Die Verifikationismus ist eine Position in der Sprachphilosophie, der zufolge die Bedeutung eines empirische Satzes in der Art und Weise besteht, wie er (im Prinzip) in der Erfahrung überprüft werden kann – d.h. wie er sich anhand von Erfahrung als wahr (verifizieren) oder als falsch erweisen (falsifizieren) lässt.
Die Verifikationstheorie der Bedeutung war die Semantik der logischen Empiristen des Wiener Kreises (Rudolf Carnap, Otto Neurath, Carl‐ Gustav Hempel, Moritz Schlick usw.). Für diese Leute war nicht die Wahrheit oder Falschheit eines Satzes für dessen Bedeutung entscheidend (Wahrheit, alethisch). Sondern die Art und Weise, wie wir empirisch herausfinden können, ob der Satz wahr bzw. falsch ist (Wahrheitskriterium, epistemisch).
Das verifikationistisches Sinnkriterium besagt, dass ein Satz genau dann semantisch sinnvoll ist, wenn er (im Prinzip) empirisch überprüft werden kann. Anderenfalls ist er semantisch sinnlos. Es war das zentrale philosophische Argumentationsinstrument des logischen Empirismus und diente dazu, wissenschaftliche von metaphysischen Sätzen zu unterscheiden.
Sind also „2+2=4“ und „p oder Øp“ sinnlos oder unwissenschaftliche Sätze?
Nein. Jeder Satz ist entweder empirisch (synthetisch) oder analytisch. Die Verifikationstheorie und das Sinnkriterium gelten nur für empirische Sätze!
Wie können wir empirische Sätze anhand von Erfahrung überprüfen? Laut Rudolf Carnap müssen wir dafür zunächst zwei Sprachen unterscheiden:
· Systemsprache: enthält die Sätze, um deren Überprüfung es geht. Dies kann z.B. die Sprache unseres Alltags, der Biologie, der Psychologie etc. sein.
· Protokollsprache: enthält Beobachtungssätze, die Carnap Protokollsätze nennt.
Protokollsätze sind „Sätze, die selbst nicht einer Bewährung bedürfen, sondern als Grundlage für alle übrigen Sätze der Wissenschaft dienen“(Carnap: Die physikalische Sprache als Universalsprache der Wissenschaft, S. 438)
Entscheidend ist folglich auch nicht, wie Protokollsätze genau aussehen. Entscheidend ist, dass Protokollsätze unmittelbar als wahr oder falsch eingesehen werden können.
Folgende Sätze kommen also als Protokollsätze in Frage:
(A) Sätze über unmittelbare Empfindungen: „Jetzt ein Roterlebnis“, „Jetzt Eindruck eines hohen
Tones“.
(B) Sätze über direkt beobachtbare äußere Umstände: „Das Pendel schwingt um 30 cm aus“, „Karl holt ein Bier aus dem Kühlschrank“.
(C) Wir setzen je nach Kontext fest, welche Sätze wir als Protokollsätze behandeln wollen.
Laut Carnap ist sowohl für die Überprüfung als auch für den Gehalt eines Satzes entscheidend, welche Protokollsätze aus ihm folgen.
„Die Nachprüfung (Verifikation) von Systemsätzen durch ein Subjekt S geschieht dadurch, dass aus diesen Sätzen Sätze der Protokollsprache des S abgeleitet und mit den Sätzen des Protokolls des S verglichen werden. Die Möglichkeit derartiger Ableitungen von Sätzen der Protokollsprache macht den Gehalt eines Satzes aus; besteht für einen Satz kein derartiger Ableitungszusammenhang, so besitzt er keinen Gehalt, ist sinnlos; ist aus zwei Sätzen dasselbe ableitbar, so sind sie gehaltsgleich, besagen dasselbe, sind ineinander übersetzbar.“(Carnap Psychologie in physikalischer Sprache, S.108)
Überprüfung:
· Wir überprüfen einen singulären Satz wie „Probe X ist radioaktiv“ indem wir schauen, ob die Protokollsätze, die aus ihm folgen wahr sind.
· Wir überprüfen einen allgemeinen Satz wie „Radioaktive Substanzen sind gesundheitsschädlich“, indem wir die singulären Sätze überprüfen, aus denen wir den allgemeine Satz durch Induktion gewonnen haben.
Gehalt:
· Der Gehalt eines Satzes S entspricht den aus S folgenden Protokollsätzen.
· Sätze, die keine Protokollsätze implizieren, haben keinen Gehalt.
· Sätze mit denselben Protokollsätzen haben denselben Gehalt.
Die Bedeutung eines Satzes entspricht dem empirisch feststellbaren Unterschied, den seine Wahrheit (Falschheit) in der Welt macht. Sätze, deren Wahrheit (Falschheit) keinen empirisch feststellbaren Unterschied macht, haben keine Bedeutung. D.h. semantischer Gehalt ist immer empirischer Gehalt.
„Ein Satz besagt nicht mehr als das, was an ihm nachprüfbar ist.“
(Carnap Psychologie in physikalischer Sprache, S. 116)
Die Verifikationstheorie der logischen Empiristen ist folglich klar empiristisch motiviert:
· Empirismus (epistemisch): All unser Wissen von der Welt beruht letztlich auf Sinneswahrnehmung.
· Empirismus (semantisch): Die Bedeutungen aller unserer Ausdrücke beruhen letztlich auf Sinneswahrnehmungen.
Carnaps Argument:
(1) Ein Satz besagt nicht mehr, als an ihm nachprüfbar ist.
(2) Der empirisch nachprüfbare Teil von Aussagen über die psychischen Zustände von Personen (z.B. „Kurt ist aufgeregt“, „Karl möchte ein Bier“) besteht
in Protokollsätzen über physiologische Zustände
oder Verhaltensdispositionen.
(3) Also: Alle sinnvollen Sätze der Psychologie handeln von physiologischen Zuständen und Verhaltensdispositionen.
„Es soll (...) die These (...) begründet werden, dass
(...) alle Sätze der Psychologie von physikalischen Vorgängen sprechen,
nämlich von dem physischen Verhalten von Menschen und anderen Tieren.“
(Carnap Psychologie in physikalischer Sprache, S. 107)
Carnaps Argument:
(1) Jeder sinnvolle Satz ist entweder analytisch oder durch Erfahrung überprüfbar.
(2) Die Sätze der Metaphysik sollen keine analytischen Sätze sein. Sie sollen sagen, wie die Welt an sich ist.
(3) Die Sätze der Metaphysik sollen empirisch nicht überprüfbar sein – sie sollen „über oder hinter die Erfahrung greifen“ (ebd., 237).
(4) Also: Alle Sätze der Metaphysik sind sinnlose Scheinsätze.
Demnach erweisen sich als sinnlos:
· Die Realismus/Idealismus‐Debatte, z.B. „Berkeley hat Unrecht: Die Dinge der Welt sind materielle Gegenstände und nicht nur Ideen.“
· Skeptische Szenarien, z.B. „Die Welt ist vor fünf Minuten entstanden, komplett mit allen vorgeblichen Erinnerungen und historischen Spuren.“
· Vitalistische Theorien, z.B. „Organismen sind deswegen lebendig, weil ihnen eine nicht‐physische Entelechie innewohnt.“
· Ontologische Theorien, z.B. „Gegenstände wie Menschen, Bäume oder Pferde sind erste Substanzen.“
„Unsere These behauptet nun, dass die angeblichen Sätze der Metaphysik sich durch logische Analyse als Scheinsätze enthüllen.”
(Carnap Überwindung der Metaphysik durch logische Analyse der Sprache, S.220)
Carnaps Argument:
(S) „Es ist gut, Menschen in Not zu helfen“
(1) Wir können S als eine empirische Tatsachenbehauptung
lesen. So verstanden ist der Satz überprüfbar (wie?). So verstanden ist er aber nicht normativ.
(2) Wir können S als einen normativen Satz auffassen. Dann lässt er sich nicht empirisch überprüfen und ist ein sinnloser Scheinsatz.
“[D]ie objektive Gültigkeit eines Wertes oder einer Norm kann ja (...) nicht empirisch verifiziert oder aus empirischen Sätzen deduziert werden; sie kann daher überhaupt nicht (durch einen sinnvollen Satz) ausgesprochen werden.“ (Carnap Überwindung der Metaphysik durch logische Analyse der Sprache, S.237)
Lässt sich das Sinnkriterium überhaupt mit den Mitteln einer empiristisch zulässigen Sprache formulieren?
“As has frequently been emphasized in empiricist literature, the term "verifiability" is to indicate, of course, the conceivability, or better, the logical possibility of evidence of an observational kind which, if actually encountered, would constitute conclusive evidence for the given sentence; it is not intended to mean the technical possibility of performing the tests needed to obtain such evidence (...)”(Hempel Problems and Changes in the Empiricist Criterion of Meaning, Fn. 6)
Aber sind modale Sätze wie z.B. „Wenn man Evidenz der Art X hätte, dann ließe sich der Satz S verifizieren“ überhaupt für einen Empiristen akzeptabel? (Was ist ihr Gehalt? Welches sind die implizierten Protokollsätze?)
Und was sind die genauen Kriterien für empirische Überprüfbarkeit (und damit für Sinnhaftigkeit)?
Kriterium: Ein Satz S ist empirisch konklusiv überprüfbar gdw es eine endliche konsistente Menge M von Protokollsätzen gibt, die logisch aus S folgen.
zu eng: Aus Allsätzen und Gesetzen folgen unendlich viele Protokollsätze. Beispiel: „Alle Elektronen haben einen Spin“.
zu weit: Aus der Disjunktion „S oder S*“ aus dem Satz S „Dort steht ein Baum“ und einem sinnlosen Satz S* folgen genau die gleichen Protokollsätze wie aus S. Demnach ist die Disjunktion empirisch überprüfbar und also sinnvoll. Aber wie kann das sein?
Viele wissenschaftliche Prädikate wie z.B. ‚wasserlöslich’, ‚brennbar’, ‚leitfähig’ etc. sind Dispositionsausdrücke: Sie sprechen Gegenständen Dispositionen zu bestimmtem Verhalten zu.
Beispiel: Zuckerwürfel Z ist wasserlöslich » wenn er in Wasser getan würde, würde Z sich auflösen.
Aber welche Protokollsätze folgen aus Sätzen wie „Z ist wasserlöslich“? Folgen überhaupt welche? Müssen wir alle Dispositionssätze für sinnlos erklären?
Die Verifikationstheorie erklärt nicht nur gut verständliche Sätze wie "Wir sind Gehirne im Tank" als sinnlos. Ihr zufolge sind auch Sätze gleichbedeutend, von denen offenkundig erscheint, dass sie Unterschiedliches besagen. Dies gilt für Sätze des Alltags ebenso wie für Sätze der Wissenschaft.
· „Die Erde ist vor 3 Milliarden Jahren entstanden.“ Û „Die Erde ist vor fünf Minuten entstanden, komplett mit allen vorgeblichen Erinnerungen und historischen Spuren.“
· „Ein Elektron fliegt durch die Nebelkammer.“ Û „In der Nebelkammer ist ein feiner Strich zu sehen.“
· „Kurt denkt gerade an Rom.“ Û „Kurt hat die Disposition, sich so‐ und‐so zu verhalten.”
Dem Verifikationismus zu folge ist jeder Satz entweder analytisch oder empirisch. Aber was ist mit dem Sinnkriterium selbst? Was ist z.B. mit dem folgenden Satz?
· „Ein Satz ist nur dann semantisch sinnvoll, wenn er im Prinzip anhand von Erfahrung überprüft werden kann.“
Analytisch ist SK wohl kaum.
Und empirisch überprüfbar scheint SK auch nicht zu sein.
Ist also das Sinnkriterium nach den Maßstäben des Verifikationismus selbst sinnlos?
Willard V.O. Quine (1908‐2000) schrieb in Zwei Dogmen des Empirismus (1951):
“Der moderne Empirismus ist zu einem großen Teil durch zwei Dogmen geprägt worden. Das eine ist der Glaube an eine grundlegende Kluft zwischen Wahrheiten, die analytisch sind, oder unabhängig von Tatsachen in Bedeutungen gründen, und Wahrheiten, die synthetisch sind, oder in Tatsachengründen. Das andere Dogma ist der Reduktionismus: Die Überzeugung, dass jede sinnvolle Aussage äquivalent ist zu einem logischen Konstrukt aus Ausdrücken, die auf unmittelbare Erfahrung referieren. Beide Dogmen sind, so werde ich argumentieren, unbegründet.” (TD 20)
Laut Quine ist die analytisch/synthetisch‐Unterscheidung eine Pseudo‐Unterscheidung! (Vgl. auch Quines Unbestimmtheitsthesen)
Daniel Dennett, ein Schüler Quines, versucht u.a. mittels des Verifikationismus das Qualiaproblem als Scheinproblem zu entlarven. Aus dem Satz "mein Freund hat Schmerzen" lassen sich nur behaviorale Protokollsätze ableiten. Aussagen über ein phänomenales Schmerzerlebnis können für einen Dritten empirisch nicht nachvollziehbar gemacht werden, weshalb sie sinnlos sind. Diese Konsequenz aus dem Verifikationismus erscheint unplausibel.
Der Verifikationismus ist nicht einfach die Umkehrung des Falsifikationismus. Denn Popper geht es bei letzterem um ein davon abweichendes Problem: Er sucht ein Abgrenzungskriterium von empirischer Wissenschaft einerseits und Metaphysik, Logik, Mathematik und Pseudowissenschaft auf der anderen Seite. Er findet dieses Kriterium in der Widerlegbarkeit von Aussagen durch empirische Tests.
Die Verifikationstheorie dahingegen sucht ein Kriterium für den Sinn von Sätzen, den sie daran festmacht, ob und wie wir ermitteln können (oder könnten). ob ein Satz wahr ist – die Bedeutung eines Satzes - hängt an der Art und Weise, wie wir empirisch herausfinden können, ob der Satz wahr bzw. falsch ist. Die Probleme erzeugt dabei allein der epistemische Teil der Verifikationstheorie – die Idee, dass das Herausfinden der Wahrheit für die Satzbedeutung entscheidend ist.
Dieser Teil ist jedoch verzichtbar. Wenn wir den radikalen Empirismus der logischen Empiristen fallenlassen, steht der Weg für eine Wahrheits-bedingungssemantik offen: Die Bedeutung eines Satzes hängt davon ab, unter welchen Umständen der Satz wahr bzw. falsch ist.
Stand: 2018
Philoclopedia (Mittwoch, 02 Oktober 2019 21:08)
Aufgrund der semantisch grundlegenden Funktion von Behauptungen, welche konstative Sätze verwenden, lassen sich andere Sprechakte (wie Befehlen oder Fragen) erläutern durch die Bedeutung der in ihnen vorkommenden Sätze, sowie der Gelingensbedingungen der Sprechakte dieses Typs. Dies übernimmt die Sprachpragmatik. In ihr werden die Grundregeln des illokutionären Vokabulars (wie ›ich fordere Dich auf‹, ›ich frage Euch‹) erläutert. Die Semantik befasst sich mit dem gelingenden oder misslingenden Wirklichkeitsbezug von Behauptungen bzw. der in ihnen verwendeten konstativen Sätze, wobei in der Regel davon ausgegangen wird, dass indexikalische Satzkomponenten durch Ausdrücke, welche deren situativer Verankerung entsprechen, ersetzt werden (könnten). […] Räumt man derart die grundlegende Rolle der konstativen Rede ein und versteht ›Verifikation‹ in diesem zweifachen Sinne (der kontingenten kanonischen Überprüfung und der Herleitung) kann man die verfikationistische Bedeutungstheorie etwas verkürzt durch das Verifikationsprinzip ausdrücken:
WissensWert (Donnerstag, 24 Mai 2018)
Philosophische Aussagen über Themen, die nicht empirisch überprüft werden können, z. B. über ethische Werte oder über Fragen der Religion und der Kunst, gelten den Verifikationisten als Kategorienfehler. Solche Aussagen befassen sich mit Scheinproblemen, die nicht durch die Wissenschaften oder die Philosophie gelöst (also als wahr oder falsch eingestuft) werden können, sondern eine Frage der (gesellschaftlichen) Festlegung, also von Konventionen sind. Putnam hat in seiner Ablehnung des Verifikationismus auch die Ablehnung des Konventionalismus stets eingeschlossen. Er hat alle Positionen, die am Ende auf eine erkenntnistheoretische Trennung von Tatsachen und Werten hinauslaufen, in ihren verschiedenen Aspekten zurückgewiesen.
Eine der Konsequenzen des Logischen Empirismus ist, dass man subjektive Einstellungen, Empfindungen oder Emotionen (allgemein: Qualia) nur mit den Methoden des Behaviorismusuntersuchen kann, weil Aussagen aus der Erste-Person-Perspektive für einen Dritten empirisch nicht nachvollziehbar gemacht werden können. Putnam argumentiert hier von Anbeginn ganz im pragmatischen Sinn, dass es für die Wahrheit einer psychologischen Aussage nicht maßgeblich sei, dass man sie anhand einer Definition durch einen bestimmten Katalog von Symptomen (jemand ist ärgerlich, wenn er rot wird, brüllt und mit den Händen fuchtelt) verifizieren kann[8] Vielmehr ist ein Begriff wie Ärger vor dem Hintergrund bestehender Überzeugungen Inhalt einer sprachlichen Praxis[9], die durch eine Begriffsdefinition jeweils nur unvollständig erfasst werden kann. Die Kriterien, die man zur empirischen Bestimmung eines Begriffs wie Ärger festlegen kann, sind stets induktiv und fallibel.[10] Der Versuch einer so gearteten Definition eines Begriffs wie Ärger führt zudem in einen Zirkel, weil man keinen Katalog aufstellen kann, ohne nicht schon einen Vorbegriff von Ärger zu haben.[11] Noch problematischer ist der Versuch, auf verifikationistischem Weg Erklärungen für Ursachen von derartigen Phänomenen zu finden. Man kann beispielsweise Aussagen über Phänomene der Multiplen Sklerose (Putnams Beispiel) nicht in Aussagen über die Krankheit Multiple Sklerose übersetzen, weil Wirkungen keinen unmittelbaren Rückschluss auf ihre Ursachen ermöglichen.[12] Es bedarf eines kompetenten Sprechers, um diese Zusammenhänge herzustellen, der auf Erfahrungen zurückgreift, die über ein allein sprachlich bestimmtes Wissen hinausreichen.[13]
„Wenn ich entdecke, dass einer der Indikatoren, die ich verwendet habe, ein schlechter Indikator ist (mit abnehmender Korrelation zu den neuen Indikatoren), sage ich nicht etwa ‚Nun, diese Person hat den Zustand C, weil ich das so definiert habe‘; vielmehr sage ich ‚diese Person hat nicht den Zustand C, weil ich mich bei der Wahl des Indikators geirrt habe‘.“[14]
Der normale Sprecher bezieht sich unter normalen Umständen auf Sachverhalte, ohne eindeutige Kriterien zur Identifikation zu haben. Ihm genügt es, wenn seine Begriffe eine ausreichende Unterscheidung in der Praxis ermöglichen und er ist lernfähig, indem er seine Begriffe neu gewonnenen Überzeugungen anpasst.[15]
Die Unterscheidung von analytischen und synthetischen Urteilen, wie sie im Logischen Empirismus getroffen wird, lehnt Putnam ebenso wie Quine ab.[16] Zugleich weist Putnam darauf hin, dass man dabei aber nicht so weit gehen darf, dass man die Unterscheidung von Bedeutungsfragen und Sachfragen außer Acht lässt. Es gibt rein tautologische Sätze wie ‚ein Junggeselle ist ein unverheirateter Mann‘, andererseits definitorische Sätze wie ‚Wasser ist H2O‘, die man empirisch überprüfen kann.[17] Man kann vier Leitideen herausarbeiten, die als Hintergrundannahmen zu allen Arbeiten Putnams gültig sind:[15]
• metatheoretisch: ein pragmatischer Ansatz aus der Teilnehmerperspektive
• inhaltlich: Möglichkeit des Irrtums und der Verbesserung (Fallibilismus)
• methodisch: Unterbestimmtheit von Theorien in Hinblick auf ihre Anwendungsmöglichkeiten
• epistemisch: Realistischer Standpunkt bei der Bestimmung möglicher Bezugsobjekte.
Im Laufe seiner philosophischen Entwicklung hat Putnam diese Leitideen allerdings mit sehr unterschiedlich ausgeprägten Theorien verbunden.