Homöopathie

Die Homöopathie (von griechisch hómoios, gleichartig, ähnlich und páthos, Leid, Schmerz; wörtlich also „ähnliches Leiden“) ist eine alternativmedizinische Behandlungsmethode, die auf den Vorstellungen des deutschen Arztes Samuel Hahnemann beruht. Hahnemann (1755-1843) stellte folgende Prinzipien der Homöopathie auf, die heute weltweit genauso praktiziert werden.

1. Die Grundprinzipien

1.1. Ähnlichkeitsprinzip

Die namensgebende und essenziellste Grundannahme der homöopathischen Methode ist das auf Hahnemann zurückgehende Ähnlichkeitsprinzip: „Ähnliches soll durch Ähnliches geheilt werden.“ (similia similibus curentur).

Das dahinterstehende Prinzip ist eigentlich ganz einfach: Man bekämpft Feuer mit Feuer. Stellen Sie sich vor, wir geben einem Gesunden ein bestimmtes Mittel. Beispielsweise ein Salz. Daraufhin fängt dieser an zu Husten, bekommt Fieber und muss sich zu Übergeben. Wir schlussfolgern, dass unser Salz Gesunde erkranken lässt. Wenn jetzt eine andere Person eine Grippe bekommt, also die Symptome zeigt, die das Salz hervorrufen soll, kriegt er vom Homöopathen exakt dieses Salz gegen seinen Husten.

1.2. Potenzierung

Man gibt dem Patienten aber nicht einfach eine ganze Ampulle vom Salz, denn dieses erzeugt die Grippe ja. Stattdessen verdünnt man es mehrfach. Etwa durch Dynamisieren („verschütteln“) in Wasser oder Ethanol, oder durch Verreiben mit Milchzucker. Die wiederholte Verdünnung der Grundsubstanz eines homöopathischen Arzneimittels nennt man auch Potenzierung. Für gewöhnlich geschieht diese in den Verhältnissen 1:10 (D), 1:100 (C) oder 1:50.000 (LM).

Nach Hahnemann würde die Grundsubstanz durch ihre Potenzierung und Dynamisierung ihre „im innern Wesen der Arzneien verborgene, geistartige Kraft“ entfalten.

Wie stark Homöopathika jeweils verdünnt sind, lässt sich am jeweiligen Flaschenrand ablesen. Da steht dann zum Beispiel „C30“, was noch längst nicht die stärkste Potenzierung ist. C steht, siehe oben, für 100. Also wurde dieses Homöopathika 30 Mal im Verhältnis 1 zu 100 verdünnt, oder kurz: C30 = 1 : (100)^30, bzw. 1:10^60. Ausgeschrieben wäre das eine 1 zu einer 1 mit 60 Nullen, was einem einzigem Atom in Relation zu allen Atomen des Universums oder einem Tropfen Wirkstoff auf das Wasser von 10 Quintilliarden Erden entspricht. Schon ab D23 enthält die Mischung nicht mehr auch nur ein einziges Molekül der Ausgangssubstanz. Chemisch gibt es folglich keinen Unterschied zwischen Zucker und Globuli.

1.3. Imprint-Theorie

Jetzt mag sich manch einer fragen, wie der Wirkstoff denn heilen soll, wenn er gar nicht mehr im einzunehmenden Mittel enthalten ist? Die Antwort der Homöopathen: Indem sich das Mittel, beispielsweise der Zucker, an den Wirkstoff „erinnert“. Gemäß der Imprint-Theorie werden die Heilinformationen nämlich im Laufe des Mischprozesses an das Wasser übertragen. Und so kann das Fertigprodukt auch ohne Wirkstoff wirken. Es ist hoffentlich klar, dass dies wissenschaftlicher Nonsense ist.

Vieles ließe sich noch zur homöopathischen Behandlungsmethode sagen. Etwa, dass sie nicht nur das Verschreiben entsprechender „Medikamente“ beinhaltet, sondern auch und vor allem die ausführliche Beschäftigung des Homöopathen mit seinem Patienten. Des Weiteren ist die Homöopathie kein homogenes Lehrfeld, sondern umfasst sehr unterschiedliche Schulen und Denkrichtungen. Einige davon lassen sich wissenschaftlich falsifizieren, andere aufgrund ihrer an sich supranaturalistischen Ansätze nicht.

Hiermit wollen wir es erst einmal belassen. Wir haben gelernt, was das Ähnlichkeits-Prinzip, was Potenzieren, Dynamisieren und die Imprint Theorie ist. Folgend werden wir uns nun denjenigen Aussagen der Homöopathie widmen, die grundsätzlich falsifizierbar sind.

2. Wirksamkeit

Eine Möglichkeit, um die Homöopathie einer wissenschaftlichen Überprüfung zu unterziehen, ist es sie hinsichtlich ihrer Wirksamkeit zu testen. Aber was ist das überhaupt, Wirkung? Wann können wir davon sprechen, dass ein Medikament wirkt? Dann, wenn jemand krank ist, es einnimmt und am nächsten Tag gesund wird? Oder hat es nur dann gewirkt, wenn der Proband ohne das Mittel im selben Zeitraum nicht gesund geworden wäre? Ist es von Bedeutung, ob die Testperson an die Wirkung der Homöopathie glaubt? Von der individuellen Beantwortung dieser Fragen hängt es ab, ob wir homöopathischen Mitteln eine Wirkung zuschreiben können, oder eben nicht.

2.1. Der Placebo-Effekt

Fünf Jahre ist es nun bereits her, dass ich Betreuer beim EC-Zeltlager sein durfte. Ich hatte damals wahnsinnig viel Spaß bei der Sache, nur das Heimweh vieler unserer Kinder machte uns Kopfzerbrechen. Was kann man nur gegen Heimweh tun? Eines Abends kam einer unserer Mitarbeiter auf die rettende Idee: Heimwehtabletten. Natürlich gibt es solche Tabletten gegen Heimweh nicht wirklich, aber das mussten die Kinder ja nicht erfahren. Am nächsten Tag gaben wir ihnen ganz normale Lutschdragées aus Zucker und erzählten ihnen, dass diese gegen Heimweh gut seien. Und siehe da, nur durch den Glauben an die Wirksamkeit der Zuckerpillen verschwand bei vielen Kindern das Heimweh noch am selben Morgen.

In der Fachsprache nennt man diesen Umstand, dass allein schon der Glaube an die Wirkung einer Behandlung tatsächlich auch zu einer Verbesserung des subjektiven Wohlbefindens und der objektiven Verfassung führen kann, den Placebo-Effekt. Man kann ihn überall beobachten. Zum Beispiel spüren wir die Wirkung einer Aspirin-Tablette im Schnitt eine halbe Stunde, bevor sie überhaupt im Blut angekommen ist. Allein die Erwartungshaltung an ein Medikament kann also schon zu einer Verbesserung führen, wie beispielsweise der amerikanische Chirurg Bruce Moseley eindrucksvoll zeigen konnte.

Bei der Hälfte seiner Patienten, die eine Knieoperation bekommen sollten, setzte er nur einen Schnitt an, ohne aber tatsächlich irgendetwas am Knie zu verändern. Trotzdem waren die zum Schein operierten Patienten mit dem Ergebnis von Moseleys Behandlung nachher genauso zufrieden, wie die wirklich operierten. Was lernen wir daraus? Dass man die Kraft der Einbildung bzw. des Placebo-Effekts bei medizinischen Verfahren nicht unterschätzen sollte. Oft sind die Umstände einer medizinischen Behandlung ausschlaggebender, als die Behandlung selbst. Ein Doktor, der einem Patienten die richtige Spritze so verkauft, dass dieser Angst vor deren Wirkung hat, kann den Patienten ungelogen krank machen. Diesen „umgekehrten Placebo-Effekt“ kann man auch Nacebo-Effekt nennen.

Was aber, wenn auch Homöopathika keine über den Placebo-Effekt hinausgehende Wirksamkeit besitzen? Liegt der Wirkmechanismus möglicherweise im Kopf des Homöopathiejüngers und nicht in der Tablette selbst? Ist die Tablette dann austauschbar, mit ganz normalen – wie gesagt chemisch äquivalenten – Zuckerkügelchen?

2.2. Doppelblindversuch

Ist es am Ende nur unser Glaube an die Homöopathie, der uns denken lässt, dass sie etwas bringt? Um das zu testen, müssen wir einen Doppelblindversuch durchführen. Beim Doppelblindversuch werden also einer Gruppe von Patienten homöopathische Pillen gegeben und die andere Gruppe enthält nur Placebos, also wirkstofffreie, aber äußerlich identische Pillen. Weder der Patient, noch der Arzt (bzw. der Homöopath) weiß dabei, wer welche Pille bekommt. Am Ende werden die Ergebnisse verglichen. Das ist die Definition von „doppelblind“: ein Versuch oder eine Studie heißt immer genau dann doppelblind, wenn weder der die Medikamente Verabreichende noch der Empfänger weiß, ob er das Medikament oder ein Placebo erhalten hat.

Beide Gruppen unterscheiden sich nicht bezüglich ihrer Homöopathiegläubigkeit. Dieser Aspekt kann also keine Auswirkungen auf die Testresultate haben. Das bedeutet auch, wenn Homöopathie wirklich eine vom individuellen Glauben einer Person unabhängige Wirkung haben sollte, es nur logisch wäre, dass die Gruppe mit den homöopathischen Pillen auch bessere Versuchsergebnisse vorweisen kann. Wenn aber die Homöopathie selbst nicht wirkt, dann müssten beide Gruppen die gleichen Ergebnisse haben.

Gott sei Dank haben diesen Versuch schon unzählige Leute vor uns durchgeführt und ihre Ergebnisse sind eindeutig: Es ist egal, ob man Menschen Homöopathika verabreicht, oder nur Placebos und sie im Glauben lässt, es wären Homöopathika. Regelmäßig bringt der Doppelblindversuch ans Tageslicht, dass es offenkundig egal ist, ob Pillen homöopathisch oder nur Placebos sind. Ausschlaggebend ist vielmehr das „Setting“, also beispielsweise, ob Arzt und Patient an eine Wirkung glauben oder nicht.

3. Nichts drin, nichts dran

Wie lautet also das Zwischenfazit? Es gibt keine aussagekräftigen Studien unabhängiger Institute, die eine heilende Wirkung von Homöopathie über den Placebo-Effekt hinaus beweisen. Damit widerspricht Homöopathie dem Grundprinzip der evidenzbasierten Medizin und ist zu den Pseudowissenschaften zu zählen.

Die Erfolge homöopathischer Behandlungen, die ja keiner leugnet, sind somit dem Umfeld oder dem natürlichen Krankheitsverlauf, aber nachweislich nicht dem Mittel selbst zuzuschreiben. Zu dem Umfeld zählen etwa der Glaube des Patienten (Autosuggestion) oder die Rhetorik des Therapeuten.

Wer etwas anderes beweisen und die Homöopathie wissenschaftlich fundieren kann, dem winken eine Million Dollar.

4. Was ist von Homöopathie zu halten?

Eigentlich ist Homöopathie ja nichts Schlechtes. Vielen Leuten hat der bloße Glaube an eine Genesung schon das Leben gerettet. Nur sollte man sich nicht allein auf den Placebo-Effekt verlassen - sofern man das überhaupt kann. Denn Homöopathie hat nicht nur Menschen mit ernsthaften Beschwerden gerettet, sondern auch vielen bereits das Leben gekostet. Allein hier sind 437 solcher Fälle dokumentiert.

Glaube kann unheimlich tolle Dinge bewirken und wenn einer sterbenskrank ist sollte man nichts unversucht lassen, um ihn zu retten. Auch nicht den Placebo-Effekt. Nur sollte man Glaube nie mit Wissenschaft verwechseln und ihn auch nicht kommerzialisieren oder kollektivieren. Sonst führt er zu massivem Machtmissbrauch, das gilt sowohl in der Alternativmedizin als auch im Religiösen.

Verweise

  • #Argumentationsfehler #Anekdote: Anhand der Verfechter der Homöopathie lassen sich wunderbar die gängigsten Argumentationsfehler aufzeigen. Einer von ihnen ist die Anekdote anstelle des Arguments. Auch in Bundestagsdebatten und ähnlichen Gesprächen auf Stammtischniveau lässt sich diese rhetorische Figur beobachten. Man greift auf Anekdoten und Beschreibungen von Einzelfällen zurück und möchte suggerieren, dass dies irgendetwas Fundiertes aussagen könne. Tut es aber nicht. Fantasterei und Spekulation ersetzt keine stichhaltige Theorie und so ist „An sich bin ich ja schon skeptisch, aber diese homöopathischen Tropfen haben meiner Freundin schon oft geholten“ KEIN Argument. Im Gegenteil, es ist eine hoch subjektive Erfahrung, die sich auf einem ähnlichen Niveau wie Bauernregeln abspielt.

  • #Argumentationsfehler #Argumentum ad populum: Eng mit dem Anekdoten- ist das Popularitätsargument verwandt. „Viele Menschen nehmen Homöopathika zu sich, also sind sie wirksam“, wäre so ein Beispiel. Und die Prämissen sind ja auch richtig, ja, viele Menschen nehmen Homöopathika zu sich. Aber viele Menschen rauchen auch und bekriegen sich. Ist deshalb rauchen gesund, oder Krieg gut? Nein. Nur weil viele Menschen etwas machen, ist es noch lange nicht gut. Und nur weil viele Menschen etwas ablehnen, muss es umgekehrt auch nicht schlecht bzw. unwirksam sein.

  • #Argumentationsfehler #Hamlet-Argument: Ein weiteres NICHT-Argument. Es gäbe halt Dinge „zwischen Himmel und Erde, die wir noch nicht verstünden“, also kann Homöopathie wirksam sein, auch wenn sie im Widerspruch zu dem derzeitigen, medizinischen Konsens steht. Ja, das kann tatsächlich sein, dass Homöopathen Recht haben und die Medizin dafür einfach blind ist. Es kann auch sein, dass die Erde innen hohl und Sterne aus strahlendem Honig sind. Es kann so vieles sein. Die bloße Möglichkeit eines Falles ist aber noch kein Argument dafür, dass er auch auf die Wirklichkeit zutrifft. Die bloße Möglichkeit eines Falles ist KEIN Argument.

  • #Argumentationsfehler #Traditionsverweis: Noch einer und dann reicht´s. Hier wird argumentiert, dass etwas schon lange Zeit gemacht bzw. geglaubt wird. Damit möchte man dann suggerieren, dass es nur für die Homöopathie sprechen kann, wenn sie doch all die Jahre überdauert hat. Ist wenigstens dies ein Argument? Definitiv Nein. Man bedenke nur einmal, dass auch Sklaverei, Umweltverschmutzung und die systematische Verfolgung von Minderheiten eine große und traurige Tradition auf unserem Planeten haben. In einigen Fällen mag es gute Argumente dafür geben, an einer Tradition festzuhalten, die Tradition selbst ist aber keines.

  • Alternativmedizin: Eine gesunde Skepsis gegenüber der Medizin ist ja begrüßenswert. Dass man der Medizin aber so arg und undifferenziert misstraut und stattdessen so viel Schwachsinn glaubt, ist schade. Dieser Aberglaube ist schuld daran, dass sich viele Menschen in West- und Zentralafrika nicht impfen lassen wollen. Sie rennen lieber zum ortsansässigen Schamanen – und sterben.

  • Chemtrails: Wie kann es sein, dass Leute entgegen allen Fakten an den abstrusesten Theorien festhalten? Unter anderem ist das wohl dem confirmation bias anzulasten. Wenn man einmal einem Glauben einhergefallen ist, etwa, dass ein Fluch über der Kennedyfamilie liegt, schenkt man ab sofort allem, was diese These bestätigt, besondere Beachtung. Der Reichtum, den politischen Erfolg und die Intelligenz – alle Argumente gegen den eigenen Glauben übergeht man dabei geflissentlich. Und weil das alles unbewusst passiert, merkt man gar nicht, wie man sich selbst hinters Licht führt.

  • Emotionalistischer Fehlschluss: „An sich bin ich ja skeptisch, aber bei diesen Tropfen hier habe ich ein gutes Gefühl“. Diesen Satz hat wohl jeder schon einmal gehört, der mit einem homöopathischen Patient im Clinch lag. Er beschreibt aber lediglich ein subjektives Empfinden, das keine Evidenz für die Wirksamkeit von Homöopathie darstellt. „Ich habe ein gutes Gefühl dabei“, steht vielmehr auf einer Stufe mit Sätzen wie: „Ich liebe Darts.“ Aus dieser Aussage folgt ja auch nicht, dass Darts an sich irgendetwas objektiv ist.

  • Falsifikationismus: Wer die Homöopathie a priori als unwissenschaftlich zurückweist, macht es sich zu einfach. Denn aus der Homöopathie lassen sich sehr wohl Behauptungen ableiten, die prinzipiell mit wissenschaftlichen Instrumentarien falsifiziert werden können. Somit hat die Homöopathie rein formell das Zeug zu einer echten, empirischen Wissenschaft. Nur haben wir uns nun bereits einige Falsifikationsversuche der Homöopathie angesehen. Und was soll man sagen: A posteriori kann man die Homöopathie sehr wohl als unwissenschaftlich betrachten.

  • Freier Glaube: Ich kann nicht an die Wirkung von Homöopathie glauben, nur weil ich das will. Aber nur wenn ich daran glaube, wirkt sie.

  • Intuition: Wie erklärt man sich, dass Leute überhaupt erst auf Homöopathie hereinfallen? Ich glaube, dass liegt an unserer Abneigung gegenüber „Unnatürlichem“. Vor die Wahl gestellt, ob man ein richtiges Medikament oder ein paar „natürliche Globuli“ zu sich nimmt, vertrauen viele lieber „Mutter Natur“, als der „pharmazeutischen Chemiekeule“. Obwohl doch eigentlich bekannt sein dürfte, dass „Naturheilprodukte“ von Pflanze zu Pflanze variieren, man nicht weiß, wie viele schädliche Verunreinigungen sie enthalten oder ob sie auf schädliche Nebenwirkungen getestet sind. Bei einem wissenschaftlich getesteten und staatlich zugelassenen Medikament aus der Apotheke kann man sich dagegen sicher sein, dass man sich bemüht hat, den Wirkstoff zu isolieren und alle ungewollten Verunreinigungen zu entfernen. Medizin ist auch Natur, nur eben kontrolliert.

  • Kausalität: Nur weil Heilung und die Einnahme einer Globuli zeitlich zusammenfallen, muss das eine das andere nicht bedingt haben. Das ist der Unterschied zwischen Kausalität und Korrelation: Die Störche zum Beispiel kommen ja auch im Frühjahr aus dem Süden zurück und zur gleichen Zeit steigt die Geburtenrate in Europa. Trotzdem kommen die Kinder nicht vom Storch, glaubt mir.

  • Neuroenhancer: Aber nicht nur die Homöopathie bezieht ihren Erfolg über den Placebo-Effekt. Auch Stoffe wie etwa das Koffein profitieren von der Vorstellung, dass sie wirken würden. Wissenschaftler des Walter Reed Institute of Research, die größte biomedizinische Forschungseinrichtung des US-Verteidigungsministeriums, verglichen die Wirkung von Modafinil, Dextroamphetamin und eben Koffein. In einem Doppelblindtest erhielten junge, stark übermüdete Probanden wahlweise eines dieser Stoffe, oder eine Placebo. Zwischen einer und sechs Stunden nach der Verabreichung testeten die Forscher die Vorstellungskraft und die Fähigkeiten zum logischen Schlussfolgern der jungen Probanden. Bis auf wirklich klitzekleine Nuancen gab es keine Unterschiede zwischen denen, die Placebos und denen, die die richtigen Stoffe bekommen hatten. Das überraschte, alle Mittel konnten die Müdigkeit ein klein bisschen kompensieren, aber keines wirklich signifikant. Und eigentlich noch überraschender: Die beiden rezeptpflichtigen Aufputschmittel wirkten auch nicht besser, als stinknormales Koffein. Man muss also nicht zum Doktor rennen, ein paar Tassen starker Kaffee tun es genauso gut. Resümierend schrieben die Forscher, die Ergebnisse betonten „die Notwendigkeit von ausreichendem Schlaf, damit anspruchsvolle Aufgaben adäquat gelöst werden können.“ Keine Pillen ersetzen uns den Schlaf, zumindest keine gegenwärtig bekannte. Viel eher geben uns solche Stimulanzien uns den Anschein der Wachheit und Wachsamkeit, verbessern unsere Kognition aber nicht wesentlich.

  • Wissenschaftstheorie: Erfasst vom Sog starker Gegenargumente greift der Homöopath nach allem, was einem rettenden Ast entsprechen könnte. Nicht selten hält er sich dann an der Veterinärmedizin (bzw. Tiermedizin) fest, was ihn aber auch nicht rettet. „Bei Tieren wirke Homöopathie doch auch und die könnten schließlich nicht der Einbildung des Placebo-Effekts erliegen“, wer so argumentiert, ist sichtlich verzweifelt. Warum? Weil erst einmal das Patientengespräch neben der Medikation und die Anamnese, zwei für Homöopathen unverzichtliche Grundsäulen, bei der Behandlung eines Tieres gar nicht realisierbar sind. Dann zeigen solche Aussagen, dass viele Homöopathen den Placebo-Effekt, immerhin der einzige Grund, weshalb sie überhaupt etwas auf die Beine kriegen, nicht verstanden haben. Der Placebo-Effekt ist eben nicht bloß eine „Einbildung“, sondern kann sehr reale und sehr große, physische Veränderungen hervorrufen. Auch im Tierreich gibt es den selbstverständlich den Placebo-Effekt. Etwa, wenn man ein Hund auf Erwartungshaltungen und Assoziationen konditioniert.

Stand: 2015

Kommentare: 6
  • #6

    ghovjnjv (Donnerstag, 08 September 2022 12:46)

    1

  • #5

    WissensWert (Montag, 02 Oktober 2017 04:46)

    https://scilogs.spektrum.de/gedankenwerkstatt/wissenschaft-und-esoterik-am-beispiel-der-homoeopathie/

  • #4

    WissensWert (Samstag, 29 Juli 2017 03:50)

    https://www.youtube.com/watch?v=RJ4OXL8nKbw

  • #3

    WissensWert (Donnerstag, 16 März 2017 15:01)

    Wissenschaft will gedankliche (mathematische) Modelle der beobachteten Realität erstellen, die die Reaität möglichst genau abbilden und vorhersagen.

    Dabei entstehen Aussagen (Vorhersagen) über die Realität, die diese Realität präzise beschreiben können. In der Epistemologie gilt eine Aussage über die Realität dann als wahr, wenn sie die Realität zutreffend beschreibt. Wissenschaft liefert demnach wahre Aussagen über die Realität. (Wobei diese "Wahrheit" stets als vorläufig betrachtet wird. Vielleicht werden morgen weitere Erkenntnisse gesammelt, die zu einer Neubewertung heute akzeptierter Erkenntnisse zwingen.)

    Wissenschaft beschreibt die Realität. Nichts deutet darauf hin, dass Feen, Einhörner, Götter, Kobolde, Seelen, Heinzelmännchen zur Realität gehören. Also finden wir auch keine wissenschaftlichen Beschreibungen von Feen, Einhörnern, Göttern, Kobolden, Seelen oder Heinzelmännchen.

    Wissenschaftliche Erkenntnise beruhen zum großen Teil auf Beobachtungsdaten (empirischer Evindenz). Auch die Erkenntnisse der Homöopathen beruhen auf Beobachtungsdaten ("Tante Gerdas Nachbarin hatte Ohrenschmerzen! Dann hat sie Apis-Globuli (gemörserte Honigbiene) genommen - und sofort ging es ihr besser!") Das ist nichts anderes als eine Beobachtung, als empirische Evidenz. Nur ist diese Beobachtung in keiner Weise gegen Wahrnehmungsfehler abgesichert. Ob die Nachbarin auch ohne die Einnahme von germörserter Honigbiene wieder genesen wäre - ob ihr gemörserte Hornisse besser geholfen hätte - ob ihr ein paar leere Globuli besser geholfen hätten - ob ihre Genesung in Wirklichkeit der zeitgleich getrunkenen Tasse Kaffee zu verdanken war - ob sie die Begebenheit nachträglich falsch erinnert usw. - das alles bleibt ungeklärt.

    Die wissenschaftliche Medizin sichert ihre Erkenntnisse gegen solche Wahrnehmungsfehler ab. Während sich die Beobachtung des Homöopathen auf den engen Ausschnitt seiner subjektiven Mikroperspektive beschränkt, sammelt die wissenschaftliche Medizin Beobachtungsdaten aus Millionen Fällen - und gleicht sie gegen Wahrnehmungsfehler ab. Damit gründet die wissenschaftliche Medizin ihre Aussagen auf eine viel zuverlässigere Datengrundlage, als die Homöopathie.

    Auch die Homöopathie beansprucht "epistemisches Wissen" - oder besser gesagt: evidenzbasierte Erkenntnis - jedoch ist diese Evidenz von minderer Qualität. Wann immer die Aussagen der Homöopathie für Wahrnehmungsfehler korrigiert werden (in einer randominsierten, kontrollierten Doppelblind-Studie überprüft werden), zeigt sich ihre Unwahrheit. Die "Therapieeffekte" der Homöopathie beruhen auf Wahrnehmungsfehlern (Placebo-Effekt, Bestätigungsfehler, Regression zur Mitte usw.), die irrtümlich als Präparatwirkung missverstanden werden.

    Dazu ist es völlig egal, ob die "Wirkungsweise" der Homöoapthie verstanden wird - oder nicht. Zuerst muss geklärt werden, OB ein Präparat wirksam ist, oder nicht. Das geschieht in einem Wirksamkeitsnachweis. Penicillin hat auch 1950 hervorragend gegen bakterielle Infektionen gewirkt, als noch niemand seinen komplizierten Wirkungsmechanismus kannte. Dasselbe gilt heute: ein Präparat wird eingesetzt, sobald es seine Wirksamkeit in verläslichen Studien gezeigt hat - EGAL ob sein Wirkungsmechanismus verstanden wird oder nicht.

    Würden homöopathische Mittel wirken (besser heilen, als ein Placebo), dann würde die wissenschaftliche Medizin sie einsetzen - egal, ob der Wirkungsmechanismus verstanden wird, oder nicht.

  • #2

    WissensWert (Mittwoch, 18 Januar 2017 02:51)

    https://www.youtube.com/watch?v=RJ4OXL8nKbw

  • #1

    WissensWert (Donnerstag, 31 März 2016 12:11)

    Pusten hilft genauso gut wie Globuli


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