Die kosmische Mikrowellenhintergrundstrahlung (auch Drei-Kelvin-Strahlung) ist ein das ganze Universum erfüllendes, isotropes Strahlungsfeld im Mikrowellenbereich. Es entstammt einer Zeit etwa 380.000 Jahre nach dem Urknall und ist damit eine Art kostbares kosmologisches Echo von diesem. In der daraufhin folgenden inflationären Expansion des Universums wurden auch die elektromagnetischen Wellen der Hintergrundstrahlung mitgedehnt. Dies ist auch der Grund für die Rotverschiebung der Strahlung in den Mikrowellenbereich und weswegen wir sie nicht sehen können.

1. Vorhersage

Laut der Urknalltheorie ist das Universum aus einem sehr heißen und sehr dichten Anfangszustand heraus entstanden. In den ersten 380.000 Jahren nach dem Urknall standen die Elementarteilchen noch im thermischen Gleichgewicht mit der Strahlung. Strahlung und Materie waren sozusagen also ein einziges Gemisch. Die Lichtteilchen wurden damals unentwegt an den freien Elektronen gestreut. Im frühen Universum konnte sich also noch keine Strahlung – und somit auch kein Licht - ausbreiten. Bis das Universum auf etwa 3000 Kelvin abgekühlt war und somit die Rekombinationsära einläutete. Nun entstanden nämlich die ersten elektrisch neutralen Wasserstoffatome, in denen die freien Elektronen jetzt gebunden waren. Nun konnten sich auch die Photonen ungestört bewegen, da keine freien Elektronen oder Protonen mehr dazwischenfunkten und mit ihnen wechselwirkten. Seither ist das Universum „durchsichtig“ und genau diese Photonen, aus der Zeit der Entkopplung von Materie und Strahlung, breiten sich ungehindert im Weltall aus. So zumindest die theoretische Vorhersage der Urknalltheorie. Und diese ist auch empirisch validierbar, als Hintergrundstrahlung im Mikrowellenbereich. Wenn man also die Hintergrundstrahlung wirklich messen können sollte, wäre das ein starkes Indiz für die Richtigkeit der Urknallthese.

2. Entdeckung

Entdeckt wurde die Hintergrundstrahlung jedoch rein zufällig. 1964 wollten die beiden Radioastronomen Robert Wilson und Arno Penzias vom Bell Laboratory eine Antenne testen, die für Satellitenkommunikation genutzt werden sollte. Als sie auf ein merkwürdiges Hintergrundrauschen stießen, suchten die beiden nach der Ursache der Störung und dachten zunächst noch, das Rauschen müsse auf den Vogelkot auf der Antenne zurückzuführen sein, doch auch nach der Reinigung der Antenne hielt es weiter an. Als sie die Antenne dann anders justierten, fiel ihnen auf, dass die seltsame Strahlung von überall herkam. Irgendwie das gesamte Universum auszufüllen scheint. Robert und Arno publizierten ihre Entdeckung, wahrscheinlich nichtsahnend, in der Zeitschrift Astrophysical Journal und dank der theoretischen Arbeit des Physikers Robert Dicke von der Princeton University konnte sie schnell als die kosmische Hintergrundstrahlung entlarvt werden. Für diese sensationelle Entdeckung erhielten Robert und Arno 1978 den Nobelpreis für Physik.

3. Eigenschaften

In den Jahren nach ihrer Entdeckung wurde die kosmische Hintergrundstrahlung eingehend erforscht. Dabei fand man nicht nur etwas über die Hintergrundstrahlung per se, sondern auch viel über das frühe und auch gegenwärtige Universum heraus.

Aufgenommen vom Satelliten Cobe. Temperaturschwankungen in der Hintergrundstrahlung. Diese Messungen zeigen, dass die Materie zum Zeitpunkt der Rekombination außerordentlich homogen verteilt gewesen sein muss.
Aufgenommen vom Satelliten Cobe. Temperaturschwankungen in der Hintergrundstrahlung. Diese Messungen zeigen, dass die Materie zum Zeitpunkt der Rekombination außerordentlich homogen verteilt gewesen sein muss.

Die Hintergrundstrahlung ist annähernd isotrop. Isotrop bedeutet, dass ihre Temperatur sehr gleichförmig ist. Die kleinen Unregelmäßigkeiten heißen Anisotropien und bewegen sich in einer überschaubaren Größenordnung von ein paar hunderttausendstel Kelvin. Die Anisotropien entsprechen Dichtefluktuationen im frühen Universum und wurden erstmalig vom Satelliten COBE entdeckt. Ihre geringen Ausmaße zeigen uns, dass die Materie zum Zeitpunkt der Rekombination sehr, sehr homogen verteilt gewesen sein muss. Denn stärkere Dichteschwankungen hätten keine solch isotrope Hintergrundstrahlung, wie wir sie beobachten, hervorgebracht. Die besagte Temperatur hat sich im Laufe der Zeit auf heute rund 2,72 Kelvin abgekühlt.

Genauere Messungen der Temperaturschwankungen in der Hintergrundstrahlung von der Raumsonde WMAP.
Genauere Messungen der Temperaturschwankungen in der Hintergrundstrahlung von der Raumsonde WMAP.

4. Verweise

  • Astronomie: Die herausragende Bedeutung der Hintergrundstrahlung für die Astronomie, insbesondere der Kosmologie, ist kaum zu überschätzen.

 

  • Evolution (Biologie): Die Hintergrundstrahlung ist für Astronomen dasselbe wie Dinosaurierknochen für Paläontologen. Eine Rekonstruktionsmöglichkeit vergangener Szenarien.

 

  • Farben: Stellen wir uns spaßeshalber einmal vor, wir könnten mit unseren Augen elektromagnetische Wellen sehen, deren Wellenlänge sehr viel größer als das des für uns sichtbaren Spektrums ist. Dann würden wir beim Einschalten der Mikrowelle ein wildes Treiben uns bisher unbekannter Farben beobachten können. Und bei jedem Blick in den Himmel würden wir ein leichtes Rauschen visuell wahrnehmen. Welche Farbe die Hintergrundstrahlung dann wohl für uns hätte?

 

  • Quantenphysik: Selbst für die Quantenphysik, insbesondere für deren Teilbereich die Quantenkosmologie, ist die kosmische Hintergrundstrahlung eine wichtige Entdeckung.

 

  • Relativitätstheorie: Vielleicht haben Sie sich schon einmal folgende Frage gestellt: Wenn das Verstreichen der Zeit nach der Lehre der Relativitätstheorie doch von Bewegung und Gravitation individuell abhängt, was bedeutet es dann wenn Astronomen beispielsweise dem Universum als Ganzem ein Alter zu schreiben? 13,8 Milliarden Jahre aus wessen Sicht? Auf wessen Uhr? Eine berechtigte Frage und auch deren Antwort hängt wieder mit der kosmischen Hintergrundstrahlung zusammen. Die Gleichförmigkeit der Hintergrundstrahlung auf Makroebene lässt nämlich auch Schlüsse auf die Entwicklung des Universums nach seinen frühesten Stadien zu. Denn die Temperaturen stimmen, egal wo am Himmel wir messen, ja aktuell erstaunlich genau überein. Also müssen sich die physikalischen Bedingungen in jeder Raumregion relativ identisch entwickelt haben. Lassen Sie sich nicht von den vielen unterschiedlichen Planeten, Sternen und Hohlräumen täuschen. Auf wirklich sehr großen Größenskalen betrachtet ist das Universum tatsächlich äußerst homogen. Definiert man das Verstreichen der Zeit jetzt als Maß der Veränderung, so lässt sich schlussfolgern, dass die Zeit in etwa und im Durchschnitt überall gleich verlaufen sein muss.

 

  • Schwarzes Loch: Schwarze Löcher und ähnlich „unordentliche“ Objekte sollte es nach unseren Messungen der Hintergrundstrahlung im frühen Universum nicht gegeben haben.

 

  • Stringtheorie: Während des frühen Universums könnten auch kosmische Strings entstanden sein. Kosmische Strings sind sehr lange, schwere Objekte mit winzigem Querschnitt. Heute könnte sich ein einzelner solcher kosmischer String über das gesamte Universum erstrecken.

 

  • Urknall: Würden wir dem hier skizzierten Lichtkegel weiter in die Vergangenheit folgen, würde die große Energiedichte der Materie ein Konzentrieren der Lichtstrahlen bewirken. Binnen einer endlichen Zeitspanne schrumpft der Querschnitt des Lichtkegels auf die Größe Null. In diesem Punkt muss das Universum einen Anfang, oder zumindest eine Art Anfang (etwa: Big Bounce) gehabt haben. Es sind aber nicht nur die Schnappschüsse der Satelliten und die gedankliche Extrapolation der Materiedichte, die ein solches Ereignis nahelegt. Auch beispielsweise die von Vesto Slipher beobachtete allgemeine Rotverschiebung deutet auf so etwas wie einen Urknall hin.

 

  • Zeitpfeil: Die Gleichförmigkeit der Strahlungstemperatur in kosmischer Größenordnung ist auch wichtig in Bezug zum thermodynamischen Zeitpfeil. Wie gezeigt offenbart sie uns, dass das frühe Universum keine großen, hochentropischen Materiesammlungen beinhaltet hatte. Denn eine inhomogene Umgebung hätte inhomogene Spuren in der Hintergrundstrahlung hinterlassen. Und dies spricht für die These des thermodynamischen Zeitpfeils. Da diese vollkommen auf der Annahme beruht, das frühere Universum sei niederentropisch.

 

5. Quellen

Stand: 2014

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