Eine Wahrheitstheorie weist das folgende Schema auf:
(*) x ist wahr genau dann, wenn ...
Wahrheitstheorien können dabei nach vielen Gesichtspunkten unterschieden werden. Die grundlegendste ist vielleicht diese hier:
1. Der Ausdruck '... ist wahr' ist ein Prädikat. Wahrheit ist eine Eigenschaft von Propositionen (Sätzen, Aussagen, Überzeugungen etc.). Wahre Sätze unterscheiden sich demnach von falschen Sätzen dadurch, dass sie eine bestimmte Eigenschaft haben.
2. Der Ausdruck '... ist wahr' ist kein Prädikat. Er hat eine ganz andere sprachliche Funktion. Wahrheit ist keine Eigenschaft von Propositionen (Sätzen, Aussagen, Überzeugungen etc.). Es ist demnach nicht so, dass sich wahre von falschen Sätzen durch eine bestimmte Eigenschaft unterscheiden.
Zu den Wahrheitstheorien des Typs (1) zählen die Korrespondenztheorie, epistemische Theorien, die Kohärenztheorie, sprachanalytische Theorien, Deflationistische Wahrheitstheorien etc.
Zu den Wahrheitstheorien des Typs (2) zählen die Redundanztheorie (Frank Ramsey), die Performanztheorie (P.F. Strawson), die Prosententiale Theorie (Robert Brandom) etc.
Im Folgenden werden ausschließlich die Theorien des Typs (1) behandelt.
Die Korrespondenztheorie besagt, dass eine Proposition wahr ist, gdw. sie mit einer Tatsache übereinstimmt (korrespondiert).
Oder formal: "X: S ist wahr gdw. $t(t ist eine Tatsache & stimmt‐überein (S, t)).
Die Korrespondenztheorie ist zweifelsohne die bekannteste Wahrheitstheorie.
Im Laufe der Zeit wurden aber auch viele Kritiken laut:
1. Der erste Kritikpunkt betrifft die Beziehung zwischen Wahrheitswertträger (Proposition) und Wahrmacher (Tatsache). Diese Beziehung wird traditionell "Angleichung" (Thomas von Aquin), "Übereinstimmung" (Descartes und Kant), "Adäquation", "Entsprechung", … und gegenwärtig v.a. "Korrespondenz" (John Langshaw Austin) genannt. Dabei ist unklar, was diese Begriffe bedeuten bzw. worin die wahrmachende Beziehung überhaupt bestehen soll.
2. Der zweite Kritikpunkt betrifft das Aufeinanderbeziehen von Propositionen und Tatsachen. Die Korrespondenztheorie setzt voraus, dass man Propositionen mit der Wirklichkeit vergleichen kann. Aber die Rede von einem Vergleich von Aussagen mit der Wirklichkeit (oder einer Tatsache) macht für viele Philosophen keinen Sinn.
3. Der dritte Kritikpunkt betrifft die Tatsachen. Es ist unklar, mit welcher Tatsache die mathematische Wahrheit "2 + 2 = 4" oder negative Aussagen wie "Es ist kein Elefant in meiner Garage" übereinstimmen. Noch schwerer lassen sich wahre irreale Konditionalsätze interpretieren wie: "Wenn ich dies nicht getan hätte, wäre jenes (vielleicht) nicht passiert."
4. Die Korrespondenztheorie erklärt Wahrheit ohne Rückgriff auf epistemisches Vokabular wie ‚glauben’, ‚überprüfen können’ oder ‚vernünftigerweise annehmen’. Wenn sie zutreffend ist, ist "Wahrheit" kein primär epistemologischer Begriff (obwohl sie natürlich noch Ziel unserer Erkenntnisbemühungen bleibt). Denn dann bezieht sie sich auf eine Beziehung zwischen Proposition (Sprachphilosophie) und Tatsache (Metaphysik) und wäre anderen semantischen Grundbegriffen wie dem der "Referenz" sehr ähnlich. Aber Wahrheit muss doch etwas mit dem zu tun haben, was wir vernünftigerweise glauben sollten!
Die klassische epistemische Wahrheitstheorie behauptet, dass eine Proposition wahr ist, gdw. sie gerechtfertigt ist.
Sie reagiert damit auf den Kritikpunkt (4) an der Korrespondenztheorie, Wahrheit müsse etwas mit dem zu tun haben, was wir vernünftigerweise glauben sollten.
Dafür handelt sie sich aber neue Probleme ein:
„Wahrheit ist eine Eigenschaft einer Aussage, die sie nicht verlieren kann, während sie ihre Rechtfertigung durchaus einbüßen kann. Die Aussage 'Die Erde ist flach' war vor 3000 Jahren
höchstwahrscheinlich rational akzeptierbar, aber heute ist sie das nicht mehr. Es wäre jedoch falsch, zu sagen, dass 'Die Erde ist flach' vor 3000 Jahren wahr war, denn das würde heißen, dass die
Erde ihre Gestalt verändert hat.“
- Hilary Putnam:
Reason, Truth and History, S. 55
Putnams (ebd.) hat eine Lösung: Am besten begreifen wir Wahrheit als eine Idealisierung rationaler Akzeptanz (idealization of rational acceptability). Wir sprechen als gäbe es epistemisch ideale Bedingungen und wir nennen eine Aussage ‘wahr’, wenn sie unter solchen Bedingungen gerechtfertigt wäre.
Die moderne epistemische Wahrheitstheorie behauptet also, dass eine Proposition wahr ist, gdw. sie unter epistemisch idealen Bedingungen gerechtfertigt ist.
1. das erste Zirkelproblem: Was sind ‚epistemisch ideale Bedingungen’ anders als epistemische Bedingungen, unter denen man das für wahr hält, was wahr ist?
2. das zweite, grundlegendere Zirkelproblem: Wenn es um erkenntnistheoretische Rechtfertigung geht, heißt ‚gerechtfertigt’ soviel wie ‚gerechtfertigt als wahr’. Eine Aussage S zu rechtfertigen heißt doch, Gründe dafür anzubringen, dass S wahr ist. Was soll es sonst heißen?
Die epistemischen Wahrheitstheorien verschärfen auch noch ein Problem der Standardanalyse des Wissens:
„Wenn wir Wissen als gerechtfertigte wahre Überzeugung definieren, dann definieren wir Wissen mit Hilfe zweier Bedingungen, von denen eine – Wahrheit – für das Ziel unserer Erkenntnisbemühungen
steht, während die andere – Rechtfertigung – für ein Kriterium steht, mit dessen Hilfe wir herausfinden wollen, ob wir dieses Ziel erreicht haben. Dies […] ist jedoch illegitim. Denn prinzipiell
ist es nicht statthaft, ein Ziel und die Kriterien, mit denen wir überprüfen, ob das Ziel erreicht wurde, in die Definition ein und desselben Begriffs aufzunehmen. Mit anderen Worten:
Systematisch ist der alltagssprachliche Wissensbegriff ein inkohärenter Hybridbegriff – ein Begriff, in dem zwei Merkmale zusammengefasst werden, die nicht auf derselben Stufe stehen und die
daher nicht zusammengefasst werden dürfen.“
- Ansgar Beckermann: Zur Inkohärenz und Irrelevanz des Wissensbegriffs, S. 567 f.
Ein Vertreter einer epistemischen Wahrheitstheorie muss ‚Rechtfertigung’ also definieren, ohne von ‚Wahrheit’ zu reden. Das ist nicht leicht! Vielleicht kann man behaupten, ‚gerechtfertigt’ könne durch Bezugnahme auf bestimmte Regeln und Prinzipien analysiert werden, deren Geltung in unserer Kultur durch Tradition begründet ist. Aber dieser Definitionsversuch ist schwierig. Generell ist nicht zu sehen, wie ‚Rechtfertigung’ ein erkenntnistheoretisch interessanter Begriff bleiben soll, wenn man ihn vom Begriff der Wahrheit abkoppelt (abkoppeln muss).
Richard L. Kirkham meint deshalb, dass die Vertreter der epistemischen Theorien eigentlich gar keine Wahrheitstheorie formulieren. Vielmehr verfechten sie ganz generelle, erkenntnistheoretische und metaphilosophische Thesen. Z.B: (1) Es gibt kein philosophisches Projekt, in dem eine Wahrheitstheorie eine wichtige Rolle spielen könnte. (2) Wir brauchen deshalb zwar eine Theorie der Rechtfertigung, aber keine Theorie der Wahrheit. (3) Der Begriff der Wahrheit ist leer – im Gegensatz zum Begriff der Rechtfertigung. (4) Wahrheit ist nicht das Ziel unserer Erkenntnisbemühungen.
Die Kohärenztheorie vertritt die These, dass eine Proposition wahr ist, gdw. sie mit der Gesamtheit der vorhandenen Aussagen übereinstimmt bzw. wenn sie sich in diese Gesamtheit eingliedern lässt.
Sie reagiert damit auf den Kritikpunkt (2) an der Korrespondenztheorie, die Rede von einem Vergleich von Proposition und Tatsache mache keinen Sinn. Sie vergleicht Propositionen (Aussagen) nur untereinander:
„Die Wissenschaft als ein System von Aussagen steht jeweils zur Diskussion.
Aussagen werden mit Aussagen verglichen, nicht mit ‚Erlebnissen’, nicht mit sonst etwas. (...) Jede neue Aussage wird mit der Gesamtheit der vorhandenen, bereits miteinander in Einklang
gebrachten, Aussagen konfrontiert. Richtig heißt eine Aussage dann, wenn man sie eingliedern kann. Was man nicht eingliedern kann, wird als unrichtig abgelehnt. (...) Stets
wird eine Aussage mit einer anderen oder mit dem System der Aussagen verglichen, nicht aber mit einer ‚Wirklichkeit’. Solches Beginnen wäre Metaphysik, wäre sinnleer.“
- Otto Neurath: Soziologie im Physikalismus, S. 403f.
Nach Otto Neurath ist eine Aussage also wahr, gdw. sie Element einer optimal kohärenten Menge von Aussagen ist. Doch was zeichnet eine kohärente Menge von Aussagen aus? Damit eine Menge M von Aussagen kohärent ist, muss mindestens gelten: (1) Die Aussagen in M sind miteinander logisch verträglich. Aus ihnen folgt kein Widerspruch (Konsistenz). (2) Die Aussagen in M stützen einander gegenseitig (Stützung).
1. Das erste Problem: Unter den Standarderklärungen von "logischer Folge" und von "Stützung" setzt die Erklärung von ‚kohärent’ die Rede von ‚Wahrheit’ voraus:
· B
folgt logisch aus A gdw. gilt: wenn A wahr ist, muss B wahr sein.
· A
stützt B nur dann, wenn gilt: die Wahrheit von A macht es wahrscheinlich, dass B wahr ist.
2. das zweite Problem: Es scheint wahre Sätze zu geben, die zu keiner optimal kohärenten Menge von Aussagen gehören:
· Als die Titanic am 14. April 1912 sank, waren weniger als 100.000 Ratten an Bord.
Keine der folgenden Aussagen gehört zu einer optimal kohärenten Menge von Aussagen. Aber eine der folgenden Aussagen ist wahr:
· Keine
der Ratten an Bord der Titanic ist ertrunken.
· Genau
eine der Ratten an Bord der Titanic ist ertrunken.
· Genau
zwei Ratten an Bord der Titanic sind ertrunken.
...
· Genau
1000 der Ratten an Bord der Titanic sind ertrunken.
· Genau
1001 der Ratten an Bord der Titanic sind ertrunken.
...
· Genau
99.999 der Ratten an Bord der Titanic sind ertrunken.
3. das dritte Problem: Die Kohärenztheorie koppelt die Wahrheit einer Aussage davon ab, wie sie sich zur Realität verhält:
„Science is a system of propositions, and – without being aware of it – these thinkers
substitute science for reality; for them facts are not acknowledged before they are formulated in propositions and taken down in their notebooks. But Science is not the World. The universe of
discourse is not the whole universe. It is a typical rationalistic attitude which shows itself here under the guise of the most subtle distinctions. It is as old as metaphysics itself, as we may
learn from a saying of old Parmenides which runs [übersetzt: dasselbe ist Denken und des Gedanken Gegenstand.]“
- Moritz Schlick: Facts and Propositions (1935), S. 69
Die sprachanalytische Philosophie hat eine ganze Reihe teils hochkomplexer Wahrheitstheorien hervorgebracht. Die dabei vertretenen Positionen unterscheiden sich sowohl hinsichtlich der Frage, welchen x´en der Prädikator "wahr" zugesprochen werden kann als auch hinsichtlich der Wahrheitskriterien.
Die einflussreichste sprachanalytisch orientierte Theorie ist die semantische Wahrheitstheorie von Alfred Tarski (auch logisch-semantische oder formal-semantische Wahrheitstheorie). Tarski knüpft an einer Idee des Aristoteles an, der häufig als Korrespondenztheoretiker interpretiert wird:
„Zu sagen, dass das Seiende nicht ist oder dass das Nichtseiende ist, ist falsch; dass das Seiende ist und dass das Nichtseiende nicht ist, ist wahr.“
- Aristoteles: Metaphysik IV, 1011b23‐28
Nach Aristoteles gilt also das Prinzip P: Wenn eine Aussage wahr ist, dann gibt es etwas kraft dessen sie wahr ist.
Das Prinzip P ist traditionell so verstanden worden:
· Eine
Aussage ist genau dann wahr, wenn sie eine ganz bestimmte relationale Eigenschaft hat.
· Die
Aufgabe einer Wahrheitstheorie ist es, diese relationale Eigenschaft präzise zu bestimmen.
Die bisher behandelten Theorien verstehen P in genau diesem Sinne. Ihnen zufolge ist eine Aussage S wahr, wenn:
Korrespondenztheorie: S
in einer Beziehung der Entsprechung zur Welt steht.
Epistemische Theorie: S
unter idealen Bedingungen gerechtfertigt ist.
Kohärenztheorie: S
Element einer optimal kohärenten Menge von Aussagen ist.
Aber können wir die Auflage des Prinzips P nicht einfacher erfüllen? Müssen wir wirklich in unserer Definition von ‚ist wahr’ eine komplizierte relationale Eigenschaft ausbuchstabieren? Alfred Tarski verneint die letze Frage:
„Unter den mannigfaltigen Bestrebungen, welche die Konstruktion einer korrekten Definition der Wahrheit für die Aussagen der Umgangssprache bezwecken, scheint wohl der Versuch einer semantischen
Definition der natürlichste zu sein. Ich meine hier eine Definition, die man in die folgenden Worte kleiden könnte: (1) eine wahre Aussage ist eine Aussage, welche besagt, dass die Sachen sich so
und so verhalten, und die Sachen verhalten sich eben so und so.“
- Alfred Tarski: Der Wahrheitsbegriff in den formalisierten Sprachen, S. 452
Die semantische Wahrheitstheorie besagt also, dass eine Proposition wahr ist, gdw. sie besagt, dass die Sachen sich so und so verhalten, und die Sachen verhalten sich so und so.
Dies ist eine semantische Definition, weil im Definiens der semantische Audruck "besagt, dass" vorkommt. Tarski selbst glaubt aber nicht, dass sich sein eigentliches Diktum in eine Definition verwandeln lässt:
„In Hinsicht auf formale Korrektheit, Klarheit und Eindeutigkeit der in ihr auftretenden Ausdrücke lässt die obige Formulierung offenbar viel zu wünschen übrig.“ (ebd.)
1. Tarskis erstes Problem: Das Diktum führt zu Paradoxien wie die Lügner‐Paradoxie. Um diese zu vermeiden, müssen wir die Generalität der Definition einschränken. Wir können nur jeweils ‚ist wahr’ für eine bestimmte Sprache (die Objektsprache) in einer anderen Sprache (der Metasprache) definieren.
2. Tarskis zweites Problem: Semantisches Vokabular ist unklar. In einer präzisen Definition darf kein semantisches Vokabular mehr vorkommen. Eine semantische Definition kann also nur eine vorläufige sein; wir müssen in einem zweiten Schritt die semantische Wendung ck ‚besagt, dass’ eliminieren.
Tarski entwickelte ein komplexes Verfahren, das beide Probleme löst. Dieses leistet aber etwas ganz anderes, als wir von einer Wahrheitsdefinition erwarten.
Tarskis neue Wahrheitsdefinition lautet:
Minimualismus: Für alle Propositionen x gilt: x ist wahr gdw. $p(was X besagt = [p] & p)
Erster Schritt: Wir setzen etwas für ‚x’ ein. Z.B. "Tupakointi tappaa":
· "Tupakointi tappaa" ist wahr gdw. $p(was „Tupakointi tappaa“ besagt = [p] & p)
Zweiter Schritt: Wir fügen ein, welche Proposition "Tupakointi tappaa" denn ausdrückt:
· "Tupakointi tappaa" ist wahr gdw. was "Tupakointi tappaa" besagt = [Rauchen tötet] & Rauchen tötet)
Diese Analyse des Wahrheitsbegriffs ist meiner Ansicht nach richtig.
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Ladiova Ballack (Dienstag, 17 November 2020 10:52)
Ich hätte fast meine Ehe verloren, weil mein Mann mich betrogen hatte, das dauerte ein Jahr, weil ich mir nicht sicher war, bis er eine Scheidung beantragte und das Haus verließ. Ich war schockiert, das machte mich so krank, dass ich mich tagelang auf keinen Bereich konzentrieren konnte, dachte weiter und fing an zu trinken. Ich brauchte so dringend Hilfe, dass ich eine Freundin um Rat bat und sie mir Dr. ODIBOH DADA empfahl, der mir versicherte, er könne mir helfen, und so tat ich, was er von mir verlangte, und er sagte mir, mein Mann würde seine Meinung ändern und dass er ihn dazu bringt, zu mir zurückzukehren und ihn auch vom Betrug abzuhalten, also vertraute ich ihm und nach 7 Tagen kam mein Mann nach Hause und bat mich, ihm den Schmerz zu vergeben, den er mir und den Kindern zugefügt hatte, den er wollte Sei wieder mein Mann und Vater für unsere Kinder. Ich hätte nie gedacht, dass es immer noch mächtige Menschen auf der Erde wie Dr. ODIBOH gibt, die immer noch helfen können, Probleme zu lösen. Ich bin für immer dankbar für seine Hilfe und empfehle ihn für Hilfe bei jedem Problem. Sie können ihn direkt über seine E-Mail-Adresse (odibohsolutionhome@gmail.com) oder noch besser über seine WhatsApp-Nummer +2347048883838 erreichen.