Gedankenspiel:
Stellen Sie sich vor, eines Tages landen fremde Wesen aus dem All auf unserem Planeten. Wesen wie aus dem Hollywood-Spielfilm Independence Day. Sie sind unglaublich
intelligent und dem Menschen weit überlegen. Da nicht immer ein todesmutiger US-Präsident im Kampfflugzeug zur Verfügung steht und diesmal kein verkanntes Genie die außerirdischen Computer mit
irdischen Viren lahmlegt, haben die
fremden Wesen die Menschheit in kürzester Zeit besiegt und eingesperrt.
Eine beispiellose Terrorherrschaft beginnt. Die Außerirdischen benutzen die Menschen zu medizinischen Versuchen, fertigen Schuhe, Autositze und Lampenschirme aus
ihrer Haut, verwerten ihre Haare, Knochen und Zähne. Außerdem essen sie Menschen auf, besonders die Kinder und Babys. Sie schmecken ihnen am besten, denn sie sind so weich, und ihr Fleisch ist so
zart.
Ein Mensch, den sie gerade für einen medizinischen Versuch aus dem Kerker holen, schreit die fremden Wesen an:
“Wie könnt ihr so etwas tun? Sehr ihr nicht, dass wir Gefühle haben, dass ihr uns wehtut? Wie könnt ihr unsere Kinder wegnehmen, um sie zu töten und zu essen? Seht
ihr nicht, wie wir leiden? Merkt ihr denn nicht, wie unvorstellbar grausam und barbarisch ihr seid? Habt ihr denn überhaupt kein Mitleid und keine Moral?”
Die Außerirdischen nicken.
“Ja, ja”, sagt einer von ihnen. “Es mag schon sein, dass wir ein bisschen grausam sind. Aber seht ihr”, fährt er fort, “wir sind euch eben überlegen. Wir sind
intelligenter als ihr und vernünftiger, wir können lauter Dinge, die ihr nicht könnt. Wir sind eine viel höhere Spezies, ein Dasein auf einer anderen Stufe. Und deshalb dürfen wir mit Euch
machen, was wir wollen. Verglichen mit uns, ist euer Leben kaum etwas wert. Außerdem, selbst wenn unser Verhalten nicht ganz in Ordnung sein sollte - eines steht trotzdem fest: Ihr schmeckt uns
halt so gut!”
Quelle: "Wer bin ich - und wenn
ja wie viele?: Eine philosophische Reise" von Richard David Precht
Kapitel “Jenseits von Wurst und Käse - Dürfen wir Tiere essen?”