„In einer Welt, die überflutet wird von belanglosen Informationen, ist Klarheit Macht.“ 

- Yuval Noah Harari

Cartesianischer Dualismus

Dieser Aufsatz handelt vom Substanzdualismus des Philosophen René Descartes.

1. Antike Seelenvorstellungen

Bereits in der attischen Philosophie findet sich die Vorstellung einer vom Leib grundverschiedenen Seele:

Platon (427347 v.Chr.): Die Seele ist u.a. Lebensprinzip.

Sokrates: (...) was wird in einem Körper entstehen müssen, der leben soll? –

Kebes: Die Seele. – Sokrates: In allen Fällen? – Kebes: Natürlich. – Sokrates:

Wohin immer die Seele kommt, dorthin bringt sie Leben mit? – Kebes: Ja.“

(Platon, Phaidon, 105c9105d5)

Aristoteles (384322 v.Chr.): Die Seele ist die Form von Lebewesen  d.h. das,

was es ausmacht, ein Lebewesen zu sein.
Die Seele ist der Inbegriff und zugleich der Grund der folgenden, für

Lebewesen charakteristischen Fähigkeiten:

·         der Fähigkeit zu wachsen, sich zu ernähren und sich zu reproduzieren

(vegetative Seele),

·         der Fähigkeit, wahrzunehmen und sich zu bewegen (animalische

Seele), der Fähigkeit, zu denken (denkende Seele).

2. Descartes Dualismus

2.1. Descartes Bruch mit der Antike

Descartes schreibt:

„(...) der soeben erklärte Mechanismus [des Herzens ergibt] sich allein aus
der Einrichtung der Organe (...), die man im Herzen mit seinen Augen sehen,
aus der Wärme, die man dort mit seinen Fingern spüren, und aus der Natur
des Blutes, die man durch Erfahrung kennenlernen kann, und dies mit der
gleichen Notwendigkeit, wie der Mechanismus einer Uhr aus der Kraft, Lage
und Gestalt ihrer Gewichte und Räder folgt.“
- Discours 5.6, AT VI 50 f., PhB 261 80 ff.

Nach Descartes sind Lebensvorgänge also rein mechanische Vorgänge, die sich aufgrund der in der ganzen Natur in gleicher Weise geltenden Gesetze allein aus dem Aufbau und der Anordnung der in einem Lebewesen enthaltenen Teile ergeben. Die Annahme einer Seele ist nicht hier nicht mehr nötig, um die für Lebewesen charakteristischen Fähigkeiten zu erklären.

2.2. Descartes’ Mechanismus

Descartes’ naturphilosophische Grundüberzeugung ist die folgende: Die gesamte Natur – die organische ebenso wie die unorganische – wird vondenselben mechanischen Prinzipien beherrscht. Alle Phänomene der natürlichen (physischen) Welt – auch die Lebensphänomene – können allein aus der Gestalt, Konfiguration und Bewegung der an ihnen beteiligten Körper oder Körperteile erklärt werden. Das heißt nicht, dass man alles auf diese Weise erklären kann.Menschen haben zwei Fähigkeiten, die sich nicht mechanisch erklären lassen – sie können denken und sprechen.

„Wenn es Maschinen mit den Organen und der Gestalt eines Affen oder eines anderen vernunftlosen Tieres gäbe, so hätten wir gar kein Mittel zu erkennen, dass sie nicht von genau derselben Natur wie diese Tiere wären. (…) [G]äbe es dagegen Maschinen, die unseren Körpern ähnlich wären und unsere Handlungen insoweit nachahmten, wie dies für Maschinen wahrscheinlich möglich ist, so hätten wir immer zwei ganz sichere Mittel, um zu erkennen, dass sie keineswegs wahre Menschen sind. Erstens könnten sie nämlich niemals Worte oder andere Zeichen dadurch gebrauchen, dass sie sie zusammenstellen, wie wir es tun, um anderen unsere Gedanken mitzuteilen (…) [Und zweitens:] Sollten diese Maschinen auch manches ebenso gut oder sogar besser verrichten als irgendeiner von uns, so würden sie doch zweifellos bei vielem anderen versagen, wodurch offen zutage tritt, dass sie nicht aus Einsicht (connaissance) handeln, sondern nur aufgrund der Einrichtung ihrer Organe. Denn die Vernunft (raison) ist ein Universalinstrument, das bei allen Gelegenheiten zu Diensten steht, während diese Organe für jede besondere Handlung einer besonderen Einrichtung bedürfen (…)”

- Discours 5.10, AT VI 57, PhB 261 92 f.

Affen kann man also „nachbauen“, Menschen nicht.

2.3. Grundsätze der Descartesschen Metaphysik

1. Es gibt keine Maschine, die sprechen und denken kann.

2. Der Mensch kann sprechen und denken.

Also: Der Mensch ist keine Maschine.

Also: Es muss etwas geben, was die spezifisch menschlichen Fähigkeiten zu denken und zu sprechen erklärt – die Seele.

Daraus bastelt Descartes einen Schluss auf die beste Erklärung:

1. Wir können das Phänomen X nur durch die Annahme erklären, dass es Dinge der Art Y gibt.

Also: Es gibt Dinge der Art Y.

„Ich erkenne aber nur zwei oberste Gattungen von Dingen an: die der geistigen oder denkenden Dinge (...) und die der körperliche Dinge (...).“

(Prinzipien I 48.)

„(...) aber es gibt doch für jede Substanz eine vorzügliche Eigenschaft, welche ihre Natur und ihr Wesen ausmacht (...). So bildet die Ausdehnung (...) die Natur der körperlichen Substanz, und das Denken macht die Natur der denkenden Substanz aus. Denn alles, was sonst dem Körper zugeteilt werden kann, setzt die Ausdehnung voraus und ist nur ein Zustand der ausdehnten Sache; ebenso ist alles, was man im Geiste antrifft, nur ein besonderer Zustand des Denkens.“

(Prinzipien I 53)

Es gibt zwei Arten von Substanzen (selbständigen Dingen, die die Träger von Eigenschaften sind):

·         körperliche Substanzen (res extensae) und

·         geistige Substanzen (res cogitantes).

Für jede Substanz gibt es ein Attribut, eine wesentliche Eigenschaft, ohne die

sie nicht existieren kann:

·         Für körperliche Substanzen ist dies die Eigenschaft der Ausdehnung,

·         für geistige Substanzen die Eigenschaft des Denkens.

2.4. Descartes’ Argument

Frage: Zu welcher Art von Substanzen gehört der Mensch?

These: Menschen sind keine körperlichen, sondern denkende Substanzen.

„Zuerst: da ich weiß, dass alles, was ich klar und deutlich begreife, von Gott in der Weise gemacht werden kann, wie ich es begreife, so reicht es aus, dass ich eine Sache ohne eine andere klar und deutlich begreifen kann, damit ich sicher bin, dass die eine von der anderen verschieden ist, da sie wenigstens von Gott getrennt voneinander gesetzt werden können (...) Und deshalb: gerade daraus, dass ich weiß, ich existiere, und dass ich bisher nichts anderes als zu meiner Natur oder meinem Wesen gehörig bemerke, außer dass ich ein denkendes Ding bin, eben daraus schließe ich mit Recht, dass mein Wesen allein darin besteht, dass ich ein denkendes Ding bin.
Und obwohl ich vielleicht – oder sogar gewiß, wie ich später darlegen werde – einen Körper habe, der mit mir sehr eng verbunden ist, so ist doch, da ich auf der einen Seite eine klare und deutliche Idee von mir selbst habe, insofern ich nur ein denkendes, nicht ausgedehntes Ding bin, und auf der anderen Seite eine deutliche Idee vom Körper, insofern dieser nur ein ausgedehntes nicht denkendes Ding ist, so ist, sage ich, gewiß, dass ich von meinem Körper wirklich verschieden bin und ohne ihn existieren kann.“

(6. Med., AT VII 77 f., IX.1 62, PhB 250a 140 f.)

Zuerst schlussfolgert Descartes:

(1) Alles, was ich klar und deutlich begreifen kann, ist möglich; denn

Gott kann es so machen, wie ich es begreife.

(2) Ich begreife mich selbst klar und deutlich als ein denkendes, nicht

ausgedehntes Ding.

(3) Also: Es ist nicht möglich, dass ich ohne die Eigenschaft des Denkens

existiere, und es ist möglich, dass ich ohne die Eigenschaft des

Ausgedehntseins existiere.

          (4) Also: Ich bin nur ein denkendes, kein körperliches Ding.

Der zweite Teil von Descartes Argument besagt:

(1) Alles, was ich klar und deutlich begreifen kann, ist möglich; denn

Gott kann es so machen, wie ich es begreife.

(5) Ich begreife meinen Körper klar und deutlich als ein ausgedehntes,

nicht denkendes Ding.

(6) Also: Es ist nicht möglich, dass mein Körper ohne die Eigenschaft des

Ausgedehntseins existiert, und es ist möglich, dass mein Körper

ohne die Eigenschaft des Denkens existiert.

(7) Also: Mein Körper ist nur ein ausgedehntes Ding.

(8) Also: Ich bin von meinem Körper real verschieden.

(9) Also: Ich kann ohne meinen Körper existieren.

2.5. Descartes’ Dualismus

Descartes Dualismus lässt sich mit den folgenden Annahmen zusammenfassen:

1. Bei jedem Menschen gibt es neben einem Körper auch eine Seele; die beiden sind während des Erdenlebens äußerst eng miteinander verbunden.

2. Der Körper ist eine ausgedehnte Substanz (res extensa), die Seele eine denkende Substanz (res cogitans).

3. Jeder Mensch ist letzten Endes identisch mit seiner Seele. Diese ist  immateriell und kann den Tod des Körpers überleben.

4. Aber: Manche Eigenschaften des Menschen lassen sich nur durch die enge Verbindung von Körper und Seele erklären: Hunger & Durst; Zorn, Trauer & Liebe; körperliche Empfindungen wie Schmerz und Kitzel sowie die Wahrnehmungsempfindungen. (Prinzipien I 48)

Insbesondere ist Descartes Dualismus interaktionistisch, d.h. Körper und Seele wirken kausal aufeinander ein:

- Der Körper wirkt auf den Geist

- Physische Reizungen des Sinnesorgane führen zu Sinneseindrücken.

- Verletzungen führen zu Schmerzempfindungen.

- Der Geist wirkt auf den Körper.

- Wenn ich mich schäme, weiten sich die Blutgefäße in meinem Gesicht.

- Zorn führt zu einer Erhöhung des Blutdrucks.

- Wenn ich mich entscheide, meinen Arm zu heben, ziehen sich           

  bestimmte Muskeln zusammen.

Wo aber findet die kausale Interaktion von Geist und Körper statt?

Descartes’ Antwort ist einfach: in der Zirbeldrüse.

„Es ist auch nötig zu wissen, dass, obgleich die Seele mit dem ganzen Körper verbunden ist, es einen bestimmten Teil gibt, über den sie mehr als über alle anderen ganz spezifisch ihre Funktion ausübt. (...) Nachdem ich aber die Sache sorgfältig untersucht habe, bin ich mir gewiß, erkannt zu haben, dass der Körperteil, über den die Seele ihre Funktionen unmittelbar ausübt, keineswegs das Herz ist, noch auch das ganze Gehirn, sondern nur der Innerste von dessen Teilen, welches eine gewisse sehr kleine Drüse ist, die inmitten der Hirnsubstanz liegt und so oberhalb des Wegs, den die Lebensgeister von dessen vorderen Kammern zu den hinteren nehmen, hängt, dass ihre kleinsten Bewegungen sehr stark den Strom der Lebensgeister zu verändern vermögen und dass umgekehrt die geringsten Veränderungen, die im Strömen der Lebensgeister vorkommen, sehr viel dazu beitragen, die Bewegungen dieser Drüse zu verändern.“

(Leidenschaften der Seele, § 31)

Kausale Interaktion Wahrnehmungen entstehen dadurch, dass die von den Sinnesorganen kommenden Nerven im Gehirn und das Gehirn dann auf der Zirbeldrüse ein ‚Abbild‘ der wahrgenommenen Dinge erzeugen. Dieses Abbild wirkt unmittelbar auf die Seele ein und lässt sie die Gestalt der wahrgenommenen Dinge sehen. Willentliche Handlungen entstehen dadurch, dass der Geist einen Willensakt vollzieht, der eine Bewegung der Zirbeldrüse bewirkt, die ihrerseits zur Folge hat, dass sich die spiritus animales im Gehirn gerade in die Nerven bewegen, die zu den entsprechenden Muskeln führen.

2.6. Probleme des Cartesischen Dualismus

2.6.1. Empirische Probleme

Empirisch lässt sich eine Wirkung des Geistes auf das Gehirn nicht nachweisen. Es gibt keinerlei empirische Befunde, die die Annahme belegen, dass manchmal etwas Nichtphysisches körperliche Phänomene verursacht. Vielmehr sprechen alle empirischen Befunde dafür, dass sich z.B. die Weitung der Blutgefäße in meinem Gesicht, wenn ich mich schäme, vollständig auf physiologische Ursachen zurückführen lässt.

2.6.2. Theoretische Probleme

·        Wie können zwei so verschiedene Dinge (Substanzen) wie Körper und Geist überhaupt kausal aufeinander einwirken?

·        Wie ist das Einwirken des Geistes mit den Erhaltungssätzen der Physik vereinbar?

·        Wie kann der Geist in die Welt des Physischen eingreifen, wenn diese kausal geschlossen ist?

·        Warum kann der Geist nur auf die Zirbeldrüse und nicht auf anderen Körperteile einwirken? Warum sind seine Wirkungen so gering?

·        Warum wirkt mein Geist nur auf mein Gehirn und nicht auf die Gehirne anderer Menschen?

Frage: Warum hat der Mensch ein so komplexes Gehirn?

Planvolles Handeln ist nach Descartes ein Dreistufenprozess:

1. Das Gehirn informiert den Geist über die Umwelt.

2. Der Geist überlegt, was zu tun ist, und fällt dann eine Entscheidung.

3. Das Gehirn setzt diese Entscheidung um.

Nach Descartes ist das Gehirn also an den Prozessen der zweiten Stufe nicht

beteiligt; hier arbeitet allein der Geist, und das Gehirn ist arbeitslos.

Warum reicht dann nicht das Gehirn, sagen wir, einer Katze?

2.7. Dualistische Alternativen zum Interaktionismus

2.7.1. Okkasionalismus

Nicholas Malebranche 16381715: Es gibt einen systematischen Zusammenhang zwischen körperlichen und geistigen Zuständen, obwohl Geist und Körper nicht direkt kausal aufeinander einwirken. Vielmehr ist es Gott, der jeweils anlässlich bestimmter körperlicher Zustände die entsprechenden geistigen Zustände hervorbringt bzw. anlässlich bestimmter geistiger Zustände die entsprechenden körperlicher Zustände verursacht.

2.7.2. Parallelismus

Gottfried Wilhelm Leibniz 16461716: Der systematische Zusammenhang zwischen Körperlichem und Geistigem beruht nicht auf einer kausalen Wechselwirkung und auch nicht auf einem ad hocEingreifen Gottes, sondern auf einer prästabilierten Harmonie. Gott hat es so eingerichtet, dass körperliche und geistige Zustände einander entsprechen, so wie ein Uhrmacher, der zwei Uhren synchronisiert, dafür sorgt, dass sie beide dieselbe Zeit anzeigen, ohne dass zwischen ihnen ein kausaler Zusammenhang bestünde.

Thomas H. Huxley 18251895: Geistige Zustände werden zwar durch körperliche Zustände verursacht, umgekehrt hat der Geist aber keine kausale Wirksamkeit auf den Körper.

„The consciousness of brutes would appear to be related to the mechanism

of their body simply as a collateral product of its working, and to be as

completely without any power of modifying that working as the steamwhistle

which accompanies the work of a locomotive engine is without

influence upon its machinery. Their volition, if they have any, is an emotion

indicative of physical changes, not a cause of such changes.”

(“On the Hypothesis that Animals are Automata“ 1874)

Literatur

Siehe auch:

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Kommentare: 2
  • #1

    WissensWert (Montag, 25 Juni 2018 23:56)

    Frage: Warum hat der Mensch ein so komplexes Gehirn?
    Planvolles Handeln ist nach Descartes ein Dreistufenprozess:
    1. Das Gehirn informiert den Geist über die Umwelt.
    2. Der Geist überlegt, was zu tun ist, und fällt dann eine Entscheidung.
    3. Das Gehirn setzt diese Entscheidung um.
    Nach Descartes ist das Gehirn also an den Prozessen der zweiten Stufe nicht
    beteiligt; hier arbeitet allein der Geist, und das Gehirn ist arbeitslos.
    Warum reicht dann nicht das Gehirn, sagen wir, einer Katze?

  • #2

    WissensWert (Montag, 25 Juni 2018 23:57)

    Descartes zufolge besteht jeder Mensch aus einem biologischen Körper und einer immateriellen Seele, die das eigentliche Selbst (Ich) des Menschen ausmacht. Wie stellte sich Descartes das Zusammenwirken von Körper und Seele vor? Der Mensch muss sich in seiner Umwelt orientieren; also muss er seine Umwelt wahrnehmen. Dabei spielt der Körper mit seinem Sinnesorgan und dem Gehirn eine wichtige Rolle; doch das eigentliche Wahrnehmen geschieht in der Seele.

    "Wenn wir zum Beispiel ein Tier auf uns zukommen sehen, malt das Licht, das von seinem Körper reflektiert wird, zwei Bilder von ihm, eines in jedem seiner Augen. Diese beiden Bilder bilden davon zwei weitere mittels der optischen Nerven auf der Innenwand des Gehirns ab. Von da aus strahlen diese Bilder durch Vermittlung der Lebensgeister, von denen diese Kammern erfüllt sind, derart gegen die kleine Drüse, welche von Lebensgeistern umgeben ist, dass die Bewegung, die jedem Punkt von einem jeden dieser Bilder darstellt, auf denselben Punkt der Drüse zielt, den die Bewrgung, die den Punktdes anderen Bildes wiedergibt, anzielt, und so denselben Teil des Tieres darstellt. Dadurch bilden die beiden Bilder im Hirn nur ein einziges auf der Drüse ab, das unmittelbar auf die Seele einwirkt und sie die Gestalt des Tieres sehen lässt."
    Descartes 1984, 59 ff.

    Beim Sehen werden also die durch das vom wahrgenommenen Tier reflektierte Licht hervorgerufenen beiden Netzhautbilder mittels des ´nervus optivus´ ins Gehirn weitergeleitet; dort werden sie in einem weiteren neuronalen Prozess in zu einem einzigen Bild auf der Zirbeldrüse vereint -->BINDUNGSPROBLEM. Dieses Bild wirkt auf die ´Seele´ und lässt ´dort´ den Wahrnehmungseindruck eines auf uns zu kommenden Tieres entstehen. Dies ist das eigentliche Sehen. Sehen setzt voraus, dass in der Seele ein Wahrnehmungseindruck entsteht.

    Und wie geht es weiter? Wie können wir uns das Verhalten eines Menschen erklären? Bei reflexhaftem Handeln kann man wohl davon ausgehen, dass das Bild der Zirbeldrüse im Gehirn selbst unmittelbar wirkt, dass Lebensgeister über die efferenten Nerven zu bestimmten Muskeln geleitet werden, was seinerseits bewirkt, dass sich unsere Glieder auf eine bestimmte Weise bewegen – dass wir uns z.B. herumdrehen und vor dem Tier weglaufen. Bei überlegtem Handeln ist das nach Descartes anders, das Gehirn kann nicht überlegen, das kann nur die Seele. Die Seele betrachtet also den Wahrnehmungseindruck, versucht die Szene einzuschätzen (Ist das herannahende Tier bedrohlich?), überlegt, was zu tun ist, in einen immer noch seelischen Willensakt, der nun seinerseits in der Lage ist, die Zirbeldrüse im Gehirn ein bisschen zu drehen. Aufgrund dieser Bewegung der Zirbeldrüse werden wieder Lebensgeister zu bestimmten Muskeln geleitet, was dazu führt, dass sich unsere Glieder auf eine bestimmte Weise bewegen.

    Für Descartes gibt es also eine klare Unterscheidung, ja sogar eine Konkurrenz zwischen Gehirn und Seele. Wenn eine Bewegung allein durch neuronale Prozesse hervorgerufen wird, dann hat die Seele mit dieser Bewegung nichts zu tun. Erst wenn Bewegungen auf neuronale Prozesse zurückgehen, die ihrerseits durch seelische Willensakte verursacht sind, kann man sagen, dass die Seele selbst etwas bewirkt hat.


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