Im Zuge des Netzwerk-Durchsetzungsgesetzes ermächtigt die Bundesregierung NGOs festzulegen, was unter den Begriff „Hate-Speech“ fällt. Negative Auswirkungen auf die Meinungsfreiheit in der Bundesrepublik könnten die Folge dieses kurzfristigen Denkens sein. Ist dieses Vorgehen mit der freiheitlich demokratischen Grundordnung zu vereinbaren, und welche Rolle spielt die „Social-Justice“-Bewegung?
Zunächst einmal ist soziale Gerechtigkeit, zumindest in der deutschen Übersetzung ein irreführender Begriff, weshalb im Folgenden der Begriff „Social Justice“ verwendet werden soll. Soziale Gerechtigkeit, das klingt so nach anti-kapitlistisch und alter SPD. „Social Justice“ hingegen beschreibt ein Phänomen, das hierzulande eher unter dem Begriff „Politische Korrektheit“ subsummiert werden kann. Neben vielem anderem geht in der deutschen Übersetzung auch der sarkastische Unterton verloren, in dem in der Regel von den sogenannten „Social Justice Warriors“ gesprochen wird. Das ebenfalls von einer rechten Gesinnung vereinnahmte Wort „Gutmensch“ wird der eigentlichen Bedeutung allenfalls teilweise gerecht.
Der in den USA entstandene Begriff wird von Wikipedia wie folgt definiert „“Social justice warrior“ (commonly abbreviated SJW) is a pejorative term for an individual promoting socially progressive views, including feminism, civil rights, multiculturalism, and identity politics. The accusation of being an SJW carries implications of pursuing personal validation rather than any deep-seated conviction, and being engaged in disingenuous social justice arguments or activism to raise personal reputation, also known as virtue signalling.“
(„Social Justice Warrior“ (gemeinhin als SJW abgekürzt) ist ein abwertender Begriff für ein Individuum, das sozial progressive Ansichten propagiert, beispielsweise Feminismus, Bürgerrechte, Multikulturalismus und Identitätspolitik. Die Anschuldigung, ein SJW zu sein, impliziert, dass diese Person nur aus Gründen der moralischen Erhöhung der eigenen Person und nicht aus einer tiefsitzenden Überzeugung handelt. Unter Zuhilfenahme fadenscheiniger Argumente der Social-Justice-Bewegung wird versucht, den eigenen Ruf durch sogenanntes „Virtue Signalling“ aufzuwerten.)
Oder wie es der Psychologe Dr. Jordan Peterson
formulierte:
„The game is identify a domain of human endeavor. Note that there’s a distribution of success: Some people are doing comparatively better and some people are doing
comparatively worse. Define those doing worse as victims, define those doing better as perpetrators. Identify with the victims, have yourself a set of enemies handy to vent your resentment and
feel good about it even though it didn’t really require any work on your part and then endlessly repeat.“
(„Das Spiel läuft wie folgt: Zuerst gilt es einen Bereich des menschlichen Strebens zu benennen. Bemerken Sie, dass eine ungleiche Verteilung des Erfolgs existiert: Einige Menschen sind darin vergleichsweise besser und einige Leute sind darin vergleichsweise schlechter. Definieren Sie diejenigen, die schlechter sind als Opfer, definieren Sie die Besseren als Täter. Identifizieren Sie sich mit den Opfern, legen sie sich eine Reihe von Feinden zu, um ihren Ressentiments Luft zu machen. Sie fühlen sich gut dabei, obwohl sie nicht wirklich Mühe oder Arbeit investiert haben. Wiederholen Sie diesen Prozess immer wieder.“)
Die negative Besetzung dieses Begriffes rührt also nicht daher, dass die Werte abgelehnt werden, welche von SJW vertreten werden wollen, sondern dass diese Werte nur auf einer oberflächlichen/peripheren Ebene, wenn überhaupt, verinnerlicht wurden und nur der Verbesserung der eigenen Reputation dienen. Dieses Verhalten bezeichnet man als „Virtue Signalling“. Die Stilisierung in eine marginalisierte Rolle dient als psychisches Allheilmittel gegen dem Ego schädliche Einflüsse. Der potentiell eigene Fehler wird auf eine systemimmanente Macht projiziert, ominöse Strukturen wie das Patriarchat, gegen die der Einzelne nicht ankommt.
So weit, so unbedeutend. Wo wird dieses Verhalten zum gesellschaftlichen Problem? In den USA ist es bereits so weit, dass Wissenschaftler die Vortagserlaubnis entzogen wird, wenn ihre Meinungen der dogmatischen Agenda widersprechen. So geschehen bei dem Biologen und Religionskritiker Richard Dawkins und dem Philosophen Slavoj Zizek, die nicht im Ruf stehen, vorgestrige Ansichten zu propagieren.
Diese Ideologie nimmt Einfluss auf die Gesetzgebung. Ich persönlich bin der Ansicht, dass Deutschland im Großen und Ganzen ein adäquates Justizsystem vorzuweisen hat. Das Problem ist nur, wenn das Allheilmittel der Legislative, welche ja um ihre Wiederwahl bangen muss, das Erlassen neuer Gesetze ist, um damit vermeintliche Lücken zu schließen und das Problem ohne großen finanziellen Aufwand von der To-Do-Liste streichen zu können.
So wieder geschehen beim Netzwerkdurchsetzungsgesetz, wo kurzerhand die Zensur privatisiert wird, um sich die Beschäftigung geschulter Spezialisten sparen zu können. Es existieren erprobte Gesetze wie Beleidigung, Nötigung oder Volksverhetzung und diese bedürfen aus gutem Grund einer richterlichen Entscheidung. Es handelt sich um eine unbedachte, aber scheinbar öffentlichkeitswirksame Maßnahme gegen ein komplexes Problem. Mit einem Gesetz, das eine solche Schwammigkeit und Willkür impliziert, dass totalitäre Staaten den Gesetzesentwurf kopieren und Reporter ohne Grenzen einen klaren Verstoß gegen die Meinungsfreiheit sehen. Denn wer entscheidet nun, welche Kommentare den Konzernen Strafen bis 5 Millionen Euro einbringen? Federführend für die Bekämpfung von „Hate Speech“ bei sozialen Netzwerken in Deutschland ist die Amadeu Antonio Stiftung, welche auf Anordnung des Bundesjustizminister u.a. bei Facebook aktiv ist. Diese Stiftung wird, oh diese Ironie, von einer ehemaligen Stasi-Denunziantin geleitet.
Ich habe Herrn Maas wirklich einmal sehr geschätzt. Nach dem Anschlag auf „Charlie Hebdo“ sprach er sich gegen eine neue Regelung der Vorratsdatenspeicherung aus. (Man erinnere sich: Die CSU sprach sich damals für eine Verschärfung des Blasphemie-Paragraphen aus!) Mit einem Verweis auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts begegnete er nicht nur dem um sich greifenden Irrglauben, ein Mangel an Daten sei das Problem. Nein, er stand auch auf gegen die Praxis des Verschlimmbessern, wie ich sie eingangs beschrieben habe. Lang, lang ist es her, der gute Heiko hat sich wieder eingereiht. Die selbsternannten Social-Justice Warrior sind nicht nur Ursache, sondern auch ausführender Bestandteil einer neuen Form von Zensur in unserem Land. Von politischen Talk-Shows erwarte ich seit 2001 keine kontroverse Debatten mehr und nein, eine Islamistin einzuladen zeugt nicht von Meinungsdiversität, sondern einfach nur von verzweifeltem Unvermögen, noch eine echte Debatte entfachen zu können.
Eine von der Otto-Brenner-Stiftung veröffentlichte Studie unterstellt den deutschen Medien, auch den öffentlich-rechtlichen, Mängel in der Objektivität der Berichterstattung über die sogenannte „Flüchtlingskrise“. Diese Hybris hat ihnen damals den Ruf der Lügenpresse eingebracht und ist Wasser auf die Mühlen derer, die überall eine Verschwörung gegen das deutsche Volk wittern. Aber der Vorwurf war, wie wir nun sehen, nicht so unbegründet wie die sonstigen Theorien, die aus diesem Lager für gewöhnlich ausgeschieden werden. Das eigentliche Problem ist, dass man durch das Aufbauen eines Strohmannes aus AfD, Pegida und rechtsextremen Kreisen, jegliche objektive Auseinandersetzung mit den nicht zu leugnenden Problemen unterbindet, die mit der Aufnahme von Flüchtlingen verknüpft sind. Ich möchte nicht die positiven Absichten der Leitmedien in Frage stellen, aber das Gegenteil von „gut“ ist leider oft „gut gemeint“. Denn wenn Probleme nicht angegangen, ja nicht einmal als solche erkannt werden, haben diese die Angewohnheit, den Bereich der Unkenntnis so lange auszufüllen, bis sie letzten Endes doch mit der Realität kollidieren. Dies führt unweigerlich zu kognitiven Dissonanzen. Die letzte Barriere vor dem Eindringen des Problems in das kollektive Bewusstsein sind oftmals die sogenannten Social-Justice-Warrior. Ihre Waffen sind falsche Äquivalenzen, Whataboutism und Sophismus – rethorische Taschenspielertricks.
Mit „Funk“ wurde ein öffentlich-rechtliches Organ geschaffen, ein Fernsehgarten der Volksverdummung auf Youtube. Von vielen guten Beiträgen wie beispielsweise „Walulis“ abgesehen, ist ein Teil des Programms für 14-29 jährige bestenfalls journalistisch bankrott, schlimmstenfalls gefährlich. Ernstzunehmende Kritik, wie der fulminante offene Brief des Youtubers „Doktorant“ an ARD, ZDF und Funk werden mit Hasskommentaren in einen Topf geworfen. Was passiert, wenn eine öffentliche Rundfunkanstalt ihre unbegabten Internet-Zöglinge nicht nur vor Hassposts, sondern auch vor jeglicher Konfrontation mit Argumenten abschotten will, da sich vor allem letztere negativ auf die Zuschauerzahlen auswirken? Die ARD greift, und das lässt sich nicht von der Hand weisen, zu Zensurmaßnahmen. Die ARD zweckentfremdet Tools des Privatanbieters wissentlich, namentlich ungerechtfertigte Urheberrechtsklagen, um kritische Stimmen nicht mehr zugänglich zu machen. Eine digitale Bücherverbrennung, wenn man es dramatisch ausdrücken möchte. Und dieser Vergleich ist leider nicht aus der Luft gegriffen, wie folgender Fall schmerzhaft vor Augen führt:
Was hat man von einer Person zu erwarten, die in ihren Videos den Koran verbrennt? In seiner Kommentarspalte werden sich zumindest viele finden, die schon die letzte Bücherverbrennung auf deutschem Boden als Erleuchtung empfunden haben. Doch wer es schafft Linke, Rechte und Muslime gegen sich aufzubringen muss nicht zwangsläufig ein klassischer Troll sein, ganz im Gegenteil. "Die vulgäre Analyse" meint es sehr ernst.
Seine Identität hält er nach eigener Aussage geheim, aus Angst, es würde etwas passieren, „was garantiert nichts mit dem Islam zu tun hat“. So wurde schon versucht, ihn zu doxxen, seine Identität der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, unter anderem von Funks „Jäger und Sammler“. Die Gefährdung ihres Gegenübers hätten sie für Klicks in Kauf genommen, waren aber nicht bereit, sich den Argumenten in einer offenen Diskussion zu stellen. Die von der Gegenseite vorgeschlagene Debattenform, welche Schlomos Anonymität gewahrt hätte, wurde mit fadenscheinigen Argumenten abgelehnt.
Wer jetzt noch behauptet, religiöse Dogmen hätten keinen Einfluss mehr auf die Meinungsfreiheit, sieht sich hoffentlich nicht erst seit „Charlie Hebdo“ eines besseren belehrt. Es gibt wieder Menschen in unserem Land, die Angst haben müssen, ihre Meinung auszudrücken. Meinungsfreiheit darf nicht verhandelbar sein und wir müssen sie als eine der Säulen unseres friedlich Zusammenlebens unbedingt erhalten. Doch was passiert, wenn sich eine öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt erdreistet, die Meinungsfreiheit eines Journalisten (Shlomo Finkelstein erfüllt mMn nach die Kriterien von Journalismus besser als so manch` approbierter Journalist) einzuschränken? Wenn man die Überwachungstools eines privaten Anbieters missbraucht, um seine Kanäle zu sperren?
Ich sage es Ihnen: nichts. Nirgends in der Presse konnte ich auch nur eine Randnotiz zu einem Youtube-Kanal finden, der regelmäßig 100.000 Nutzer erreicht. Dies ist auch nicht verwunderlich. Rainer Praetorios religionskritischer Beitrag mit Dieter Nuhr und Michael Schmidt-Salomon im Deutschlandfunk zu senden und die Ausstrahlung der Antisemitismus-Dokumentation für Arte wurden ebenfalls einer fragwürdigen politischen Agenda folgend abgelehnt. Wo ist Zapp und all die anderen hochwertigen Formate, die ich noch schätze in unserer Fernsehlandschaft? Zu beschäftigt mit Kondolenzschreiben in die Türkei?
Wer mit dem Fall Finkelstein nicht vertraut sein sollte, schaue sich bitte dieses Video an (vor einer vulgären Ausdrucksweise, sei an dieser Stelle gewarnt). Kurz zusammengefasst wurde mit Verweisen auf Copy-Right-Claims Herrn Finkelsteins Youtube-Kanal gesperrt. Von der ARD. Betrachtet man nur diese Aussagen, so fragt man zurecht nach dem „Warum“. Warum sollte die ARD die Sperrung eines Youtube-Kanals forcieren, sogar Leute einstellen, die diesen Kanal überwachen? Die meisten seiner Videos sind bis heute bestenfalls als „Mirror“ auf anderen Kanälen zu finden.
Ich kann nur zu einer logischen Schlußfolgerung kommen, da ich der ARD nicht vorwerfen will, vorsätzlich die Meinungsfreiheit zu untergraben. Übrig bleibt nur der Wille, sein eigenes junges Pflänzchen „Funk“ im Dschungel der Internet-Präsenzen zu beschützen. In diesem Fall würde es sich „nur“ um Selbstgefälligkeit handeln, nicht um Demokratiefeindlichkeit. Doch ist mangelnde Reflexion auf Seiten der vierten Gewalt ein schwerwiegender Mangel. Er spielt denen in die Hände, die Meinungsfreiheit gerne Stück für Stück beerdigen wollen.
Denn hier schließt sich der Kreis zur eingangs erwähnten Studie: Das Ignorieren der Realität unter dem Vorwand positiver Absichten – Der Zweck heiligt die Mittel. Allerdings ist es eine Sache, Dinge nicht zu senden, wie im Falle Dieter Nuhrs, oder aktiv gegen andere Meinungen vorzugehen. Die vom Qualitätsjournalismus gescholtenen Echokammern, die Blasen der eigenen Ansichten, sie umschließen auch die Journalisten.
Gastbeitrag von: Josua Junker