Eine propositionale Einstellung ist eine innere Haltung oder Beziehung kognitiver Art, die ein Subjekt zu einem (möglichen) Sachverhalt haben kann.
Berichte über P.E. haben oder lassen sich auf die folgende Grundstruktur bringen:
(PE) A φ-t, dass p.
wobei "A" für das Subjekt steht; um dessen Einstellung es geht, "φ" ein Verb ist, das die Art der Einstellung angibt; und "p" für den intentionalen Gehalt oder Gegenstand der Einstellung steht. p ist stets ein Gebilde, das wahr oder falsch sein kann (Proposition) bzw. das besteht oder nicht besteht (Sachverhalt).
Beispiele:
(1) Inge hofft, dass am Wochenende die Sonne scheint.
(2) Hans befürchtet, dass es regnen wird.
(3) Julia bedauert, dass sie nicht mitkommen kann.
(4) Hans argwöhnt, dass Inge Hühnerfett auf seine Bibel getropft hat.
(5) Ich weiß, dass mein Erlöser lebt.
Berichte über propositionale Einstellungen sind intensionale Kontexte par excellence; das bedeutet, dass innerhalb des Skopus des Einstellungsverbs φ koextensionale Ausdrücke nicht salva veritate ausgetauscht werden können (vgl. Intensionaler Fehlschluss). Beispielsweise ist der Schluss "Lois Lane glaubt, dass Superman ein Held ist. Superman ist Clark Kent. Also glaubt Lois, dass Clark Kent ein Held ist." nicht logisch gültig. Bei üblicher Lesart des Existenzquantors ist auch der Schluss "Lois Lane glaubt, dass Superman ein Held ist; also gibt es jemanden, von dem Lois Lane glaubt, dass er ein Held ist" nicht korrekt.
Die Bezeichnung "propositionale Einstellung" geht auf Bertrand Russell zurück.
Propositionale Einstellungen sind für eine Reihe von wissenschaftlichen Disziplinen wie die Psychologie, die Semantik natürlicher Sprachen, die Sprachphilosophie, sowie in philosophischen Gebieten wie die Philosophie des Geistes, die Handlungstheorie und die Erkenntnistheorie von großer Bedeutung.
Rationalitätstheorie: Nach dem Philosophien Donald Davidson ist es das cha-rakteristische Merkmal rationaler Weise, propositionale Einstellungen zu haben.
Handlungstheorie: Einer der am häufigsten verwendeten Ansätze zur Erklärung rationalen Verhaltens ist das (oft David Hume zugeschriebene) sogenannte Belief-desire-Modell, in dem die propositionalen Einstellungen des Überzeugtseins, des Wünschens und Beabsichtigens eine tragende Rolle spielen. Dass Inge die Absicht ausbildet, sich auf den Weg zum Supermarkt zu machen, kann nach diesem Modell durch ihren Wunsch, Lebensmittel einzukaufen, in Verbindung mit ihrer Überzeugung, dass sie im Supermarkt Lebensmittel kaufen kann, erklärt werden.
Sprachphilosophie: Einige Sprachphilosophen wie etwa Paul Grice vertreten Bedeutungstheorien, denen zufolge sich die Bedeutung von Äußerungen aus mit ihnen verbundenen Überzeugungen und Absichten ergibt. Grob gesagt ist das, was eine Sprecherin A mit einem assertorischen Satz S meint (d.h. die Sprecher-bedeutung von S), die Überzeugung, die A mit S auszudrücken beabsichtigt.
Philosophie des Geistes: Franz Brentano hat argumentiert, dass propositionale Einstellungen nicht auf physikalische Eigenschaften reduziert werden können. Denn physikalische Eigenschaften beziehen sich nicht auf Sachverhalte. Dagegen hat etwa Jerry Fodor vorgeschlagen, dass sich eine physikalische Eigenschaft genau dann auf X bezieht, wenn sie in einer bestimmten kausalen Relation zu X steht. Ein weiterer Vorschlag stammt von Fred Dretske, nach dem sich eine phy-sikalische Eigenschaft auf X bezieht, gdw. sie ein verlässlicher Indikator für X ist.
Einige Philosophen behaupten, dass es propositionale Einstellungen gar nicht gibt. Bei Willard V. O. Quine sind sprachphilosophische Bedenken gegen Intensionalität (Extensionalismus) das Hauptmotiv. Paul Churchland vertritt die Ansicht, dass die Rede über propositionale Einstellungen aufgegeben werden muss, weil ihnen in der physikalischen Realität nichts entspricht (Eliminativer Physikalismus).
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