Nach der "Fido"‐Fido Theorie erschöpft sich die Bedeutung eines Ausdrucks oder Satzes in seinem Bezugsobjekt, d.h. in der bezeichneten Entität.
Die Bedeutung des Eigennamens "Fido" ist der Hund Fido. Die Zuschreibung "ist blau" bezeichnet die Eigenschaft, blau zu sein. Und der Ausdruck "die Venus" hat dieselbe Bedeutung wie "der Abendstern", da beide denselben Planeten bezeichnen. Auch "Bremen liegt nördlich von München" und "München liegt südlich von Bremen" bezeichnet ein und denselben Sachverhalt (<Bremen, x R y, München>). Die "Fido"‐Fido Theorie führt Bedeutung also auf Referenz zurück.
Gottlob Frege kritisierte die "Fido"‐Fido Theorie und behauptete, dass sich die Bedeutung von Ausdrücken und Sätzen nicht in ihrem Bezugsobjekt erschöpft. Ausdrücke haben neben ihrem Bezugsobjekt nämlich auch noch einen Sinn.
Für diese Haltung bringt er ein berühmtes Argument vor, das eine Voranmerkung verlangt: Frege nennt das Bezugsobjekt eines Ausdrucks dessen "Bedeutung", was eine unglückliche Terminologie ist und sehr verwirrend sein kann. Wenn Frege also schreibt: "Mars und der rote Planet haben dieselbe Bedeutung", dann heißt das, "Mars" und der rote Planet haben dasselbe Bezugsobjekt".
(P1) Die "Fido"‐Fido Theorie behauptet, dass sich die Bedeutung eines sprachlichen Ausdrucks in dessen Bezugsobjekt, d.h. in dem von ihm bezeichneten Sachverhalt erschöpft. Die beiden Ausdrücke α und β sind also genau dann semantisch identisch, wenn sie auf dasselbe Bezugsobjekt referieren.
(P2) Die Eigennamen "Morgenstern" und "Abendstern" referieren beide auf dasselbe Bezugsobjekt (Venus), d.h. sie sind gemäß (P1) semantisch identisch.
(K1) Also
müssten diese beiden Sätze semantisch identisch sein:
(A) "Der Morgenstern = Der Morgenstern"
(B) "Der Morgenstern = Der Abendstern"
(P3) Die Sätze (A) und (B) haben einen unterschiedlichen Erkenntniswert: Jeder, der die logische Struktur von (A) versteht, weiß sofort, dass der Satz tautologisch und damit trivialerweise wahr ist. (A) ist uninformativ, notwendig, analytisch und apriori. Dahingegen kann man (B) verstehen, ohne zu wissen, dass der Satz wahr ist. (B) ist informativ, kontingent, synthetisch und aposteriori.
(P4) Es besteht ein Widerspruch zwischen der Prämisse (P3) und der Konklusion (K1), welche aus (P1) und (P2) folgt. Wir können nicht behaupten, es gäbe keinen semantischen Unterschied zwischen (A) und (B), und gleichzeitig behaupten, (A) zu verstehen sei etwas anderes als (B) zu verstehen.
(P5) Frege hält den unterschiedlichen Erkenntniswert von (A) und (B) und die Bezugsgleichheit von "Morgenstern" und "Abendstern" für evident, d.h. (P2) und (P3) sind sicherlich wahr.
(K2) Also muss (P1) unwahr sein. Die "Fido"‐Fido Theorie ist falsch und die Bedeutung eines Ausdrucks erschöpft sich nicht in seinem Bezugsobjekt.
Frege war der Ansicht, dass die Bedeutung eines Ausdrucks auch durch dessen Sinn gekennzeichnet ist. Siehe hierzu: Freges Theorie des Sinns.
"Es liegt nun nahe, mit einem Zeichen (Namen, Wortverbindung,
Schriftzeichen) außer dem Bezeichneten, was die Bedeutung des Zeichens
heißen möge, noch das verbunden zu denken, was ich den Sinn des Zeichens
nennen möchte, worin die Art des Gegebenseins enthalten ist."
- Gottlob Frege: Über Sinn und Bedeutung, S.
26
Kommentar schreiben