Stammesgeschichte. Die Hoden lagen bei unseren evolutionären Vorfahren (Amphibien, Kriechtieren) in der Bauchhöhle, auf der Vorderseite der Nieren. (Bilder in den Kommentaren.) Erst bei den Säugetieren wandert der Hoden nach außen. Im Embryonalstadium zeichnen wir die Stammesgeschichte nach. Die Hoden entstehen neben den Nieren und wandern dann über sieben Wochen allmählich in Richtung Hodensack (descensus testis). Das kann sich verspäten - oder auch mal schief laufen.
Gastbeitrag von: Jori Wehner