Die spezielle Relativitätstheorie (kurz: SRT) ist eine physikalische Theorie über die Bewegung von Körpern und Feldern in Raum und Zeit.
Sie erweitert das galileische Relativitätsprinzip zum speziellen Relativität-sprinzip, nach dem nicht nur die Gesetze der Mechanik, sondern alle Gesetze der Physik in allen Inertialsystemen dieselbe Form haben. Dies gilt u.a. auch für die Gesetze des Elektromagnetismus, weshalb die Lichtgeschwindigkeit im Vakuum in allen Inertialsystemen denselben Wert hat (siehe: Lichtkonstante). Daraus folgt weiter, dass Längen und Zeitdauern vom Bewegungszustand des Betrachters abhängen und es keinen absoluten Raum und keine absolute Zeit gibt. Dies zeigt sich in der Lorentzkontraktion und in der Zeitdilatation. Eine weitere wichtige Konsequenz der SRT ist die Äquivalenz von Masse und Energie.
Albert Einsteins Artikel "Zur Elektrodynamik bewegter Körper"[1] (1905) gilt als Geburt der speziellen Relativitätstheorie. Weil die darin beschriebene Theorie sich mit der Beschreibung relativ zueinander bewegter Bezugssysteme und der Relativität von Zeitdauern und Längen befasst, wurde sie bald als "Relativitätstheorie" bekannt. 1915 nannte Einstein sie in "Spezielle Relativitätstheorie" um, in Abgrenzung zur "Allgemeinen Relativitätstheorie".
Die Spezielle Relativitätstheorie ist vielfach experimentell bestätigt wurden.[2]
Die Gesetze der klassischen Mechanik gelten in allen Inertialsystem, d.h. in allen unbeschleunigt bewegten Systemen. Ein ICE mit einer konstanten Geschwindigkeit von 300 km/h ist bspw. ein Inertialsystem, das sich relativ zum Bahngleis bewegt. Wenn Sie nun einen Kaffee im Zug trinken, ist das nicht anders, als wenn Sie ihn am Bahngleis trinken würden. Diese sog. Galilei-Invarianz folgt direkt aus der klassischen Vorstellungen eines euklidischen Raumes und einer davon unabhängigen (eindimensionalen) Zeit.
Ende des 19. Jahrhunderts wurde erkannt, dass die Maxwell-Gleichungen nicht Galilei-invariant sind. Das heißt, dass die Maxwell-Gleichungen ihre Form ändern, wenn eine Galilei-Transformation in einem relativ zum Ausgangssystem bewegten System durchgeführt wird. Es kann also entweder nur die Galilei-Invarianz oder die nur die Maxwell-Gleichungen die empirische Wirklichkeit adäquat beschreiben:
1. Wenn die Galilei-Invarianz universal gültig wäre, dann wäre die Lichtgeschwindigkeit vom Bezugssystem abhängig und die Maxwell-Gleichungen in nur einem einzigen Bezugssystem gültig. Im Michelson-Morley-Experiment versuchte man, die Existenz eines solchen absoluten Bezugssystems (dem "Äther") empirisch nachzuweisen. Das Experiment schlug jedoch fehl.
2. Wenn hingegen die Maxwell-Gleichungen universell gültig sind, dann tritt anstelle der Galilei-Invarianz die Lorentz-Invarianz. Die Lorentz-Invarianz hat weitreichende Konsequenzen: Denn erstens sind die Lorentztransformationen, welche die Maxwell-Gleichungen unverändert lassen, keine reinen Raum-, sondern Raumzeittransformationen. Sie fassen Raum und Zeit also ontologisch als eine Raumzeit-Entität auf. Zweitens müssten dann die Grundgleichungen der klassischen Mechanik in eine relativistische Mechanik überführt werden.
Die Spezielle Relativitätstheorie gründet auf der Annahme, dass (2) wahr ist.
Die Unveränderlichkeit der Naturgesetze unter Lorentztransformationen ist die zentrale Behauptung der SRT, aus der alle weiteren Behauptungen folgen:
Direkt aus der Lorentz-Invarianz folgt die Lichtkonstante. Denn wenn die Gesetze der Elektrodynamik in jedem Bezugssystem gleichermaßen gelten, muss sich auch das Licht in Vakuum in jedem Bezugssystem gleich schnell ausbreiten.
Aus der Lichtkonstanz folgt die Relativität der Gleichzeitigkeit. Albert Einstein illustrierte diese in einem bekannten Gedankenexperiment:[3]: Ein Zug fährt mit der konstanten Geschwindigkeit -v durch einen Bahnhof. Auf dem Bahnsteig und im Zug befinden sich zwei Beobachter, deren Beobachtungen und Messungen verglichen werden sollen. Sie verfügen über Uhren und Maßstäbe sowie über Blitzlichter, mit denen Lichtsignale ausgetauscht werden können.
Für den Zugbeobachter sieht es so aus, als würde er ruhen und sich der Bahnsteig mit +v entgegen der Fahrtrichtung des Zuges bewegen. Nach dem Relativitätsprinzip befindet er sich in einem eigenen Inertialsystem. Seine Sichtweise ist also genauso gerechtfertigt wie die des Bahnhofbeobachters.
Gehen wir weiterhin davon aus, dass sich in der exakten Mitte des Bahnsteigs eine Lampe befindet. Für den Bahnbeobachter gilt somit: Wenn die Lampe eingeschalten wird, erreicht ihr Licht beide Enden des Bahnsteiges gleichzeitig. Denn er befindet sich im selben Inertialsystem wie die Lampe und für ihn breitet sich das Licht zu beiden gleich weit entfernten Zugenden gleich schnell aus.
Für den Zugbeobachter gilt hingegen: Wenn die Lampe eingeschalten wird, erreicht ihr Licht beide Enden des Bahnsteigs nicht gleichzeitig. Denn er befindet sich nicht im selben Inertialsystem wie die Lampe und für ihn breitet sich das Licht gegenüber dem Zug in beide Richtungen gleich schnell aus. Für den Zugbeobachter kommt das vordere Bahnsteigende dem Lichtstrahl entgegen, sodass der nach vorne laufende Lichtstrahl eine kürzere Strecke zurücklegt und schneller ankommt als der nach hinten laufende Lichtstrahl.
Bahnbeobachter und Zugbeobachter sind sich also uneins, ob die Lichtstrahlen die beiden Bahnsteigenden gleichzeitig erreichen oder nicht. Da sich beide aber in Inertialsystemen befinden, ist keine Sichtweise gegenüber der anderen ausgezeichnet. Gleichzeitigkeit ist also relativ für alle Beobachter verschieden, eine objektive Gleichzeitigkeit von Ereignissen gibt es nicht.
Aus der Relativität der Gleichzeitigkeit folgt die Lorentzkontraktion: Angenommen, das vordere Zugende löst beim Passieren des vorderen Bahnsteigendes und das hintere Zugende löst beim Passieren des hinteren Bahnsteigendes einen Lichtblitz aus. Wenn der Bahnbeobachter beide Lichtblitze gleichzeitig sieht, schließt er, dass die beide Zugenden die beiden Bahnsteigenden gleichzeitig passieren und dass Bahnsteig und Zug gleich lang sein müssen.
Für den Zugbeobachter gilt hingegen: Der Lichtblitz vom vorderen Zugende erreicht ihn früher als der Lichtblitz vom hinteren Zugende, da er dem vorderen Lichtblitz entgegen fährt und sich vom hinteren Lichtblitz entfernt. Da ihn der vordere Lichtblitz früher erreicht als der hintere, schließt er, dass der Zug länger ist als der Bahnsteig. Denn das hintere Zugende war noch gar nicht am Bahnsteig angekommen als das vordere Zugende ihn schon wieder verlassen hat.
Bahnbeobachter und Zugbeobachter sind sich also uneins, ob der Zug und das Bahnsteig gleich lang sind oder nicht. Da sich beide aber in einem Inertialsystem befinden, ist keine Sichtweise gegenüber der anderen ausgezeichnet. Die gemessene Länge zwischen zwei Punkten in einem System ist abhängig von der relativen Bewegung des Beobachters gegenüber diesem System.
Aus der Relativität der Gleichzeitigkeit folgt auch die Zeitdilatation: Angenommen, das vordere Zugende setzt beim Passieren des vorderen Bahnsteigendes und das hintere Zugende setzt beim Passieren des hinteren Bahnsteigendes dort eine Uhr in Gang. Da für den Bahnbeobachter der Zug und der Bahnsteig gleich lang sind, werden für ihn beide Uhren gleichzeitig gestartet.
Für den Zugbeobachter gilt hingegen: Auch er startet eine Uhr, wenn das vordere Zugende das vordere Bahnsteigende und wenn das hindere Zugende das hintere Bahnsteigende passiert. Da für den Zugbeobachter der Zug länger ist als der Bahnsteig, wird für ihn die Uhr am vorderen Bahnsteigende früher gestartet werden als die Uhr am hinteren Bahnsteigende und damit als seine eigene Uhr.
Bahnbeobachter und Zugbeobachter sind sich also uneins, ob die Uhr am vorderen Bahnsteigende und die am hinteren Bahnsteigende innerhalb einer Zeitspanne größer Null gestartet werden oder nicht. Da sich beide aber in einem Inertialsystem befinden, ist keine Sichtweise gegenüber der anderen priviligiert. Die gemessene Zeitspanne zwischen zwei Ereignissen in einem System S ist abhängig von der Relativbewegung des Beobachters gegenüber S.
Am Bahnhof steht ein Billardtisch.
Für den Bahnbeobachter gilt: Zwei Billardkugeln bewegen sich mit derselben absoluten Geschwindigkeit wie der Zug, aber senkrecht zum Gleis aufeinander zu. Sie stoßen so völlig elastisch aneinander, dass sie sich danach parallel zum Gleis bewegen, die Rote in Fahrtrichtung des Zuges und die Blaue in Gegenrichtung.
In der klassischen Mechanik ist der Impuls eines Objekts definiert als das Produkt seiner Masse und Geschwindigkeit. Der Gesamtimpuls, der sich durch Addieren der Einzelimpulse ergibt, ist eine Erhaltungsgröße. Und in der Tat bleibt der Gesamtimpuls für den Bahnbeobachter erhalten, da die Kugeln sich vor und nach dem Zusammenstoß mit jeweils gegengleicher Geschwindigkeit bewegen.
Für den Zugbeobachter gilt hingegen: Die Billardkugeln bewegen sich vor dem Zusammenstoß mit gegengleicher Geschwindigkeit und der Gesamtimpuls beträgt somit Null. Nach dem Zusammenstoß ruht die rote Kugel aber und die blaue Kugel bewegt sich mit 2*v(k). Der Gesamtimpuls beträgt also 2-mal Kugelmasse mal Kugelgeschwindigkeit und bleibt nach dem Zusammenstoß nicht erhalten.
Die Kugelgeschwindigkeit v(k) ist nicht gleich die Bahngeschwindigkeit v(b). Grund hierfür ist die relativistische Geschwindigkeitsaddition. Hiermit wird klar, dass die klassische Impulserhaltung nicht mehr gültig ist. Um den Erhaltungssatz trotzdem zu erhalten, wird der relativistische Impuls verwendet, der stärker als proportional zur Geschwindigkeit des Objekts ansteigt. Aus demselben Grund muss auch die Energie bei hohen Geschwindigkeiten nichtlinear und schneller ansteigen, als sie es nach der klassischen Mechanik tut.
Die Äquivalenz von Masse und Energie besagt daher, dass: E = m*c².
Dabei ist: E die Ruheenergie eines Körpers oder Systems, m seine Masse und c² die Lichtgeschwindigkeit im Quadrat. E und m sind also proportional zueinander.
Damit lässt sich der geschwindigkeitsabhängigen Energie eines Körpers eine geschwindigkeitsabhängige Masse, die sog. relativistische Masse zuordnen.
Diese relativistischen Effekte sind empirisch gut bestätigt und haben den Status von nahezu evidenten Naturgesetzen. Aber wie sind sie ontologisch zu deuten?
Wenn man die Zeit als vierte Dimension interpretiert, gelangt man zu einer vierdimensionalen Raumzeit. Diese entspricht dem sog. Minkowski-Raum M4 und nicht einem vierdimensionalem euklidischen Raum R4. Die Bewegung eines Körpers durch die Raumzeit entspricht einer Weltlinie und wird in Minkowski-Diagrammen dargestellt. Wenn sich ein Körper für einen Beobachter schneller durch den Raum bewegt, bewegt er sich für den Beobachter in diesem Ausmaß langsamer durch die Zeit bzw. seine Eigenzeit ist geringer.
Diese Annahmen erlauben eine ontologische Deutung der relativistischen Effekte. Die Raumzeit kann in Abwesenheit von Materie und Energie flach sein. Im Allgemeinen ist sie aber durch Energieformen gekrümmt, dann wird sie durch die Allgemeine Relativitätstheorie beschrieben. Besonders ausgeprägt war und ist diese Raumzeitkrümung in schwarzen Löchern und zu Zeiten des Urknalls.
Stand: 2019
Philoclopedia (Samstag, 20 August 2022 00:23)
https://www.cantorsparadise.com/understanding-einsteins-special-theory-of-relativity-b43eadca66a9
Dipl.-Ing. Norbert Derksen (Freitag, 01 Februar 2019)
Die Lorentz-Transformation erfüllt im allgemeinen Falle entgegen Einsteins Behauptung nicht die Transitivitätsbedingung und beschreibt daher die Wirklichkeit nicht. Aus der Tatsache, daß Licht_a sich im Inertialsystem_a mit c ausbreitet und Licht_b im Inertialsystem_b ebenfalls, folgt NICHT, daß Licht_a sich auch im Inertialsystem_b mit c ausbreitet und Licht_b im Inertialsystem_a !