"Ein Bekannter [...] hat gejagt - Großwildjagd in Afrika - und hat vom seinem Balkon aus ein Gorillaweibchen erschossen und dann ist er auf dem Balkon stehengeblieben und hat gesehen, wie der Mann,
der Gorilla, kam und seine tote Frau da liegen sah.
[...] Als er diesen Verzweiflungsausbruch gesehen hat, wie er sich gegen den Kopf schlug und gegen die Brust schlug und jammerte, da sagte er: 'Nie wieder werde ich das tun.'
Es ist überhaupt eben ganz wichtig, dass man sieht, was man tut."
Robert Spaemann (katholischer Philosoph) im Gespräch mit Richard David Precht
Menschen haben als einzige Tiere Wege gefunden, ihre Vollzeitbeschäftigung mit Tätigkeiten, die ihrer Ernährung und Reproduktion dienen - und die "von der Evolution" mit Wohlbefinden belohnt werden -
durch kulturellen und technologischen "Fortschritt" zu reduzieren. Seit wir das Feuer nutzen und nicht mehr fast den ganzen Tag mit dem Kauen von Pflanzen verbringen, seit wir nicht mehr Jagen und
Sammeln, sondern uns die Nahrung mit Ackerbau und Viehzucht selbst vor der Haustüre züchten, haben wir theoretisch sehr viel Zeit übrig. Abgesehen davon, dass wir das als "Langeweile" empfinden, hat
die Art der Verteilung der Früchte dieser Umstellung und der Arbeitsteilung so wie eine beständige Unzufriedenheit und Streben nach "Verbesserung" dies aber weitgehend verhindert.
Unsere Bedürfnisse, die aus einem komplexen Geflecht aus triebbedingten hormoneller Emotionen und kultureller Traumatisierung des Schmerzvermeidungsgedächtnisses entstehen (aber natürlich auch aus
der Erfahrung von Freuden), existieren weiter, ursprünglich entstanden, um uns dazu anzutreiben, uns mit Energie zu versorgen und "Kopien" von uns selbst zu erzeugen, nun als Quell einer
unersättlichen Nachfrage, die innere Leere mit Entertainment und Konsum zu füllen, ein ideales Opfer für Suchtverhalten und den ökonomischen Prozess der Kommodifizierung der Welt und des Lebens und
der Akkumulation gegenseitiger "Schulden", ein gewaltiger Markt der "inneren Schweinehunde", die hungrig darauf warten, Sinn verkauft zu bekommen.
Was Marx als Warenfetisch bezeichnete ist nichts anderes als die sublimierte Suche nach vermeintlichem Ersatzglück, das durch die Entfremdung nicht nur vom Produkt der eigenen "Arbeit", sondern von
der Lebensweise, auf die unser phylogenetisches Gedächtnis angepasst war und von einander, "verloren" ging. Und die Kopplung der Inklusion, der Möglichkeit, dieses zu nutzen, mit der kommodifizierten
eigenen Arbeitskraft und der Fähigkeit, sich selbst und andere zu vermarkten bzw. dies mit Hilfe von Technologie zu optimieren, führt einerseits dazu, dass wir uns selbst überflüssig machen, und
andererseits entwertet es permanent die menschliche Arbeitskraft gegenüber der Vermarktung von Technologie zu diesem Zweck.
Die momentan - leider nicht gesellschaftlich, sondern nur punktuell - diskutierte Möglichkeit einer "technologischen Singularität", d.h. dem Zeitpunkt, ab dem intelligente Maschinen sich selbst
verbessern, also nach chemischer, biologischer und kultureller eine technologische Evolution einsetzen würde, und deren positive oder negative Auswirkungen auf die Rolle der Menschheit in diesem
Prozess, halte ich für weder sicher, noch komplett ausgeschlossen. Gerade solche Aussichten wie der Erfolg simulierter neuromorpher Netze und die Möglichkeit, diese in nanotechnologischen Werkstoffen
wie Graphen in nichtsimulierter Form zu realisieren, zeigen, dass es gar nicht so abwegig ist.
Wie solche Künstliche Intelligenz uns gegenüber eingestellt sein wird und handeln wird, hängt natürlich auch stark davon ab, mit welchen Motiven sie geschaffen und eingesetzt wird. Vermutlich wird es
weniger der direkte Ansatz sein, dem Menschen zu dienen als Profit zu generieren und zu optimieren.
Nach Logik, Geschwindigkeit und Möglichkeiten des technologischen Fortschritts ist jedoch relativ sicher, dass die Verbindung der Vermarktung der eigenen menschlichen Arbeitskraft mit dem Anrecht,
die dadurch generierten gesellschaftlichen Einrichtungen zu nutzen, sich sehr bald ad absurdum führt - wobei ein bedingungsloses Grundeinkommen das Problem auch nur symptombehandelt, da der Konsum
nur eine Seite der Teilhabe an der Gesellschaft ist, der neben gesellschaftlicher Produktion und Investition eben nicht die Sinnfrage der eigenen Rolle löst.
Credits: Ölgemälde "Zeichen der Zeit: Entfremdung" von Susanne Flint
Walter Cichon (Sonntag, 05 Juli 2020 15:05)
Schwierige Kost �
WissensWert (Mittwoch, 08 Februar 2017 02:03)
Über die "Grenze" zwischen Mensch und Tier
"Ein Bekannter [...] hat gejagt - Großwildjagd in Afrika - und hat vom seinem Balkon aus ein Gorillaweibchen erschossen und dann ist er auf dem Balkon stehengeblieben und hat gesehen, wie der Mann, der Gorilla, kam und seine tote Frau da liegen sah.
[...] Als er diesen Verzweiflungsausbruch gesehen hat, wie er sich gegen den Kopf schlug und gegen die Brust schlug und jammerte, da sagte er: 'Nie wieder werde ich das tun.'
Es ist überhaupt eben ganz wichtig, dass man sieht, was man tut."
Robert Spaemann (katholischer Philosoph) im Gespräch mit Richard David Precht
Quelle: https://www.youtube.com/watch?v=K7hg7HVBQLI
WissensWert (Samstag, 04 Februar 2017 21:50)
Menschen haben als einzige Tiere Wege gefunden, ihre Vollzeitbeschäftigung mit Tätigkeiten, die ihrer Ernährung und Reproduktion dienen - und die "von der Evolution" mit Wohlbefinden belohnt werden - durch kulturellen und technologischen "Fortschritt" zu reduzieren. Seit wir das Feuer nutzen und nicht mehr fast den ganzen Tag mit dem Kauen von Pflanzen verbringen, seit wir nicht mehr Jagen und Sammeln, sondern uns die Nahrung mit Ackerbau und Viehzucht selbst vor der Haustüre züchten, haben wir theoretisch sehr viel Zeit übrig. Abgesehen davon, dass wir das als "Langeweile" empfinden, hat die Art der Verteilung der Früchte dieser Umstellung und der Arbeitsteilung so wie eine beständige Unzufriedenheit und Streben nach "Verbesserung" dies aber weitgehend verhindert.
Unsere Bedürfnisse, die aus einem komplexen Geflecht aus triebbedingten hormoneller Emotionen und kultureller Traumatisierung des Schmerzvermeidungsgedächtnisses entstehen (aber natürlich auch aus der Erfahrung von Freuden), existieren weiter, ursprünglich entstanden, um uns dazu anzutreiben, uns mit Energie zu versorgen und "Kopien" von uns selbst zu erzeugen, nun als Quell einer unersättlichen Nachfrage, die innere Leere mit Entertainment und Konsum zu füllen, ein ideales Opfer für Suchtverhalten und den ökonomischen Prozess der Kommodifizierung der Welt und des Lebens und der Akkumulation gegenseitiger "Schulden", ein gewaltiger Markt der "inneren Schweinehunde", die hungrig darauf warten, Sinn verkauft zu bekommen.
Was Marx als Warenfetisch bezeichnete ist nichts anderes als die sublimierte Suche nach vermeintlichem Ersatzglück, das durch die Entfremdung nicht nur vom Produkt der eigenen "Arbeit", sondern von der Lebensweise, auf die unser phylogenetisches Gedächtnis angepasst war und von einander, "verloren" ging. Und die Kopplung der Inklusion, der Möglichkeit, dieses zu nutzen, mit der kommodifizierten eigenen Arbeitskraft und der Fähigkeit, sich selbst und andere zu vermarkten bzw. dies mit Hilfe von Technologie zu optimieren, führt einerseits dazu, dass wir uns selbst überflüssig machen, und andererseits entwertet es permanent die menschliche Arbeitskraft gegenüber der Vermarktung von Technologie zu diesem Zweck.
Die momentan - leider nicht gesellschaftlich, sondern nur punktuell - diskutierte Möglichkeit einer "technologischen Singularität", d.h. dem Zeitpunkt, ab dem intelligente Maschinen sich selbst verbessern, also nach chemischer, biologischer und kultureller eine technologische Evolution einsetzen würde, und deren positive oder negative Auswirkungen auf die Rolle der Menschheit in diesem Prozess, halte ich für weder sicher, noch komplett ausgeschlossen. Gerade solche Aussichten wie der Erfolg simulierter neuromorpher Netze und die Möglichkeit, diese in nanotechnologischen Werkstoffen wie Graphen in nichtsimulierter Form zu realisieren, zeigen, dass es gar nicht so abwegig ist.
Wie solche Künstliche Intelligenz uns gegenüber eingestellt sein wird und handeln wird, hängt natürlich auch stark davon ab, mit welchen Motiven sie geschaffen und eingesetzt wird. Vermutlich wird es weniger der direkte Ansatz sein, dem Menschen zu dienen als Profit zu generieren und zu optimieren.
Nach Logik, Geschwindigkeit und Möglichkeiten des technologischen Fortschritts ist jedoch relativ sicher, dass die Verbindung der Vermarktung der eigenen menschlichen Arbeitskraft mit dem Anrecht, die dadurch generierten gesellschaftlichen Einrichtungen zu nutzen, sich sehr bald ad absurdum führt - wobei ein bedingungsloses Grundeinkommen das Problem auch nur symptombehandelt, da der Konsum nur eine Seite der Teilhabe an der Gesellschaft ist, der neben gesellschaftlicher Produktion und Investition eben nicht die Sinnfrage der eigenen Rolle löst.
Credits: Ölgemälde "Zeichen der Zeit: Entfremdung" von Susanne Flint