Der einfache Induktivismus ist ein durch die Arbeiten von Francis Bacon und Erfolge von Isaac Newton geprägtes Modell wissenschaftlicher Methodologie.[1]
Nach ihm lassen sich naturwissenschaftliche Gesetze und Theorien logisch durch induktive Verallgemeinerung aus der Erfahrung ableiten: Wenn eine große Anzahl von A unter einer Vielzahl von unterschiedlichen Umständen beobachtet wurde, und wenn alle beobachteten A ohne Außnahme die Eigenschaft B besitzen, dann sind wir gerechtfertigt, zu schließen, dass (wahrscheinlich) alle A B sind.
„In der […] Physik leitet man die Aussagen aus den Naturerscheinungen her und macht sie durch
Induktion zu allgemeinen Aussagen. So entdeckte man die Undurchdringbarkeit, die Bewegbarkeit und den impetus der Körper, die Gesetze für die Bewegungen und die Schwere.“
- Isaac Newton
1. Durch induktive Verallgemeinerung kann man keine neuen Begriffe einführen, die man nicht schon bei der Beschreibung der Einzelbeobachtungen verwendet hat. Insb. kann man keine theoretische Entitäten einführen.
Beispiel: Isaac Newton selbst hat in seine Theorien postulierte Entitäten wie Kraft oder Masse eingeführt. Diese lassen sich aber niemals direkt beobachten.
2. Einige Vorgänge lassen sich prinzipiell beobachten, praktisch aber nur selten oder gar nicht. Trotzdem sollten sie in unseren Theorien beschrieben werden.
Beispiel: Das Higgs-Boson oder Gravitationswellen lassen sich nur selten beobachten, die Makroevolution oder der Urknall praktisch gar nicht.
3. Das induktivistische Modell entspricht nicht der wissenschaftlichen Praxis.
Beispiel: Die Keplerschen Gesetze wurden nicht einfach durch "induktive Verallgemeinerung" aus den Braheschen Beobachtungsdaten gewonnen, sondern durch jahrelange Suche nach passenden mathematischen Hypothesen.
4. Induktive Verallgemeinerungen sind nicht-demonstrativ. Nur weil alle bisher beobachteteten As B waren, folgt daraus nicht, dass überhaupt alle As B sind.
Beispiel: Nur weil alle bisher beobachteten Schwäne weiß waren, folgt daraus nicht, dass alle Schwäne weiß sind. In der Tat könnte der nächste schwarz sein.
In jüngster Zeit erlebt der I. ein kleines Revival in Gestalt des Bayesianismus.
[1] Larry Laudan: Science and Hypothesis (1981).
Stand: 2019
WissensWert (Montag, 03 Juni 2019 01:39)
[4] Im selben Buch auf Seite 381 findet sich überdies folgendes Zitat, das in dieselbe Kerbe schlägt: „In der experimentellen Physik muss man die durch Induktion aus den Naturerscheinungen erschlossenen Propositionen trotz widersprechender Hypothesen solange entweder für vollkommen oder annähernd wahr halten, bis einem andere Naturerscheinungen begegnet sind, durch welche sie entweder noch genauer werden oder durch welche sie Einschränkungen unterworfen werden. Dies muss so sein, damit ein Induktionsschluss nicht durch Hypothesen entkräftet werden kann.“
- Isaac Newton, selbes Buch
Wissenswert (Mittwoch, 31 Januar 2018 03:07)
https://www.youtube.com/watch?v=PtKSwPnkZEM&list=PL4O7bFNxwUHpxnd77NrkTMeJV67vd1n_p&index=7
Wissenswert (Sonntag, 10 Dezember 2017 16:15)
"Carnaps Schriften stehen im Rahmen einer Tradition, die seit dem siebzehnten Jahrhundert weite Verbreitung gefunden hat. In dieser Tradition ist von den "induktiven Wissenschaften" die Rede. Damit war ursprünglich gemeint, der Forscher solle genaue Beobachtungen anstellen, sorgfältig Experimente durchführen und die Ergebnisse wahrheitsgemäß aufzeichnen. Dann soll er Verallgemeinerungen formulieren [ALSO INDUKTIVE SCHLÜSSE ZIEHEN] [...]. Carnaps Philosophie ist eine dem zwanzigsten Jahrhundert angepaßte Version dieser Einstellung. Nach seiner Auffassung sind Beobachtungen die Grundlage unserer Erkenntnis, und in seiner Spätphilosophie beschäftigt er sich mit dem Versuch, eine induktive Logik zu ersinnen, durch die sich erklären ließe; inwiefern umfassend anwendbare Hypothesen von Beobachtungsbeöegen gestützt werden können.
Wissenswert (Sonntag, 10 Dezember 2017 16:01)
Ja, die Mathematik ist eine deduktive Wissenschaft. Das heißt auch, dass mathematisches Rechnen nie gehaltserweiternd ist. Wer bspw. addiert und subtrahiert, kommt zu keinem Ergebnis, dass nicht schon in arithmetischen Grundaxiomen versteckt war.
Wissenswert (Samstag, 09 Dezember 2017 23:05)
So haben Wissenschaftler zum Beispiel Antimaterie und Supraleitung, Radiostrahlung und Gravitationswellen, Neutronensterne und Schwarze Löcher, Neutrinos und andere exotische Elementarteilchen sowie die Kosmische Hintergrundstrahlung vom Urknall und die den Weltraum zur beschleunigten Ausdehnung antreibenden Dunkle Energie ersonnen, lange bevor man sie nachweisen konnte - oder überhaupt auf die Idee kam, sie einmal nachzuweisen.