Dieser Beitrag übt Kritik an Donald Davidsons extensionaler Semantik.
Davidsons Bedeutungstheorie fußt auf drei Grundideen:
1. Die Bedeutung eines Satzes besteht (im Kern) in seinen Wahrheitsbedingungen.
2. Wir erklären, was Bedeutung ist, indem wir ermitteln, wie sich Theorien der Bedeutung für einzelne natürliche Sprachen formulieren lassen.
3. Eine Theorie der Bedeutung für eine Sprache L ist nichts anderes als eine Tarski‐Theorie für L, die ausschließlich bedeutungsenthüllende W‐Sätze zur Folge hat.
Eine Tarski-Theorie muss diesen Anforderungen genügen, um überhaupt eine Bedeutungstheorie zu sein:
a. Sie muss finit formulierbar und kompositional strukturiert sein.
b. Sie muss eine Theorie für eine natürliche Sprache sein.
c. Sie muss zirkelfrei empirisch testbar sein.
d. Sie muss Verstehen ermöglich. D.h. es muss gelten: Wenn jemand T kennen würde, dann verstünde er alle Äußerungen der Sprecher von L. Letzteres ist der Fall, wenn T ausschließlich bedeutungsenthüllende W‐Sätze zur Folge hat.
Formalisierungsproblem: Tarski‐Theorien sind Theorien für formalisierte Sprachen. Davidson muss zeigen, dass man natürliche Sprachen so formalisieren kann, dass sich eine Tarski‐Theorie für sie geben lässt.
Überprüfungsproblem: Es ist gar nicht so klar, ob man Tarski‐Theorien (im Prinzip) zirkelfrei empirisch testen kann. Davidson muss uns davon überzeugen, dass dies so ist.
Extensionalitätsproblem: Es ist nicht klar, wie man garantieren will, dass die implizierten W-Sätze tatsächlich bedeutungsenthüllend und nicht nur wahr sind. Davidson muss zeigen, dass eine erfolgreich getestete Tarski‐Theorie nicht nur wahr, sondern bedeutungsenthüllend ist.
Die Extension eines Ausdrucks ist dasjenige, wofür ein Ausdruck steht (Freges Bedeutung).
Das heißt: Um die Extension eines Ausdrucks α zu klären, kann man fragen: Was ist das Referenzobjekt von α (das Wort in einem ganz weiten Sinn verstanden)?
Etwas genauer: Extensionen sind dasjenige, was eine einfache referenzielle Semantik den Ausdrücken und Sätzen einer Sprache zuweist.
Die Intension eines Ausdrucks fängt ein, wie er das, wofür er steht, präsentiert (Freges Sinn).
Tarski‐Theorien sind Theorien für extensionale formalisierte Sprachen. Zur Formalisierung solcher Sprachen benötigt man allein die Mittel der Prädikatenlogik der ersten Stufe.
Das Problem: Wie kann man dafür argumentieren, dass sich das Deutsche komplett extensional formalisieren lässt?
Strategie: Wir beginnen mit einer Theorie für ein einfaches Fragment des Deutschen. Dann ermitteln wir die extensionale logische Form eines jeden problematischen Satztyps und fügen jeweils eine neue Projektionsregel zu unserer Theorie hinzu.
Problemfälle:
· Indexikalische und demonstrative Sätze, z.B. „Ich bin wütend“, „Das Buch gehört Kurt“.
· Adjektive, z.B. „Kurt macht um Mitternacht einen ausgedehnten Spaziergang“.
· Intensionale Verben, z.B. „Galileo sagte, dass die Erde sich bewegt“.
Davidson: Um indexikalischen und demonstrativen Sätzen Rechnung zu tragen, müssen wir Wahrheit auf Sprecher und Zeitpunkte relativieren:
· „Ich bin wütend“ ist wahr (potenziell) geäußert von Person S zu t gdw S ist zu t wütend.
· „Das Buch gehört Kurt“ ist wahr (potenziell) geäußert von Person S zu t gdw das Buch, auf das S zu t verweist, gehört Kurt.
Erste Konsequenz: Die W‐Sätze einer adäquaten Tarski‐Theorie sind nicht einfach homophone Sätze wie „Es schneit“ ist wahr im Deutschen gdw es schneit.
Zweite Konsequenz: Wann ist ein indexikalischer W‐Satz bedeutungs-enthüllend? Ja wohl nicht, wenn sein Inhaltssatz seinen Anführungssatz übersetzt. Aber wann dann?
1. „Kurt macht um Mitternacht einen ausgedehnten Spaziergang“
2. Also: „Kurt macht einen ausgedehnten Spaziergang“
3. Also: „Kurt macht einen Spaziergang“
Wie sieht die logische Form von (1) aus, wenn aus ihm (2) und (3) logisch folgen sollen?
Davidson: In Sätzen wie (1) quantifizieren wir stillschweigend über Ereignisse. Die logische Form des Satzes (1) lässt sich so angeben:
(1*) ∃e (e ist ein Spaziergang & e wird von Kurt getan & e findet um Mitternacht statt & e ist ausgedehnt).
1. „Galileo sagte, dass die Erde sich bewegt“
2. „Galileo sagte, dass Angela Merkels Heimatplanet sich bewegt“
Davidsons parataktische Theorie: (1) ist gar kein komplexer Satz mit einer eigenen, neuen logischen Form. Eine Äußerung von (1) kombiniert zwei Teile, die je für sich eine unproblematische logische Form haben:
Galieo sagte das. Die Erde bewegt sich.
besser: Galieo sagte das [à]. Die Erde bewegt sich.
Da wir nicht einfach ein demonstriertes Objekt durch ein anderes austauschen dürfen, können wir nicht statt „Die Erde bewegt sich“ den Satz „Angela Merkels Heimatplanet bewegt sich“ einsetzen.
Das Problem: Warum sollen wir glauben, dass sich eine Tarski‐Theorie für das Deutsche (im Prinzip) zirkelfrei empirisch testen lässt?
Davidson: Weil ein Radikaler Interpret (radical interpreter) in der Lage wäre herauszufinden, ob die aus der Theorie folgenden W‐Sätze korrekt sind oder nicht.
Ein Radikaler Interpret ist eine normale Person, deren kognitive Fähigkeiten den unsrigen gleich sind, und die sich beim Versuch, eine Tarski‐Theorie für eine Sprache L zu überprüfen, ausschließlich auf nicht‐semantische Evidenz stützt.
Man kann sich einen Feldlinguisten vorstellen, der ohne die Hilfe bilingualer Sprecher eine Eingeborenensprache verstehen will. (Siehe: Quines Gedankenexperiment der Radikalen Übersetzung (radical translation).
Die Empirische Evidenz des Radikalen Interpreten: Radikale Interpretation beruht auf Beobachtungen absichtlichen Sprachverhaltens. Da der Radikale Interpret wahrhaftige Äußerungen von Lügen unterscheiden kann, kann er empirisch feststellen, wann Sprecher Sätze für wahr halten.
D.h. seine Evidenz besteht in Sätzen wie:
· Kurt hält „Es regnet“ zu t für wahr gdw es zu t in der Nähe von Kurt regnet.
· Jeder Sprecher S von L hält „Es regnet“ zu t für wahr gdw es zu t in der Nähe von S regnet.
Aber: Das sind für‐wahr‐halte‐Sätze. Aus diesen lassen sich nicht direkt W-Sätze gewinnen. Denn welche Sätze ein Sprecher in einer Situation für wahr hält, hängt davon ab, was er mit diesen Sätzen meint (Bedeutung) und dem, was er glaubt (Überzeugung).
Problem: Ohne Annahmen über das, was die Sprecher glauben, verrät unsere empirische Evidenz nicht, welche W‐Sätze für ihre Sprache wahr sind.
An dieser Stelle greift der Radikale Interpret auf sein Interpretationsprinzip zurück:
„The general policy (...) is to choose truth conditions that do as well as possible in making
speakers hold sentences true when (according to the theory and the theory builder's view of the facts) those sentences are true.“
- Donald Davidson: Belief and the Basis of Meaning, S.152
PW: Sprecher halten einen Satz dann für wahr, wenn er plausiblerweise wahr ist (nach Maßgabe des Radikalen Interpreten).
Die Schritte der Radikalen Interpretation:
(A) Der Radikale Interpret ermittelt empirisch, welche Sätze Sprecher unter welchen Umständen für wahr halten.
(B) Mittels des PW bestimmt der Interpret, was die Sprecher unter diesen Umständen glauben.
(C) A und B zusammen erlauben dem Radikalen Interpreten, zu bestimmen, welche W‐Sätze für die Sprache der Sprecher wahr sind. Damit kann der Interpret feststellen, ob eine Tarski‐Theorie für diese Sprache korrekt ist (bzw. wie eine korrekte Tarski‐Theorie für die Sprache der Sprecher auszusehen hat).
Davidson hält es für erwiesen, dass ein Radikaler Interpret allein anhand seiner Evidenz und mit Hilfe des principle of charity eine Tarski‐Theorie empirisch testen könnte.
Einschätzung: Hier darf man skeptisch sein. Für Testverfahren haben wir üblicherweise empirische Evidenz, ob bzw. dass sie funktionieren. Nicht so für die Radikale Interpretation.
Aber sind nicht Kinder beim Spracherwerb und echte Feldlinguisten genau in der Situation der Radikalen Interpretation?
Nein. Weder Kinder noch Feldlinguisten sind Radikale Interpreten.
- Sprachlernen beruht auf angeborenen und erworbenen kognitiven und sozialen Fähigkeiten, die über die Evidenz des Radikalen Interpreten hinausgehen.
- Feldlinguisten verlassen sich auf theoretisch‐linguistische Hintergrundannahmen, haben mehr empirische Evidenz zur Verfügung, insbesondere Annahme über Referenz, und verwenden stärkere Prinzipien, die eine wesentliche Ähnlichkeit zwischen uns und den zu interpretierenden Sprechern voraussetzen.
Welche Auflage garantiert Bedeutungsenthüllung?
Davidsons Theorie soll ohne die Rede von ‚Bedeutung’ auskommen. Er darf also Folgendes gar nicht sagen:
· Eine Theorie der Bedeutung für eine Sprache L ist nichts anderes als eine Tarski‐Theorie für L, die ausschließlich bedeutungsenthüllende (!) W‐Sätze zur Folge hat.
Davidson muss also eine Eigenschaft F finden, so dass gilt:
· Wenn eine Tarski‐Theorie T für eine Sprache L die Eigenschaft F hat, dann ist T bedeutungsenthüllend.
Dann kann er wie folgt erklären:
· Eine Theorie der Bedeutung für eine Sprache L ist nichts anderes als eine Tarski‐Theorie für L, die die Eigenschaft F hat.
Frage: Welche Auflage an Tarski‐Theorien garantiert, dass eine empirisch überprüfte und folglich wahre Tarski‐Theorie auch bedeutungsenthüllend ist?
Davidsons Vorschläge:
Kompositionalität: Weil Tarski‐Theorien kompositional sind, muss eine wahre Tarski‐ Theorie auch bedeutungsenthüllend sein.
Empirische Bestätigung: Wenn ein Radikaler Interpret eine Tarski‐Theorie empirisch bestätigen kann, muss sie bedeutungsenthüllend sein.
Gesetzesartigkeit: Weil W‐Sätze Gesetzescharakter haben, muss eine empirisch getestete Tarski‐Theorie bedeutungsenthüllend sein.
Weil Tarski‐Theorien kompositional sind, muss eine wahre Tarski‐ Theorie auch bedeutungsenthüllend sein.
Nehmen wir an, aus der Theorie T folge der nicht‐bedeutungsenthüllende WSatz: „Graß ist grün“ ist wahr in D gdw Schnee ist weiß.
Dann muss T den falschen Bezugssatz enthalten: ‚ist grün’ trifft in D auf x zu gdw x weiß ist.
Dann folgen aus T aber falsche W‐Sätze wie z.B.: „Polizeiautos sind grün“ ist wahr in D gdw Polizeiautos weiß sind.
Ein Einwand: Nehmen wir an, T enthalte den wahren Bezugssatz: ‚ist blau’ trifft in D auf x zu, gdw. x Annas Lieblingsfarbe hat.
Dann folgen nur wahre W‐Sätze. Aber einige von diesen sind nicht bedeutungsenthüllende, so z.B. „Der Himmel ist blau“ ist wahr in D gdw der Himmel hat Annas Lieblingsfarbe.
Wenn ein Radikaler Interpret eine Tarski‐Theorie empirisch bestätigen kann, muss sie bedeutungsenthüllend sein.
(A) „Schnee ist weiß“ ist wahr in D gdw Grass grün ist.
(B) „Der Mond hat eine geringere Masse als die Erde“ ist wahr in D gdw
der Mond eine geringere Gravitation als die Erde hat.
(C) „Wasser ist nass“ ist wahr in D gdw H2O nass ist.
(D) „Dreiecke sind gleichseitig“ ist wahr in D gdw Dreiecke gleichwinklig sind.
Um (A) auszusortieren, muss der Radikale Interpret Wissen über kontrafaktische Situationen haben. Um (B) auszusortieren, muss der Radikale Interpret Wissen über naturgesetzlich unmögliche Situationen haben. Und die Sätze (C) und (D) lassen sich nicht einmal mit Wissen über sämtliche (metaphysische) Möglichkeiten aussortieren.
Weil W‐Sätze Gesetzescharakter haben, muss eine empirisch getestete Tarski‐Theorie bedeutungsenthüllend sein.
Gesetze stützen kontrafaktische Konditionale. Wenn „A à B“ ein Gesetz ist, dann folgt „Wenn A der Fall wäre, dann wäre auch B der Fall”.
Symbolisch: „A à B“.
Davidsons Idee: Als Gesetze müssen W‐Sätze kontrafaktische Konditionale stützen. Aber nicht‐bedeutungsenthüllende W‐Sätze stützen keine angemessenen kontrafaktischen Konditionale.
Einwand: Das Problem mit Sätzen wie ‚„Wasser ist nass“ ist wahr in D gdw H2O nass ist’ oder ‚„Dreiecke sind gleichseitig“ ist wahr in D gdw Dreiecke gleichwinklig sind’ wird dadurch nicht gelöst.
Der klassische Davidson: Das empirische Verständnis der RI.
Radikale Interpretation ist ein vorgestelltes, aber im Prinzip mögliches empirisches Testverfahren für Tarski‐Theorien. Die Situation der Radikalen Interpretation ist eine fiktive Situation – ein Gedankenexperiment, mit dessen Hilfe das Überprüfungsproblem gelöst werden soll.
Der späte Davidson: Das konstitutive Verständnis der RI.
Die Situation der Radikalen Interpretation ist die Grundsituation aller sprachlichen Verständigung. Alle semantischen Eigenschaften und Tatsachen ergeben sich letztlich aus den Tatsachen, die in der Radikalen Interpretation offen zutage liegen.
Das heißt: In einer meta‐semantischen Erklärung darf man sich nur auf Faktoren
stützen, die einem Radikalen Interpreten zur Verfügung stehen.
a. Radikale Interpretation als konstitutiv
Davidson betont, dass die einem Radikalen Interpreten zugänglichen Tatsachen die semantisch und intentional grundlegenden Tatsachen erschöpfen:
“What a fully informed interpreter could learn about what a speaker means
is all there is to learn; the same goes for what the speakers believes.”
- Donald Davidson: A Coherence Theory of Truth and Knowledge, S.315
b. Radikale Interpretation als konstitutiv
Davidson behauptet, semantische Eigenschaften und mentale Gehalte kämen durch Triangulation zu Stande: Zwei vor‐sprachliche, vor‐kognitive Wesen reagieren aufeinander und auf ihre jeweiligen Reaktionen auf Umstände in der Umwelt, wodurch determiniert ist, was sie denken und meinen.
Damit folgt, dass sowohl semantische Eigenschaften als auch mentale Gehalte sozial bestimmt sind.
These 1: Davidsons konstitutives Verständnis der Radikalen Interpretation ist weder plausibel noch gut begründet.
Unplausibel:
(i) Im alltäglichen Umgang haben wir immer schon eine geteilte Sprache und/oder geteilte Kultur.
(ii) Weder Kinder noch Feldlinguisten sind Radikale Interpreten.
Nicht gut begründet: Wir müssen eine allgemein akzeptierte These und Davidsons kühne Behauptung auseinanderhalten:
· Bedeutung superveniert allein über empirischen Tatsachen.
· Bedeutung superveniert allein über den empirischen Tatsachen, die einem Radikalen Interpreten direkt empirisch zugänglich sind.
Davidson gibt kein überzeugendes Argument für die zweite These. Wir haben keinen Grund, kognitive Fähigkeiten als semantisch irrelevant anzusehen.
Davidsons Theorie der Bedeutung soll erstens zeigen, wie eine adäquate Semantik für eine Sprache aussieht (semantische Analyse).
Gleichzeitig soll sie zeigen, welche nicht‐semantischen Eigenschaften die Bedeutungen unserer Ausdrücke festlegen (meta‐semantische Erklärung).
Also: Davidson hätte diese Projekte besser trennen sollen.
These 2: Davidsons Ansprüche an die empirische Testbarkeit einer Semantik für eine natürliche Sprache sind überzogen und werden von ihm selbst nicht eingelöst.
Nicht eingelöst: Davidson löst weder das Extensionalitäts‐ noch das Überprüfungsproblem.
Überzogen: Warum sollen wir beim Testen semantischer Theorien gerade auf unser wichtigstes Instrument verzichten – auf unsere sprachliche Kompetenz?
Die Bedeutungen unserer Ausdrücke und Sätze korrekt anzugeben ist eine Sache (semantische Analyse).
Die diesen zugrundeliegenden nicht‐semantischen Tatsachen auszumachen ist eine andere (meta‐semantische Erklärung).
Wir sollten nicht von einer Semantik die Ersteres leistet immer auch Letzteres verlangen.
These 3: Wir können eine Tarski‐Theorie als eine Semantik für eine natürliche Sprachen akzeptieren – wenn auch nur näherungsweise.
Erstens: Es ist nicht plausibel, dass natürliche Sprachen vollständig extensional formalisierbar sind.
Zweitens: Ein W‐Satz charakterisiert die Wahrheitsbedingungen eines Satzes durch die als bekannt vorausgesetzten Wahrheitsbedingungen eines anderen Satzes:
· „Snow is white“ ist wahr in E gdw Schnee ist weiß.
Vorteil: Wer den verwendeten Satz versteht, weiß sofort, welche Wahrheitsbedingungen der angeführte Satz hat.
Nachteil: Wir erfahren nicht, worin die Wahrheitsbedingungen eines Satzes eigentlich bestehen. Letztlich sagt unser W‐Satz wenig mehr als: Der Satz „Snow is white“ des Englischen ist unter genau denselben Bedingungen wahr wie unser Satz „Schnee ist weiß“. Welche Bedingungen dies sind, wird nicht nochmal unabhängig erklärt.
These 3: Davidson versteht Theorien der Bedeutung instrumentalistisch. Vielleicht sollten wir sie besser kognitiv verstehen. Laut Davidson soll eine Theorie der Bedeutung gerade keine Beschreibung der Mechanismen sein, die der Kompetenz normaler Sprecher zugrunde liegen.
Davidson betrachtet dazu allein W‐Sätze als semantisch relevant; den Apparat einer Tarski‐Theorie und das Bezugsschema versteht er als hilfreiche Instrumente ohne Korrektheitsanspruch. Vielleicht sollten wir mit Larson & Segals Knowledge of Meaning eine Tarski‐Theorie gerade als Modell der internalisierten Regeln verstehen, die der Sprachkompetenz von Sprechern zugrunde liegen. Dann könnten wir auch die Regeln des Bezugsschemas realistisch auffassen.
Davidson und die drei Grundfragen der Sprachphilosophie:
1. Die Frage nach Bedeutung: Was ist sprachliche Bedeutung?
Davidson: Sprachliche Bedeutung ist dasjenige, was Theorien der Bedeutung für einzelne natürliche Sprache erfassen. Man kann Bedeutungen durch W‐Sätze angeben, die Verstehen ermöglichen.
2. Die Frage nach Referenz: Worauf beziehen sich sprachliche Ausdrücke?
Davidson: Bezugseigenschaften sind theorieinterne Eigenschaften. Sie sind instrumentalistisch zu verstehen: Jede Zuordnung von Bezugsobjekten, die die richtigen Wahrheitsbedingungen erzeugt, ist für eine Sprache korrekt.
3. Die Frage nach Gebrauch: Was kann man mit Sprache alles tun?
Davidsons Theorie der Bedeutung ist nur der Kern einer umfassenden Semantik. Diese muss dazu eine Theorie von Sprechakten enthalten.
Frage: Welches sind die semantischen Eigenschaften unserer Sätze und Ausdrücke?
Antwort: Entscheidend sind allein Sätze. Und deren semantische Eigenschaften gibt eine Theorie der Bedeutung an.
Frage: Warum haben unsere Ausdrücke und Sätze diejenigen semantischen Eigenschaften, die sie haben?
Antwort: Alle semantischen Eigenschaften und Tatsachen ergeben sich letztlich aus den Tatsachen, die in der Radikalen Interpretation offen zutage liegen. Die Radikale Interpretation ist die Grundsituation aller sprachlichen Verständigung.
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