Das Supervenienzargument ist eine neuere Version des Exklusionsarguments.
Ein Exklusionsargument behauptet, dass der nichtreduktive Physikalismus auf einen absurden Epiphänomenalismus hinausläuft und deshalb falsch sein muss.
Das Supervenienzargument besteht aus zwei Teilargumenten.
Erstes Teilargument:
A1. ◊MM à ◊MP.
sprich: Eine mental-mentale Verursachung ist im n.P. nur dann möglich, wenn auch eine mental-physikalische Verursachung möglich ist.
A2. ﹁◊MP.
sprich: Eine mental-physikalische Verursachung ist im n.P. nicht möglich.
K1. Also: ﹁◊MM
sprich: Eine mental-mentale Verursachung ist im n.P. nicht möglich.
K2. Also: ﹁◊MM ∧ ﹁◊MP.
sprich: Mentales kann im
nichtreduktiven Physikalismus weder Mentales noch Physikalisches verursachen, es ist ein bloßes
Epiphänomen.
Zweites Teilargument:
P1. NR à EP.
sprich: Wenn der Nichtreduktive Physikalismus wahr ist, dann ist auch der Epiphänomenalismus wahr (folgt aus dem ersten Teilargument).
P2. ﹁ EP.
sprich: Der Epiphänomenalismus kann nicht wahr sein (ist "absurd").
C1. Also: ﹁NR.
sprich: Der nichtreduktive Physikalismus ist nicht wahr.
Im Folgenden wird das erste Teilargument Schritt für Schritt erklärt. Das zweite Teilargument fügt dem ersten nur die Annahme hinzu, dass der Epiphänomenalismus falsch weil absurd ist. Siehe dazu: Epiphänomenalismus.
A1. Eine mental-mentale Verursachung ist nur möglich, wenn eine mental-physikalische Verursachung möglich ist.
Eine mental-mentale Verursachung besteht, gdw. eine mentale Eigenschaft M (ihre Instanziierung) kausal relevant für eine andere mentale Eigenschaft M* ist:
Der nichtreduktive Physikalismus besagt, dass mentale Eigenschaften nicht mit physikalischen Eigenschaften identisch sind, aber über diese supervenieren:
Die Eigenschaft P* beansprucht im Gegensatz zu M zwar nicht, M* zu verursachen, scheint aber dennoch in einer gewissen Konkurrenz zu M zu stehen:
M und P* konkurrieren um die Rolle der Eigenschaft, die für M* verantwortlich ist.
Insbesondere muss M* auftreten, wenn P* auftritt, ganz unabhängig von M.
Und das umterminiert nach Jaegwon Kim M´s Anspruch, M* zu verursachen.
»Es gibt eine Spannung zwischen vertikaler Determination [von P* nach M*; S.W.] und horizontaler Verursachung [von Mnach M*; S.W.]«
Laut Kim kann man die "Spannung" zwischen M und P* nur durch die Annahme auflösen, dass M kausal relevant für M* ist, indem M kausal relevant für P* ist.
Das heißt: Eine mental-mentale Verursachung von M* durch M ist nur möglich, wenn eine mental-physikalische Verursachung von P* durch M möglich ist.
Der erste Schritt des Supervenienzarguments ist mMn. sehr überzeugend.
Denn:
i. Es spricht vieles dafür, dass mentale Eigenschaften über physikalische Eigenschaften supervenieren. Siehe zum Beispiel das Duplikationsargument.
ii. Wenn eine mentale Eigenschaft über eine physikalische Eigenschaft superveniert, kann es keine Änderung der mentalen Eigenschaft ohne eine Änderung der physikalischen Eigenschaft geben.
iii. Wenn eine mentale Eigenschaft also eine andere mentale Eigenschaft kausal beeinflussen, d.h. verändern möchte, scheint sie das nur zu können, indem sie ihre subviente physikalische Eigenschaft verändert.
A2. Eine mental-physikalische Verursachung ist unmöglich.
Eine mental-physikalische Verursachung liegt vor, gdw. eine mentale Eigenschaft M kausal relevant ist für eine physikalische Eigenschaft P.
Nach der Geschlossenheitsannahme muss für P* auch noch eine physikalische Eigenschaft P kausal relevant sein. Es ergibt sich das folgende Bild:
Es sollen also sowohl P als auch M kausal relevant für P* sein.
Es bleiben nun drei Möglichkeiten:[4]
1. Identitätstheorie: P und M sind ein- und dieselbe Eigenschaft.
Dagegen Kim: Der nichtreduktive Phyiskalist ist qua Position darauf festgelegt, dass P und M verschieden sind. Diese Möglichkeit steht ihm also gar nicht offen.
2. Überdeterminiation: P und M sind wirklich beide kausal relevant für P*.
Dagegen Kim: Diese Annahme verletzt das Exklusionsprinzip. Dieses besagt, dass eine Eigenschaft nicht kausal relevant für das Auftreten einer Wirkung sein kann, wenn sie für das Auftreten der Wirkung nicht notwendig ist.
3. Epiphänomenalismus: P und nur P ist kaual relevant für P*.
Kims Fazit: Der Nichtreduktive Physikalismus führt zum Epiphänomenalismus.
Da der Epiphänomenalismus aber absurd ist, kann der nichtreduktive Physikalismus nicht korrekt sein. Die Kritik am Exklusionsargument entzündet sich v.a. am Exklusionsprinzip, das nur unter einer bestimmten "push-and-pull"-Konzeption von Kausalität plausibel ist. An deren Stelle setzen nicht-reduktive Physikalisten einen kausalen Kompatibilismus, wonach es eine für mentale Eigenschaften erfüllbare Bedingung C gibt, für die gilt:
(i) C ist eine hinreichende Bedingung für kausale Relevanz.
(ii) Eigenschaften können C auch dann erfüllen, wenn sie keine kausale Arbeit verrichten.
(iii) C kann potenziell von mehreren Eigenschaften zugleich verrichtet werden.
zum vorherigen Blogeintrag zum nächsten Blogeintrag
Liste aller Blogbeiträge zum Thema "Philosophie des Geistes"
Kommentar schreiben
Philoclopedia (Freitag, 05 November 2021 23:11)
http://philsci-archive.pitt.edu/19232/1/high_level_causation_final.pdf