Für den Begriff "Willensfreiheit" (auch: freier Wille) gibt es derzeit keine allgemein anerkannte, hinreichende Definition.
Das Drei-Komponenten-Modell liefert aber eine gute Arbeitsdefinition:
Ein Subjekt S hat einen freien Willen, wenn gilt:
a. Alternativität: S hätte sich auch anders entscheiden können.
b. Urheberschaft: S ist Urheber seiner Entscheidungen.
c. Autonomie: S hat die Kontrolle über seine Entscheidungen, weil diese nicht durch äußere oder innere Zwänge beeinträchtigt sind.
Der Neuroeterminismus besagt, dass u.a. Entscheidungen (nomologisch) vollständig durch neuronale Zustände festgelegt sind und deshalb nicht anders hätten ausfallen können. Das Vereinbarkeitsproblem besteht nun in der Frage, ob Willensfreiheit und Neurodeterminismus miteinander kompatibel ist.
1. Der Inkompatibilismus verneint diese Frage und argumentiert dabei so:
K1: Wenn der Neurodeterminismus wahr ist, dann gilt notwendig:
a*: S hätte unter identischen Bedingungen nicht anders entscheiden können.
b*: S ist nicht Letzturheber seiner Entscheidungen.
c*: S hat nicht die Kontrolle über seine Entscheidungen, insofern seine Entscheidungen die kausale Konsequenz der fernen Vergangenheit und der geltenden Naturgesetze sind und S beide nicht kontrollieren kann.
Der Inkompatibilist kann folglich die Willensfreiheit (Harte Deterministen), den Neurodeterminismus (Libertarier) oder beides (Impossibilisten) verneinen.
2. Der Kompatibilismus bejaht diese Frage und argumentiert dabei so:
K2: Wenn der Neurodeterminismus wahr ist, dann kann trotzdem gelten:
a': S hätte unter anderen Umständen anders entscheiden können.
b': S ist Urheber (wenn auch nicht Letzturheber) seiner Entscheidungen.
c': S hat Kontrolle über seine Entscheidungen, insofern S durch Wünsche 2. Stufe bestimmen kann, welche Wünsche 1. Stufe handlungswirksam werden.
Der Kompatibilist will aufzeigen, dass der Neurodeterminismus mit bedingter Willensfreiheit kompatibel ist und unbedingte Willensfreiheit keinen Sinn macht.
Die Willensfreiheitsdebatte dreht sich letztendlich v.a. um zwei Fragen:
(i) semantische Frage: Was bedeutet wohlverstandene Willensfreiheit?
(ii) ontologische Frage: Gibt es eine solche Form von Willensfreiheit?
In einem weiteren Sinne kann noch eine dritte Frage hinzugefügt werden:
(iii) weltanschauliche Frage: Welche Konsequenzen hat dies für unser Verständnis von Schuld, Moral, Recht, Strafe, Demokratie, Personalität, usw.
"Die Frage nach der Willensfreiheit ist wirklich ein Probierstein, an welchem man
die tiefdenkenden Geister von den oberflächlichen unterscheiden kann, oder ein Grenzstein, wo beide auseinandergehn, indem die ersteren sämtlich das notwendige Erfolgen der Handlung bei gegebenem
Charakter und Motiv behaupten, die letztern hingegen mit dem großen Haufen der Willensfreiheit anhängen. Sodann gibt es noch einen Mittelschlag, welcher sich verlegen fühlend, hin und her
laviert, sich und andern den Zielpunkt verrückt, sich hinter Worte und Phrasen flüchtet oder die Frage so lange dreht und verdreht, bis man nicht mehr weiß, worauf sie hinauslief"
- Arthur
Schopenhauer, 1837
Eine unbedingte Willensfreiheit liegt vor, gdw. eine Entscheidung durch nichts bedingt ist. Denn: Bedingtheit soll die Entscheidungsfreiheit einschränken.
Kritik: Entscheidungen und Handlungen, die durch nichts bedingt sind, sind per definitonem Zufallsereignisse. Ein sog. indeterminierter Wille ist auch nicht mehr durch meine Gründe, Wünsche und Überlegungen respektive nicht durch mich bedingt (Widerspruch b.). Er unterliegt nicht mehr meiner Kontrolle und entspricht nicht meinen Neigungen und Charaktereigenschaften (Widerspruch zu c.). Letzten Endes würde er der grundlosen Beliebigkeit eines Münzwurfs gleichen (Widerspruch zu a.).
Fazit: Indeterminismus ist nicht die Bedingung für Freiheit, sondern schließt Willensfreiheit, Selbstbestimmung und Verantwortlichkeit kategorisch aus.
Diese Überlegungen zeigen, weshalb einige Philosophen das 3-Komponenten-Modell um eine weitere Bedingung ergänzen wollen:
(d) Intelligibilität: Die entsprechende Person handelt nicht willkürlich, sondern aus verständlichen Gründen.
„Nehmen wir an, Sie hätten einen unbedingt freien Willen. Es wäre ein Wille, der
von nichts abhinge: ein vollständig losgelöster, von allen ursächlichen Zusammenhängen freier Wille. Ein solcher Wille wäre ein aberwitziger, abstruser Wille. Seine Losgelöstheit nämlich würde
bedeuten, dass er unabhängig wäre von Ihrem Körper, Ihrem Charakter, Ihren Gedanken und Empfindungen, Ihren Phantasien und Erinnerungen. Es wäre, mit anderen Worten, ein Wille ohne Zusammenhang
mit all dem, was Sie zu einer bestimmten Person macht. In einem substantiellen Sinn des Wortes wäre er deshalb gar nicht Ihr Wille.“
- Peter Bieri: Unbedingte Freiheit: Eine Fata Morgana
Libertaristen entgegnen dieser Kritik auf verschiedene Weisen: Immanuel Kant meint, es müsse indeterminierte Willensfreiheit geben, da wir moralisch verantwortliche Wesen sind, selbst wenn die Naturwissenschaften das nie beweisen können. Peter van Inwagen findet, dass es libertarische Willensfreiheit geben müsse, da sonst Verantwortlichkeit nicht begründet werden könne. Beide Positionen sind keine wirklich überzeugenden Antworten auf das Intelligibilitätsproblem. Deshalb wird zunehmend auch naturwissenschaftlich argumentiert, dass die Relevanz von Quantenphänomenen für Gehirnprozesse zeigt, dass indeterminierte Entwicklungen dennoch rational sein können.
Wenn der neuronale Determinismus wahr ist, dann haben alle Entscheidungen eine hinreichende Ursache. D.h. das Vereinbarkeitsproblem besteht genauer in der Frage, ob Determinismus und bedingte Willensfreiheit kompatibel sind.
Laut dem Kompatibilismus liegt bedingte Willensfreiheit vor, gdw. eine Entscheidung durch die Motive und Neigungen, mit der sich eine Person identifiziert, bedingt ist. D.h. der Determinismus schließt Willensfreiheit nicht aus, sondern ist eine notwendige Bedingung für diesen.
Das Problem der Willensfreiheit besteht, wie bereits erwähnt, in der zumindest augenscheinlichen Inkompatibilität zwischen Willensfreiheit und neuronalem Determinismus. Es kann als logischer Schluss formuliert werden:
P1: Wenn der neuronale Determinismus wahr ist,
dann kann es keine Willensfreiheit geben.
P2: Der neuronale Determinismus ist wahr.
K: Es gibt keine Willensfreiheit.
Dieser Schluss ist deduktiv-zwingend. Wer ihm widersprechen will, muss dies folglich inhaltlich tun, indem er mindestens eine der Prämissen zurückweist: Der Kompatibilist hält P2 für wahr und weist P1 zurück, nach ihm sind neuronaler Determinismus und (eine schwächere Form von) Willensfreiheit prinzipiell kompatibel. Der Libertarist hält hingegen P1 für wahr und weist P2 zurück, nach ihm existieren reale Entscheidungsalternativen bei gegebenen Umständen. Der Inkompatibilist hält beide Prämissen und somit auch die Konklusion für wahr, wenn es nach ihm geht, haben wir keinen freien Willen.
Können meine Entscheidungen in einer neuronal-determinierten Welt frei sein? Auf den ersten Blick scheint vieles gegen diese Annahme zu sprechen. Wie soll es möglich sein, dass ich mich anders entscheide, wenn durch frühere Ereignisse determiniert ist, wie ich mich entscheide? Wie kann ich der Urheber meiner Entscheidungen und Handlungen sein, wenn diese letztendlich auf frühere Ereignisse und neuronale Zustände zurückgehen? Und wie können meine Entscheidungen frei sein, wenn sie doch vollständig determiniert sind?
Der Determinismus impliziert, dass sich die Welt mit Notwendigkeit nur auf genau eine einzige Weise entwickeln kann. Wenn diese Beschreibung zutreffend ist, so bildet der mögliche Weltverlauf eine gerade unverzweigte Linie:
Laut dem Inkompatibilismus setzt Freiheit jedoch voraus, dass die Zukunft insofern offen ist, als es zumindest manchmal von uns abhängt, wie es weiter geht. Wenn es Freiheit gibt, scheint es im Weltverlauf also Zeitpunkte geben zu müssen, an denen es so-oder-so weiter gehen kann, an denen der weitere Weltverlauf also nicht durch vorangegangene Ereignisse determiniert ist, sondern davon abhängt, wie wir uns entscheiden und was wir wollen:
So verstanden, schließen sich Determinismus und Willensfreiheit analytisch aus. Wenn es Willensfreiheit gibt, dann kann der Weltverlauf nicht determiniert sein. Und wenn der Determinismus zutrifft, dann kann nach der inkompatibilisti-schen Lesart* des 3KM keine der Bedingungen für Willensfreiheit erfüllt sein:
a*: Wenn der Determinismus wahr ist, ist der Weltverlauf eine unverzweigte Linie und ich kann mich an keinem Punkt so-oder-so entscheiden.
b*: Wenn der Determinismus wahr ist, gehen meine Entscheidungen kausal bis auf den Urknall zurück und ich kann nicht ihr Letzturheber sein.
c*: Wenn der Determinismus wahr ist, dann unterliegen meine Entscheidungen dem Zwang der Vorbedingungen und Naturgesetze und nicht meiner Kontrolle.
Galen Strawson hat b* durch das Letzturheber-Argument starkgemacht.
Und Peter van Inwagen hat für c* das Konsequenz-Argument ins Feld geführt.
Das stärkste Argument für den Inkompatibilismus liegt nach meiner persönlichen Einschätzung aber in a*: Denn was soll es heißen, willensfrei zu sein, wenn ich mich zu keinem Zeitpunkt anders entscheiden kann, als ich es tue?
Fazit: Der harte Determinismus ist eine argumentativ starke Position und eine echte Herausforderung für unsere Vorstellungen von Recht und Moral.
Es sprechen also gute Gründe für die allgemeine Form des Inkompatibilismus.
Der Libertarismus (auch Libertarianismus) kann als eine spezielle Form des Inkompatibilismus angesehen werden, insofern er Freiheit und Determinismus ebenso für inkompatibel hält, anders als der Harte Determinist aber nicht am Determinismus sondern an der menschlichen Willensfreiheit festhält. Immanuel Kant und Roderick Chisholm sind wichtige Vertreter dieser Position.
Wie überzeugend ist der Libertarismus? Ein erstes Problem ergibt sich bereits daraus, dass Freiheit offenbar nicht nur mit dem Determinismus, sondern auch und ganz besonders mit dem Indeterminismus unvereinbar ist (Vgl. Abschnitt "unbedingte Willensfreiheit"): Wenn an einem bestimmten Punkt des Weltverlaufs nicht bestimmt ist, ob ich die Option A oder die Option B präferiere, dann kann diese Wahl eben auch nicht durch mich bestimmt sein (Vgl. Zufallseinwand):
Freiheit setzt also nicht nur voraus, dass zumindest manchmal nicht naturgesetzlich determiniert ist, was ich tue, Freiheit setzt auch voraus, dass ich nicht zufällig handele (↯Intelligibilität). Diese Annahme ist weitestgehend unbestritten (eine Ausnahme bildet der US-amerikanische Philosoph Robert Kane). Neben naturgesetzlicher Determiniertheit und bloßem Zufall muss es also etwas Drittes geben; dass konstitutiv für Willensfreiheit ist, und für die meisten Libertarier ist dieser dritte Weg Akteurskausalität (i.G.z. Ereigniskausalität).
Daraus folgt: Im akteurskausalen Libertarismus ist eine Entscheidung nur dann frei, wenn sie weder naturgesetzlich determiniert ist noch rein zufällig stattfindet, sondern stattdessen durch das Subjekt selbst hervorgerufen wird.
Freie Entscheidungen sehen für den akteurskausalen Libertarier also so aus: Wenn ich vor der Frage stehe, ob ich mich für A oder B entscheide, habe ich in der Regel für beide Alternativen gute Gründe – also sowohl Gründe für A als auch Gründe für B. Aber weder diese Gründe, noch irgendwelche anderen Umstände, determinieren meine Entscheidung. Vielmehr bin ich selbst es, der sich angesichts der Gründe für A oder für B entscheidet. Und nichts im vorherigen Weltlauf determiniert, wie ich mich entscheide. Wenn ich mich für A entscheide, könnte ich mich unter genau denselben Bedingungen auch für B entscheiden:
Das heißt: Wenn es Akteurskausalität gibt, kann es Willensfreiheit sogar nach der starken Lesart* des 3KM geben. Denn dann (c*) bestimmen weder die Naturgesetze noch die Vergangenheit meine Entscheidung. Vielmehr bin (b*) ich selbst Letzturheber meiner Entscheidungen. Das heiß, dass ich mit ihnen neue Kausalketten in die Welt setze und (a*) ich diese in jedem Moment frei bestimme.
Der akteurskausale Libertarismus entspricht dem weitläufigen intuitiven Selbstverständnis des Menschen und scheint deswegen naheliegend zu sein.
Aber:
1. Wenn nicht andere Umstände festlegen, wie ich mich entscheide, sondern ich selbst diese Entscheidung herbeiführe, muss ich selbst offenbar ein Wesen sein, das außerhalb des natürlichen Weltverlaufs steht und das in der Lage ist, von außen in diesen Weltverlauf einzugreifen. Die Auffassung, dass handelnde und entscheidende Personen nicht Teil der natürlichen Welt sind, sondern von außen in diese Welt eingreifen, ist aber mit allem unvereinbar, was uns die Naturwissenschaften über die Welt sagen (siehe z.B. die Energieerhaltungssätze).
2. Wenn ich sage "Die Scheibe zerbrach, weil sie von einem Stein getroffen wurde", führe ich ein Ereignis (B: das Zerbrechen der Scheibe) auf ein anderes Ereignis (A: der Zusammenprall mit dem Stein) zurück. Diese Form von Ereigniskausalität ist der Regelfall und unmittelbar verständlich: Immer wenn die Wirkung A vorliegt, tritt auch die Wirkung B ein. Diese Begriffsanalyse trifft jedoch nicht auf die Akteurskausalität zu. Denn diese impliziert, dass Akteurskausalität nicht durch ein anderes Ereignis, sondern durch mich selbst verursacht wurde. Aber wie soll ich eine akteurskausale Wirkung B verursachen, ohne etwas anderes A zu tun, woraus sich B (notwendig) ergibt?
3. Wenn ich mich nicht für B entscheide, weil mich gute gute Gründe, Überlegungen, feuernde Neuronen oder sonst irgendetwas dazu bringt, dann ist meine Entscheidung für B ontologisch zufällig und epistemisch unerklärbar. Denn dann wäre es möglich, dass ich mich in einer Situation 1 angesichts guter Gründe einmal für B1 und ein andermal für B2 entscheide. Wenn ich mich angesichts genau derselben Gründe einmal für B1 und ein andermal für B2 entscheide, dann ist meine Entscheidung selbst offenbar unbegründet.
Fazit: Der Libertarismus ist intuitiv naheliegend. Aber nach genauerem Hinsehen eine theoretisch und empirisch schwache Position.
Im Gegensatz zum allgemeinen Inkompatibilismus, halte ich den Libertarianismus also für keine sonderliche überzeugende Position. Wie steht es mit dem Kompatibilismus? Lange Zeit über konnte ich mir nicht einmal vorstellen, wie eine kompatibilistische Theorie der Willensfreiheit aussehen soll. Wie soll ich mich frei entscheiden können, wenn doch von vornerein alles determiniert ist?
Andererseits wusste ich auch, dass es in der Geschichte der Philosophie immer wieder sehr kluge Köpfe gegeben hat, die der festen Überzeugung waren, dass Determinismus und Freiheit kompatibel sind. Das hat mich dazu veranlasst, mehr über die Argumente hinter dem Kompatibilismus erfahren zu wollen. Der Clou liegt primär darin, dass klassische Kompatibilisten wie Thomas Hobbes oder David Hume unter "Freiheit" etwas anderes verstanden haben als die Inkompatibilisten. Für sie bedeutete der Freiheitsbegriff einfach nur, das tun zu können, was wir tun wollen, dass wir also nicht durch äußere Zwänge gehindert sind, die Handlungen auszuführen, für die wir uns entschieden haben (Hobbes 1651, 1654; Hume 1758). Diese Art von Freiheit wird Handlungsfreiheit genannt. Und es ist unbestritten, dass Handlungsfreiheit mit dem Determinismus vereinbar ist.
· Handlungsfreiheit: Eine Person ist in ihrem Handeln frei, wenn sie tun kann, was sie tun will.
· Willensfreiheit: Eine Person ist in ihrem Wolllen frei, insb. wenn sie die Fähigkeit hat, ihren Willen zu bestimmen, d.h. zu bestimmen, welche Motive, Wünsche und Überzeugungen handlungswirksam werden sollen.
Dass Handlungsfreiheit nicht ausreicht, ist bereits von Thomas Reid gegen Hume eingewandt worden: Frei können wir uns nach Reid nur nennen, wenn wir nicht nur tun können, was wir wollen, sondern wenn wir auch bestimmen können, was wir wollen. Wirkliche Willensfreiheit setzt also voraus, dass wir bestimmen, aufgrund welcher Motive, Wünsche und Überzeugungen wir handeln. Unfrei sind wir dahingegen, wenn Umstände, die außerhalb unseres Einflussbereichs liegen, bestimmen, welche dieser Beweggründe handlungswirksam werden.
Dass Handlungsfreiheit nicht alles sein kann, ergibt sich aus unserer Einschätzung von Drogensüchtigen: Drogensüchtige können tun, was sie wollen, nämlich Drogen nehmen. Sie sind also handlungfrei. Viele Drogensüchtige wollen aber keine Drogen nehmen wollen, da sie wissen, dass diese sie kaputtmachen. Aufgrund ihrer Sucht nehmen sie trotzdem Drogen, sie unterliegen also inneren Zwängen und können ihre präferierten Motive und Überzeugungen deshalb nicht handlungswirksam machen. Mit einem Wort: Was ihnen fehlt ist Willensfreiheit.
Also: Der Kompatibilist sucht ein anderes Verständnis der 3K-Willensfreiheit, nach dem Determinismus kompatibel oder gar notwendig für Willensfreiheit ist.
Alternativität: S hätte sich auch anders entscheiden können.
(1) Die kompatibilistische These, Determinismus und Alternativität seien vereinbar, scheint bereits analytisch falsch zu sein. Alternativität bedeutet nämlich, dass ein Subjekt auch anders hätte handeln können, während der Determinismus genau dies zu verneinen scheint. Denn: Eine Person scheint grundsätzlich nur dann anders handeln zu können, wenn es naturgesetzlich möglich ist, dass sie anderes handelt, als sie es tatsächlich tun wird; und das ist in einer deterministischen Welt nicht möglich. Was können Kompatibilisten dem entgegen? Der Kompatibilist Georg E. Moore weist darauf hin, dass das hier wohl entscheidende modale Hilfsverb "Können" neben der naturgesetzlichen noch mindestens eine weitere Bedeutung hat. In dem Satz "Es kann sein, dass Hunde fliegen können", kommt das Verb "können" bspw. zweimal vor: Beim ersten Mal beschreibt es eine naturgesetzliche Form von Können, beim zweiten ein Können im Sinne einer Fähigkeit. Moore argumentiert, dass der Determinismus mit der zweiten Bedeutung von "können" vereinbar ist. Er analysiert diese wie folgt:
(A1) Eine Person kann X tun (hat die Fähigkeit, X zu tun), wenn sie X tut, falls sie sich entscheidet, X zu tun.
Moore bringt hierfür das Beispiel: "Ich hätte heute Morgen zwei Kilometer in zwanzig Minuten laufen können."[10] Nach der konditionalen Analyse von Können kann dieser Satz gedeutet werden als: "Ich hätte es getan (hätte es tun können), wenn ich mich dazu entschieden hätte." Offenbar ist diese konditionale Analyse von Anders-Handeln-Können vereinbar mit dem Determinismus. Denn auch wenn es determiniert war, dass ich heute Morgen nicht zwanzig Kilometer laufen gegangen bin, kann es immer noch wahr sein, dass ich es gemacht hätte, wenn ich mich dazu entschieden hätte. Mit anderen Worten: Selbst wenn es mir naturgesetzlich unmöglich ist, dass ich zum selben Zeitpunkt oder unter identischen Bedingungen X tue, kann es durchaus sein, dass ich zu diesem Zeitpunkt die Fähigkeit habe, X zu tun, vorausgesetzt, dass ich mich unter anderen Umständen für X entschieden hätte.
Die Pointe dieser Überlegung wird noch deutlicher, wenn man sich Folgendes klar macht: Wer bestreitet, dass etwas oder jemand die Fähigkeit hat, X zu tun, wenn determiniert ist, dass er nicht X tun wird, der muss auch behaupten, dass in einer determinierten Welt kein Wesen eine Fähigkeit hat, die er nicht ausübt. In einer determinierten Welt wäre es daher falsch zu sagen, dass ein Auto, das zu Ausstellungszwecken in einem Autohaus steht, fahren kann, oder dass eine sportliche Person, die nie einen Purzelbaum schlägt, die Fähigkeit hat dies zu tun. Offenbar hat eine Person aber auch dann die Fähigkeit einen Purzelbaum zu schlagen, wenn sie es nie tuen wird, es aber tun könnte, wenn sie sich unter anderen Umständen dazu entschieden hätte es zu tun.
Moore behauptet resümierend also zwei Dinge. Ersteins: Es gibt eine Begriffsanalyse von "Können", die nicht "naturgesetzlich möglich", sondern "fähig sein, X zu tun, falls man sich für X entscheidet" bedeutet. Zweitens: diese Form von anders-können ist hinreichend, um eine Person als willensfrei zu bezeichnen. Aus diesen beiden Postulaten folgt schließlich: Determinismus und Willensfreiheit sind kompatibel, der Kompatibilismus ist wahr.
Dieser Schluss ist wieder formal zwingend. Es wurden aber zahlreiche Argumente gegen seine Prämissen hervorgebracht:
(1a) Zum einen wurde von John Langshaw Austin kritisiert, dass Fähigkeiten nicht wie in Moores Analyse stets an einen Bedingungssatz geknüpft sein müssen. Ich kann beispielweise aus einem Reflex einen anfliegenden Ball abwehren, ohne dass ich mich dafür entscheiden müsste. Eine viel wirkmächtiger Einwand Austins ist aber folgender: Dass man die Fähigkeit hat, X zu tun, bedeutet keineswegs, dass es immer gelingt, X zu tun, wenn man X tun will. Es kann zum Beispiel wahr sein, dass ein Kraftsportler die Fähigkeit hat, 200 Kilogramm auf der Hantelbank zu stemmen, auch wenn ihm dies auf einem bestimmten Wettkampf nicht gelingt, obwohl er es will. Es ist also falsch, dass ich eine Fähigkeit nur dann habe, wenn es mir bei gegebenem Willen auch gelingt, sie auszuüben. Letzteren Zusammenhang scheint Moores Analyse (A1) aber zu implizieren. Jedoch lässt sie sich natürlich auch ganz einfach so umformulieren, dass sie Austins Einwand umgeht:
(A2) Eine Person kann X tun (hat die Fähigkeit, X zu tun), wenn es ihr in hinreichend vielen Fällen gelingt X zu tun, falls sie sich entscheidet, X zu tun.
(1b) Die Attraktivität der mooreschen Analyse scheint darin zu bestehen, dass am Andershandelnkönnen festgehalten wird, ohne dass man sich darauf festlegt, ob der Handelnde zuvor auch anders hätte entscheiden können. Diese augenscheinliche Stärke entpuppt sich bei genauerem Hinsehen jedoch als die größte Schwäche der mooreschen Analyse: Sie zeigt offenbar nur, dass eine Person tun kann, was sie will, also dass sie Handlungsfreiheit hat. Über die Willensfreiheit bezüglich Entscheidungen und somit auch über das eigentliche Vereinbarkeitsproblem sagt sie gar nichts aus! Nach Roderick M. Chisholm müsste ein für Willensfreiheit relevantes "Können" folglich so analysiert werden:
(A3) Eine Person kann X tun (hat die Fähigkeit, X zu tun), wenn sie X tun würde, wenn sie sich entscheiden würde, X zu tun, und wenn sie zusätzlich die Fähigkeit besitzt, sich zu entscheiden, X zu tun.
Diese Analyse von Können wird dem im 3K-Modell unter Alternativitätintendierten Sinn von Willensfreiheit viel eher gerecht, während Moores Analyse auf Handlungsfreiheit beschränkt bleibt. Jemand mit einer Aelurophobie (Katzenphobie) könnte eine Katze anfassen, wenn er sich dazu entscheiden würde, dies zu tun, seine Phobie lässt diese Entscheidung aber nicht zu. Er kann also im mooreschen Sinne die Katze anfassen, aber nicht im chisholmschen, er ist handlungsfrei, aber nicht willensfrei.
(1c) Moore erwidert nun, dass wir uns sehr wohl auch anders hätten entscheiden können, wenn wir uns nämlich "so entschieden haben würden, wenn wir uns entschieden hätten, diese Entscheidung zu treffen". Moore wendet seine konditionale Analyse also einfach ein zweites Mal an, dieses Mal auf die Fähigkeit, sich anders entscheiden zu können - und manövriert sich damit schnurstracks in ein Regressproblem: Denn der Inkompatibilist würde hier in Hinblick auf die "Letzturheberschaft" erwidern, ob wir uns auch entschieden gehabt haben könnten, uns zu entscheiden, diese Entscheidung zu treffen, uns so zu entscheiden, .. usw. usf. Dieses Problem läuft letztendlich auf die Frage hinaus, ob wir unter identischen Bedingungen, also bei gleicher Vorgeschichte, hätten anders handeln und entscheiden können. Denn das jemand wie gemäß der konditionalen Analyse anders handeln oder entscheiden könnte, wenn die Bedingungen – zum Beispiel die Entscheidung (zur Entscheidung, zur Entscheidung…) - anders gewesen wären, ist ja unkontrovers.
(1d) Zwischenfazit: Der Kompatibilist muss die Fähigkeit, unter identischen Bedingungen anders handeln oder entscheiden zu können, aufgeben, denn er glaubt ja qua definitionem an den Determinismus. Durch Moores intelligente Analyse kann er aber an einer schwächeren Form der Alternativität festhalten, nach der man unter anderen Umständen auch anders hätte handeln oder entscheiden können.
(2) Der Kompatibilist kann aber auch die Relevanz der Bedingung a. der Alternativität an sich bestreiten, um seine Position zu verteidigen. Genau dies versucht der Philosoph Harry G. Frankfurt in seinem berühmten Aufsatz "Alternate Possibilities and Moral Responsibility". Jedoch nicht, wie der Titel schon andeutet, bezüglich der Relevanz der Alternativität für Willensfreiheit, sondern bezüglich ihrer Relevanz für moralische Verantwortung.[12] Die Auffassung, dass eine Person für ihr Handeln nur dann moralisch verantwortlich sein kann, wenn sie auch anders hätte handeln können, nennt Frankfurt "the principles of alternative possibilities" (kurz: PAP). Für Frankfurt ist PAP ein weitverbreiteter Irrtum, Anderskönnen sei keine notwendige Bedingung für moralische Verantwortlichkeit. Damit geht Frankfurt über Moore hinaus, der seine konditionale Analyse noch als essentiell für seinen Kompatibilismus erachtete.
Um seine Position zu stärken, unterbreitet Frankfurt nun folgendes Gedankenexperiment: Hans steht vor der Entscheidung Paul umzubringen. Er hat Gründe, dies zu tun, hat sich aber noch nicht entschieden. Außer Hans hat auch Dr. Schwarz gute Gründe, sich den Tod von Paul zu wünschen. Dr. Schwarz will den Mord aber nicht selber ausführen, er möchte, dass Hans Paul umbringt. Dafür hat Dr. Schwarz Elektroden in Hans´ Gehirn eingepflanzt, mit denen er Hans notfalls manipulieren kann. Wenn sich Hans nun entscheidet Paul umzubringen, lässt Dr. Schwarz den Dingen ihren Lauf, die Entscheidung ist ja in seinem Sinne ausgefallen. Stellt Dr. Schwarz aber fest, dass Hans im Begriff ist, sich zu entscheiden, Paul nicht zu töten, greift er derart ins Geschehen ein, dass sich Hans doch entscheidet, Paul zu töten.
Hans kann sich nur dazu entscheiden, Paul zu töten, er besitzt also keine Alternativität. Für den Fall, in dem er sich von selbst entscheidet Paul zu töten, würden wir, so Frankfurt, aber trotzdem nicht zögern, ihn dafür moralisch verantwortlich zu machen. Das zeigt nach Frankfurt, dass man auch dann für eine Entscheidung moralisch verantwortlich sein kann, wenn man sich nicht anders entscheiden konnte. In den Fällen, in denen Hans sich nicht von selbst aus dazu entscheidet Paul zu töten und in denen Dr. Schwarz folglich eingreifen muss, würden wir Hans zwar freilich nicht moralisch verantwortlich machen, aber das interessiert Frankfurt hier auch nicht. Frankfurt genügt es zu zeigen, dass es mindestens einen Fall gibt, in denen moralische Verantwortlichkeit ohne alternative Wahlmöglichkeiten vorliegt, dass Alternativität also nicht notwendig ist für Verantwortlichkeit. Dies deutet er als ein Argument für die prinzipielle Kompatibilität von Nicht-Alternativität und moralische Verantwortung.
(2a) Doch woher soll Dr. Schwarz wissen, wozu Hans sich entscheiden wird? Frankfurt schreibt: „I fit does become clear that Jones is going to decide to do something else …“[13] Es muss also ein Anzeichen geben, dass Dr. Schwarz erlaubt vorherzusagen, wozu Hans sich entscheiden wird. In 1. wurde bereits dargelegt, dass der Weltverlauf entweder linear und deterministisch oder verzweigt und indeterministisch verlaufen kann. Daraus ergibt sich nun folgendes Dilemma: (i) Entweder der Weltverlauf ist deterministisch, dann spielt die Anwesenheit von Dr. Schwarz für den relevanten Fall, in dem Hans Paul von selbst aus tötet, keine Rolle für das Nicht-Anderskönnen von Hans. Ist Hans dann nicht auch in diesem Fall nicht moralisch-verantwortlich für den Mord an Paul?[14] (ii) Oder der Weltverlauf ist nicht-deterministisch, dann ist aber auch die Beziehung von Anzeichen und Entscheidung ebenfalls indeterministisch und Dr. Schwarz kann gar nicht vorhersehen, wie sich Hans entscheiden wird. In diesem Fall kann Dr. Schwarz nicht antizipierend handeln und Frankfurts Argumentation funktioniert ebenso wenig. Man könnte nun gegenargumentieren, dass der Weltverlauf zwar indeterministisch ist, d.h. an einigen Stellen nicht-linear verläuft, der Verlauf von Anzeichen zu Entscheidung im Speziellen aber determiniert ist, Hans sich also nicht mehr „umentscheiden“ kann. Falls Dr. Schwarz´ Interventionsmöglichkeiten in diesem Zeitfenster angesiedelt sind, würde das Szenario aber wiederum nur Hans Handlungsfreiheit betreffen. Und was viel wichtiger ist: Dr. Schwarz könnte auch gar nicht mehr intervenieren, da das Anzeichen bereits eine hinreichende Antezedensbedingung für seine endgültige Entscheidung darstellt. Das Dilemma lautet also wie folgt: Wenn die Anzeichen-Entscheidung-Beziehung determiniert ist, könnte Dr. Schwarz im entscheidenden Fall überhaupt nicht eingreifen, und wenn sie es nicht ist, kann er es zumindest nicht sinnvollerweise. Egal für welche Option man sich entscheidet, Frankfurts ursprünglicher Gedanke scheint nicht aufzugehen.[15]
(2b) Die wortwörtliche Forderung der Alternativität-Komponente lautete, dass jemand unter identischen Umständen sich unterschiedlich entscheiden können muss. Wenn man zeigen möchte, dass dies keine notwendige Bedingung für Willensfreiheit oder Verantwortlichkeit ist, darf man die Bedingungen der Entscheidung aber auch nicht variieren. In Frankfurts Szenario verändern sich die Umstände jedoch während der Willensbildung, einmal greift Dr. Schwarz ein und einmal nicht, nur die endgültige Entscheidung bleibt identisch! Eben diese Möglichkeit ist aber für die Bedingung des Andersentscheidenkönnens bei identischer Vorgeschichte irrelevant. Frankfurt zeigt schließlich gar nicht, dass Andersentscheidenkönnen unter gleichen Bedingungen nicht notwendig ist für Irgendetwas, sondern wieder nur, dass jemand bei unterschiedlichen Umständen stets identisch entscheiden und dafür dann moralisch verantwortlich sein kann.[16]
Urheberschaft: S ist Urheber seiner Entscheidungen.
Die Forderung nach Urheberschaft scheint schnell geklärt zu sein. Nehmen wir wieder das Vorbild Handlungsfreiheit: Ich bin Urheber meiner Handlungen, bin also handlungsfrei, wenn es meine Entscheidungen sind, die zu meinen Handlungen führen. Warum sollte ich dann nicht willensfrei sein, wenn ich Urheber meiner Entscheidungen bin, wenn es gemäß Frankfurts Terminologie also meine Wünsche zweiter Stufe sind, die bewirken, welche Wünsche erster Stufe ich realisiere. Wenn das zutrifft, bin ich der Urheber meiner Handlungen und Entscheidungen, gdw. diese auf bestimmte mentale Zustände zurückgehen, mit denen ich mich selbst identifiziere. Und dies bleibt auch dann wahr, wenn diese Zustände - etwa Wünsche oder Überlegungen – wiederum determiniert sind.
(1a) Aber ganz so einfach ist es natürlich wieder nicht: Wer ist denn Urheber dieser Entscheidungen, Wünsche, Überlegungen, mit denen ich mich identifiziere? Wenn der Neurodeterminismus wahr ist, und davon geht der Kompatibilist aus, dann sind diese geistigen Zustände von meinen neuronalen Zuständen abhängig. Ich bin vielleicht Urheber meiner Entscheidungen, aber ich bin nicht ihr Letzturheber! Meine neuronalen Zustände sind es aber sicherlich auch nicht, sondern selbst wiederum von evolutionären und genetischen Faktoren bedingt, die wiederum auf andere Faktoren zurückgehen usw., usf. Da es in einem universalen Determinismus überhaupt keine causa sui (Selbstursache) geben kann, kann es in ihm auch keinen Letzturheber (im Sinne von einer Erstursache) von Irgendwas geben. Der universale Determinismus ist also mit Urheberschaft vereinbar, nicht aber mit der viel stärkeren Forderung nach Letzturheberschaft, die insbesondere von Inkompatibilisten für Willensfreiheit gefordert wird.
(1b) Die entscheidende Frage lautet nun: Muss er das? Muss der Determinismus Letzturheberschaft zulassen, um mit Willensfreiheit verträglich zu sein? Ich halte diese Forderung für überzogen. Wenn ich Letzturheber meiner Entscheidungen sein muss, dann darf meine Wahl ab einem gewissen Punkt auch nicht mehr von eigenen Determinanten (z.B. Gründen) abhängen und muss deshalb völlig ursachlos ausfallen. Da Ursachlosigkeit und (positive) Willensfreiheit einander aber ausschließen, und dies ist die Pointe des Kompatibilismus, kann es gar nicht sein, dass Willensfreiheit Letzturheberschaft voraussetzt. Es ist ganz normal, dass meine Entscheidungen beispielsweise von Prinzipien und Charaktereigenschaften abhängen, deren Urheber ich nicht bin. Diese externen Ursachen sind freiheitsnotwendig, denn sie schließen Grundlosigkeit aus, die Ursachen meiner Entscheidungen dürfen insgesamt nur nicht hinreichend bzw. determinierend sein, denn dies wiederum schließt Anderskönnen unter selben Bedingungen aus. Der gemeine Inkompatibilist täte also besser daran, dass Letzturheberargument ganz wegzulassen und die Freiheitsgefährdung allein auf den Determinismus zurückzuführen. Es kann im Determinismus niemals etwas anderes geschehen als das Faktische, weder in der Vergangenheit, noch in der Gegenwart und auch nicht in der Zukunft, das ist das eigentliche starke Argument gegen die Freiheit und für den Inkompatibilismus. Freiheitsgefährdend ist am Determinismus das nicht So-oder-anders-Können unter selben Umständen (die fehlende Alternativität), nicht das nicht determinieren-können der eigenen Entscheidungsdeterminanten (die fehlende Letzturheberschaft) per se.
Wir rekapitulieren: Die den Kompatibilismus definierende Auffassung besagt, dass das Bestehen eines indeterminierten Weltverlaufs für Willensfreiheit nicht erforderlich ist. Diese Auffassung lässt zunächst offen, was für Willensfreiheit positiv erforderlich ist. Aus Sicht eines klassischen Kompatibilisten ist es für das Vorliegen von Willensfreiheit positiv erforderlich, dass unsere Handlungen und Entscheidungen in einem determinierten Verhältnis von unserem Willen abhängen. Diese Charakterisierung kann jedoch nicht ausreichend sein, wie sich aus dem vorangegangenem Beispiel mit dem Zwangsneurotiker ergibt: innere Zwänge wie Neurosen oder Süchte aber auch äußere Zwänge wie Bedrohungen können unsere Entscheidungsfreiheit erheblich einschränken. Der Zwangsneurotiker ist offensichtlich nicht willensfrei, dennoch verträgt sich seine Situation mit der klassisch-kompatibilistische Charakterisierung von Willensfreiheit (er handelt schließlich immer nach seinem Willen!). Damit der Zwangsneurotiker aber tatsächlich als willensfrei gelten kann, müsste er zusätzlich auch noch Kontrolle über seine Entscheidungen besitzen.
Die mangelnde Sensibilität des klassischen Kompatibilismus für innere und äußere Faktoren, die den freien Willensbildungsprozess beschränken, wurde vielfach kritisiert. Ein erster Umdefinierungsversuch kam erneut von George E. Moore: Wenn Handlungsfreiheit darin besteht, dass ich tun kann, was ich tun will, warum, so Moore, soll Willensfreiheit nicht darin bestehen, dass ich wollen kann, was ich wollen will.
(1) Diese auf den ersten Blick verworrene Formel lässt sich besser verstehen, wenn man Harry Frankfurts Theorie höherstuftiger Wünsche miteinbezieht.[17] Tiere haben nur Wünsche erster Stufe, die sich stets auf Handlungen beziehen. Meine Katze hat beispielsweise die Wünsche zu essen und zu spielen. Der Mensch zeichnet sich dadurch aus, dass er zusätzlich Wünsche zweiter Stufe besitzt, die sich auf Wünsche erster Ordnung beziehen. So kann ich zwei Wünsche haben: den Wunsch auch etwas zu essen und zugleich den Wunsch, dass ich diesen ersten Wunsch nicht hätte, etwa weil ich gerade eine Diät mache. Ich würde meinen Essenswunsch viel lieber überwinden, aber ändert dieser höherstufiger Wunsch nichts an meinem dringenden Verlangen, hier und jetzt etwas zu essen. Während sich nun ein esssüchtiger Mensch einfach den Wünschen erster Stufe überlässt und nicht kontrollieren kann, ob diese handlungswirksam werden sollen oder nicht, vermag es eine willensfreie Person, ihr Handeln von demjenigen Willen leiten lassen, den sie haben will. Sie kann, nach Moore, also wollen, was sie wollen will.
Frankfurts Definition von Willensfreiheit hat zumindest den Vorteil, dass sie das Problem von Neurotikern umgeht: Selbst wenn einem Neurotiker klar ist, wie viel Lebensqualität ihm seine Zwangsstörung kostet, und wenn er aus diesem Grund möchte, dass seine neurotischen Wünsche nicht handlungswirksam würden, wird er dies dennoch nicht kontrollieren bzw. verhindern können. Diese Kontrolle fehlt ihm, um willensfrei sein zu können.
(1a) Wie aber sieht es mit dem Mitglied einer Sekte aus, der den Wunsch zweiter Ordnung hat, stets das zu wünschen, was die Sekte von ihm fordert, ohne über diesen Wunsch jemals nachgedacht zu haben? Dieses Sektenmitglied ist offenbar in seinen Wünschen zweiter Ordnung nicht frei, denn auch diese können beispielsweise durch religiöse Indoktrination erzwungen wurden sein. Muss man nun zusätzlich eine dritte Ebene aufmachen, aus der die Wünsche zweiter Ebene hervorgehen müssen, damit eine Person Willensfreiheit haben kann? Und muss dieser Wille auf der dritten Ebene nicht wieder dem entsprechen, was die Person auf einer vierten Ebene auf der dritten Ebene wollen will, usw. usf.? Hier droht Moores Analyse erneut ein unendlicher Regress. Um ihn abzuwenden, führt Frankfurt den Begriff des "wholehearted commitment" ein: Wenn eine Person sich mit ganzem Herzen mit einem Wunsch identifiziert, stellt sie diesen Wunsch nicht weiter in Frage, er ist quasi die "Letztbegründung" ihrer Entscheidung.
Mütter beispielsweise haben oft den unbedingten Wunsch, sich bestmöglich um ihre Kinder zu sorgen, und diesen Wunsch können sie auch nicht ändern. Frankfurt spricht hier von einer "volitionalen Notwendigkeit" lebensgeschichtlich verfestigter Wünsche. Diese Mütter haben einen Wunsch n.ter Stufe, der nicht auf einen Wunsch n+1.ter-Stufe zurückgeführt werden muss, um als willensfrei zu gelten, denn solche "volitionale Notwendigkeiten" beschränken zwar faktisch unseren Entscheidungsspielraum (wir können nicht entscheiden, ob wir sie haben wollen), wir empfinden sie aber nicht als im selben Maße freiheitsgefährdend wie die Einschränkungen im Entscheidungsspielraum eines Drogensüchtigen. Was wir nicht ändern können, aber auch nicht ändern wollen, schränkt unsere Freiheit nicht gefühlt oder aktiv ein.[18]
Gegen den Vorschlag "volitionaler Notwendigkeiten" lässt sich folgendes einwenden: Der Regresseinwand weist darauf hin, dass beliebig höherstufige Wünsche unfrei und manipuliert sein können. Frankfurt erwidert, dass volitionale Notwendigkeiten keinen höherstufigen Wunsch brauchen, um frei zu sein. In den negativen Sozialutopien Brave New World und 1984 werden einigen Romanfiguren durch Gehirnwäsche, Indoktrination oder Drogen Wünsche extern eingepflanzt. Den Romanfiguren ist diese Manipulation eines Wunsches n.ter Stufe natürlich nicht bewusst, weshalb sie nie den n+1.stufigen Wunsch entwickeln, etwas an ihrer Lage zu ändern. Nun könnten fiese Manipulatoren den Wunsch n.ter Stufe so induziert haben, dass sich der Träger mit ihm vom ganzen Herzen identifiziert, es sich bei ihm also um eine "volitionale Notwendigkeit" handelt. Frankfurts Theorie der Willensfreiheit kann hier nicht plausibel machen, welche Art von Willensfreiheit den Manipulierten fehlt.
(1b) Frankfurts hierarchische Theorie der Willensfreiheit scheint zumindest eine vernünftige Lesart der Formel "wollen, was man will" zu ermöglichen. Dass jemand wollen kann, was er wollen will, scheint aber nicht hinreichend dafür zu sein, dass er willensfrei ist. Wie das Beispiel mit den Manipulatoren zeigt, muss die Entscheidung der entsprechenden Person zusätzlich von eigenen Gründen (und nicht etwa von denen eines Manipulators oder von einem Zufallsmechanismus) abhängen. Gründe sind etwas grundsätzlich anderes als Wünsche, unter anderem weil sie durch ihren Rekurs auf die Vernunft normativ ausfallen. Ein Grund kann, im Gegensatz zu einem Wunsch, richtig oder gerechtfertigt sein, sodass ich vernünftigerweise nach ihm entscheiden oder handeln sollte. Wenn ich gute Gründe für die Handlung A habe, so ist diese rational gerechtfertigt, folgt meine Handlung A aber nur einem Wunsch, so ist sie rational ungerechtfertigt. Für viele Philosophen war die Fähigkeit, aus Gründen zu handeln, das heißt der Einsicht in die Richtigkeit einer Handlung zu folgen, eine weitere notwendige Bedingung zur Willensfreiheit. Frankfurts Theorie kennt keine Gründe, was vielleicht ihr größtes Defizit darstellt.[19] Ein Mann, dessen negative Freiheit nicht durch Neurosen oder Gehirnwäsche beeinträchtigt ist, der aber überhaupt keine positive Freiheit zu einem Handeln und Entscheiden aus Gründen hat, kann wollen, was er will, ist nach Moore und Frankfurt also willensfrei. Da er aber höchstens affektiv aus Wünschen, nicht aber gerechtfertigt aus Gründen wollen will, ist dieses Urteil äußerst zweifelhaft.
(1c) Ein Kompatibilist, der Gründe in seine Theorie miteinbezog, war der Politphilosoph John Locke.[20] Für Locke beruht Willensfreiheit darauf, dass wir – zumindest in vielen Fällen – die Fähigkeit besitzen, vor einer Entscheidung oder Handlung innezuhalten und Gründe abzuwägen. Willensfreiheit setzt für Locke also die positive Freiheit voraus, darüber nachdenken zu können, was in einer Situation das Richtige oder Angemessene wäre. Doch das reicht nicht aus: Willensfreiheit setzt zweitens voraus, dass man dem Ergebnis der eigenen Überlegung gemäß entscheiden (und dann entsprechend handeln) kann. Eine Person ist nach Locke also willensfrei, gdw. sie Gründe abwägen und daraufhin entsprechend entscheiden und handeln kann. Locke wird deshalb zu den Kompatibilisten gezählt, weil eine Person nach seiner Definition willensfrei und trotzdem in ihren Gründen, Entscheidungen und Handlungen determiniert sein kann.[21][22]
Ein großer Vorteil von Lockes Analyse ist, dass sie noch besser zum Fall des Drogensüchtigen zu passen scheint, als alle bisherigen: Was der Drogensüchtige beklagt, ist doch, dass er selbst dann, wenn er einsieht, dass er gute Gründe hat keine Drogen mehr zu nehmen, nicht anders kann, als sich für die Drogennahme zu entscheiden. Was ihm zur Willensfreiheit fehlt, ist also die Fähigkeit, aufgrund von internen Gründen – anstatt aufgrund seiner Sucht – zu entscheiden und letztendlich zu handeln.
Nun ein Fall, für den selbst Lockes Definition von Willensfreiheit nicht hinreichend zu sein scheint: Stellen wir uns wieder vor, ein Mann wird durch einen direkten Eingriff ins Gehirn oder ein perfides psychologisches Verfahren kognitiv manipuliert, ohne dass er es selbst bemerkt. Nehmen wir weiterhin an, die Manipulation betrifft seine Gründe. Die Gehirnwäsche ist also so flexibel, dass das Opfer weiterhin darüber nachdenken kann, welche Gründe er hat, gleichzeitig aber auch derart eingreifend, dass diese Gründe nicht seinen natürlichen entsprechen. Wenn sich dieser Mensch nun vor dem Hintergrund seiner unnatürlichen Gründe für eine Tat entscheidet, ist er in dieser dann frei und verantwortlich? Offensichtlich müsste man Lockes Definition noch so modifizieren, dass sie genuin eigene oder natürliche Gründe als eine dritte Bedingung für Willensfreiheit verlangt.
Das sind einige Argumente, die für und gegen den Inkompatibilismus, den Libertarismus und den Kompatibilismus ins Feld geführt werden können. Welchen Standpunkt man einnimmt, bleibt natürlich jedem selbst überlassen.
Ich denke sogar, dass man in einem gewissen Sinn Inkompatibilist und Kompatibilist zugleich sein kann. Denn man kann einerseits an den Determinismus glauben, andererseits an der Willensfreiheit im Sinne von 3K´ "gemäß-den-eigenen-Charaktereigenschaften-und-Neigungen-entscheiden-können" (Kompatibilist), nicht aber im Sinne von 3K* "sich-in-identischen-Situationen-unterschiedlich-entscheiden-können" (Inkompatibilist) festhalten.
In einer 2009 durchgeführten Erhebung, wurde der Verbreitungsgrad der dargelegten Positionen unter Philosophen ermittelt. In der Erhebung wurden Mitglieder von insgesamt 99 philosophischen Fakultäten befragt, die vom Philosophical Gourmet Reportals hochrangig eingestuft wurden, davon 90 in englischsprachigen Ländern. Von den 931 teilnehmenden Philosophen wurden zur Frage "Freier Wille" die Wahlmöglichkeiten (Optionen) "Ich akzeptiere" oder "Ich neige zu" wie folgt auf vier vorgegebene Kategorien verteilt: "Kompatibilismus" 59,1 %, "Libertarismus" 13,7 %, "Kein freier Wille" 12,2 %, "Anderes" 14,9 %.
Unter "Anderes" fallen z.B. die folgenden Positionen:
Ted Honderich meint, "der Determinismus ist wahr, Kompatibilismus und Inkompatibilismus sind aber beide falsch" und das wahre Problem liege anderswo. Der Determinismus sei deshalb wahr, weil die indeterministischen Quantenphänomene nicht in Raum und Zeit lokalisiert werden können und als abstrakte Entitäten aufzufassen sind. Und den Inkompatibilismus und den Kompatibilismus lehnt Honderich ab, da beide von eingeengten Freiheitsbegriffen ausgehen. Der Inkompatibilismus sieht einen engen Zusammenhang zwischen Freiheit und Letzturheberschaft (origination). Frei sind dieser Auffassung zufolge die Handlungen und Entscheidungen, die nur auf mich und nicht auf Umstände zurückgehen, die ich selbst nicht kontrollieren kann. Kompatibilisten dagegen betonen einen anderen Zusammenhang – den Zusammenhang zwischen Freiheit und Willentlichkeit (voluntariness). Frei sind dem Kompatibilismus zufolge die Handlungen und Entscheidungen, die ich ausführe bzw. treffe, weil ich sie ausführen oder treffen will, die keinerlei inneren oder äußeren Zwängen unterliegen. Ted Honderich hat diese beiden Positionen mit Hilfe einer Unterscheidung zweier grundlegender Hoffnungen (life-hopes) erläutert, die wir im Hinblick auf unser zukünftiges Leben haben können:
„One sort [of hope] is for a future in which our actions will be voluntary, uncompelled and unconstrained. We won’t be in jail or victims of our fearfulness. The other sort of desire is for a future in which our actions are also not fixed products of our natures and environments. We will not just be creatures of them. Each of us has the two sorts of desires, or at any rate each of us is more than capable of having them. One contains ideas of our future actions as our own in being voluntary. The other sort makes them our own in also containing at least an image of our future actions as originated.“
Wieder eine andere Position nahm William James ein, dieser sah in der Willensfreiheit zuvorderst ein pragmatisch nutzvolles Konzept. James glaubte an Willensfreiheit aus "ethischen Gründen", nicht aber, dass auch "naturwissenschaftliche Gründe" für diese Auffassung existieren. Das sei jedoch kein Problem, da Willensfreiheit sowieso metaphysisches Problem ist und deshalb nicht von den Naturwissenschaften behandelt werden könnte. Außerdem bejahte James eine Kompatibilität von Determinismus und moralische Verantwortlichkeit.
Ein großer Teil der philosophiehistorischen Debatte dreht sich um Mehrdeutigkeiten und Definitionen von Begriffen wie "Freiheit", "Wille", "Wahl" usw. (Begriffsanalyse). Dass man sich vor allem um Worte zu zanken scheint und sich bis heute auf keine einheitliche Definition des Willensfreiheitsbegriffs einigen konnte, hat einige Philosophen dazu gebracht das Problem der Willensfreiheit als sprachliches Scheinproblem abzutun. Dem entgegnen andere Philosophen, dass das Spannungsfeld zwischen Freiheit und Determiniertheit ontologisch real sei und bereits Nuancen in der Terminologie einen entscheidenden Unterschied machen können.
Auf jeden Fall sollte man die semantisch Frage (a) nicht unterschätzen, wie dieses Beispiel zeigt: Schon die Substantivierung des Verbs "wollen" zu einem "Willen" (und nicht etwa "Wollenden") ist etwa problematisch. Wer etwas will, übt dabei ein Vermögen aus. Dieses Vermögen oder dessen Ausübung zu einem Ding namens "Wille" zu Substantivieren, dem dann bestimmte Eigenschaften zukommen, oder dem seinerseits gar Fähigkeiten zugeschrieben werden, verschiebt die Aufmerksamkeit von der wollenden Person zu einer Instanz in ihr! Und wenn angenommen wird, dass in Wirklichkeit nicht wir es sind, die etwas wollen oder tun, sondern etwas in uns, eben der Wille, sind philosophische Rätsel vorprogrammiert (unendlicher Regress). Andererseits erscheint es aussichtslos, die etablierte Substantivierung im Terminnus "freier Willle" einfach verbieten zu wollen.
Die meisten Inkompatibilisten verwerfen das Konzept der moralischen Verantwortlichkeit: Wie kann man jemanden moralisch verantwortlich machen, wenn er in jeder Situation immer nur eben jene Möglichkeit zu handeln hat ()? Dass die Entscheidungen nicht unter Einschränkung der Handlungsfreiheit entstehen, ändere nichts an der Tatsache, dass der Determinismus den Handelnden von moralischer Verantwortlichkeit entbinde.
Das, jedenfalls für das deutsche Strafrecht maßgebliche, Schuldprinzip leitet das Bundesverfassungsgericht aufgrund der verfassungsrechtliche Leitidee der Menschenwürde aus der Entscheidungsfreiheit des Menschen ab:
„Dem Schutz der Menschenwürde liegt die Vorstellung vom Menschen als einem geistig–sittlichen Wesen zugrunde, das darauf angelegt ist, sich in Freiheit selbst zu bestimmen und zu entfalten.“
- Lissabon–Entscheidung des BVerfG (30. Juni 2009)
Ebenso geht das Strafgesetzbuch von der Voraussetzung der freien Entscheidung aus: Nur "wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewusstseinsstörung oder wegen Schwachsinns oder einer schweren anderen seelischen Abartigkeit unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln", handelt gemäß § 20 StGB "ohne Schuld".
2. Kompatibilisten argumentieren dagegen, dass sich solche Fragen gar nicht erst stellen und Determinismus gerade eine Vorbedingung für moralische Verantwortlichkeit sei. Man könne niemanden für etwas verantwortlich machen, es sei denn, seine Handlungen wurden durch seinen Charakter, seine Motive und Werte bestimmt. Harte Determinieren plädieren deshalb seit geraumer Zeit ür einen grundlegenden Kurswechsel in der Rechtstheorie und für ein deterministisches Strafrecht (Vgl. z.B. Eduard Dreher: Die Willensfreiheit. Ein zentrales Problem mit vielen Seiten). Solche Fragen werden auch in der Neurojurisprudenz erörtert.
3. Libertarianer halten natürlich ebenso an dem Konzept moralischer Verantwortlichkeit fest, da sie an einen freien Willen glauben, mit dem man sich so-oder-anders entscheiden kann.
Stand: 2019
Philoclopedia (Dienstag, 20 Dezember 2022 00:41)
https://www.philosophie.uni-osnabrueck.de/wer_wir_sind_und_woran_wir_arbeiten/personen/prof_dr_phil_sven_walter/forschungsinteressen.html
ghovjnjv (Donnerstag, 08 September 2022 10:56)
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ghovjnjv (Donnerstag, 08 September 2022 10:02)
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ubaTaeCJ (Donnerstag, 12 August 2021 09:40)
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Unik (Montag, 21 Juni 2021 00:27)
Hallo,
eine Abhandlung bezüglich Schuld (Schuldbarkeit) und Strafe bzgl. kein freier Wille wäre mal interessant, bzw. einfach mal Deine Meinung dazu.
Grüße
Philoclopedia (Freitag, 09 April 2021 00:11)
https://www.oxfordbibliographies.com/view/document/obo-9780195396577/obo-9780195396577-0047.xml
WissensWert (Dienstag, 06 November 2018 20:17)
Roderigo: Was soll ich tun? Ich gestehe, es macht mir Schande, so sehr verliebt zu sein; aber meine Tugend hat nicht die Kraft, dem abzuhelfen.
Iago: Tugend! Possen! — In uns selber liegt's, ob wir so oder so sind. Unser Körper ist ein Garten, und unser Wille der Gärtner, so daß, ob wir Nesseln drin pflanzen wollen oder Salat bauen, Ysop aufziehn oder Thymian ausjäten; ihn dürftig mit einerlei Kraut besetzen, oder mit mancherlei Gewächs aussaugen; ihn durch Trägheit verwildern lassen oder durch Fleiß fruchtbar machen — ei, das Vermögen dazu und die bessernde Macht liegt durchaus in unserem Willen. Hätte der Wagbalken unsres Lebens nicht eine Schale der Vernunft, um eine andere der Sinnlichkeit aufzuwiegen, so würde unser Blut und die Bösartigkeit unsrer Triebe uns zu den verkehrtesten Entschlüssen führen; aber wir haben die Vernunft, um die tobenden Leidenschaften, die fleischlichen Triebe, die zügellosen Lüste zu kühlen, und daraus schließe ich: was du Liebe nennst, sei ein Pfropfreis, ein Ableger.
aus: William Shakespeare: Othello Act 1 Scene 3
WissensWert (Sonntag, 14 Oktober 2018 03:59)
https://www.youtube.com/watch?v=WPGmlxnmvf8
WissensWert (Sonntag, 24 Juni 2018 03:20)
https://www.youtube.com/watch?v=CEMj9nx1T-k
WissensWert (Dienstag, 03 April 2018 00:48)
http://www.socrethics.com/Folder2/Unfreiheit.htm
WissensWert (Montag, 02 April 2018 22:29)
"Um die verschieden Arten und vielleicht auch Begriffe der Freiheit zu sortieren, empfiehlt es sich zu fragen, wer oder was jeweils frei genannt wird, wovon jemand frei ist und wozu. Wer oder was ist frei? Im Falle der Willensfreiheit wird der Wille einer Person „frei“ genannt, im Fall der Handlungsfreiheit ihr Handeln. Alternativ und vielleicht angemessener lässt sich die Person selbst als wollende oder handelnde als das Subjekt der Freiheit auffassen. Wovon ist die Person frei und wozu? Diese Doppelfrage verweist auf die Unterscheidung ziwschen negativer und positiver Freiheit. Als negative Freiheit wird die Freiheit von etwas bezeichnet. Straffreiheit, Steuerfreiheit, Sorgenfreiheit oder Schmerzfreiheit sind negative Freiheiten. Positive Freiheiten sind Freiheiten zu etwas. Politische Freiheiten wie Reisefreiheit, Niederlassungsfreiheit, Versammlungsfreiheit sind Beispiele dafür. … Auf den zweiten Blick ist der Unterschied weniger klar als die „von“- und „zu“-Redeweisen nahelegen. Ist die Pressefreiheit die Freiheit, zu drucken, was man will, oder die Freiheit von Zensur? Offenbar drückt die von/zu-Unterscheidung eher eine Perspektivendifferenz aus als zwei wohlunterschiedene Arten von Freiheit. An einer Handlung lassen sich sowohl ihr positives Ziel als auch die abwesende Hinderung hervorheben.
…
Aber was genau ist Willensfreiheit? Der Sinn der Frage, ob der Wille selbst frei sei, versteht sich nicht von selbst. Wenn Handlungsfreiheit die Freiheit ist, zu tun, was man will, könnte Willensfreiheit analog die Freiheit sein, zu wollen, was man will. Willensfreiheit zu besitzen müsste dann die Fähigkeit einschließen, etwas anderes zu wollen, als man tatsächlich will."
Aus: Geert Keil: Willensfreiheit
WissensWert (Montag, 02 April 2018 11:59)
https://wiki.philo.at/index.php?title=Willensfreiheit_(FiK)
WissensWert (Sonntag, 25 März 2018 08:05)
In der ->Willensfreiheitsdebatte kommt häufig etwas vor, was ich als "analytisch-synthetisch-Fehlschluss" bezeichnen möchte. Klassische und moderne Libertarier sind der Auffassung, dass unsere klassischen Begriffe des Handelns und Entscheidens Begriffe von "zwei-Wege-Vermögen" sind: Wer handelt, kann auch unterlassen, wer eine Entscheidung trifft, wählt zwischen mindestens zwei offenen Optionen. Die Feststellung dieses begrifflichen Zusammenhangs, so er denn besteht, ist freilich kein Freiheitsbeweis, wie einige Libertarier gerne tun, denn aus analytischen Sätzen folgen niemals synthetische.
WissensWert (Freitag, 13 Oktober 2017 23:11)
Entgegen einer landläufigen Fehleinschätzung ist die Willensfreiheitsdebatte nicht der theoretischen, sondern der praktischen Philosophie zuzuordnen, da sie sich primär mit dem Handeln / Entscheiden und nicht per se mit dem Denken beschäftigt.
WissensWert (Freitag, 13 Oktober 2017 23:10)
https://www.youtube.com/watch?v=PFkZGpN4wmM
WissensWert (Freitag, 13 Oktober 2017 22:46)
https://www.sapereaudepls.de/was-darf-ich-hoffen/religion/islam/
Gottesknechtschaft statt Leben in Selbstverantwortung
Koran und Überlieferungen verbreiten die Mär, jede Handlung des Menschen wäre von Gott vorherbestimmt, und ohne Erlaubnis Gottes könne kein Mensch etwas tun. Sein Schicksal sei von Gott besiegelt. Allah bestimme, wer reich und wer arm werde, bestimme, wer Muslim und wer Ungläubiger würde und so fort. Mohammed hat einen Gott kreiert, der beliebig und ungerecht handelt, und wer nicht an ihn glaubt, sei Heide.
Ich meine hingegen: Erst die Selbstverantwortung führt den Menschen zur radikalen Bejahung der eigenen Existenz und zur Freiheit. Dadurch, dass im Islam alles als von Gott gelenkt proklamiert wird, wird der Mensch in die Nichtigkeit, d.h. in die Unmündigkeit und Wertlosigkeit geführt und versinkt in Gleichgültigkeit und Passivität. Dies kann man in vielen muslimisch geprägten Ländern beobachten. Die negative Wirkung dieser Lehre wird noch dadurch verstärkt, dass viele gläubige Muslime glauben, dass das eigentliche Leben erst im Jenseits gelebt werde. Dieser Irrglaube behindert Wissenschaft, Fortschritt, Aufklärung, Mündigkeit und Freiheit. Abgesehen davon schwächt all dies die Moral, weil dem Menschen die Verantwortlichkeit für seine Taten abgenommen wird.
WissensWert (Dienstag, 10 Oktober 2017 00:08)
Willensfreiheit als „So-oder-anders-Können“.
WissensWert (Samstag, 30 September 2017 22:26)
„Kausalgesetz und Willensfreiheit – ein Thema so alt wie der innere Drang eines jeden ernsthaft nachdenkenden Menschen, das Bewusstsein seiner eigenen sittlichen Würde in Einklang zu bringen mit seiner Überzeugung von dem Walten einer strengen Gesetzlichkeit in dem gesamten Getriebe der äußeren und inneren Welt. Offenbart sich hier doch auf den ersten Anblick ein Gegensatz, wie er schärfer kaum gedacht werden kann:
Auf der einen Seite der Ablauf aller Geschehnisse nach unverbrüchlichen Regeln – in der Natur wie im Geistesleben -, die Vorbedingung jeder wissenschaftlichen Erkenntnis und die Grundlage allen praktischen Handelns.
Auf der anderen Seite die uns in unserem Selbstbewusstsein, also durch die unmittelbarste Erkenntnisquelle, die es geben kann, verbürgte Gewissheit, dass wir letzten Endes selber Herr sind über unsere eigenen Gedanken und Entschließungen, dass wir in jedem Augenblick die Möglichkeit haben, so oder so zu handeln, klug oder töricht, gut oder schlecht.
Wie reimt sich dies beides zusammen? Sicherlich ist doch jeder einzelne von uns auch nur ein Stück der großen Welt, und daher ebenso wie alle übrigen Wesen ihren Gesetzen unterworfen.“
Max Planck, Kausalgesetz und Willensfreiheit, 1923
WissensWert (Samstag, 30 September 2017 22:25)
http://www.spektrum.de/news/persoenliche-meinung-zur-willensfreiheit-beeinflusst-hirnaktivitaet/1072951